Deprecated: htmlspecialchars(): Passing null to parameter #1 ($string) of type string is deprecated in /mnt/web618/c0/45/51217445/htdocs/joomla2023/joomla/libraries/src/Document/Renderer/Feed/AtomRenderer.php on line 89 Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts - Beiträge https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege 2024-05-04T22:55:26+02:00 Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de Joomla! - Open Source Content Management &#039;Holocaust Studies&#039; in den USA 2013-04-05T16:36:24+02:00 2013-04-05T16:36:24+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/184-holocaust-studies-in-den-usa Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Thomas Pegelow</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Rückblick auf die 7. 'Lessons and Legacies'-Konferenz in Minnesota vom 01. bis 04. November 2002</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Seit mehr als zwei Jahrzehnten sind US-amerikanische Universitäten Orte einer zunehmenden Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Inzwischen hat die Zahl der Lehrveranstaltungen und Veröffentlichungen zu diesem Thema einen kaum mehr übersehbaren Umfang angenommen. Im Verlauf der 1990er Jahre haben sich diese akademischen Studien mittels eigens errichteter Studienzentren, Lehrstühle, Curricula und Fachzeitschriften mit fachübergreifender Ausrichtung unter der Bezeichnung 'Holocaust Studies' institutionell fest etabliert. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zu den aktivsten privaten Organisationen, die sich um den Ausbau von Lehre und Erforschung des Holocaust auf universitärer Ebene verdient gemacht haben, zählt die 'Holocaust Educational Foundation'. Zu den Tätigkeiten der Stiftung gehört die Veranstaltung einer eigenen Konferenzreihe, die seit 1989 renommierte Holocaustforscher mit jüngeren Kollegen aus den USA und verstärkt auch Europa und Israel zusammenbringt. 'Lessons and Legacies VII', an der etwa 250 Vertreter aus Forschung und Lehre teilnahmen, fand in Zusammenarbeit mit dem 'Center for Holocaust and Genocide Studies' der 'University of Minnesota' vom 01. bis 04. November 2002 statt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Konferenz widmete sich dem Schwerpunkt "Der Holocaust in internationaler Perspektive," was sich insbesondere in zahlreichen Vorträgen zu Osteuropa und der Teilnahme einer größeren Zahl nichtamerikanischer Gelehrter niederschlug. In der Anfangssektion zum Thema polnisch-jüdische Beziehungen betonte Alexander Rossino (United States Holocaust Memorial Museum) die zentrale Bedeutung der Kollaboration von Teilen der polnischen Bevölkerung mit den Einsatzgruppen des Reichssicherheitshauptamts zu Beginn des Massenmordes an den Juden im Sommer 1941. Kollaboration war, so Rossino, nicht nur aufgrund deutscher Personalknappheit erforderlich. Sie gab ebenfalls den Einsatzgruppen die nötige Zuversicht für ihre Mordpläne und wirkte einem befürchteten Eingreifen der Wehrmacht wie etwa beim Überfall auf Polen 1939 entgegen. Rossino betonte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, den Holocaust nicht isoliert als Ereignis der deutschen und jüdischen, sondern der gesamteuropäischen Geschichte zu untersuchen. Piotr Wrobel (University of Toronto) wandte sich gegen Einseitigkeiten in der Betrachtung wie er sie etwa in Jan Gross Studie zur Ermordung der jüdischen Einwohner des Ortes Jedwabne durch ihre polnischen Nachbarn im Juli 1941 sah. Wrobel unterstrich die Komplexität der Reaktionen katholischer Polen, die auch selbstlose Hilfe für verfolgte Juden einschloß. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In einem gesonderten Abendvortrag ging Jan Gross (New York University) weniger auf die Jedwabne-Kontroverse ein, sondern untersuchte vielmehr Formen und Auswirkungen des Antisemitismus auf die polnischen Nachkriegsgesellschaft. Eine Vielzahl von Vorträgen reflektierte das steigende Interesse der Forschung am Umgang mit dem Vermächtnis des Holocausts in einzelnen europäischen Staaten. In einer Sektion zu den deutschen Eliten untersuchte Michael Allen (Georgia University of Technology) Martin Heideggers Vorträge der frühen 1950er Jahre, in denen er den industrialisierten Massenmord an den Juden auf technokratische Rationalität zurückführte. Diese Interpretation, so Allen, exkulpierte die bundesdeutschen Wirtschaftseliten, die diese Veranstaltungen stark förderten. Ingo Haar (Humboldt-Universität zu Berlin) schloß seinen Vortrag über die Verstrickung deutscher Historiker in die Ostforschung und die Erstellung von Vernichtungsplänen der SS mit Hinweisen auf Verdrängungsstrategien dieser Akademiker in der Nachkriegszeit. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In der amerikanischen Forschung hat die Goldhagen-Kontroverse der späten 1990er Jahre nicht nur der Täterforschung Auftrieb gegeben, sondern auch das Interesse für NS-Ideologie und die Ideologisierung von Tätergruppen vergrößert. In einer Sektion zur Beteiligung der Polizei am Holocaust wandte sich Edward Westermann (School of Advanced Airpower Studies) gegen eine Unterschätzung ideologischer Faktoren bei der Analyse von Motivationsstrukturen der Täter. Bei Kriegsbeginn waren, so Westermann, Antisemitismus, Antibolschewismus und das Idealbild des "politischen Soldaten" bereits zu festen Komponenten im Normengeflecht der Organisationskultur der Polizei geworden. Jürgen Matthäus (United States Holocaust Memorial Museum) zeigte in seinem Beitrag, daß die Ideologisierung der Ordnungspolizei in den besetzten Ostgebieten nicht als Manipulation "von oben," sondern als eine Mischung von Erfahrung aus konkreten Einsätzen, einer Betonung von Haltung und – weniger ausgeprägt – formaler Schulung zu verstehen ist. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch wenn geschlechtergeschichtliche Perspektiven in der amerikanischen Holocaust-Forschung nach wie vor umstritten sind, haben gerade neuere Arbeiten Erkenntnisgewinne erzielt, die eine Nichtbeachtung dieser Ansätze kaum mehr zulassen. Doris Bergen (Notre Dame University) argumentierte in ihrem Beitrag, daß die Ausübung sexueller Gewalt während des Holocaust sowohl typische als auch singuläre Formen annahm. Zum einen seien etwa Massenvergewaltigungen von Frauen auch aus anderen Genoziden bekannt. Zum anderen aber wären die speziell ideologisch überformten Handlungsmotivationen bezogen auf Vorstellungen von Rasse und Raum einzigartig gewesen. In ihrer Konzeptionalisierung von sexueller Gewalt schloß Bergen Männer, also auch potentielle Opfer, z. B. von Verstümmlungen der Genitalien, gezielt mit ein und brachte diese Formen der Gewalt in Beziehung zu einer Verstärkung von nazistischen Rassen- und Geschlechterhierarchien. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Andere Sektionen setzten sich mit der Rolle der christlichen Kirchen im Verlauf des Holocausts auseinander, deren Erforschung sich in den letzten Jahren insbesondere über die Beschäftigung mit kirchlichen Würdenträgern fortgesetzt hat. Michael Marrus (University of Toronto) entwickelte seine Überlegungen zum Thema vor allem in Referenz zu Daniel Goldhagens neuem Buch "Die katholische Kirche und der Holocaust. Eine Untersuchung über Schuld und Sühne." Übereinstimmend mit dem Autor forderte Marrus eine deutlichere Betrachtung der Funktionen nationaler katholischer Eliten bei der Umsetzung der anti-jüdischen Gesetzgebung und Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung in den 1930er Jahren. Anstoß nahm Marrus jedoch an Goldhagens Einseitigkeit in der Interpretation, v. a. an seiner Charakterisierung der Kirche als Hort eines "eliminatorischen Antisemitismus." Statt dessen rief Marrus dazu auf, den historischen Kontext dezidiert mit in die Analyse einzubeziehen und der Ambivalenz historischer Quellen größeren Raum zu geben. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Weitere Veranstaltungen würdigten das Werk des Historikers Saul Friedländers und diskutierten, den pädagogischen Zielen der Stiftung entsprechend, Herausforderungen und Methoden der Lehre und Vermittlung des Holocausts. Der demnächst in der 'Lessons and Legacies'-Reihe der 'Northwestern University Press' erscheinende Konferenzband wird die zentralen Beiträge auch einem größeren Publikum zugänglich machen.</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Thomas Pegelow</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Rückblick auf die 7. 'Lessons and Legacies'-Konferenz in Minnesota vom 01. bis 04. November 2002</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Seit mehr als zwei Jahrzehnten sind US-amerikanische Universitäten Orte einer zunehmenden Auseinandersetzung mit dem Holocaust. Inzwischen hat die Zahl der Lehrveranstaltungen und Veröffentlichungen zu diesem Thema einen kaum mehr übersehbaren Umfang angenommen. Im Verlauf der 1990er Jahre haben sich diese akademischen Studien mittels eigens errichteter Studienzentren, Lehrstühle, Curricula und Fachzeitschriften mit fachübergreifender Ausrichtung unter der Bezeichnung 'Holocaust Studies' institutionell fest etabliert. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zu den aktivsten privaten Organisationen, die sich um den Ausbau von Lehre und Erforschung des Holocaust auf universitärer Ebene verdient gemacht haben, zählt die 'Holocaust Educational Foundation'. Zu den Tätigkeiten der Stiftung gehört die Veranstaltung einer eigenen Konferenzreihe, die seit 1989 renommierte Holocaustforscher mit jüngeren Kollegen aus den USA und verstärkt auch Europa und Israel zusammenbringt. 'Lessons and Legacies VII', an der etwa 250 Vertreter aus Forschung und Lehre teilnahmen, fand in Zusammenarbeit mit dem 'Center for Holocaust and Genocide Studies' der 'University of Minnesota' vom 01. bis 04. November 2002 statt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Konferenz widmete sich dem Schwerpunkt "Der Holocaust in internationaler Perspektive," was sich insbesondere in zahlreichen Vorträgen zu Osteuropa und der Teilnahme einer größeren Zahl nichtamerikanischer Gelehrter niederschlug. In der Anfangssektion zum Thema polnisch-jüdische Beziehungen betonte Alexander Rossino (United States Holocaust Memorial Museum) die zentrale Bedeutung der Kollaboration von Teilen der polnischen Bevölkerung mit den Einsatzgruppen des Reichssicherheitshauptamts zu Beginn des Massenmordes an den Juden im Sommer 1941. Kollaboration war, so Rossino, nicht nur aufgrund deutscher Personalknappheit erforderlich. Sie gab ebenfalls den Einsatzgruppen die nötige Zuversicht für ihre Mordpläne und wirkte einem befürchteten Eingreifen der Wehrmacht wie etwa beim Überfall auf Polen 1939 entgegen. Rossino betonte in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, den Holocaust nicht isoliert als Ereignis der deutschen und jüdischen, sondern der gesamteuropäischen Geschichte zu untersuchen. Piotr Wrobel (University of Toronto) wandte sich gegen Einseitigkeiten in der Betrachtung wie er sie etwa in Jan Gross Studie zur Ermordung der jüdischen Einwohner des Ortes Jedwabne durch ihre polnischen Nachbarn im Juli 1941 sah. Wrobel unterstrich die Komplexität der Reaktionen katholischer Polen, die auch selbstlose Hilfe für verfolgte Juden einschloß. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In einem gesonderten Abendvortrag ging Jan Gross (New York University) weniger auf die Jedwabne-Kontroverse ein, sondern untersuchte vielmehr Formen und Auswirkungen des Antisemitismus auf die polnischen Nachkriegsgesellschaft. Eine Vielzahl von Vorträgen reflektierte das steigende Interesse der Forschung am Umgang mit dem Vermächtnis des Holocausts in einzelnen europäischen Staaten. In einer Sektion zu den deutschen Eliten untersuchte Michael Allen (Georgia University of Technology) Martin Heideggers Vorträge der frühen 1950er Jahre, in denen er den industrialisierten Massenmord an den Juden auf technokratische Rationalität zurückführte. Diese Interpretation, so Allen, exkulpierte die bundesdeutschen Wirtschaftseliten, die diese Veranstaltungen stark förderten. Ingo Haar (Humboldt-Universität zu Berlin) schloß seinen Vortrag über die Verstrickung deutscher Historiker in die Ostforschung und die Erstellung von Vernichtungsplänen der SS mit Hinweisen auf Verdrängungsstrategien dieser Akademiker in der Nachkriegszeit. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In der amerikanischen Forschung hat die Goldhagen-Kontroverse der späten 1990er Jahre nicht nur der Täterforschung Auftrieb gegeben, sondern auch das Interesse für NS-Ideologie und die Ideologisierung von Tätergruppen vergrößert. In einer Sektion zur Beteiligung der Polizei am Holocaust wandte sich Edward Westermann (School of Advanced Airpower Studies) gegen eine Unterschätzung ideologischer Faktoren bei der Analyse von Motivationsstrukturen der Täter. Bei Kriegsbeginn waren, so Westermann, Antisemitismus, Antibolschewismus und das Idealbild des "politischen Soldaten" bereits zu festen Komponenten im Normengeflecht der Organisationskultur der Polizei geworden. Jürgen Matthäus (United States Holocaust Memorial Museum) zeigte in seinem Beitrag, daß die Ideologisierung der Ordnungspolizei in den besetzten Ostgebieten nicht als Manipulation "von oben," sondern als eine Mischung von Erfahrung aus konkreten Einsätzen, einer Betonung von Haltung und – weniger ausgeprägt – formaler Schulung zu verstehen ist. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch wenn geschlechtergeschichtliche Perspektiven in der amerikanischen Holocaust-Forschung nach wie vor umstritten sind, haben gerade neuere Arbeiten Erkenntnisgewinne erzielt, die eine Nichtbeachtung dieser Ansätze kaum mehr zulassen. Doris Bergen (Notre Dame University) argumentierte in ihrem Beitrag, daß die Ausübung sexueller Gewalt während des Holocaust sowohl typische als auch singuläre Formen annahm. Zum einen seien etwa Massenvergewaltigungen von Frauen auch aus anderen Genoziden bekannt. Zum anderen aber wären die speziell ideologisch überformten Handlungsmotivationen bezogen auf Vorstellungen von Rasse und Raum einzigartig gewesen. In ihrer Konzeptionalisierung von sexueller Gewalt schloß Bergen Männer, also auch potentielle Opfer, z. B. von Verstümmlungen der Genitalien, gezielt mit ein und brachte diese Formen der Gewalt in Beziehung zu einer Verstärkung von nazistischen Rassen- und Geschlechterhierarchien. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Andere Sektionen setzten sich mit der Rolle der christlichen Kirchen im Verlauf des Holocausts auseinander, deren Erforschung sich in den letzten Jahren insbesondere über die Beschäftigung mit kirchlichen Würdenträgern fortgesetzt hat. Michael Marrus (University of Toronto) entwickelte seine Überlegungen zum Thema vor allem in Referenz zu Daniel Goldhagens neuem Buch "Die katholische Kirche und der Holocaust. Eine Untersuchung über Schuld und Sühne." Übereinstimmend mit dem Autor forderte Marrus eine deutlichere Betrachtung der Funktionen nationaler katholischer Eliten bei der Umsetzung der anti-jüdischen Gesetzgebung und Diskriminierung der jüdischen Bevölkerung in den 1930er Jahren. Anstoß nahm Marrus jedoch an Goldhagens Einseitigkeit in der Interpretation, v. a. an seiner Charakterisierung der Kirche als Hort eines "eliminatorischen Antisemitismus." Statt dessen rief Marrus dazu auf, den historischen Kontext dezidiert mit in die Analyse einzubeziehen und der Ambivalenz historischer Quellen größeren Raum zu geben. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Weitere Veranstaltungen würdigten das Werk des Historikers Saul Friedländers und diskutierten, den pädagogischen Zielen der Stiftung entsprechend, Herausforderungen und Methoden der Lehre und Vermittlung des Holocausts. Der demnächst in der 'Lessons and Legacies'-Reihe der 'Northwestern University Press' erscheinende Konferenzband wird die zentralen Beiträge auch einem größeren Publikum zugänglich machen.</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Vergessene Aktionen 2013-04-05T16:35:36+02:00 2013-04-05T16:35:36+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/183-vergessene-aktionen Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="herausgeberkasten"> </div> <div class="herausgeberkasten"><span style="font-size: 18px;"><strong>1968 – einmal anders</strong></span></div> <div class="herausgeberkasten"><br /><span style="font-size: 18px;">Über "1968" wird inzwischen viel geschrieben. Das Spektrum reicht von der schlichten Chronik über zumeist fragwürdige Erinnerungen und kulturalistische Imaginationen bis zur (selbst-)gehässigen Abrechnung. Im Zentrum der Betrachtungen stehen dabei die damaligen Studierenden der westdeutschen und westberliner Universitäten.</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"1968" war aber viel mehr. Die gesamte Gesellschaft befand sich im Umbruch, und dies geschah in einem internationalen Kontext, der noch nicht einmal vor den Eisernen Vorhängen des Kalten Kriegs haltmachte.</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Selbst die technische Intelligenz durchlebte "ihr" 1968. In einer massiven Streikbewegung erkämpften die Studierenden der westdeutschen und westberliner Ingenieurschulen 1968/69 ihre Integration in den wissenschaftlichen Hochschulbereich. Wie kann dieser überraschende Erfolg erklärt werden? Setzten die Ingenieurschüler mit ihrem Streik nur eine längst überfällige Reform durch, oder kamen die Bildungsbehörden und die Wirtschaft ihnen so weit – und schnell! - entgegen, weil sie eine Ausweitung der sozialen Revolte auf die technische Intelligenz befürchteten, was für den gesamten Kontext von "1968" folgenreich gewesen wäre?</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im folgenden berichtet Helmut Kahlert über die Streikbewegung der Ingenieurstudenten 1968 aus seiner Sicht. Stellungnahmen und Kommentare sind erwünscht.</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Herausgeber</span></div> <div class="herausgeberkasten"><hr /></div> <br /><br /> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Prof. Dr. Helmut Kahlert</span></div> <h1><span style="font-size: 18px;">Vergessene Aktionen</span></h1> <span style="font-size: 18px;">Wie die Fachhochschule entstanden ist.</span> <h2><span style="font-size: 18px;">I.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Jahre 1971 traten die letzten Fachhochschulgesetze der Bundesländer in Kraft, den Anfang hatte am 1.8.1969 Schleswig-Holstein gemacht, den Schluss bildete am 1.10.1971 Baden-Württemberg. Obwohl inzwischen diese Hochschulgattung seit Jahrzehnten etabliert ist, Forschungsinteresse wendet sich ihr nur selten zu. (1) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wenn sich innerhalb eines föderalistischen Systems ein neuer Hochschultyp in kurzer Zeit durchsetzen kann, liegt es nahe, nach den Ursachen zu fragen. Über Vorgeschichte und Entstehung der Fachhochschule gibt es inzwischen einige Veröffentlichungen, die jedoch einzelne Faktoren unterschiedlich gewichten. (2) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Als Beispiel sei hier das Gutachten des Bildungsrates von 1974 herangezogen: "Die Reform der Ingenieurschule ist nicht so sehr durch Anstöße aus diesen Anstalten selbst in Gang gekommen; sie ist vielmehr Teil allgemeiner Veränderungen des Bildungssystems und speziell der Expansion und Reform der wissenschaftlichen Hochschule". Doch wie passt dazu der Beginn des nächsten Absatzes: "Noch 1968 hätte man schwerlich geglaubt, dass die institutionelle Reorganisation der Ingenieurschulen und ihre Umwandlung in Fachhochschulen so schnell vollzogen werden würde, wie dies tatsächlich geschah". (3) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ausgewogener urteilt der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten von 1991: "Die Fachhochschulen waren Ende der 60er Jahre aus den Höheren Fachschulen gebildet worden, nachdem Studenten und Dozenten in Protestaktionen auf die ungeklärte internationale Anerkennung ihrer Ausbildung und auf die unbefriedigende nationale Stellung der Höheren Fachschulen aufmerksam gemacht hatten. Hinter dieser Forderung nach einem neuen Status, der durch den Übergang in den Hochschulsektor erreicht werden wollte, standen auch höhere Anforderungen im Beruf und qualitative Veränderungen in der Ausbildung, die durch den technologischen Wandel und den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt verursacht worden waren". (4) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Knapp ein Jahrzehnt später (2000) fordert der Wissenschaftsrat, dass "Anwendungsorientierung und Praxisbezug des deutschen Wissenschaftssystems in Forschung und Lehre gestärkt werden (müssen)". Das Fächerspektrum der Fachhochschule soll erweitert werden. "Für die sachgerechte Wahrnehmung ihres Bildungsauftrages benötigen die Fachhochschulen einen eigenständigen, institutionell gesicherten und mit angemessenen Ressourcen ausgestatteten Zugang zur Forschung". (5) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die in den Jahren 1968/69 entstandene Fachhochschule existiert und floriert also noch im 21. Jahrhundert, während die mit ungleich stärkeren politischen Kräften angestrebte Gesamthochschule inzwischen Geschichte ist. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nach 1960 haben sich die Bemühungen verstärkt, für die Ingenieurschulen einen angemessenen Platz im Bildungssystem zu finden. Dozenten und Direktoren waren an diesem Abklärungsprozess beteiligt, der Verband der Ingenieurstudenten (SVI), aber ebenso die Ingenieurverbände, besonders der Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Den Betroffenen war die Notwendigkeit von Reformen bewusst. Dennoch lässt sich nur schwer erklären, warum plötzlich die "Musterknaben", wie eine Zeitung damals schrieb, diese nüchternen, tüchtigen, aber eher bescheidenen "Fachschüler" zu anhaltenden Massenstreiks, zum Boykott ihrer Lehrveranstaltungen, aktiviert werden konnten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Sicher, es geschah in den kritischen Jahren 1968 und 1969, und wenn Protestbewegungen von Kalifornien aus Paris und Berlin erreichen konnten, warum nicht die Provinzstädte mit Ingenieurschulen? Vielleicht wirkte die Rezession von 1967 nach, als erstmals die Absolventen spüren mussten, dass sie nicht mehr so selbstverständlich wie früher auf dem Arbeitsmarkt wählen konnten. Allerdings, eine Agitation "linker" Studenten der Universität ist auszuschließen. Sofern man im universitären Lager überhaupt Stellung bezogen hat, wurden die Aktionen der Ingenieurstudenten als "ständisch", "konkretistisch" und damit letztlich als "unpolitisch" abqualifiziert. (6) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Erst in der zweiten Streikphase im Sommer 1969 gab es Kontakte zu universitären Studentenvertretern. Auch einzelne Gewerkschaften haben jetzt die streikenden Studenten unterstützt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zwei Themenkomplexe standen im Mittelpunkt dieser studentischen Protestbewegung von 1968/69, die drohende Abstufung auf Technikerniveau durch EWG-Vereinbarungen, und der Wunsch nach Zuordnung zu einem (erweiterten) Hochschulbereich, wofür eine deutliche Anhebung der Eingangsqualifikation unerlässlich war. Positiv formuliert: die damaligen Studenten fühlten sich als künftige Ingenieure und mittlere Führungskräfte. Die Absolventen waren, wie der Stellenmarkt bewies, auch fähig, zumindest in manchen Berufsfeldern mit den Diplom-Ingenieuren der Technischen Hochschule zu konkurrieren. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Obwohl von den EWG-Verträgen hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit nur eine marginale Gruppe der Absolventen der Ingenieurschulen persönlich betroffen war, allein die Möglichkeit einer Einstufung auf Technikerniveau traf den Kern des beruflichen Selbstverständnisses, zudem kamen Zweifel auf, ob ihre Interessen auch entschieden genug von deutschen Politikern verfochten wurden. Diesen Aspekt haben Außenstehende oft nicht genügend gewürdigt und gewichtet. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In einer ersten bundesweiten Streikwelle im Sommersemester 1968 ist es gelungen, die Öffentlichkeit und auch manche Politiker für die Belange der Ingenieurstudenten zu sensibilisieren. Doch die Akteure mussten bald befürchten, nur verbale Zugeständnisse erreicht zu haben, einen bloßen "Schilderwechsel", statt Ingenieurschule jetzt Fachhochschule, aber keine entsprechende Strukturreform. Was dann in der zweiten Aktionswelle im Sommersemester 1969 angestrebt wurde, war die irreversible, juristisch nachprüfbare Sicherung der Zugehörigkeit der Fachhochschule zum Hochschulbereich. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch wenn in der damaligen Diskussion historische Argumente kaum eine Rolle gespielt haben, einen Blick in die Geschichte zeigt, dass Namensänderungen wenig zu inhaltlichen Verbesserungen beigetragen haben. (7) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Aus den Technischen Mittelschulen des Vereins Deutscher Ingenieure (1889) wurden in Preußen Höhere Maschinenbauschulen (1898/1910), später Höhere Technische Lehranstalten (1931) und schließlich Ingenieurschulen (1938). Auch die Akademie nach den Vorstellungen der Kulturministerkonferenz vom Januar 1968 folgt dieser Entwicklungslinie. Eingangsniveau blieb die Mittlere Reife, wobei man annehmen darf, dass das "Einjährige" (Obersekundareife des Gymnasiums) von 1900 einen höheren Stellenwert hatte als Realschulabschluss oder Fachschulreife im Jahre 1968. Die Ausbildungsdauer verlängerte sich von 4 Semestern (1889/1898) auf 5 Semester (1910) und 6 Semester (1954). Die Bauschulen haben davon abweichende Entwicklungsprozesse durchlaufen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Es ist unverkennbar, bei Planung und Durchführung der Massenproteste haben die Gewerkschaften als Vorbild gedient, von der Urabstimmung mit 2/3 Mehrheit bis zu eigenen Ordnern bei Demonstrationen und Streikposten. Aufsehen erregte eine Verletzung der Bannmeile des nordrhein-westfälischen Landtags im Juni 1968, doch der Konflikt konnte im Gespräch, ohne Eingreifen der Polizei, beigelegt werden. Der Spielraum für zivilen Ungehorsam wurde von den Studenten ausgenutzt, doch Exzesse blieben seltene Ausnahme. (8) So gab es gewissermaßen ein Kontrastprogramm zu den damaligen Aktionen radikaler Universitätsstudenten in Berlin, was die Presse durch die Berichterstattung honoriert hat. Die Ingenieurstudenten und ihre Mitstreiter von den höheren Fachschulen wollten auch im Sommer 1969 nicht ins linke Spektrum abgedrängt werden. Ein Ziel blieb, man wollte Verständnis wecken für die eigenen Probleme bei breiten Volksschichten. In dieses Konzept passten auch Angebote zu gemeinnütziger Arbeit während der Streikzeit. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bei der ersten Protestwelle im Sommersemester 1968 wurde Rücksicht genommen auf die Belange von Examenssemestern, bei den Aktionen im Sommersemester 1969 hingegen war häufig bereits eine mögliche Verlängerung des Studiums eingeplant worden. Die schärfste Sanktion der Kultusbehörden, die Aberkennung eines Semesters, wurde damit unterlaufen. Solch ein kollektiver Vorlesungs- und Prüfungsboykott war recht ungewöhnlich, zumal die opportunity costs sich relativ genau beziffern ließen: Es war der Unterschied zwischen Studenteneinkommen und Anfangsgehältern bei Ingenieuren. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dieser Einkommensverlust traf nicht nur die Abschlusssemester, sondern alle am Dauerstreik teilnehmenden Studenten. Ihr Studium dauerte ein halbes Jahr länger. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Auswirkungen werden hier an der Absolventenstatistik der beiden Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern belegt. (9)</span></p> <table border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr valign="top"> <td> <table border="0" cellspacing="1" cellpadding="2" bgcolor="#f5f5f5"> <tbody> <tr> <td colspan="2"><span style="font-size: 18px;"><strong>Nordrhein-Westfalen</strong></span></td> </tr> <tr valign="top"> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Zeitraum</strong>  </span></td> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Bestandene <br />Examen</strong>  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">WS 67/68</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.300  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">SS 68</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.540  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">WS 68/69</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.330  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">SS 1969</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">640  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">WS 69/70</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">1.960  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">SS 70</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.260  </span></td> </tr> </tbody> </table> </td> <td width="50"> </td> <td> <table border="0" cellspacing="1" cellpadding="2" bgcolor="#f5f5f5"> <tbody> <tr> <td colspan="2"><span style="font-size: 18px;"><strong>Bayern</strong></span></td> </tr> <tr valign="top"> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Zeitraum</strong>  </span></td> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Bestandene<br />Examen</strong>  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">Jahr 1968</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.490  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">Jahr 1969</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">1.380  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">Jahr 1970</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.380  </span></td> </tr> </tbody> </table> </td> </tr> </tbody> </table> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">"Streiks und Demonstrationen der Ingenieurschul-Studenten haben im Laufe des Jahres 1969 Landesregierungen und Landtage so unter Druck gesetzt, dass diese sich veranlasst sahen, von der Konzeption der Ministerpräsidenten abzuweichen", urteilt ein sachkundiger Beobachter. Die bereits eingebrachten Gesetze gingen über das hinaus, was die Ministerpräsidenten im Sommer 1968 abgesprochen hatten.(10) Der zeitliche Ablauf wird an anderer Stelle noch detailliert geschildert.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">II.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Doch welche Erklärung man auch sucht für den in zwei Schüben aufgetretenen Massenprotest der Ingenieurstudenten, denen sich bald auch Angehörige anderer Höherer Fachhochschulen angeschlossen haben, es blieb ein Rest Ungewissheit und Unbehagen bei Politikern und Unternehmern. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Eigentlich müssten doch gesellschaftliche Aufsteiger, die als graduierte Ingenieure angemessene Arbeitsplätze und gute Bezahlung erwarten konnten, kaum ansprechbar sein für politische Protestaktionen, zumal vom Fach her - Technik, aber auch Betriebswirtschaft - keine ideologische Beeinflussung zu erwarten war. Trotzdem gab es diese Aktionen, deren Vorläufer man vielleicht eher in den Anfangszeiten der Gewerkschaftsbewegung als in der Hochschulgeschichte suchen sollte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In den frühen 1970er Jahren konsolidierte sich jedoch nicht nur die Fachhochschule, sondern auch eine zweite Institution, die zwar formal (noch) nicht zum Hochschulbereich zählt, die aber dennoch eindeutig zum Sektor "Higher Education" gehört, die Berufsakademie. (11)Vielleicht war auch das Misstrauen gegen die in jüngster Zeit so schwer berechenbaren Ingenieurstudenten ein Motiv, als drei Stuttgarter Großfirmen, Robert Bosch, Daimler-Benz und Standard Electric Lorenz, 1971/72 als "Stuttgarter Modell" einen dreijährigen Ausbildungsgang im "Sandwich-System", also abwechselnd Theorie- und Praxisphasen, für Abiturienten geplant haben. Der nächste Schritt war 1974 die Übernahme dieses Konzepts mit leichten Modifikationen durch das CDU Kultusministerium von Baden-Württemberg. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Man wollte offenbar ein Signal setzen, denn damals "war der bildungspolitische Trend, allmählich zur Emanzipation zu kommen und die Bedingungen der Arbeitswelt zu vernachlässigen". (Dr. Breitmeier). Der zuständige Referent im baden-württembergischen Kultusministerium sagte 1976 auf der gleichen Tagung: "Waren die Fachhochschulen und die Gesamthochschulen Ergebnisse einer bundesweiten Zielplanung, so sind die Berufsakademien eher Ereignisse, die dem Gesetz der ungewollten Nebenwirkungen folgen. Im Bildungsgesamtplan sind die Berufsakademien nicht ausgewiesen. Ihre Existenz verdanken sie letztlich den tief greifenden Änderungen und dem Unbehagen, welche durch die nicht programmierten Folgewirkungen der Reform ausgelöst wurden". (12) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hinzu kam, bei fiskalischer Betrachtung waren Berufsakademien "billiger" als Hochschulen, besonders im Personalbereich. Doch starkes Gewicht hatte auch die Überlegung, dass die Besucher dem Arbeitsrecht unterworfen waren und sich bei damals befürchteten Konflikten nicht auf die Autonomie einer Hochschule berufen konnten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diejenigen Einstellungen und Verhaltensweisen, die so erfolgreich waren bei der Auseinandersetzung um die Fachhochschule, als Nebeneffekt das Aufkommen einer konkurrierenden Institution, eben der Berufsakademie, begünstigt haben. Auffällig ist auch, dass beide, Fachhochschule wie Berufsakademie, nicht genuine Schöpfungen der dafür zuständigen Politiker und Verwaltungen waren, sondern sich am Rande oder gar außerhalb der offiziellen Kultuspolitik strukturiert haben, ehe sie dann in einem zweiten Schritt integriert wurden.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">III.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In mehreren Untersuchungen war 1956/57 ein alarmierender Fehlbestand an Ingenieuren diagnostiziert worden. Es begann ein rascher Ausbau des Ingenieurschulwesens. Im Wintersemester 1957/58 waren 36.000 Studierende und 9.200 Absolventen bundesweit ermittelt worden, im Wintersemester 1967/68 zählte man 61.500 Studierende und 17.500 Absolventen. (13) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Konferenz der Kultusminister der Länder hat sich zwischen 1951 und 1968 in 62 Beschlüssen mit Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen befasst, doch statt diesen Regelungsbedarf als Hinweis auf notwendige Reformen einzustufen, gab es die deutlich erkennbare Tendenz, einen erreichten Entwicklungsstand festzuschreiben. Als Beispiel dafür kann die Vereinbarung zur Vereinheitlichung des Ingenieurschulwesens vom Januar 1964 gelten. Es wurde angenommen, die Materie wäre abschließend geregelt. Doch bereits zwei Jahre später brachte die Deutsche Kommission für Ingenieurausbildung einen neuen Begriff in die Diskussion, der rasch Verbreitung fand, die Akademie. Während die einen darunter lediglich einen Oberbegriff sahen für alle Gattungen Höherer Fachschulen, dachten andere an einen Übergang zur Hochschule. Die Kompromissformel, "zwischen Schule und Hochschule", wurde aufgegeben. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im gleichen Zeitraum, als in den Landtagen verschiedener Bundesländer Akademiegesetze eingebracht und beraten wurden, erschien im Oktober 1967 der sog. Dahrendorfplan. Der Untertitel lautet: Empfehlungen zur Reform von Struktur und Organisation der Wissenschaftlichen Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Studienseminare, Kunsthochschulen, Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen. (14) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Diese Kommission, eingesetzt vom baden-württembergischen Kultusminister Hahn (CDU), führte das Wort Gesamthochschule in die Diskussion ein und reaktivierte als Oberbegriff für Ingenieur- und Höhere Fachschulen das Wort Fachhochschule. (15) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zum ersten Mal hatte ein angesehenes, unabhängiges Expertengremium, dem im Übrigen kein Vertreter der Ingenieurschulen angehört hat, zumindest ein Teil dieser Institutionen eindeutig dem Hochschulbereich zugeordnet. Rückblickend meinte Kultusminister Hahn 1969: "Die meisten überregionalen Verbesserungsvorschläge zielten zu diesem Zeitpunkt noch darauf ab, die Ingenieurschulreform als bloße Veränderungen in der Bezeichnung zu beschränken ... und weitergehende Forderungen als unnötig, ja als gefährliche Schwäche gegen Interessentenforderungen abzutun". (16) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Anders formuliert, das Schicksal der Ingenieurschule war künftig kein Problem des beruflichen Schulwesens mehr, sondern der Hochschulpolitik. Allerdings, und daran setzte die Kritik an, nicht alle bestehenden Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen sollten nach dem Dahrendorfplan dem erweiterten Hochschulraum angehören. (17) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ende 1967, als ihre Studentenvertreter bereits über politische Aktionen nachgedacht haben, galt in der breiten Öffentlichkeit die Ingenieurschule - um ein dem hessischen Kultusminister Schütte zugeschriebenes Wort aufzugreifen - als "besonders geglücktes Modell im deutschen Bildungswesen". Die Wirtschaft hielt eine Reform für unnötig, wenn nicht für schädlich, die Gewerkschaften befürchteten bei einem angehobenen Eingangsniveau negative Auswirkungen auf den zweiten Bildungsweg. Wie Politiker und Vertreter der Kultusverwaltung eingestellt waren, dokumentieren die Protokolle und Beschlüsse der Konferenz der Kultusminister, und die Universitäten berührten Probleme von "Fachschulen" und "Fachschülern" ohnehin nicht. Als besonders zählebig erwies sich das von verschiedenen Seiten immer wieder vorgebrachte Argument, hier wolle eine neue Großgruppe zu akademischen Ehren kommen, und sie würde der Gesellschaft bald ihre erhöhten Ansprüche präsentieren. Weitaus leichter war es hingegen, Verständnis zu finden für die Forderung, im europäischen Raum als Ingenieure nicht benachteiligt zu werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auslöser für die studentischen Aktionen im Sommersemester 1968 war der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18./19. Januar 1968, in dem Akademien definiert wurden als "berufliche Ausbildungsstätten", die zu einem "gehobenen Berufsabschluss" führen. An den Eingangsvoraussetzungen - Realschulabschluss oder Vergleichbares - hielt die Konferenz unbeirrt fest. Am 29. Januar 1968 gab es eine Lagebesprechung beim erweiterten Vorstand des Studentenverbandes Deutscher Ingenieurschulen (SVI), an der auch Vertreter befreundeter Verbände teilnahmen. Beschlossen wurde, "die Studentenschaften im Sommersemester 1968 zu Kampfmaßnahmen aufzurufen". Vom April 1968 an kam es zu Streiks mit unterschiedlicher Dauer, "doch als am 7. Juni 1968 die Kultusminister immer noch an der bisherigen Einstufung der Akademie festgehalten haben, wurde vom 11. Juni 1968 an der Lehrbetrieb flächendeckend boykottiert". (18) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Eines war inzwischen der interessierten Öffentlichkeit bewusst geworden, Mitte des Jahres 1968 herrschte "völlige Verwirrung über das Schicksal der Ingenieurschulen... Das bundesweite Chaos, das sich damit ankündigte, drohte den Föderalismus in der Bundesrepublik völlig zu diskreditieren. (19) Es war Ministerpräsident Kühn (SPD) von Nordrhein-Westfalen, der die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder zur Klärung der Situation aufgefordert hat. Ihm stand der mitgliederstärkste Landesverband der Ingenieurstudenten gegenüber, doch wichtiger noch, die CDU Opposition hatte - übrigens ohne Abklärung mit der Bundespartei - im Landtag den Entwurf für ein Fachhochschulgesetz eingebracht, obwohl gleichzeitig ein Akademiegesetz parlamentarisch bearbeitet wurde. (20) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch in der Erklärung der neu gewählten Regierung des Landes Baden-Württemberg vom Juni 1968 taucht das Wort Fachhochschule auf, die Wünsche und Forderungen der Studenten werden darin positiv angesprochen. Das hat jedoch offenbar nicht genügt, denn Ende Juni erweiterte sich nochmals die Zahl der Schulen, an denen gestreikt wurde. Da hat Ministerpräsident Filbinger (CDU) den Alleingang gewagt und ohne Abstimmung mit seinem Kabinett auf der Pressekonferenz vom 3. Juli 1968 die meisten Forderungen der Studenten klar anerkannt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Was auch immer Filbingers Motive waren, durch diese deutliche Aussage hat er sich um die Entstehung der Fachhochschulen verdient gemacht, zumal er darin ankündigte, auch dann handeln zu wollen, wenn die Ministerpräsidenten kein Einvernehmen erzielen könnten. (21) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auf der Tagesordnung der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder vom 5. Juli 1968 stand der Punkt "Akademiegesetzgebung", doch beschlossen wurde schließlich über die Fachhochschule. (22) Bayerns Ministerpräsident Goppel, nur unterstützt von seinem Kollegen aus dem Saarland, erhob Einwendungen gegen eine Einbeziehung der Fachhochschulen in den Hochschulbereich, da "eine sachliche Berechtigung eines solchen Beschlusses nicht gegeben ist". (23) Dennoch wurden - Bayern hat sich enthalten - folgende Beschlüsse gefasst (hier gekürzt zitiert): </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ingenieurschulen und gleichrangige Bildungseinrichtungen werden als Fachhochschulen in die dritte Stufe des Bildungswesens (Hochschulstufe) angehoben.</span></p> <ul> <li><span style="font-size: 18px;">Der Zugang zu den Fachhochschulen soll durch eine Fachhochschulreife eröffnet werden.</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Studienzeit sollte wie bisher drei Studienjahre betragen.</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Übergänge zwischen Fachhochschulen und wissenschaftlichen Hochschulen und umgekehrt sollen ermöglicht werden.</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Beteiligung von Dozenten und Studenten an Entscheidungen der Fachhochschule wird gewährleistet.</span></li> </ul> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Wenn nach einer Gründungscharta der Fachhochschulen gesucht wird, dann waren es inhaltlich betrachtet diese kurzen Leitsätze der Ministerpräsidenten vom 5. Juli 1968. Der Studentenverband Deutscher Ingenieurschulen (SVI) empfahl nach bekannt werden den Abbruch der Streiks. Eine vorwiegend aus Kultusministern bestehende Kommission sollte bald "Grundsätze für eine einheitliche Gesetzgebung der Länder ausarbeiten". Wie bei den berufenen Personen zu erwarten war, die Vorgaben hat man eher restriktiv ausgelegt. Beschlossen wurde das "Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Fachhochschulwesens" von den Ministerpräsidenten am 31.10.1968. (24) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Doch ehe auf die weitere Entwicklung im Bundesgebiet eingegangen wird, erscheint es sinnvoll, den baden-württembergischen Sonderweg kurz darzustellen.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">IV.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Auch die Studenten der Ingenieurschulen Baden-Württembergs hatten sich an verschiedenen Aktionen beteiligt. Höhepunkt der Protestbewegung war am 11. Juni 1968 ein Demonstrationszug von 6.000 Personen durch die Stuttgarter Innenstadt, der lautstark, aber friedlich verlief. Dozenten haben daran teilgenommen. Vertreter des baden-württembergischen Baumeister- und Ingenieurbundes, von DGB und DAG, erklärten sich solidarisch mit den Forderungen der Studenten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Doch zuvor schon, im Mai 1968, war vom baden-württembergischen Kultusminister Hahn eine Expertenkommission berufen worden, um Vorschläge zur Neuordnung des technischen Bildungswesens zu erarbeiten. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Sinn von der BASF in Ludwigshafen, hatte bereits der inzwischen hoch angesehenen Dahrendorf-Kommission angehört. Die Ingenieurschulen waren mit acht Personen vertreten, darunter befanden sich drei Vertreter des Landesverbandes der Ingenieurstudenten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die baden-württembergischen Studenten waren bereit, den Mitgliedern dieses Ausschusses einen Vertrauensvorschuss einzuräumen, und sie wurden nicht enttäuscht. Hier einige Kernpunkte aus dem am 10. September 1968 übergebenen Bericht: (25) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fachhochschulen sind Hochschulen ohne Promotionsrecht (mit Selbstverwaltung)</span></p> <ul> <li><span style="font-size: 18px;">Die Studiengänge vermitteln eine Ausbildung, die zu selbständiger, eigenverantwortlicher Tätigkeit befähigt</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Dauer des Studiums beträgt vier Jahre (sechs Studiensemester und zwei integrierte Praxissemester) (26)</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Anerkennung der Fachhochschulingenieure muss im Sinne der EWG-Richtlinien gewährleistet sein</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Der Zugang zur Fachhochschule sollte 12 Jahre umfassen und damit an internationale Verhältnisse angeglichen sein</span></li> </ul> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Es hat lange gedauert, ehe sich dieses Konzept mit den zwei integrierten Praxissemestern im Bundesgebiet allgemein durchsetzen konnte, doch es wurde strukturprägend und erleichterte die Anerkennung der Fachhochschulingenieure im EG Raum. Unter der Überschrift "Hitziger Sommer weicht kühlen Herbst" berichteten die Stuttgarter Nachrichten am 3. Oktober 1968 von einer Stuttgarter Ingenieurschule. (27) Die Formulierung des Direktors. "Wir können mit den Ergebnissen der Kommission zufrieden sein", fand allgemein Zustimmung. Der AStA-Vorsitzende "sah keinen Grund mehr, den Streik fortzusetzen". Einstimmig beschlossen die Studenten, die Vorlesungen wieder zu besuchen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Abgesehen von vereinzelten "Informationsstreiks" blieb es ruhig an den baden-württembergischen Ingenieurschulen in dem andernorts so turbulenten Sommersemester 1969. Doch weder Ministerpräsident Filbinger noch Kultusminister Hahn waren offenbar stolz darauf, dass es ihnen gelang, nicht nur einen drohenden Konflikt gütlich beizulegen, sondern auch ein Konzept auf den Weg zu bringen, das strukturprägend wurde für die Bundesrepublik - und das sich in der Praxis bewährt hat. Wilhelm Hahn bedauert in seinen Erinnerungen 1981 den "Untergang der bewährten Höheren Fachschulen" und spricht an anderer Stelle von Ingenieurstudenten, die "von einigen Demagogen hoch gepeitscht" worden waren. (28) Doch nach diesem Exkurs wieder zurück zu den Vorgängen in anderen Bundesländern.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">V.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Inhalt des Abkommens zur Vereinheitlichung des Fachhochschulwesens vom 31. Oktober 1968 (29) hat die Ingenieurstudenten enttäuscht und ließ sie skeptisch werden gegenüber Aussagen höchster Staatsvertreter. Viele Kommilitonen resignierten, andere aber wurden in ihrem Widerstandswillen gestärkt. Nach dem Abkommen sollten die künftigen Fachhochschulen Institutionen "ohne eigene Rechtspersönlichkeit" sein, uneingeschränkt der Fach- und Rechtsaufsicht des zuständigen Ministeriums unterworfen (Artikel 4). Die Selbstverwaltung war in wesentlichen Punkten auf eine "Mitwirkung" reduziert (Artikel 5). Es werden lediglich Lehraufgaben wahrgenommen (Artikel 1). Begriffe wie technische Entwicklungsaufgaben oder gar angewandte Forschung tauchen nirgends auf, obwohl die Ingenieurschulen sich seit langem zu technischen Zentren ihrer Region entwickelt hatten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hinsichtlich der Qualifikation der Dozenten wird auf eine Vereinbarung aus dem Jahre 1961 verwiesen (Artikel 11). Erst der Studienabschluss (Graduierung) schließt die Allgemeine Hochschulreife ein (Artikel 9). Lediglich bei den Rechten und Aufgaben der Studentenschaften (Artikel 12) und bei den Förderungsmaßnahmen für Studenten (Artikel 13) sollte es keine Unterschiede geben zwischen Fachhochschulen und wissenschaftlichen Hochschulen. Misstrauische Studenten sahen jedoch einen Vorgriff, um Maßnahmen zur Disziplinierung einheitlich planen und beschließen zu können. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ein neuer Vorstand des Studentenverbandes (SVI) stellte 1969 nicht mehr, wie sein Vorgänger 1968, vorwiegend Standespolitik und Sachfragen in den Vordergrund, sondern versuchte, auch Begriffe wie Demokratieverständnis, Chancengleichheit und Herrschaftsinteressen in die Auseinandersetzung einzubringen. (30) Die Asten der Schulen hat man verstärkt in die Arbeit eingebunden, in kleinen Gruppen sollten demokratische Strukturen erlebt werden. Offen bleibt in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang sich die große Zahl der Ingenieurstudenten über eine verbale Akzeptanz hinaus von gesellschaftskritischen Vorstellungen beeinflussen ließ. Vermutlich stimmt die Aussage in einer Schrift des Bildungsrates, (31) dass "den hohen wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Ansprüchen zeitweilig tonangebender studentischer Gruppen ... die bescheidene pragmatische Vorbildung und Anpassungswilligkeit der Menge der Studenten" gegenüberstand - was aus heutiger Sicht auch als Nüchternheit und Realitätsbewusstsein interpretiert werden kann. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Denn für eigene, konkrete Ziele ließen sich die Mitglieder des SVI nochmals bundesweit mobilisieren. Den Anfang machte Nordrhein-Westfalen. Am 10. April 1969 haben die Studenten von 41 der 43 Ingenieurschulen mit Zweidrittel-Mehrheit für einen Semesterabbruch votiert. Andere Bundesländer folgten. Der Spiegel sprach am 5. Mai 1969 von 40.000 streikenden Ingenieurstudenten von insgesamt 65.000, wobei die Baden-Württemberger aus den genannten Gründen wegfielen. Auch eine Auswertung der Unterlagen des SVI führt zu ähnlichen Größenordnungen. (32) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hinzu kamen Studenten der Höheren Wirtschaftsfachschulen, der Werkkunstschulen und der Sozialschulen, die sich solidarisiert haben. In vielen Fällen hatte man bereits bei Streikbeginn den "Verlust" eines Semesters eingeplant. Auch finanzielle Sanktionen verpufften, denn die boomende Wirtschaft von 1969 vergab auch Kurzzeit-Jobs, zumal wenn die Bewerber, wie damals die weitaus meisten Ingenieurstudenten, Gesellen- oder Facharbeiterbriefe nachweisen konnten. Ein Versuch in Niedersachsen, noch nicht ratifiziertes Ordnungsrecht anzuwenden, wurde juristisch vereitelt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ende Juni 1969 liefen die studentischen Aktionen aus. Vieles war erreicht worden. Die Fachhochschule hatte Gestalt gewonnen. Die integrierte Gesamthochschule, also die enge Verflechtung von Technischer Hochschule und Fachhochschule, lag außerhalb der Reichweite eines noch so aktiven Studentenverbandes. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bestehen blieb das Problem, welche didaktischen Strukturen die neue Hochschule kennzeichnen sollten. In der Vergangenheit konnte die wachsende Diskrepanz zwischen gleich bleibendem Eingangsniveau und steigenden Anforderungen im Beruf nur durch ein hartes "Paukstudium" notdürftig überbrückt werden. Dieser Aufgabe einer inneren Reform haben sich besonders konfessionelle Gruppierungen zugewandt, im Vorfeld 1966 die Evangelische Studentengemeinde, dann seit 1969 recht intensiv die Einigung katholischer Studenten an Fachhochschulen und die Gilde katholischer Ingenieure. (33) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In Nordrhein-Westfalen wurde im Wintersemester 1969/70 der übliche Lehrbetrieb zurückgestellt zugunsten einer breit angelegten Reformdiskussion über Formen und Inhalte einer künftigen Ausbildung. (34) Wenn von studentischer Seite Kritik an ihren Dozenten aufgekommen war, dann richtete sie sich meist gegen die mangelnde didaktische Qualifikation der direkt aus der Wirtschaft berufenen "Bauräte" und nicht gegen deren fachliche Kompetenz. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Der Wissenschaftsrat bezeichnete 1991 die Fachhochschulen als lebensfähige Hochschulreinrichtungen, sie sind "zu einem ebenso unverwechselbaren wie unverzichtbaren Element des differenzierten Hochschulsystems der Bundesrepublik Deutschland geworden". (35) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Technischen Hochschulen verdanken ihr Promotionsrecht einem Kaiserwort, die akademische Lehrerausbildung hatte Verfassungsrang. Die Fachhochschule hingegen entstand durch politische Aktionen, entscheidend getragen von solidarisch handelnden Studenten, die auch bereit waren, Sanktionen zu widerstehen und Einkommensverluste hinzunehmen. Wer will, kann vom Druck der Straße sprechen. Die Beteiligten von damals aber haben auch aus heutiger Sicht keine Veranlassung, mit ihrer Biographie unzufrieden zu sein.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Anmerkungen</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(1) Eine Ausnahme macht der Wissenschaftsrat, der sich bereits in vier Veröffentlichungen mit Stellung und Zielen der Fachhochschulen beschäftigt hat. Vg. Benz, Wilfried: Erfolgreiche und weniger erfolgreiche Beiträge des Wissenschaftsrates zur Entwicklung der Fachhochschulen in Deutschland in : vhw Mitteilungen (2001) April/Juni, S. 14–17. In 20 Jahren (1981–2000) erscheint der Begriff Fachhochschule im deutschen Dissertationsverzeichnis fünfmal!</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(2) Deutscher Bildungsrat – Gutachten und Materialien zur Fachhochschule, Stuttgart 1974; Birkhölzer, Karl: Die Entwicklung der Didaktik der Ingenieurschulen der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bände, Diss. Phil. TU Berlin 1976; Ehmann, Günter: Bildungspolitik und Hochschulpolitik in der Bundesrepublik Deutschland aus der Sicht praxisorientierter und anwendungsbezogener technischer Studiengänge, mehrere Bände, Königswinter 1993; Mayer, Werner: Bildungspotential für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel. Die Entstehung des Hochschultyps Fachhochschule in Nordrhein-Westfalen 1965–1971, Essen 1997. Viele Informationen liefert die Zeitschrift "der junge ingenieur" (dji), 1969 mit einer Auflage von 40.000, herausgegeben vom Studentenverband Deutscher Ingenieurschulen, Berlin. Recht zurückhaltend hingegen das Organ des Dozentenverbandes, "Die deutsche Ingenieurschule".</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(3) Bildungsrat 1974, wie Anm. 2, S. 95</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(4) Wissenschaftsrat – Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen in den 90er Jahren, Köln, S. 10</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(5) Wissenschaftsrat – Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, Köln 2000, S. 5, S. 18; Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, Köln 2002</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(6) Roth, Karl-Heinz/Kanzow, Eckard: Unwissen als Ohnmacht, o.O. o. J. (1971), S. 241</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(7) Grüner, Gustav: Die Entwicklung der höheren technischen Fachschulen im deutschen Sprachgebiet, Braunschweig 1967; vgl. auch Birkhölzer, wie Anm. 2</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(8) Auch Mayer, wie Anm. 2, kommt bezogen auf Nordrhein-Westfalen zu der Aussage: Ausschreitungen, zu denen die Polizei hinzu gerufen wurde, blieben die große Ausnahme. S. 192</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(9) Nachrichtlich: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen vom 24.10.2001; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung vom 7.11.2001</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(10) Lachmann, Günter: Die Konzeption der Fachhochschulen in: Deutsche Universitätszeitung (1969) 22, S. 1-5, hier S. 4</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(11) Osswald, Richard: Die Berufsakademie in Baden-Württemberg, Stuttgart 1988; Petzold, Hans-Joachim: Berufsakademie. Im Interesse des Kapitals in: betrifft erziehung 7 (1974) Heft 4, S. 43–45; Zabeck, Jürgen/Müller, Wolfgang: Das Stuttgarter Modell im Rahmen der Berufsakademie Baden-Württemberg. Vervielfältigter Zwischenbericht über die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs. (Mannheim) 1975</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(12) Einigung katholischer Studenten an Fachhochschulen/Evangelische Akademie Bad Boll (Hrsg.) – Fachhochschule – Berufsakademie. Der Streit um den Praxisbezug. Tagungsbericht 1976. Erstes Zitat S. 92, zweites Zitat S. 16</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(13) Ingenieurschulen 1957–1968 in: Wirtschaft und Statistik (1969) S. 678–684</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(14) Hochschulgesamtplan Baden-Württemberg. Empfehlungen zu Struktur und Organisation der wissenschaftlichen Hochschulen ... Bildung in neuer Sicht, Reihe A, Nr. 5, Villingen 1967; Dahrendorf, Ralf: Zur Entstehungsgeschichte des Hochschulgesamtplans für Baden-Württemberg 1966/67 in: Bildungspolitik mit Maß und Ziel. Wilhelm Hahn zu seinem zehnjährigen Wirken gewidmet, Stuttgart 1974, S. 138–163</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(15) Der Begriff Fachhochschule wurde bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert verwendet. Der Große Brockhaus (15. Aufl. 1930) zählt auf: Fachhochschulen sind technische, landwirtschaftliche und Handelshochschulen, Kunst-, Berg- und Forstakademien. In der Bibliographie Pädagogik (Beltz) wird 1968 das Wort Ingenieurschule 33mal nachgewiesen, das Wort Fachhochschule – in der neuen Bedeutung als Oberbegriff für alle Ingenieur- und Höheren Fachschulen – immerhin schon 6mal, zuerst in einem Beitrag vom Mai/Juni 1968.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(16) Kultusminister Wilhelm Hahn in: Vorschlag zur Neuordnung des technischen Bildungswesens. Schriftenreihe des Kultusministeriums Baden-Württemberg, Reihe A Nr. 17, Villingen 1969, Vorwort S. VII</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(17) Hochschulgesamtplan wie Anm. 14, S. 114 f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(18) Heitmann, Günter: Ingenieurstudenten vor der Radikalisierung? in: Studentische Politik (1969) Nr. 3, S. 12–17, hier S. 14</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(19) Lachmann, Günter: Zur Konzeption der Fachhochschule in: Deutsche Universitätszeitung (1969) 22, S. 1–5, hier S. 3</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(20) Mayer wie Anm. 2, S 127 ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(21) Regierungserklärung der Großen Koalition in: Stuttgarter Zeitung vom 28. Juni 1968; Ein Alleingang Filbingers in: Stuttgarter Zeitung vom 4. Juli 1968. Zum Demonstrationszug: 6.000 Ingenieurschüler auf der Straße in: Stuttgarter Zeitung vom 12. Juni 1968</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(22) Diese Besprechung der Ministerpräsidenten ist dokumentiert in: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, StK 12 003</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(23) Protokoll zur Sitzung am 5. Juli 1968, ausgefertigt am 15. September 1968. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, StK 12 003</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(24) Bildungsrat wie Anm. 2. Anhang mit Dokumenten, S 260 ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(25) Vorschlag zur Neuordnung, wie Anm. 16</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(26) Dieses Konzept brachte der Direktor der Mannheimer Ingenieurschule Meixner ein. Vgl. Nachruf auf Meixner in: vhw Mitteilungen April/Juni 2001</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(27) Vorschlag zur Neuordnung wie Anm. 16. Anhang S. 47f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(28) Hahn, Wilhelm: Ich stehe dazu. Erinnerungen eines Kultusministers, Stuttgart 1981, hier S. 195 und 135</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(29) Bildungsrat wie Anm. 2, Dokumente</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(30) Ausführlich Mayer, wie Anm. 2, S 181ff.; Plog, Karsten: Die Ingenieurstudenten kämpfen gegen ein Studium "zweiter Klasse" in: Die Welt vom 28. Mai 1969. Aus studentischer Sicht: Heitmann, wie Anm. 18; Roth/Kanzow, wie Anm. 6, S. 234ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(31) Bildungsrat, wie Anm. 2, S. 96</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(32) Birkhölzer, wie Anm. 2, S. 190f. Heerwagen Fritz: Fiasko eines Reformversuchs in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt Nr. 21 vom 25. Mai 1969</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(33) Das Zeitproblem an der Ingenieurschule in. Evangelische Studentengemeinde in Deutschland (Hrsg.): Der Bildungsauftrag der Ingenieurschule, Stuttgart 1966, S. 66ff.; Gilde katholischer Ingenieure Deutschlands (Hrsg.): Zur Didaktik und inneren Struktur der Ingenieurschule, Bonn 1969. Ausführlich auch Birkhölzer, wie Anm. 2</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(34) der junge ingenieur (dji). Zeitschrift für Ingenieurstudenten. Herausgegeben vom Studentenverband Deutscher Ingenieurschulen, Berlin. (1969)Nr. 7/8, Vorwort; Wagemann, Carl: Nur ein Schilderwechsel? Die Neuordnung des Ingenieurschulwesens als Teil einer Gesamtreform in: Wirtschaft und Wissenschaft (1969) Heft 5, S. 15–18</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(35) Wissenschaftsrat 1991, wie Anm. 4, S. 7</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="herausgeberkasten"> </div> <div class="herausgeberkasten"><span style="font-size: 18px;"><strong>1968 – einmal anders</strong></span></div> <div class="herausgeberkasten"><br /><span style="font-size: 18px;">Über "1968" wird inzwischen viel geschrieben. Das Spektrum reicht von der schlichten Chronik über zumeist fragwürdige Erinnerungen und kulturalistische Imaginationen bis zur (selbst-)gehässigen Abrechnung. Im Zentrum der Betrachtungen stehen dabei die damaligen Studierenden der westdeutschen und westberliner Universitäten.</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"1968" war aber viel mehr. Die gesamte Gesellschaft befand sich im Umbruch, und dies geschah in einem internationalen Kontext, der noch nicht einmal vor den Eisernen Vorhängen des Kalten Kriegs haltmachte.</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Selbst die technische Intelligenz durchlebte "ihr" 1968. In einer massiven Streikbewegung erkämpften die Studierenden der westdeutschen und westberliner Ingenieurschulen 1968/69 ihre Integration in den wissenschaftlichen Hochschulbereich. Wie kann dieser überraschende Erfolg erklärt werden? Setzten die Ingenieurschüler mit ihrem Streik nur eine längst überfällige Reform durch, oder kamen die Bildungsbehörden und die Wirtschaft ihnen so weit – und schnell! - entgegen, weil sie eine Ausweitung der sozialen Revolte auf die technische Intelligenz befürchteten, was für den gesamten Kontext von "1968" folgenreich gewesen wäre?</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im folgenden berichtet Helmut Kahlert über die Streikbewegung der Ingenieurstudenten 1968 aus seiner Sicht. Stellungnahmen und Kommentare sind erwünscht.</span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Herausgeber</span></div> <div class="herausgeberkasten"><hr /></div> <br /><br /> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Prof. Dr. Helmut Kahlert</span></div> <h1><span style="font-size: 18px;">Vergessene Aktionen</span></h1> <span style="font-size: 18px;">Wie die Fachhochschule entstanden ist.</span> <h2><span style="font-size: 18px;">I.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Jahre 1971 traten die letzten Fachhochschulgesetze der Bundesländer in Kraft, den Anfang hatte am 1.8.1969 Schleswig-Holstein gemacht, den Schluss bildete am 1.10.1971 Baden-Württemberg. Obwohl inzwischen diese Hochschulgattung seit Jahrzehnten etabliert ist, Forschungsinteresse wendet sich ihr nur selten zu. (1) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wenn sich innerhalb eines föderalistischen Systems ein neuer Hochschultyp in kurzer Zeit durchsetzen kann, liegt es nahe, nach den Ursachen zu fragen. Über Vorgeschichte und Entstehung der Fachhochschule gibt es inzwischen einige Veröffentlichungen, die jedoch einzelne Faktoren unterschiedlich gewichten. (2) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Als Beispiel sei hier das Gutachten des Bildungsrates von 1974 herangezogen: "Die Reform der Ingenieurschule ist nicht so sehr durch Anstöße aus diesen Anstalten selbst in Gang gekommen; sie ist vielmehr Teil allgemeiner Veränderungen des Bildungssystems und speziell der Expansion und Reform der wissenschaftlichen Hochschule". Doch wie passt dazu der Beginn des nächsten Absatzes: "Noch 1968 hätte man schwerlich geglaubt, dass die institutionelle Reorganisation der Ingenieurschulen und ihre Umwandlung in Fachhochschulen so schnell vollzogen werden würde, wie dies tatsächlich geschah". (3) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ausgewogener urteilt der Wissenschaftsrat in seinem Gutachten von 1991: "Die Fachhochschulen waren Ende der 60er Jahre aus den Höheren Fachschulen gebildet worden, nachdem Studenten und Dozenten in Protestaktionen auf die ungeklärte internationale Anerkennung ihrer Ausbildung und auf die unbefriedigende nationale Stellung der Höheren Fachschulen aufmerksam gemacht hatten. Hinter dieser Forderung nach einem neuen Status, der durch den Übergang in den Hochschulsektor erreicht werden wollte, standen auch höhere Anforderungen im Beruf und qualitative Veränderungen in der Ausbildung, die durch den technologischen Wandel und den wissenschaftlichen Erkenntnisfortschritt verursacht worden waren". (4) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Knapp ein Jahrzehnt später (2000) fordert der Wissenschaftsrat, dass "Anwendungsorientierung und Praxisbezug des deutschen Wissenschaftssystems in Forschung und Lehre gestärkt werden (müssen)". Das Fächerspektrum der Fachhochschule soll erweitert werden. "Für die sachgerechte Wahrnehmung ihres Bildungsauftrages benötigen die Fachhochschulen einen eigenständigen, institutionell gesicherten und mit angemessenen Ressourcen ausgestatteten Zugang zur Forschung". (5) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die in den Jahren 1968/69 entstandene Fachhochschule existiert und floriert also noch im 21. Jahrhundert, während die mit ungleich stärkeren politischen Kräften angestrebte Gesamthochschule inzwischen Geschichte ist. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nach 1960 haben sich die Bemühungen verstärkt, für die Ingenieurschulen einen angemessenen Platz im Bildungssystem zu finden. Dozenten und Direktoren waren an diesem Abklärungsprozess beteiligt, der Verband der Ingenieurstudenten (SVI), aber ebenso die Ingenieurverbände, besonders der Verein Deutscher Ingenieure (VDI). Den Betroffenen war die Notwendigkeit von Reformen bewusst. Dennoch lässt sich nur schwer erklären, warum plötzlich die "Musterknaben", wie eine Zeitung damals schrieb, diese nüchternen, tüchtigen, aber eher bescheidenen "Fachschüler" zu anhaltenden Massenstreiks, zum Boykott ihrer Lehrveranstaltungen, aktiviert werden konnten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Sicher, es geschah in den kritischen Jahren 1968 und 1969, und wenn Protestbewegungen von Kalifornien aus Paris und Berlin erreichen konnten, warum nicht die Provinzstädte mit Ingenieurschulen? Vielleicht wirkte die Rezession von 1967 nach, als erstmals die Absolventen spüren mussten, dass sie nicht mehr so selbstverständlich wie früher auf dem Arbeitsmarkt wählen konnten. Allerdings, eine Agitation "linker" Studenten der Universität ist auszuschließen. Sofern man im universitären Lager überhaupt Stellung bezogen hat, wurden die Aktionen der Ingenieurstudenten als "ständisch", "konkretistisch" und damit letztlich als "unpolitisch" abqualifiziert. (6) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Erst in der zweiten Streikphase im Sommer 1969 gab es Kontakte zu universitären Studentenvertretern. Auch einzelne Gewerkschaften haben jetzt die streikenden Studenten unterstützt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zwei Themenkomplexe standen im Mittelpunkt dieser studentischen Protestbewegung von 1968/69, die drohende Abstufung auf Technikerniveau durch EWG-Vereinbarungen, und der Wunsch nach Zuordnung zu einem (erweiterten) Hochschulbereich, wofür eine deutliche Anhebung der Eingangsqualifikation unerlässlich war. Positiv formuliert: die damaligen Studenten fühlten sich als künftige Ingenieure und mittlere Führungskräfte. Die Absolventen waren, wie der Stellenmarkt bewies, auch fähig, zumindest in manchen Berufsfeldern mit den Diplom-Ingenieuren der Technischen Hochschule zu konkurrieren. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Obwohl von den EWG-Verträgen hinsichtlich der Niederlassungsfreiheit nur eine marginale Gruppe der Absolventen der Ingenieurschulen persönlich betroffen war, allein die Möglichkeit einer Einstufung auf Technikerniveau traf den Kern des beruflichen Selbstverständnisses, zudem kamen Zweifel auf, ob ihre Interessen auch entschieden genug von deutschen Politikern verfochten wurden. Diesen Aspekt haben Außenstehende oft nicht genügend gewürdigt und gewichtet. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In einer ersten bundesweiten Streikwelle im Sommersemester 1968 ist es gelungen, die Öffentlichkeit und auch manche Politiker für die Belange der Ingenieurstudenten zu sensibilisieren. Doch die Akteure mussten bald befürchten, nur verbale Zugeständnisse erreicht zu haben, einen bloßen "Schilderwechsel", statt Ingenieurschule jetzt Fachhochschule, aber keine entsprechende Strukturreform. Was dann in der zweiten Aktionswelle im Sommersemester 1969 angestrebt wurde, war die irreversible, juristisch nachprüfbare Sicherung der Zugehörigkeit der Fachhochschule zum Hochschulbereich. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch wenn in der damaligen Diskussion historische Argumente kaum eine Rolle gespielt haben, einen Blick in die Geschichte zeigt, dass Namensänderungen wenig zu inhaltlichen Verbesserungen beigetragen haben. (7) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Aus den Technischen Mittelschulen des Vereins Deutscher Ingenieure (1889) wurden in Preußen Höhere Maschinenbauschulen (1898/1910), später Höhere Technische Lehranstalten (1931) und schließlich Ingenieurschulen (1938). Auch die Akademie nach den Vorstellungen der Kulturministerkonferenz vom Januar 1968 folgt dieser Entwicklungslinie. Eingangsniveau blieb die Mittlere Reife, wobei man annehmen darf, dass das "Einjährige" (Obersekundareife des Gymnasiums) von 1900 einen höheren Stellenwert hatte als Realschulabschluss oder Fachschulreife im Jahre 1968. Die Ausbildungsdauer verlängerte sich von 4 Semestern (1889/1898) auf 5 Semester (1910) und 6 Semester (1954). Die Bauschulen haben davon abweichende Entwicklungsprozesse durchlaufen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Es ist unverkennbar, bei Planung und Durchführung der Massenproteste haben die Gewerkschaften als Vorbild gedient, von der Urabstimmung mit 2/3 Mehrheit bis zu eigenen Ordnern bei Demonstrationen und Streikposten. Aufsehen erregte eine Verletzung der Bannmeile des nordrhein-westfälischen Landtags im Juni 1968, doch der Konflikt konnte im Gespräch, ohne Eingreifen der Polizei, beigelegt werden. Der Spielraum für zivilen Ungehorsam wurde von den Studenten ausgenutzt, doch Exzesse blieben seltene Ausnahme. (8) So gab es gewissermaßen ein Kontrastprogramm zu den damaligen Aktionen radikaler Universitätsstudenten in Berlin, was die Presse durch die Berichterstattung honoriert hat. Die Ingenieurstudenten und ihre Mitstreiter von den höheren Fachschulen wollten auch im Sommer 1969 nicht ins linke Spektrum abgedrängt werden. Ein Ziel blieb, man wollte Verständnis wecken für die eigenen Probleme bei breiten Volksschichten. In dieses Konzept passten auch Angebote zu gemeinnütziger Arbeit während der Streikzeit. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bei der ersten Protestwelle im Sommersemester 1968 wurde Rücksicht genommen auf die Belange von Examenssemestern, bei den Aktionen im Sommersemester 1969 hingegen war häufig bereits eine mögliche Verlängerung des Studiums eingeplant worden. Die schärfste Sanktion der Kultusbehörden, die Aberkennung eines Semesters, wurde damit unterlaufen. Solch ein kollektiver Vorlesungs- und Prüfungsboykott war recht ungewöhnlich, zumal die opportunity costs sich relativ genau beziffern ließen: Es war der Unterschied zwischen Studenteneinkommen und Anfangsgehältern bei Ingenieuren. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dieser Einkommensverlust traf nicht nur die Abschlusssemester, sondern alle am Dauerstreik teilnehmenden Studenten. Ihr Studium dauerte ein halbes Jahr länger. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Auswirkungen werden hier an der Absolventenstatistik der beiden Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Bayern belegt. (9)</span></p> <table border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr valign="top"> <td> <table border="0" cellspacing="1" cellpadding="2" bgcolor="#f5f5f5"> <tbody> <tr> <td colspan="2"><span style="font-size: 18px;"><strong>Nordrhein-Westfalen</strong></span></td> </tr> <tr valign="top"> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Zeitraum</strong>  </span></td> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Bestandene <br />Examen</strong>  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">WS 67/68</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.300  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">SS 68</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.540  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">WS 68/69</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.330  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">SS 1969</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">640  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">WS 69/70</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">1.960  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">SS 70</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.260  </span></td> </tr> </tbody> </table> </td> <td width="50"> </td> <td> <table border="0" cellspacing="1" cellpadding="2" bgcolor="#f5f5f5"> <tbody> <tr> <td colspan="2"><span style="font-size: 18px;"><strong>Bayern</strong></span></td> </tr> <tr valign="top"> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Zeitraum</strong>  </span></td> <td><span style="font-size: 18px;"><strong>Bestandene<br />Examen</strong>  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">Jahr 1968</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.490  </span></td> </tr> <tr> <td><span style="font-size: 18px;">Jahr 1969</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">1.380  </span></td> </tr> <tr bgcolor="#dcdcdc"> <td><span style="font-size: 18px;">Jahr 1970</span></td> <td align="right"><span style="font-size: 18px;">2.380  </span></td> </tr> </tbody> </table> </td> </tr> </tbody> </table> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">"Streiks und Demonstrationen der Ingenieurschul-Studenten haben im Laufe des Jahres 1969 Landesregierungen und Landtage so unter Druck gesetzt, dass diese sich veranlasst sahen, von der Konzeption der Ministerpräsidenten abzuweichen", urteilt ein sachkundiger Beobachter. Die bereits eingebrachten Gesetze gingen über das hinaus, was die Ministerpräsidenten im Sommer 1968 abgesprochen hatten.(10) Der zeitliche Ablauf wird an anderer Stelle noch detailliert geschildert.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">II.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Doch welche Erklärung man auch sucht für den in zwei Schüben aufgetretenen Massenprotest der Ingenieurstudenten, denen sich bald auch Angehörige anderer Höherer Fachhochschulen angeschlossen haben, es blieb ein Rest Ungewissheit und Unbehagen bei Politikern und Unternehmern. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Eigentlich müssten doch gesellschaftliche Aufsteiger, die als graduierte Ingenieure angemessene Arbeitsplätze und gute Bezahlung erwarten konnten, kaum ansprechbar sein für politische Protestaktionen, zumal vom Fach her - Technik, aber auch Betriebswirtschaft - keine ideologische Beeinflussung zu erwarten war. Trotzdem gab es diese Aktionen, deren Vorläufer man vielleicht eher in den Anfangszeiten der Gewerkschaftsbewegung als in der Hochschulgeschichte suchen sollte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In den frühen 1970er Jahren konsolidierte sich jedoch nicht nur die Fachhochschule, sondern auch eine zweite Institution, die zwar formal (noch) nicht zum Hochschulbereich zählt, die aber dennoch eindeutig zum Sektor "Higher Education" gehört, die Berufsakademie. (11)Vielleicht war auch das Misstrauen gegen die in jüngster Zeit so schwer berechenbaren Ingenieurstudenten ein Motiv, als drei Stuttgarter Großfirmen, Robert Bosch, Daimler-Benz und Standard Electric Lorenz, 1971/72 als "Stuttgarter Modell" einen dreijährigen Ausbildungsgang im "Sandwich-System", also abwechselnd Theorie- und Praxisphasen, für Abiturienten geplant haben. Der nächste Schritt war 1974 die Übernahme dieses Konzepts mit leichten Modifikationen durch das CDU Kultusministerium von Baden-Württemberg. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Man wollte offenbar ein Signal setzen, denn damals "war der bildungspolitische Trend, allmählich zur Emanzipation zu kommen und die Bedingungen der Arbeitswelt zu vernachlässigen". (Dr. Breitmeier). Der zuständige Referent im baden-württembergischen Kultusministerium sagte 1976 auf der gleichen Tagung: "Waren die Fachhochschulen und die Gesamthochschulen Ergebnisse einer bundesweiten Zielplanung, so sind die Berufsakademien eher Ereignisse, die dem Gesetz der ungewollten Nebenwirkungen folgen. Im Bildungsgesamtplan sind die Berufsakademien nicht ausgewiesen. Ihre Existenz verdanken sie letztlich den tief greifenden Änderungen und dem Unbehagen, welche durch die nicht programmierten Folgewirkungen der Reform ausgelöst wurden". (12) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hinzu kam, bei fiskalischer Betrachtung waren Berufsakademien "billiger" als Hochschulen, besonders im Personalbereich. Doch starkes Gewicht hatte auch die Überlegung, dass die Besucher dem Arbeitsrecht unterworfen waren und sich bei damals befürchteten Konflikten nicht auf die Autonomie einer Hochschule berufen konnten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diejenigen Einstellungen und Verhaltensweisen, die so erfolgreich waren bei der Auseinandersetzung um die Fachhochschule, als Nebeneffekt das Aufkommen einer konkurrierenden Institution, eben der Berufsakademie, begünstigt haben. Auffällig ist auch, dass beide, Fachhochschule wie Berufsakademie, nicht genuine Schöpfungen der dafür zuständigen Politiker und Verwaltungen waren, sondern sich am Rande oder gar außerhalb der offiziellen Kultuspolitik strukturiert haben, ehe sie dann in einem zweiten Schritt integriert wurden.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">III.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In mehreren Untersuchungen war 1956/57 ein alarmierender Fehlbestand an Ingenieuren diagnostiziert worden. Es begann ein rascher Ausbau des Ingenieurschulwesens. Im Wintersemester 1957/58 waren 36.000 Studierende und 9.200 Absolventen bundesweit ermittelt worden, im Wintersemester 1967/68 zählte man 61.500 Studierende und 17.500 Absolventen. (13) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Konferenz der Kultusminister der Länder hat sich zwischen 1951 und 1968 in 62 Beschlüssen mit Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen befasst, doch statt diesen Regelungsbedarf als Hinweis auf notwendige Reformen einzustufen, gab es die deutlich erkennbare Tendenz, einen erreichten Entwicklungsstand festzuschreiben. Als Beispiel dafür kann die Vereinbarung zur Vereinheitlichung des Ingenieurschulwesens vom Januar 1964 gelten. Es wurde angenommen, die Materie wäre abschließend geregelt. Doch bereits zwei Jahre später brachte die Deutsche Kommission für Ingenieurausbildung einen neuen Begriff in die Diskussion, der rasch Verbreitung fand, die Akademie. Während die einen darunter lediglich einen Oberbegriff sahen für alle Gattungen Höherer Fachschulen, dachten andere an einen Übergang zur Hochschule. Die Kompromissformel, "zwischen Schule und Hochschule", wurde aufgegeben. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im gleichen Zeitraum, als in den Landtagen verschiedener Bundesländer Akademiegesetze eingebracht und beraten wurden, erschien im Oktober 1967 der sog. Dahrendorfplan. Der Untertitel lautet: Empfehlungen zur Reform von Struktur und Organisation der Wissenschaftlichen Hochschulen, Pädagogischen Hochschulen, Studienseminare, Kunsthochschulen, Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen. (14) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Diese Kommission, eingesetzt vom baden-württembergischen Kultusminister Hahn (CDU), führte das Wort Gesamthochschule in die Diskussion ein und reaktivierte als Oberbegriff für Ingenieur- und Höhere Fachschulen das Wort Fachhochschule. (15) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zum ersten Mal hatte ein angesehenes, unabhängiges Expertengremium, dem im Übrigen kein Vertreter der Ingenieurschulen angehört hat, zumindest ein Teil dieser Institutionen eindeutig dem Hochschulbereich zugeordnet. Rückblickend meinte Kultusminister Hahn 1969: "Die meisten überregionalen Verbesserungsvorschläge zielten zu diesem Zeitpunkt noch darauf ab, die Ingenieurschulreform als bloße Veränderungen in der Bezeichnung zu beschränken ... und weitergehende Forderungen als unnötig, ja als gefährliche Schwäche gegen Interessentenforderungen abzutun". (16) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Anders formuliert, das Schicksal der Ingenieurschule war künftig kein Problem des beruflichen Schulwesens mehr, sondern der Hochschulpolitik. Allerdings, und daran setzte die Kritik an, nicht alle bestehenden Ingenieurschulen und Höheren Fachschulen sollten nach dem Dahrendorfplan dem erweiterten Hochschulraum angehören. (17) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ende 1967, als ihre Studentenvertreter bereits über politische Aktionen nachgedacht haben, galt in der breiten Öffentlichkeit die Ingenieurschule - um ein dem hessischen Kultusminister Schütte zugeschriebenes Wort aufzugreifen - als "besonders geglücktes Modell im deutschen Bildungswesen". Die Wirtschaft hielt eine Reform für unnötig, wenn nicht für schädlich, die Gewerkschaften befürchteten bei einem angehobenen Eingangsniveau negative Auswirkungen auf den zweiten Bildungsweg. Wie Politiker und Vertreter der Kultusverwaltung eingestellt waren, dokumentieren die Protokolle und Beschlüsse der Konferenz der Kultusminister, und die Universitäten berührten Probleme von "Fachschulen" und "Fachschülern" ohnehin nicht. Als besonders zählebig erwies sich das von verschiedenen Seiten immer wieder vorgebrachte Argument, hier wolle eine neue Großgruppe zu akademischen Ehren kommen, und sie würde der Gesellschaft bald ihre erhöhten Ansprüche präsentieren. Weitaus leichter war es hingegen, Verständnis zu finden für die Forderung, im europäischen Raum als Ingenieure nicht benachteiligt zu werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auslöser für die studentischen Aktionen im Sommersemester 1968 war der Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 18./19. Januar 1968, in dem Akademien definiert wurden als "berufliche Ausbildungsstätten", die zu einem "gehobenen Berufsabschluss" führen. An den Eingangsvoraussetzungen - Realschulabschluss oder Vergleichbares - hielt die Konferenz unbeirrt fest. Am 29. Januar 1968 gab es eine Lagebesprechung beim erweiterten Vorstand des Studentenverbandes Deutscher Ingenieurschulen (SVI), an der auch Vertreter befreundeter Verbände teilnahmen. Beschlossen wurde, "die Studentenschaften im Sommersemester 1968 zu Kampfmaßnahmen aufzurufen". Vom April 1968 an kam es zu Streiks mit unterschiedlicher Dauer, "doch als am 7. Juni 1968 die Kultusminister immer noch an der bisherigen Einstufung der Akademie festgehalten haben, wurde vom 11. Juni 1968 an der Lehrbetrieb flächendeckend boykottiert". (18) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Eines war inzwischen der interessierten Öffentlichkeit bewusst geworden, Mitte des Jahres 1968 herrschte "völlige Verwirrung über das Schicksal der Ingenieurschulen... Das bundesweite Chaos, das sich damit ankündigte, drohte den Föderalismus in der Bundesrepublik völlig zu diskreditieren. (19) Es war Ministerpräsident Kühn (SPD) von Nordrhein-Westfalen, der die Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder zur Klärung der Situation aufgefordert hat. Ihm stand der mitgliederstärkste Landesverband der Ingenieurstudenten gegenüber, doch wichtiger noch, die CDU Opposition hatte - übrigens ohne Abklärung mit der Bundespartei - im Landtag den Entwurf für ein Fachhochschulgesetz eingebracht, obwohl gleichzeitig ein Akademiegesetz parlamentarisch bearbeitet wurde. (20) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch in der Erklärung der neu gewählten Regierung des Landes Baden-Württemberg vom Juni 1968 taucht das Wort Fachhochschule auf, die Wünsche und Forderungen der Studenten werden darin positiv angesprochen. Das hat jedoch offenbar nicht genügt, denn Ende Juni erweiterte sich nochmals die Zahl der Schulen, an denen gestreikt wurde. Da hat Ministerpräsident Filbinger (CDU) den Alleingang gewagt und ohne Abstimmung mit seinem Kabinett auf der Pressekonferenz vom 3. Juli 1968 die meisten Forderungen der Studenten klar anerkannt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Was auch immer Filbingers Motive waren, durch diese deutliche Aussage hat er sich um die Entstehung der Fachhochschulen verdient gemacht, zumal er darin ankündigte, auch dann handeln zu wollen, wenn die Ministerpräsidenten kein Einvernehmen erzielen könnten. (21) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auf der Tagesordnung der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder vom 5. Juli 1968 stand der Punkt "Akademiegesetzgebung", doch beschlossen wurde schließlich über die Fachhochschule. (22) Bayerns Ministerpräsident Goppel, nur unterstützt von seinem Kollegen aus dem Saarland, erhob Einwendungen gegen eine Einbeziehung der Fachhochschulen in den Hochschulbereich, da "eine sachliche Berechtigung eines solchen Beschlusses nicht gegeben ist". (23) Dennoch wurden - Bayern hat sich enthalten - folgende Beschlüsse gefasst (hier gekürzt zitiert): </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ingenieurschulen und gleichrangige Bildungseinrichtungen werden als Fachhochschulen in die dritte Stufe des Bildungswesens (Hochschulstufe) angehoben.</span></p> <ul> <li><span style="font-size: 18px;">Der Zugang zu den Fachhochschulen soll durch eine Fachhochschulreife eröffnet werden.</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Studienzeit sollte wie bisher drei Studienjahre betragen.</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Übergänge zwischen Fachhochschulen und wissenschaftlichen Hochschulen und umgekehrt sollen ermöglicht werden.</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Beteiligung von Dozenten und Studenten an Entscheidungen der Fachhochschule wird gewährleistet.</span></li> </ul> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Wenn nach einer Gründungscharta der Fachhochschulen gesucht wird, dann waren es inhaltlich betrachtet diese kurzen Leitsätze der Ministerpräsidenten vom 5. Juli 1968. Der Studentenverband Deutscher Ingenieurschulen (SVI) empfahl nach bekannt werden den Abbruch der Streiks. Eine vorwiegend aus Kultusministern bestehende Kommission sollte bald "Grundsätze für eine einheitliche Gesetzgebung der Länder ausarbeiten". Wie bei den berufenen Personen zu erwarten war, die Vorgaben hat man eher restriktiv ausgelegt. Beschlossen wurde das "Abkommen zwischen den Ländern der Bundesrepublik zur Vereinheitlichung auf dem Gebiet des Fachhochschulwesens" von den Ministerpräsidenten am 31.10.1968. (24) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Doch ehe auf die weitere Entwicklung im Bundesgebiet eingegangen wird, erscheint es sinnvoll, den baden-württembergischen Sonderweg kurz darzustellen.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">IV.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Auch die Studenten der Ingenieurschulen Baden-Württembergs hatten sich an verschiedenen Aktionen beteiligt. Höhepunkt der Protestbewegung war am 11. Juni 1968 ein Demonstrationszug von 6.000 Personen durch die Stuttgarter Innenstadt, der lautstark, aber friedlich verlief. Dozenten haben daran teilgenommen. Vertreter des baden-württembergischen Baumeister- und Ingenieurbundes, von DGB und DAG, erklärten sich solidarisch mit den Forderungen der Studenten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Doch zuvor schon, im Mai 1968, war vom baden-württembergischen Kultusminister Hahn eine Expertenkommission berufen worden, um Vorschläge zur Neuordnung des technischen Bildungswesens zu erarbeiten. Der Vorsitzende, Prof. Dr. Sinn von der BASF in Ludwigshafen, hatte bereits der inzwischen hoch angesehenen Dahrendorf-Kommission angehört. Die Ingenieurschulen waren mit acht Personen vertreten, darunter befanden sich drei Vertreter des Landesverbandes der Ingenieurstudenten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die baden-württembergischen Studenten waren bereit, den Mitgliedern dieses Ausschusses einen Vertrauensvorschuss einzuräumen, und sie wurden nicht enttäuscht. Hier einige Kernpunkte aus dem am 10. September 1968 übergebenen Bericht: (25) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fachhochschulen sind Hochschulen ohne Promotionsrecht (mit Selbstverwaltung)</span></p> <ul> <li><span style="font-size: 18px;">Die Studiengänge vermitteln eine Ausbildung, die zu selbständiger, eigenverantwortlicher Tätigkeit befähigt</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Dauer des Studiums beträgt vier Jahre (sechs Studiensemester und zwei integrierte Praxissemester) (26)</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Die Anerkennung der Fachhochschulingenieure muss im Sinne der EWG-Richtlinien gewährleistet sein</span></li> <li><span style="font-size: 18px;">Der Zugang zur Fachhochschule sollte 12 Jahre umfassen und damit an internationale Verhältnisse angeglichen sein</span></li> </ul> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Es hat lange gedauert, ehe sich dieses Konzept mit den zwei integrierten Praxissemestern im Bundesgebiet allgemein durchsetzen konnte, doch es wurde strukturprägend und erleichterte die Anerkennung der Fachhochschulingenieure im EG Raum. Unter der Überschrift "Hitziger Sommer weicht kühlen Herbst" berichteten die Stuttgarter Nachrichten am 3. Oktober 1968 von einer Stuttgarter Ingenieurschule. (27) Die Formulierung des Direktors. "Wir können mit den Ergebnissen der Kommission zufrieden sein", fand allgemein Zustimmung. Der AStA-Vorsitzende "sah keinen Grund mehr, den Streik fortzusetzen". Einstimmig beschlossen die Studenten, die Vorlesungen wieder zu besuchen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Abgesehen von vereinzelten "Informationsstreiks" blieb es ruhig an den baden-württembergischen Ingenieurschulen in dem andernorts so turbulenten Sommersemester 1969. Doch weder Ministerpräsident Filbinger noch Kultusminister Hahn waren offenbar stolz darauf, dass es ihnen gelang, nicht nur einen drohenden Konflikt gütlich beizulegen, sondern auch ein Konzept auf den Weg zu bringen, das strukturprägend wurde für die Bundesrepublik - und das sich in der Praxis bewährt hat. Wilhelm Hahn bedauert in seinen Erinnerungen 1981 den "Untergang der bewährten Höheren Fachschulen" und spricht an anderer Stelle von Ingenieurstudenten, die "von einigen Demagogen hoch gepeitscht" worden waren. (28) Doch nach diesem Exkurs wieder zurück zu den Vorgängen in anderen Bundesländern.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">V.</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Inhalt des Abkommens zur Vereinheitlichung des Fachhochschulwesens vom 31. Oktober 1968 (29) hat die Ingenieurstudenten enttäuscht und ließ sie skeptisch werden gegenüber Aussagen höchster Staatsvertreter. Viele Kommilitonen resignierten, andere aber wurden in ihrem Widerstandswillen gestärkt. Nach dem Abkommen sollten die künftigen Fachhochschulen Institutionen "ohne eigene Rechtspersönlichkeit" sein, uneingeschränkt der Fach- und Rechtsaufsicht des zuständigen Ministeriums unterworfen (Artikel 4). Die Selbstverwaltung war in wesentlichen Punkten auf eine "Mitwirkung" reduziert (Artikel 5). Es werden lediglich Lehraufgaben wahrgenommen (Artikel 1). Begriffe wie technische Entwicklungsaufgaben oder gar angewandte Forschung tauchen nirgends auf, obwohl die Ingenieurschulen sich seit langem zu technischen Zentren ihrer Region entwickelt hatten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hinsichtlich der Qualifikation der Dozenten wird auf eine Vereinbarung aus dem Jahre 1961 verwiesen (Artikel 11). Erst der Studienabschluss (Graduierung) schließt die Allgemeine Hochschulreife ein (Artikel 9). Lediglich bei den Rechten und Aufgaben der Studentenschaften (Artikel 12) und bei den Förderungsmaßnahmen für Studenten (Artikel 13) sollte es keine Unterschiede geben zwischen Fachhochschulen und wissenschaftlichen Hochschulen. Misstrauische Studenten sahen jedoch einen Vorgriff, um Maßnahmen zur Disziplinierung einheitlich planen und beschließen zu können. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ein neuer Vorstand des Studentenverbandes (SVI) stellte 1969 nicht mehr, wie sein Vorgänger 1968, vorwiegend Standespolitik und Sachfragen in den Vordergrund, sondern versuchte, auch Begriffe wie Demokratieverständnis, Chancengleichheit und Herrschaftsinteressen in die Auseinandersetzung einzubringen. (30) Die Asten der Schulen hat man verstärkt in die Arbeit eingebunden, in kleinen Gruppen sollten demokratische Strukturen erlebt werden. Offen bleibt in diesem Zusammenhang, in welchem Umfang sich die große Zahl der Ingenieurstudenten über eine verbale Akzeptanz hinaus von gesellschaftskritischen Vorstellungen beeinflussen ließ. Vermutlich stimmt die Aussage in einer Schrift des Bildungsrates, (31) dass "den hohen wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Ansprüchen zeitweilig tonangebender studentischer Gruppen ... die bescheidene pragmatische Vorbildung und Anpassungswilligkeit der Menge der Studenten" gegenüberstand - was aus heutiger Sicht auch als Nüchternheit und Realitätsbewusstsein interpretiert werden kann. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Denn für eigene, konkrete Ziele ließen sich die Mitglieder des SVI nochmals bundesweit mobilisieren. Den Anfang machte Nordrhein-Westfalen. Am 10. April 1969 haben die Studenten von 41 der 43 Ingenieurschulen mit Zweidrittel-Mehrheit für einen Semesterabbruch votiert. Andere Bundesländer folgten. Der Spiegel sprach am 5. Mai 1969 von 40.000 streikenden Ingenieurstudenten von insgesamt 65.000, wobei die Baden-Württemberger aus den genannten Gründen wegfielen. Auch eine Auswertung der Unterlagen des SVI führt zu ähnlichen Größenordnungen. (32) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hinzu kamen Studenten der Höheren Wirtschaftsfachschulen, der Werkkunstschulen und der Sozialschulen, die sich solidarisiert haben. In vielen Fällen hatte man bereits bei Streikbeginn den "Verlust" eines Semesters eingeplant. Auch finanzielle Sanktionen verpufften, denn die boomende Wirtschaft von 1969 vergab auch Kurzzeit-Jobs, zumal wenn die Bewerber, wie damals die weitaus meisten Ingenieurstudenten, Gesellen- oder Facharbeiterbriefe nachweisen konnten. Ein Versuch in Niedersachsen, noch nicht ratifiziertes Ordnungsrecht anzuwenden, wurde juristisch vereitelt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ende Juni 1969 liefen die studentischen Aktionen aus. Vieles war erreicht worden. Die Fachhochschule hatte Gestalt gewonnen. Die integrierte Gesamthochschule, also die enge Verflechtung von Technischer Hochschule und Fachhochschule, lag außerhalb der Reichweite eines noch so aktiven Studentenverbandes. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bestehen blieb das Problem, welche didaktischen Strukturen die neue Hochschule kennzeichnen sollten. In der Vergangenheit konnte die wachsende Diskrepanz zwischen gleich bleibendem Eingangsniveau und steigenden Anforderungen im Beruf nur durch ein hartes "Paukstudium" notdürftig überbrückt werden. Dieser Aufgabe einer inneren Reform haben sich besonders konfessionelle Gruppierungen zugewandt, im Vorfeld 1966 die Evangelische Studentengemeinde, dann seit 1969 recht intensiv die Einigung katholischer Studenten an Fachhochschulen und die Gilde katholischer Ingenieure. (33) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In Nordrhein-Westfalen wurde im Wintersemester 1969/70 der übliche Lehrbetrieb zurückgestellt zugunsten einer breit angelegten Reformdiskussion über Formen und Inhalte einer künftigen Ausbildung. (34) Wenn von studentischer Seite Kritik an ihren Dozenten aufgekommen war, dann richtete sie sich meist gegen die mangelnde didaktische Qualifikation der direkt aus der Wirtschaft berufenen "Bauräte" und nicht gegen deren fachliche Kompetenz. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Der Wissenschaftsrat bezeichnete 1991 die Fachhochschulen als lebensfähige Hochschulreinrichtungen, sie sind "zu einem ebenso unverwechselbaren wie unverzichtbaren Element des differenzierten Hochschulsystems der Bundesrepublik Deutschland geworden". (35) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Technischen Hochschulen verdanken ihr Promotionsrecht einem Kaiserwort, die akademische Lehrerausbildung hatte Verfassungsrang. Die Fachhochschule hingegen entstand durch politische Aktionen, entscheidend getragen von solidarisch handelnden Studenten, die auch bereit waren, Sanktionen zu widerstehen und Einkommensverluste hinzunehmen. Wer will, kann vom Druck der Straße sprechen. Die Beteiligten von damals aber haben auch aus heutiger Sicht keine Veranlassung, mit ihrer Biographie unzufrieden zu sein.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Anmerkungen</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(1) Eine Ausnahme macht der Wissenschaftsrat, der sich bereits in vier Veröffentlichungen mit Stellung und Zielen der Fachhochschulen beschäftigt hat. Vg. Benz, Wilfried: Erfolgreiche und weniger erfolgreiche Beiträge des Wissenschaftsrates zur Entwicklung der Fachhochschulen in Deutschland in : vhw Mitteilungen (2001) April/Juni, S. 14–17. In 20 Jahren (1981–2000) erscheint der Begriff Fachhochschule im deutschen Dissertationsverzeichnis fünfmal!</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(2) Deutscher Bildungsrat – Gutachten und Materialien zur Fachhochschule, Stuttgart 1974; Birkhölzer, Karl: Die Entwicklung der Didaktik der Ingenieurschulen der Bundesrepublik Deutschland, 2 Bände, Diss. Phil. TU Berlin 1976; Ehmann, Günter: Bildungspolitik und Hochschulpolitik in der Bundesrepublik Deutschland aus der Sicht praxisorientierter und anwendungsbezogener technischer Studiengänge, mehrere Bände, Königswinter 1993; Mayer, Werner: Bildungspotential für den wirtschaftlichen und sozialen Wandel. Die Entstehung des Hochschultyps Fachhochschule in Nordrhein-Westfalen 1965–1971, Essen 1997. Viele Informationen liefert die Zeitschrift "der junge ingenieur" (dji), 1969 mit einer Auflage von 40.000, herausgegeben vom Studentenverband Deutscher Ingenieurschulen, Berlin. Recht zurückhaltend hingegen das Organ des Dozentenverbandes, "Die deutsche Ingenieurschule".</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(3) Bildungsrat 1974, wie Anm. 2, S. 95</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(4) Wissenschaftsrat – Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen in den 90er Jahren, Köln, S. 10</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(5) Wissenschaftsrat – Thesen zur künftigen Entwicklung des Wissenschaftssystems in Deutschland, Köln 2000, S. 5, S. 18; Empfehlungen zur Entwicklung der Fachhochschulen, Köln 2002</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(6) Roth, Karl-Heinz/Kanzow, Eckard: Unwissen als Ohnmacht, o.O. o. J. (1971), S. 241</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(7) Grüner, Gustav: Die Entwicklung der höheren technischen Fachschulen im deutschen Sprachgebiet, Braunschweig 1967; vgl. auch Birkhölzer, wie Anm. 2</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(8) Auch Mayer, wie Anm. 2, kommt bezogen auf Nordrhein-Westfalen zu der Aussage: Ausschreitungen, zu denen die Polizei hinzu gerufen wurde, blieben die große Ausnahme. S. 192</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(9) Nachrichtlich: Landesamt für Datenverarbeitung und Statistik Nordrhein-Westfalen vom 24.10.2001; Bayerisches Landesamt für Statistik und Datenverarbeitung vom 7.11.2001</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(10) Lachmann, Günter: Die Konzeption der Fachhochschulen in: Deutsche Universitätszeitung (1969) 22, S. 1-5, hier S. 4</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(11) Osswald, Richard: Die Berufsakademie in Baden-Württemberg, Stuttgart 1988; Petzold, Hans-Joachim: Berufsakademie. Im Interesse des Kapitals in: betrifft erziehung 7 (1974) Heft 4, S. 43–45; Zabeck, Jürgen/Müller, Wolfgang: Das Stuttgarter Modell im Rahmen der Berufsakademie Baden-Württemberg. Vervielfältigter Zwischenbericht über die wissenschaftliche Begleitung des Modellversuchs. (Mannheim) 1975</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(12) Einigung katholischer Studenten an Fachhochschulen/Evangelische Akademie Bad Boll (Hrsg.) – Fachhochschule – Berufsakademie. Der Streit um den Praxisbezug. Tagungsbericht 1976. Erstes Zitat S. 92, zweites Zitat S. 16</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(13) Ingenieurschulen 1957–1968 in: Wirtschaft und Statistik (1969) S. 678–684</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(14) Hochschulgesamtplan Baden-Württemberg. Empfehlungen zu Struktur und Organisation der wissenschaftlichen Hochschulen ... Bildung in neuer Sicht, Reihe A, Nr. 5, Villingen 1967; Dahrendorf, Ralf: Zur Entstehungsgeschichte des Hochschulgesamtplans für Baden-Württemberg 1966/67 in: Bildungspolitik mit Maß und Ziel. Wilhelm Hahn zu seinem zehnjährigen Wirken gewidmet, Stuttgart 1974, S. 138–163</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(15) Der Begriff Fachhochschule wurde bereits im ausgehenden 19. Jahrhundert verwendet. Der Große Brockhaus (15. Aufl. 1930) zählt auf: Fachhochschulen sind technische, landwirtschaftliche und Handelshochschulen, Kunst-, Berg- und Forstakademien. In der Bibliographie Pädagogik (Beltz) wird 1968 das Wort Ingenieurschule 33mal nachgewiesen, das Wort Fachhochschule – in der neuen Bedeutung als Oberbegriff für alle Ingenieur- und Höheren Fachschulen – immerhin schon 6mal, zuerst in einem Beitrag vom Mai/Juni 1968.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(16) Kultusminister Wilhelm Hahn in: Vorschlag zur Neuordnung des technischen Bildungswesens. Schriftenreihe des Kultusministeriums Baden-Württemberg, Reihe A Nr. 17, Villingen 1969, Vorwort S. VII</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(17) Hochschulgesamtplan wie Anm. 14, S. 114 f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(18) Heitmann, Günter: Ingenieurstudenten vor der Radikalisierung? in: Studentische Politik (1969) Nr. 3, S. 12–17, hier S. 14</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(19) Lachmann, Günter: Zur Konzeption der Fachhochschule in: Deutsche Universitätszeitung (1969) 22, S. 1–5, hier S. 3</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(20) Mayer wie Anm. 2, S 127 ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(21) Regierungserklärung der Großen Koalition in: Stuttgarter Zeitung vom 28. Juni 1968; Ein Alleingang Filbingers in: Stuttgarter Zeitung vom 4. Juli 1968. Zum Demonstrationszug: 6.000 Ingenieurschüler auf der Straße in: Stuttgarter Zeitung vom 12. Juni 1968</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(22) Diese Besprechung der Ministerpräsidenten ist dokumentiert in: Bayerisches Hauptstaatsarchiv, StK 12 003</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(23) Protokoll zur Sitzung am 5. Juli 1968, ausgefertigt am 15. September 1968. Bayerisches Hauptstaatsarchiv, StK 12 003</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(24) Bildungsrat wie Anm. 2. Anhang mit Dokumenten, S 260 ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(25) Vorschlag zur Neuordnung, wie Anm. 16</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(26) Dieses Konzept brachte der Direktor der Mannheimer Ingenieurschule Meixner ein. Vgl. Nachruf auf Meixner in: vhw Mitteilungen April/Juni 2001</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(27) Vorschlag zur Neuordnung wie Anm. 16. Anhang S. 47f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(28) Hahn, Wilhelm: Ich stehe dazu. Erinnerungen eines Kultusministers, Stuttgart 1981, hier S. 195 und 135</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(29) Bildungsrat wie Anm. 2, Dokumente</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(30) Ausführlich Mayer, wie Anm. 2, S 181ff.; Plog, Karsten: Die Ingenieurstudenten kämpfen gegen ein Studium "zweiter Klasse" in: Die Welt vom 28. Mai 1969. Aus studentischer Sicht: Heitmann, wie Anm. 18; Roth/Kanzow, wie Anm. 6, S. 234ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(31) Bildungsrat, wie Anm. 2, S. 96</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(32) Birkhölzer, wie Anm. 2, S. 190f. Heerwagen Fritz: Fiasko eines Reformversuchs in: Deutsches Allgemeines Sonntagsblatt Nr. 21 vom 25. Mai 1969</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(33) Das Zeitproblem an der Ingenieurschule in. Evangelische Studentengemeinde in Deutschland (Hrsg.): Der Bildungsauftrag der Ingenieurschule, Stuttgart 1966, S. 66ff.; Gilde katholischer Ingenieure Deutschlands (Hrsg.): Zur Didaktik und inneren Struktur der Ingenieurschule, Bonn 1969. Ausführlich auch Birkhölzer, wie Anm. 2</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(34) der junge ingenieur (dji). Zeitschrift für Ingenieurstudenten. Herausgegeben vom Studentenverband Deutscher Ingenieurschulen, Berlin. (1969)Nr. 7/8, Vorwort; Wagemann, Carl: Nur ein Schilderwechsel? Die Neuordnung des Ingenieurschulwesens als Teil einer Gesamtreform in: Wirtschaft und Wissenschaft (1969) Heft 5, S. 15–18</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(35) Wissenschaftsrat 1991, wie Anm. 4, S. 7</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Ratlines and Unholy Trinities 2013-04-05T16:33:52+02:00 2013-04-05T16:33:52+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/182-ratlines-and-unholy-trinities Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Matteo Sanfilippo</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">(The Vatican Files.net)</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Manifesto - Saggi - Documenti - Vatican Forum - Eventi - Links - Cronologia - FAQs - Redazione - Recensioni - Segnalazioni. Scegli la tua lingua: English - Français - Deutsch - Español. Ratlines and Unholy Trinities: A Review-essay on (Recent) Literature Concerning Nazi and Collaborators Smuggling Operations out of Italy. The Vatican Files.net </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">This essay began as a review of a few books on the Priebke affair while I was acting as a researcher for CEANA [1]. In particular, I was interested in understanding why they described so vaguely and fabulously the flight through Italy of former SS and other war criminals in the second half of the 1940s. After a while, I realized it was useless to review these books without taking into account their historiographical background. In fact, many of them do not deal with new pieces of evidence (we will see that the Priebke trials did not bring any element of novelty about the Nazi flight) and they are also heavily based on prior accounts. These accounts are very interesting because historical reconstructions of Nazi escape routes from Italy are very often based on reportages (later instant books) written by journalists and reports written by diplomats, rather than scholarly research. Moreover, these reconstructions are too often like the ones proposed by novels and movies. As a rule, popularized history is conceived in the same vein as mass literature or popular entertainment, but here we find something more because the authors did not want to be considered to be mere popularizers. They thought they were doing what academic historians did not do, because of the latters' fear of being involved in political issues. At this point, I had to deal with a double and, at least according to me, dangerous issue: popularized history versus academic history, political passion versus scholarly research. I decided the only sensible thing to do was to draw a sketch of debates since 1945 on the Nazi flight through Italy, combining works by trained historians, journalists, novelists and movie-makers. Therefore, I tried to map chronologically the entire literature on the topic and to stress all links to analogous questions, like the one concerning relationships between Catholic Church and Nazism or the Cold War and the recycling of former Nazi spies and soldiers. I hope that I have not given an oversimplified outline, but I think that it was necessary in order to discover how "historical (un)truths" were built up over the decades. Often this was done out of genuine sincerity, because researchers were not trained or did not think carefully about what they were writing. I do not wish to suggest here that historians can reach the TRUTH, but that writers can and should check what they are doing and also state the rules of the game. If they are writing a novel or a screenplay they can state that Hitler is still alive. But they cannot do the same, if they are writing academic or popularized history because they must take documentary evidence into account. The literature on the the underground routes going from Central and Eastern Europe to Latin America through Italy owes a lot to late 1940s press or diplomatic reports. The first SS and other war criminals arrived in Argentina from Italy in 1947 [2], but since 1946 German-speaking and Italian diplomats were complaining about the rebirth of Fascism and Nazism on the American side of the Atlantic [3]. In 1947, Vincent La Vista reported to the U.S. State Department that the Red Cross was granting passports without screening - thus helping the illegal emigration from and through Italy of former Nazis - and that a group of priests were instrumental into it [4]. The State Department decided to not release the report, but in 1949 the U.S. and West German governments thought that too many Nazis had gone over to the USSR and that was time to stop that flow, at least the part of it that was benefiting the Soviet Union. Representatives of both governments leaked this news and the New York Herald Tribune printed an article on the danger of a new Nazi-Soviet alliance that was reprinted by Die Standpunkt (16 December 1949). In that occasion the same newspaper added that the idea of the new Nazi-Soviet alliance was nurtured by a group of German "nationalists" who had immigrated in Buenos Aires, where they were publishing Der Weg [5]. Meanwhile, on 6 December 1949, the German Agency Nord Press announced that Bishop Alois Hudal, rector of the German College of S. Maria dell'Anima, was a well known pro-Nazis prelate in Rome and that he received from 60 to 100 Germans daily who were looking for tickets and visas to Latin America. Exactly one week later, the Sunday edition of the Passauer Neue Press reported on two networks of spies smuggling Nazi criminals to Argentina and to the Middle East: the first had been centered in Rome, at the College of S. Maria dell'Anima, but its headquarters were shut down because of Vatican pressure. At the beginning of 1950, the German press charged Hudal with having hidden Otto Skorzeny and others in Rome [6]. Hudal denied the allegations against him, but on 30 April 1950, the weekly Die Strasse printed a report on "Görings Männer in Argentinien" with pictures of German pilots in Argentina. This text mentioned that Hudal wrote articles for Der Weg and that an unnamed German pilot had declared having been helped by the prelate. In 1951-1952, Simon Wiesenthal followed Adolf Eichmann's tracks to Rome. Here, he discovered that Hudal was the "head of the organization that prepared the illegal emigration of the nazists", as he told an Italian magazine a few years later [7]. Actually his (and others') suspicions regarding the help that Eichmann received to escape focused on Anton Weber, a Pallottini Father, and Benedikt de Bourg d'Iré, a Capuchin. However, Wiesenthal was never able to tell the difference between Catholic secular priests and members of various religious orders: for him cardinals, bishops, priests, monks and friars were all the same. He was not very informed about the features of the Catholic Church, nor did he care to be, because he was targeting the Holy See as a whole [8]. He was trying to demonstrate that there have been and perhaps still was a strong alliance between the Catholic Church and a powerful Nazi organization called Odessa (= Organisation der Ehemaligen SS Angehorigen), founded just before the end of the war to help former SS. Eichmann's trial did not confirm Wiesenthal's view, or at least it did not assess the existence of a well organized underground network supported by former Nazis and by the Catholic Church [9]. In any event, the proceedings were covered by every newspaper in the Western world and aroused the curiosity about Nazis in Latin America. If Hannah Arendt wrote a seminal essay on Eichmann [10], Michael Frank authoredd a book about Nazis in Buenos Aires [11]. Moreover, this trial and subsequent proceedings in West Germany convinced many Germans, in particular the younger ones, that they had to deal with their country's awful past [12]. At the same time, the trials started a historical reappraisal (or, in many cases, the appraisal) of the Holocaust, even in the Jewish communities around the World [13]. A few years later, Wiesenthal reinforced his own view in The Murderers Among Us [14] and his thesis was backed up by Werner Brockdorff, formerly Alfred Jarschel [15]. Jarschel, a leader in the Hitler Youth, described how Catholic priests had helped former SS members, taking them to Rome, often disguising them as members of the Catholic clergy, and finally giving them passports and money to reach Latin America. Altough his book is more a novel than a well documented essay, many readers took Jarschel's tale at face value. In the following decade, Gitta Sereny tried to verify the issue writing her astounding book about Franz Stangl, former commandant of the Treblinka lager [16]. Sereny did not share Wiesenthal's obsession about a nazi-catholic conspiracy. Overall, she thought that if there were networks helping the Nazis' flight, they were simply informal. Finally, she believed that Stangl just walked away from prison and, using a forged ID, went to Florence, where he caught the train to Rome. Stangl told Sereny he went looking for Hudal, because he had heard that the bishop was helping the Germans. Eventually, Hudal gave him a Red Cross passport and Stangl left for Syria, where, according to him, the bishop had found him a job in a textile factory. After a while Stangl's family was reunited in Damascus and in 1951 they left for Brazil, but they were never helped by underground German associations and they had to live the hard life of emigrants. Reading Sereny, we detect that Stangl's recollection of Rome is fuzzy. Stangl is unable to spell Hudal's family name, calling him "Hulda"; he never remembers too well places and personalities in Rome. Only the fear of being caught by the Italian police is what the former Treblinka commandant recalls of Rome. Interestingly enough, he often talks about his dread of being sent to Camp "Frascati": i.e. Camp Fraschette (close to Alatri in the province of Frosinone, in the southern part of Latium, not close to Rome, as Sereny erroneously assumed in calling it "Frascati"), where illegal immigrants were sent. Maybe, he was trying to cover up his helpers' tracks. Nevertheless, his tale is very reminescent of the stories told by other refugees, who were not Nazis, looking for job opportunities or for visas and tickets to the Americas. Thousands of documents at the "Archivio Centrale di Stato" (Italian Central National Archives) in Rome confirm Stangl's (and Sereny's) description of the life and fears of illegal German immigrants in Italy. I will deal with this documentary evidence in another paper, but let me just say that at the end of 1947, there was quite a tight screening of German immigrants (not because of their past, but because the Italian government was fed up with any kind of immigrant). In november 1947, there were 698 German illegal immigrants at Camp Fraschette and during the month of December those and others were sent back to Germany [17]. In any event, Sereny guessed that Wiesenthal simplified the issue. In her view, he had fictionalized the flight from Germany of many Nazis. this was understandable, she thought, because Wiesenthal was a Nazi hunter and not an historian. But it was a mistake. History, according to Sereny, does not need thrilling explications and historical data simply did not back up any conspiracy theory. She also felt that Brockdorff had given a much too romanticized account of his own experience, if for different reasons: in fact, Sereny was one of the first to point out that historians should not accept Flucht vor Nürnberg as a testimony. Finally, she stressed that the position of the Catholic Church needed to be fairly and soundly assessed. It seemed to her that Pius XII's position after the war should be related to his position during the war, which showed how the pope was paralized by a double set of fears: the dread of communism and his certainty that Hitler would have crushed the Catholic Church, if itr had vehemently protested against him. Moreover, she added, two other elements should be factored in: the antisemitism shared by Pius XII and his clergy even when they tried to help some Jews, and the pope's deep love for Germany. Therefore, according to Sereny, the Church of Rome was unable to stand against nazism during the war, and was ready to forgive and forget the sins of many nazis after the war. But this did not mean that the clergy and the pope had some kind of alliance to neonazis organizations. While working on her book, Sereny interviewed a lot of priests active in the post-war period, and among them the already mentioned Anton Weber, who confirmed his meeting with Eichmann, but declared that he did not know who the latter was. Sereny did not believe Weber and many of her interviewees, but she did not think that they had conspirated with former SS membrs. Moreover, she was not sure that the Vatican was behind those flights. She seemed more convinced that a number of German members of the Catholic clergy and hierarchy, who were in Italy during those years, helped Germans to migrate: they knew that some of the latter were former SS members, but they were not specifically helping the latter because they were Nazis. She also reported that many members of the Roman clergy told her that Hudal was a small fish, who tried to look bigger, smarter and more powerful than he really was. That was also the opinion of Jesuit historian Robert A. Graham, who later co-authored with David Alvarez Nothing Sacred. Nazi Espionage Against the Vatican 1939-1945 [18]. That book revealed that during the war Hudal was an informant for German intelligence, but nobody listened to him in the Vatican and, least of all, in Berlin [19]. Today Sereny's reflections and interviews are underestimated, but she did a great job: in fact, she tried to understand what actually happened after the war without looking for sensational pieces of information. Perhaps, this is just why she was not taken seriously, while other, more sensationalistic books got a lot of attention. We should remember that when her book was published and then was translated into other languages [20], readers were captured by a novel telling a more appealing story: The Odessa File by Frederick Forsyth [21]. Forsyth's thriller is still well received by specialists, because it is very entertaining, a nice blend of fiction and reality [22]. The protagonist, reporter Peter Miller, is a fictional character, but he is hunting down SS captain Eduard Roschmann, who really did sneak past tribunals and other judicial bodies that sprung up after the war. Moreover, Miller interviews Simon Wiesenthal, who told him (and Forsyth's audience) that the SS went under cover at the end of the war and were helped by Odessa. The SS runaways embarked at Italian ports and their destination was the Middle East or Argentina. According to Forsyth (and Wiesenthal), the gold looted during the war by the SS was deposited in the secret vaults of Swiss banks and was later used to buy 7,000 passports from Perón. Moreover, the Catholic Church helped the fugitives while they were in Italy. Many cardinals, according to Wiesenthal, were pro-Nazi and among them Alois Hudal, the "German apostolic nuncio". Thus, the SS found shelter in the big Franciscan convent of Rome and received Red Cross IDs, just what they needed to embark in Genoa. Forsyth is often inaccurate, or better his sources (i.e. Wiesenthal) were not accurate in retelling their experience. For example, Hudal was not a cardinal, nor a German apostolic nuncio. Moreover, it is impossible to locate the "big" Franciscan convent in Rome mentioned in the novel. Finally, Odessa seems a good inspiration for a thriller, but many historians doubt that it ever existed. In fact, a couple of not very important German underground networks called themselves "Odessa" in 1946, but later the only proof of their existence is &amp;#8230; Wiesenthal. Reading Forsyth, another question arises: why the former SS going to Argentina need Red Cross IDs, if they had bought passports from Perón? We cannot blame Forsyth for being inaccurate. He was writing a thriller, not an historical essay. The role of Wiesenthal in the genesis of the novel is more interesting. later, the Nazi hunter confessed that he wanted to influence the writer [23]. In fact, Wiesenthal was using the thriller to force Roschmann out into the open, which is what actually happened. En passant, Wiesenthal's confession is very useful, because it shows that historians should not accept at face value Wiesenthal's writings and interviews, but should interpret them as baits and devices to deceive Nazis still on the run. Forsyth had a huge success, his thriller was adapted to the screen [24], and Roschmann died of a heart attack. In 1974, William Goldman published another successful novel, Marathon Man, on the same issue [25], and that too became a universally acclaimed movie [26]. Goldman's novel and screenplay, still popular today [27], are about a former Nazi war criminal who is smuggling diamonds in the United States and who is ready to kill to protect himself. Together with the Forsyth thriller and Neame's movie, Goldman's writing convinced other authors that undercover Nazis were good entertainment. Thus, Ira Levin wrote The Boys from Brazil about doctor Mengele coming to the U.S. [28]. Levin's novel too was adapted to the screen [29] and the three novels plus the three movies told their audiences that Nazis were still ready to rob and to kill [30]. These works had a wide impact and started a sub-genre in the mass culture that did not stop. Moreover, a few books by reporters or by former intelligence men added chapters to the ongoing saga of Nazi hunting [31]. At that point, attention focused on Martin Bormann, who was the leader of Odessa according to Wiesenthal [32]. The books on Bormann's flight to Argentina through Italy were even more unrealistic than the ones by Forsyth or Goldman. Moreover, it is now known that Argentinian spies and policemen cheated one author, Hungarian journalist Farago, and sold him forged documents and fake information [33]. Still, those books were taken seriously in the second half of the 1970s. People and governments started to pay attention to the presence of former SS members in the Americas and other countries (Australia, South Africa, etc.), and to the fate of East-European collaborators and war criminals. Sereny remembered in her book that not only former SS members went through Italy, but also members of the Russian Army of general Vlasov, who fought along the Germans and disbanded thousands of Ukrainian collaborators in Italy, and the soldiers of Polish general Anders, who fought against the Nazis and enroled war prisoners in his army. Moreover, according to Sereny, thousands of Nazis and collaborators fled from Yugoslavia, Romania, Hungary and Austria after the war and went to Italy, moving later to the Americas and Australia. At the end of the 1970s, this issue acquired new relevance because many former nazists and collaborators, who were living in the U.S. and other English-speaking countries, were reported. In 1979, the U.S. created a special bureau of investigation for this kind of criminals and in the following years the U.S., Canada, Australia and the U.K. tried a number of post-war immigrants. Anthony Lerman states that those initiatives were unsuccessful [34]. Even when the committees of inquiry discovered former Nazis, they were unable to prosecute them or the latter were acquitted, when tried. Nevertheless, the committees published reports [35] and other materials [36]. Thus, a large quantity of documents came to light, but it was not enough for the reading public and for publishers, who wanted something like the novels that had captured them in the 1970s. In any case, the decision to set up committees of inquiry taken by the U.S., Australian, British and Canadian governments drove reporters and free-lance writers to start their own parallel investigations. These free-lance inquiries were supplemented by two scandals. In 1983, Bolivia expulled war criminal Klaus Barbie, who was tried in France. The proceedings showed the protection that U.S. intelligence had given him [37]. This produced an enormous uproar and a number of books on Barbie's career went published [38]. The second scandal was in Austria, where in 1987 a campaign began against its president, Kurt Waldheim, because of his past in the German army. In this case too, books were written and their authors debunked the myth of "good" German or Austrian soldiers, who were only obeying orders [39]. During that decade, essays replaced the novels of the 1970s, but they were mostly made of the same stuff: few documents, a lot of interviews and a lot of imagination sold as detective skill. A few authors tried to understand why the Nazis were not prosecuted after the war [40] and they pointed to the recruitment of former SS members by U.S. intelligence[41]. But many others just looked for sensational stories [42]. Some preferred to describe the activities of Wiesenthal and other Nazi hunters [43]or to write about Nazi hunting by governments. For the latter argument, a case in point is Allan A. Ryan, Jr., who authored Klaus Barbie and the United States government : exhibits to the report to the Attorney General of the United States [44] and Quiet Neighbours. Prosecuting Nazi war criminals in America [45]. These writings show clearly how many attorneys transformed themselves into reporters and writers, partly because they thought that people had to know, partly because of the high sales of those kinds of books. At this point, many reporters started paying attention to the role of Swiss banks and also to the smuggling of Nazi gold to Latin America. In fact, they were looking for gold and goods stolen by Nazis and asking where they were hidden [46]. Unfortunately for them, they had not read the debunking article by Ronald C. Newton "The United States, the German-Argentines, and the myth of the Fourth Reich, 1943-1947" [47]. Newton demonstrates that tales about Nazi gold were the result of an operation of disinformation by the British intelligence at the end of World War II. The British were trying to convince the Germans to disert and thus they let leak mesmerizing news about Nazi leaders running away with enormous amount of gold. Later Newton also demonstrates that the (dis)information about Hitler leaving Germany and reaching Argentina, or sending his gold there had the same origin [48]. Finally, Mario Rapoport and Andreés Musacchio did not find any trace of that gold in Buenos Aires [49], but in the meantime a lot of authors took its existence for granted. Thus, for example, Jean Ziegler proposes a mix of facts and hypothesis about the nazi loot, Swiss banks an gold sent from Germany to Argentina via Switzerland and the Vatican [50], that often does not work at all [51]. Mark Aarons and John F. Loftus are two of the most important investigators who deal with the responsability of Swiss banks and the Vatican. Actually, Aarons started studying Nazi havens in Australia [52], while Loftus tracked down Byelorussian collaborators [53]. Later, they worked together, co-authoring Ratlines (London, William Heineman, 1991) [54] and The Secret War against the Jews [55]. The former was printed in the U.S. as Unholy Trinity [56] and had a new and revised edition [57]. Loftus resumed part of their research in "La immigración de criminales de guerra nazis a Norteamérica" [58]. At the beginning of this short, but clever essay, Loftus states that he does not believe in the existence of a Nazi underground network, in particular Odessa, and Nazi U-boots transporting Hitler's gold to Argentina. On the contrary, he is sure that France, Great Britain and the United States helped the flight of former Nazis because of the Cold War [59]. Aarons and Loftus do not at all like conspiracy theories, but in their way they contribute to enflate the sensationalistic side of Nazi hunting stories. For example, they state that at the end of the war there were 150,000 war criminals, and that only 50,000 were apprehended. Thus, according to them, 100,000 criminals just ran off away in the post-war period: still according to them, the Vatican sent 30,000 Germans and 30,000 ustashi criminals to Argentina (even if they concede that those criminals did not stay there, but used this nation only as a stopover); others went to Australia, Canada, the Middle East, South Africa, U.K. and the U.S.. Moreover, Loftus and Aarons involve British and U.S. intelligence as well as the Vatican and the Swiss banks in the smuggling of Nazis. Some of them (the banks) were just trying to gain as much as possible, others (the Vatican and the intelligence) were preparing, if not already fighting the cold war. They were trying to use former German spies against the USSR, but they were unable to understand that a lot of them were already controlled by Soviet intelligence. In any case, the Vatican, the intelligence services and the banks formed the "unholy trinity" that spirited away collaborators and former SS members. Since the beginning of the 1990s, Aarons and Loftus thesis has caused a sensation. It is well conceived, and the authors were apt to link together a large set of documentation from European and U.S. archives. Nevertheless, their data are exaggerated. Concerning numbers, we know that no more than 40,000 German-speaking emigrants went to Argentina from 1945 to 1955 [60]. Therefore, the estimate of 30,000 German war criminals coming to Argentina in that period seems to be quite ludicrous. Argentinian historian Ignacio Klich gives more reasonable numbers: "hasta 800 de ellos [the German-speaking immigrants] &amp;#8230; estaban seriament comprometidos por su actuación en favor del nazismo, y 50 de éstos eran candidatos seguros a la clasificación como criminales de guerra" [61]. German historian Holger M. Meding adds that his team found documents in German archives about only 5 war criminals, 7 whose arrest had been ordered for alleged crimes but without legal proceedings being initiated, 6 whose proceedings for alleged crimes resulted in dismissal or acquittal, 10 high level persons with a nazi past not subject to accusation, arrest warrants or sentences, 8 Nazi propagandists, 5 who helped illegal migrants, and 4 scientists/businessmen. On the other hand, if, at the end of the war as many as 300,000 German soldiers went under arrest, after the war only 5,000 former Nazis were tried in what would become West Germany [62]. Checking Aarons's and Loftus's numbers, I can add that we have a fair idea of how many refugees legally went through Italy between 1947 and 1951: there were no more than 210,000. 66,640 were resettled refugees from all over Europe and only 9,648 of them went to Argentina [63]. Those figures are too far from the ones given by Aarons and Loftus and it therefore seems very difficult to believe their statistics about war criminals. I have the same problem with regard to other ideas of these two authors. They heavily stress the responsability of the Vatican as an institution and opposed to Vatican officials as individuals; moreover, they back their thesis by recalling Vatican politics before and during the war. Actually, the literature about the Vatican and Nazism is quite huge, and we have a lot of good books on this topic. When Sereny wrote her plea for a fair assessment, it was already at her disposal The Silence of Pius XII by Carlo Falconi [64]. Later, Ennio Di Nolfo and Owen Chadwick dealt with the contacts between the Allies and the Holy See [65], while many books focused on the relationship between Pius XII and Hitler. From the Vatican side, the edition of the Actes et documents du Saint-Siège relatifs à la Seconde Guerre mondiale, recently summarized by Pierre Blet, was meant to show that the pope acted beyond suspicion [66]. Recently John Cornwell gave exactly the opposite interpretation, but his work is flawed [67]. Giovanni Miccoli capped 35 years of research by explaining that the Holy See still believed that it would a kind of go-between au-dessus de la mêlée: this was a fault partly due to Vatican self-representation as a superior, spiritual force, answering more to God's demands than to human beings, partly to an out-of-date evaluation of European politics [68]. Incidentally, Miccoli, who wrote the best book on the issue to date, also shows that historians do not need to check Vatican files anymore, because we have enough testimonies from other archives and from the memoirs of the principal political and religious actors of World War II. Unfortunately, the discussion about the need for opening the Vatican archives is still raging as demonstrates the preliminary report submitted to the Holy See&amp;#8217;s Commission for Religious Relations with the Jews and to the International Jewish Committee for Interreligious Consultations by the International Catholic-Jewish Historical Commission [69]. In the last years, new essays have condemned what the pope did [70]. Moreover, Wistrich has enphasized Pius XII's fear of communism in an interview with an Italian left-wing newspaper [71]. This idea is not unknown to Catholic historians, even if they exploited it by pulling the stress elsewhere. The already mentioned Robert A. Graham says that it is correct to see "the Holy See's attitude as conditioned by the presence of forces of evil in the vesture of belligerent states. In World War II there were two such forces, the Soviet Union and the National Socialist Reich" [72]. To coming back to Aarons and Loftus, they transform Pius XII's dread of communism into the central pillar of their interpretation, but what Miccoli writes about the pope confirms what Sereny stated in 1974. The same doubt about Aarons' and Loftus' analysis could be raised when analyzing the issue of Swiss and Vatican banks. In the last 5 years, the CEANA and the U.S. government tried to follow the movement of those amounts of gold and goods [73]. The effort made by the Argentinian and U.S. commissions was huge, but they were unable to say the last word on the issue. In 2000, George Zivcovich et alii's legal suit again raised the question [74] ; nevertheless, it is too early to obtain an answer and it is possibile that in this case too, we are dealing with the consequences of the disinformation started by British intelligence at the end of the war. Moreover, the Ustashis's passage through Rome and the Vatican involvement with them is well known according to Aarons and Loftus and to Marco Aurelio Rivelli [75], but in their and other reconstructions of the subject there are lots of gaps to be filled [76]. For example, we know that Croatians built the socalled Ratline (see my comments on Meding's writings below) and that they helped U.S. intelligence smuggle a few Germans. But we also know that U.S. and British military police did not always protect Croatians: in April 1947, the Italian police and the British military police tried to get hold of many Croatians in Rome, looking for smugglers and war criminals [77]. We know that Hudal and Krunoslav Draganovic, the Croatian priest who seems to have been in charge of the ratline, cooperated for a while, but we also know that they were in competition with each other and that they did not trust the Vatican, because they thought that the pope and the cardinals were listening too closely to the syrens of U.S. protestant capitalism and of Soviet communism [78] ! The documents relating to Hudal and Draganovic show that many of their "friends" went to Argentina. Therefore, the study of smuggling operations in Italy is linked to the analysis of Nazi and Croatian immigration into Argentina. The essays and novels we have already quoted dedicate quite a few pages to the latter country, but we should take into account the research done by Argentinians. Already in the 1950s, Perón's opponents denounced the presence of former Nazis [79]. Thus the issue was linked to Perón's faults and their evaluation was influenced by judgements on the general and his regime. Consequently, it was very difficult to raise this issue. Only after 1983, did international debate involve Argentinian witnesses, historians, and novelists [80]. At the same time, a few Nazis felt free to publish their memoirs, in which they thanked the Catholic Church for its help [81]. The strengthening of democracy in Argentina, tighter links with the U.S., and international pressure gave way to the necessity for a deeper analysis. Argentinian historians rethought the relationship between Argentina and Perón, on the one hand, and Hitler's Germany, on the other, as well as the relationship between Argentina and the United States [82]. Argentinian historians studied the arrival of immigrants from Germany and Eastern Europe in the 1940s [83]. In the 1990s, the question of the immigration of Nazis and war criminals was covered in Argentina not only the people who already studied it [84], but also by a number of reporters. Jorge Camarasa wrote a first, scandalmongering book in 1992 [85], then rewrote and softened it as Odessa al Sur [86]. Camarasa accepts as true every myth (or almost) about Odessa, the nazi gold and Bormann's fligth to Argentina: the chapters on these arguments are so sensationalistic, even in the softened version, that the Italian translator added a disclaimer stressing that Bormann died in 1945 [87]. Regarding to Italy, Camarasa writes that the Catholic Church helped 5,000 war criminals from 1945 to 1949 and that Walter Rauff, former chief of the German Nazi intelligence in Northern Italy and Bormann's right-hand man, had an illegal bureau in Genoa helping German illegal emigration. Camarasa depicts a nightmarish Italian landscape, were Nazi priests deal with easily corrupted civil servants. Nevertheless, his description of Latin America is even more dreadful. In fact, his book deals mostly with what happened after the flight from Germany and the Italian stopover. The real problem for him are Nazis' activities in Argentina and other Latin American countries, and his book deals a lot more with this issue than with the escape from Europe. In Argentina and Italy, Camarasa's seemed a good, even if sensational, introduction to understanding the Priebke affair. The literature about the latter is quite considerable. Wladimiro Settimelli, a reporter for Unità, then owned by the former communist party, wrote Herbert Kappler and edited Priebke e il massacro delle Ardeatine, in which he gathered testimonies on the massacre as well as a few papers by historians [88]. Cinzia Del Mazo and Simona Micheli authored a book on the trial and published other documents [89]. Walter Leszl, professor of Ancient history at the University of Florence, tried to show that not only was Priebke guilty, but that he should have been tried by a civil court, because his act of murder was a political and not a war action [90]. In hindsight, Leszl seems to be absolutely right about the trial, but it was a very polemical stance to take at that time. In Italy a fierce debate raged about the massacre of the "Fosse Ardeatine" and the previous attack to the German army. Many wrote that without that attack, the Germans would have not killed their prisoners. A group of old-time right-wingers falsely stated that if the partisans had surrendered, the Germans would have freed their hostages[91]. In Italy and in Europe there was a violent neofascist and neonazis protest in favor of Priebke: many openly showed their solidarity with Priebke [92], while others declared that the trials were a Jewish trick to blackmail Swiss banks and European governments [93]. At the same time, neonazis were active in the streets and on the web, where they posted comments on Priebke's "heroism" [94]. Neofascists and neonazis did not study Priebke's flight from Italy, but even books by left-wing authors did not expand on this issue. It is possible to find something on this only browsing the net [95] or reading the books by Robert Katz, and Elena Llorente and Martino Rigacci. Many years ago, Robert Katz wrote a famous book about the "Fosse Ardeatine", which was even adapted to the screen [96]. In 1994, Harry Phillips, free-lance writer-producer for the ABC's Prime Time Live, discovered that Priebke was living at San Carlos de Bariloche and asked Katz for advice. Altough Katz did not do anything relevant, the broadcast (which was aired on 5 May 1994) brought about Priebke's extradition. Therefore, it was natural that Katz covered the Italian proceedings and then wrote Dossier Priebke. Anatomia di un processo directly for Italian readers [97]. In his new book, Katz reconstructed the history of the massacre, Priebke's flight, his discovery in Argentina and the first trial. Katz stressed that many knew Priebke's whereabouts. Already in 1989 Serge and Arno Klarsfeld told the Italian Foreign Affairs about Priebke. The Italian honorary vice-consul in Bariloche knew Priebke's past, but decided that the latter had repented and thus that it was useless to denounce him. According to Katz, something similar happened at the end of the war. At that time, Priebke went from Brescia to Vipiteno (Bolzano). Later, the British captured him and he was interned at the miltary camp of Rimini (13 March 1945) and then at the Camp Afragola, were he was questioned. On August 1946, he was back to Rimini, where he escaped. He went to Vipiteno, where the Americans looked for him at least twice (17.5.1947 and 21.10.1947), without finding him. Meanwhile, always according to Katz, he was caught by the British and even brought to Rome, but later he was able to flee again or someone let him free. Finally, Priebke escaped to Argentina. Katz reportes that in 1994 Priebke told an Argentinian reporter that he was helped by the Catholic Church and thanked Hudal, who had told him how to reach Buenos Aires. But in a 1996 memoir, Priebke stated that an Italian friend, a fascist from Brescia, helped him to get a visa for Argentina. After a while, according to Katz, the friend from Brescia also fled too to Buenos Aires (this is interesting because nobody is studying the links among Italian fascists and German Nazis during their escape). In any case, Priebke had a Red Cross passport and tickets. So maybe he was also helped by Hudal or by some other priest. Katz declares however that there is no proof of Odessa's involvement in the escape, nor in Priebke's later life or in the trial. According to Katz, someone paid something for the lawyers, but Priebke was clearly broke during the trial and no one was giving him financial aid [98]. At the beginning of the book, Katz mentioned other German fugitives, for example Juan Maler (alias Reinhard Kopps), in relation to the Ratline and the help by the Vatican and the British and U.S. intelligence. But this part is not original, and it is very short. Elena Llorente and Martino Rigacci went over the same story [99]. According to them, the Priebke proceedings (1996 and 1997) gave us the opportunity to reconsider past history, i.e. U.S. and Vatican responsabilities in the flight of so many Nazis. The authors are convinced that the Red Cross documents that Priebke and his family used to enter Argentina on 14 November 1948 were given to him by Hudal and that the latter was in some way protected by the Church. Moreover, they think that U.S. intelligence was involved in the ratline, but they do not pay a lot of attention to this question being primarily interested in the details of the arrest and in the reasons why Priebke was extradited. The book is written like a movie: long chapters about today's situation and flashbacks to the past. Thus the authors deal quite a lot with the proceedings and the political situation in Italy and in Argentina in the 1990s and they write a lot less about Camps Afragola and Rimini or the escape on 31 December 1946. Moreover, they do not say nothing about 1947. While they take into account Priebke's travels to Buenos Aires, they only say that they do not believe that Priebke was helped by an Italian friend to get his Argentinian visa, and that they are sure that he had a Red Cross passport thanks to a franciscan friar who requested it from the Vatican. They also add, as an afterthought, that, because Priebke fled from Genoa, his departure could be linked to the already mentioned Rauff, who was in Genoa and was a friend of Hudal. Finally, altough they mention Maler/Koops, they do not realize that Maler was linked to Hudal [100], and hold forth about Odessa, Nazi gold and the Vatican Archives. In conclusion, while the Priebke trials were an opportunity to discuss the past, this opportunity was missed. Nobody dug out the truth, nobody looked for new documents. All reporters wrote about ratlines, but they did not explain what they were and how they were operated. All reporters wrote about unholy trinities, but at a certain point it seems that they did not accept that many just escaped without heavy protection and that in other case it was only because of the beginning of Cold War that they were not apprehended. Conspiracy has still a powerful appeal for reporters and would-be Nazi hunters. Odessa has to exist, because we need it for the sake of mystery. Franco Fracassi wrote a very good, even if journalistic book, on that question [101]. He was able to link the flight of former SS members and ustashis to the creation of anticommunist networks by the U.S. intelligence and to show how neonazi movements were able to exploit U.S. undue influence in their favor. Unhappily for us, Fracassi does not deal in depth with ratlines and Argentina; in any case, he gives us a good bibliography, even if mainly composed of press reports. Even more unfortunately, many reporters did and do not like this kind of explication and continue to look for unholy trinities, stressing moreover the importance of Nazi gold and of Swiss and Vatican banks. Sometimes, their literary production is very bad. For example, I read Giorgio Cavalleri' Evita Perón e l'oro dei nazisti many times, but I was quite unable to review it, because the author is too inaccurate about his data and too willing to stress sensational elements [102]. After reading this book, we could well ask if the job of reporters is simply to look for sensationalism. Luckily, it is not so, and we can point out to others who have written more sober accounts. Uki Goñi authored calmer pages on the Italian ratline [103], while Giovanni Maria Pace summed things up on Nazis and Croatians, Hudal and Draganovic, new research in Italy and Argentina [104]. It is a good reporting and provides information, without abounding in lurid details. Till now, I have discussed U.S., Argentinian, British and Italian works on the Nazis's flight through Italy, but I should stress that we can find the same contrast in other historiographies. In Germany, we can read accurate, even if journalistic, research by Hans-Jacob Stehle [105] and scandalmongering and undocumented writings by Rena and Thomas Giefer [106]. In France, Jean-Pierre Blancpain is somewhere in the middle: altough hard worker, he accepts as truth some very bad books [107]. At this point, it is evident that we need to proceed to a thoughtful reflection on the issue, as Ignacio Klich recently invited all historians to do [108]. On one hand, it is necessary to ascertain how and how many war criminals fled to Argentina. On the other, we should fit this flight into the larger German-speaking and Eastern European post-war migration to Argentina. About the latter, I have already quoted many contributions by Leonardo Senkman in my footnotes, but I should also mention the work done by other historians. Ronald C. Newton devoted the last chapter of his The Nazi Menace in Argentina, 1931-1947 to German post-war migration [109], while Argentinian scholars tried to evaluate Argentinian immigration policy in those same years [110]. According to Fernando Devoto, the policy and modalities of post-war immigration could partly explain the arrival of former SS members [111]. In fact, many of them arrived together with technicians and experts for the Army and for industry [112]. This is a well known question [113]. Nevertheless, we should pay attention to the fact that this migration was not only made up of German-speakers, but also of a large proportion of German Jews [114]. In relation to Nazi migration alone, Holger M. Meding has made and is still making outstanding contributions. His Master's thesis, published in 1997, studied the already quoted Der Weg [115]. Later, he edited a book on the relationship between Nazism and Argentina [116]. In the meantime, he wrote and published his Doctoral thesis, that elucidated the question that interest us here [117]. Flucht vor Nürnberg? can be divided into three parts. The first one describes the prerequisites: birth and development of Nazism, previous presence of Germans in Argentina, Perón. The second, the one that actually interests us most, is about how Nazis arrived in Argentina. The third one is about Nazi settlement in the New World. Meding analyzes the latter as a normal type of immigration. Thus, he studies how Nazis tried to adapt themselves to Argentina and how they tried to adapt Argentina to themselves. Finally, he pays attention to the German press and its activity vis-à-vis Argentinian society and the German community. Meding's book is a really good example of migration studies and it offers an excellent approach to the Nazi migration to Latin America. Moreover, Meding pays a lot of attention to Nazis' escape routes. Not only the Italian, but also the Scandinavian, Spanish, and Swiss routes. Moreover, he tries to ascertain if organization like Odessa really existed and he answers in the negative. About the Italian escape route he states that there was two. The real "Ratline", which was run by U.S. Intelligence with the help of Draganovic in Genoa, and a second one, the Monastery line, organized by Hudal and other German priests, together with members of the Pontificia Commissione Assistenza. This second line was not the product of the Church pro-Nazi position, but the action of single members of the Catholic clergy. Usually the latter helped people from their own motherland to flee from countries ruined by the war or falling into the hands of the Communists. The Americans and the British both closed their eyes to that route because they were running simultaneously the real Ratline to move former Nazis or collaborators who were now becoming or pretending to become Western secret agents. These two lines ultimately crossed as former spies lived among normal immigrants, while many immigrants had a dubious past. But from the historical point of view Nazi flight from Germany should be studied as another kind of migration. Meding's proposal was followed by the CEANA's team in two monographic issues of academic journals edited by Klich [118]. In particular Meding and others studied German and Italian migration to Argentina in the years 1945-1955, while Diana Quattrocchi Woisson reconstructed the experience of French and Belgian collaborators who migrated to Argentina [119]. These papers should be contrasted to the papers by Mónica Quijada and Víctor Peralta on "Spains as a Place of Transit for Goods and People from Nazi Germany to Argentina During World War II and in the Post-War Years" (CEANA, Final Report), Beatriz Gurevich on "Government Agencies and Other Parties Involved in the Immigration of War Criminals and Collaborators in the Aftermath of World War II. The Argentine Case" (CEANA, Second Progress Report), and Christián Buchrucker on "The Nostalgists of the European 'New Order' and Their Connections with Argentine Political Culture" (CEANA, Final Report). The research by CEANA raised a lot of protest. French reporter Michel Faure wrote that "[e]n prétendant faire toute la lumière sur la présence des nazis dans le pays et sur les biens qu'ils auraient pu voler à leurs victimes, elle [i.e. CEANA] répond à une volonté officielle de solder un passé entaché d'embarrassantes connivences et de coupables complicités" [120]. But he also admitted that CEANA's findings were interesting. Alejandra Rey and Jorge Camarasa complained instead that CEANA's members located only 19 war criminals [121]. Actually, CEANA's reports do not try to conceal facts about Nazis from the public, but they are working to accumulate data, in the same way as the projects by the Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas and the Buenos Aires Centro de Estudios Sociales [122]. Something similar is being organized by public and private U.S. institutions, see the National Archives Collection of World War II War Crimes Records (RG 238) or the web-pages on war criminals by the Holocaust Survivors and Friends Education Center [123] and the Wiesenthal Center [124]. In the U.S. the dossier on the "Implementation of the Nazi War Crimes Disclosure Act An Interim Report to Congress" which contains the story of all U.S. initiatives since 1978 is very important [125]. CEANA and the U.S. committees want to find out if there are still war criminals, but also if it is possible to reconstruct what happened in the past. This goal is also shared by Canadian scholars, who raised the question of post-war screening of former Nazis [126]. But in this case, the most recent studies try to demonstrate that even when war criminals were accepted Canadian authorities were just doing what they had to [127]. This issue is openly discussed by Howard Margolian's Unauthorized Entry. The Truth About Nazi War Criminals in Canada, 1946-1956 [128]. Margolian, who was already interested in war crimes [129], does not accept Alti Rodal's conclusion [130] about the inefficiency of Canadian screening. He tries to demostrate that it was not Canada's fault if a number of criminals entered the country [131]. He reconstructs the details of the screening process and stresses not surprisingly that war criminals had lied to gain entrance. Moreover, he adds that little by little hard lobbying by specific ethnic groups helped some categories, like the Ukrainian SS veterans, who were considered for admission after 1950. Margolian did his research in a peculiar way. He worked quite a lot in archives, but did not bother to check the bibliography on his subject. He used Aarons and Loftus while criticizing Rodal and Matas, but he did not seem to be aware of the enormous literature reviewed here. Moreover, he seemed more concerned with spies (i.e. British and American intelligence protecting their new agents from Germany and Yugoslavia) than with migrants. Thus, he is still on the same side as thriller fiction on killers and spies secretely sailing from Italy. Nevertheless, he found a lot of interesting documents in European and North American archives, for example about Byelorussians in Anders' Army and how they were able to leave Italy for Argentina and Canada. In conclusion, Margolian shows us that working only in the archives is inadequate, if the author does not know the historiography. But the other books mentioned here show us that it is also useless always to read the same books and always to recount the same old story. We should try to ask new questions and to find new answers, reading all the literature on the ratline and working in old and new archives. If we do not try to do this, we will still remain in the domain of fiction. In fact, during the 1990s, we had new (and brilliant) chapters of the ongoing saga of the hunt for Nazis on the screen and in thriller novels. In the movie Music Box (1989, directed by Constantin Costa-Gavras) a young lawyer counsels her father, a former Hungarian emigrant, who is accused of being a war criminal. At the end, the woman discovers that her father is a criminal. In Jack Higgins's Thunder Point, the action starts with the retrieval of Bormann's U-boot in the Caribbeans [132]. In The Shadow Man by John Katzenbach a retired Miami cop tracks down a Nazi killer [133]. To complicate the psychological dimension of the plot, the latter is a Jew who worked for the Gestapo in Berlin. Now, he is hunting down Holocaust survivors, who knew him as "Der Schattenmann". In Atlantis Found Clive Cussler describes how a German U-Boot brought Hitler's gold to the shores of theRio de la Plata and how this gold was used to found a neo-nazi commercial empire in Chile [134]. Following his usual technique, Cussler soon starts losing touch with reality and those neo-nazis try to kill all human beings flooding into the five continents. The plot is very complicated and involves nuclear explosions under the polar caps and the discovery of Atlantis. In Italy, Carlo Lucarelli wrote a more realistic short tale on a Nazi officer returning from Brazil [135]. Finally, on the web we can find quite a number of pages following an Aarons and Loftus approach [136]. But the only moving work of the decade is the French movie Un spécialiste. Portrait d'un criminel moderne [137], two hours of docufiction from the Eichmann trial. In some cases, reality is better than fiction. In some cases, we need serious research better than sensational reportage. Moreover, historians and writers should pay attention to the stereotypes and the idées reçues that could bias their works. New research and a new attention to the roots of old errors and old tales could better historical and even fictional writings.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Notes</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[1] CEANA (Comisión para el Esclarecimiento de las Actividades del Nazismo en la Argentina) is born in 1997. In the following three years, the Committe developed many researches. The results are presented in two Progress Reports and one Final Report, now at http://www.ceana.org.ar. I was enroled to look for Italian documents on former Nazi reaching Argentina after sailing from Italy. A debt of gratitude is owed to Roberto Perin and Ignacio Klich, who kindly read an earlier version of this paper and made helpful suggestions.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[2] Carlota Jackish and Daniel Mastromauro, "Identificación de criminales de guerra llegados a la Argentina según fuentes locales", Ciclos, 19, 2000, p. 217-235.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[3] Holger M. Meding, "El camino transalpino. Austria como país de tránsito para la emigració germanohablante de la posguerra a la Argentina", paper presented at the 9° Congreso de la Federación de Estudios de América Latina y el Caribe, Tel Aviv, 14.4.1999; Matteo Sanfilippo, "Archival Evidence on Postwar Italy as a Transit Point for Central and Eastern European Migrants", unprinted paper.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[4] "Illegal Emigration Movements in and through Italy", 15 May 1947, United States National Archive and Records Administration, RG 59, FW 800.0128/5-1547.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[5] Holger M. Meding, "Der Weg". Eine Deutsche Emigrantenzeitschrift in Buenos Aires 1947-1957, Berlin, Wissenschaftlicher Verlag.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[6] "Skorzeny und Lauterbacher in Rom?", Hannoversche Allgemeine, 20.1.1950, p. 1.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[7] Simon Wiesenthal, "Qui è rinchiuso Eichmann", L'Europeo, 12.3.1961, p. 52-57.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[8] Simon Wiesenthal, Ich jagte Eichmann, Gütersloh, Bartelsmann Lesering, 1961.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[9] For the proceedings see http://www.nizkor.org/hweb/people/e/eichmann-adolf/transcripts/; see also http://www.nizkor.org/ftp.cgi/people/e/eichmann.adolf/memoire/ for Eichmann's diaries.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[10] Hannah Arendt, Eichmann in Jerusalem. A report on the banality of evil, London, Faber &amp; Faber, 1963. See also Barry Sharpe, Modesty and Arrogance in Judgement. Hannah Arendt's Eichmann in Jerusalem, Westport, Conn., Praeger, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[11] Michael Frank, Die letzte Bastion: Nazis in Argentinien, Hamburg, Rutten und Loening Verlag, 1962.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[12] Édouard Husson, Comprendre Hitler et la Shoah, Paris, PUF, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[13] See, for example, Franklin Byalystock, Delayed Impact. The Holocaust and the Canadian Jewish Community, Montreal-Kingston, McGill-Queen's University Press, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[14] Simon Wiesenthal, The Murderers Among Us, London, Heinemann, 1967.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[15] Werner Brockdorff (aka Alfred Jarschel), Flucht vor Nürnberg. Plane und Organisation der Fluchtwege der NS-Priminenz in "Römischen Weg", Wels-München, Welsermüuhl Verlag, 1969.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[16] Gitta Sereny, Into that Darkness, London, Deutsch, 1974.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[17] Archivio Centrale di Stato, Ministero dell’Interno, Direzione Generale di P.S., Divisione AGR, Massime, busta 88, Campo di Concentramento di Fraschette - Schedario internati.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[18] Robert A. Graham, s.j., and David Alvarez, Nothing Sacred. Nazi Espionage Against the Vatican 1939-1945, London-Portland, Frank Cass, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[19] On Hudal as a German spy, see also Klaus Voigt, Zuflucht auf Widerruf. Exil in Italien 1933-1945, I, Stuttgart, Klett-Cotta, 1989.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[20] The italian version dates only one year later: In quelle tenebre, Milano, Adelphi, 1975.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[21] Frederick Forsyth, The Odessa File, London, Hutchinson, 1972.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[22] See http://www.misteryguide.com/bk.ForsythFile.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[23] Simon Wiesenthal, Recht, nicht Rache: Erinnerungen, Frankfurt a.M., Ullstein, 1988. [24] The Odessa File, directed by Ronald Neame, 1974.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[25] William Goldman, Marathon Man, New York, Delacorte, 1974.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[26] Marathon Man, directed by John Schlesinger, 1976.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[27] See William Goldman, Four Screenplays With Essays: Marathon Man, Butch Cassidy and the Sundance Kid, The Princess Bride, Misery, New York, Applause Theatre Books, 1997, and Marathon Man, New York, Ballantine Books, 2001: the latter is the reprint of the 1974 novel.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[28] Ira Levin, The Boys from Brazil, New York, Random House, 1976.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[29] The Boys from Brazil, directed by Franklin J. Schaeffer, 1978.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[30] Actually, this subject was not new: Orson Welles's The Stranger (1946) was based on the same idea, but even Welles thought that it was a very bad movie and nobody tried to imitate it.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[31] Erich Erdstein, Les Criminels de glace: la chasse aux Nazis en Amérique du Sud, Paris, Solar, 1970; Howard Blum, Wanted! The Search for Nazis in America, New York, Quadrangle, 1977.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[32] William Stevenson, The Bormann Brotherhood. A New Investigation of the Escape and Survival of Nazi War Criminals, New York, Harcourt Brace Jovanovich, 1973; Charles Whiting, The Hunt for Martin Bormann, New York, Ballantine Books, 1973; Ladislas Farago, Aftermath. Martin Bormann and the Fourth Reich, New York, Simon &amp; Schuster, 1974. Harry Patterson wrote a thriller on Bormann's flight to Bolivia: The Walhalla Exchange, New York, Stein and Day, 1976.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[33] See Jorge Camarasa, Odessa al Sur, Buenos Aires, Planeta, 1995, chapter VII.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[34] Anthony Lerman, "Los procesos a los criminales de guerra nazis en Australia, Canadá y el Reine Unido (1987-1994)", in Ignacio Klich and Mario Rapoport, eds., Discriminación y racismo en América Latina, Buenos Aires, Grupo Editor Latinoamericano, 1997, p. 463-475.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[35] Report of the Commission of Enquiry on War Criminals, Ottawa 1986; Review of Material Relating to the Entry of Suspected War Criminals, Canberra 1987; Report on the Entry of Nazi War Criminals and Collaborators into the United Kingdom, 1945-1950, London 1988.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[36] Alti Rodal, Nazi War Criminals in Canada: The Historical and Policy Setting from the 1940s to the Present, prepared for Deschenes' Commission, Ottawa, 1986.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[37] FBI documents tell us that the Americans did not have any more relationship with Barbie after he departed from Europe in 1951: http://www.fbi.gov./foipa/hisfigs.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[38] Brendan Murphy, The Butcher of Lyon, New York, Empire Books, 1983; Tom Bower, Klaus Barbie, New York, Pantheon Books, 1984; Erhard Dabringhaus, Klaus Barbie: The Shocking Story of How the US Used this Nazi War Criminal as an Intelligence Agent, Washington, Acropolis, 1984; John Beattie, Kaus Barbie. His Life and Career, London, Methuen 1984; Magnus Linklater, Isabel Linton, and Neal Ascherson, The Fourth Reich. Klaus Barbie and the neo-Fascist Connection, London, Hodder &amp; Stoughton, 1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[39] Robert Herzstein, Waldheim. The Missing Years, London, Grafton, 1988, and Michael Palumbo, The Waldheim Files, London, Faber &amp; Faber, 1988.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[40] Tom Bower, Blind Eye to Murder. Britain, America and the Purging of Nazi Germany - A Pledge Betrayed, London, Granada, 1983.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[41] Christopher Simpson, Blowback: America's Recruitment of Nazis and Its Effects on the Cold War, New York, Weidenfield &amp; Nicolson, 1988. See also Mary Ellen Reese, General Reinhard Gehlen: The CIA Connection, Lanham MD, George Mason University Press, 1990.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[42] Glenn Infield, Skorzeny, New York, St. Martin's Press, 1981; Paul Manning, Martin Bormann: Nazi in Exile, Seacaucus, Lyle Stuart, 1981; Gerald Astor, The Last Nazi: The Life and Times of Joseph Mengele, New York, Donald Fine, 1985; Gerald Posner and John Ware, Mengele. The Complete Story, London, Queen Anne Press, 1986.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[43] Charles Ashman and Robert Wagman, Nazi Hunters, New York, Pharos Book, 1988.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[44] Allan A. Ryan, Jr., Klaus Barbie and the United States government: exhibits to the report to the Attorney General of the United States, Washington, D.C.: U.S. Dept. of Justice, [1983?].</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[45] Allan A. Ryan, Jr., Quiet Neighbours. Prosecuting Nazi war criminals in America, San Diego-New York, Harcourt Brace Jovanovich, 1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[46] Douglas Botting and Ian Sayer, Nazi Gold, New York, Grove Press, 1984; Werner Rings, L'or de Nazis: la Suisse, un relais discret, Lausanne, Payot, 1985; Arthur L. Smith, Hitler's Gold. The Story of the Nazi War Loot, Oxford-New York, Berg, 1989.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[47] Ronald C. Newton, "The United States, the German-Argentines, and the myth of the Fourth Reich, 1943-1947", Hispanic American Historical Review, 66, 3, 1986, p. 541-579.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[48] CEANA, First Progress Report, and CEANA, Final Report, at http://www.ceana.org.ar/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[49] Mario Rapoport and Andreés Musacchio, "El Banco Central de la República Argentina y el 'oro nazi': certezas e interrogantes sobre un mito histórico", Ciclos, 19, 2000, p. 76-101.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[50] Jean Ziegler, El oro nazi, with Juan Gasparini, Buenos Aires, Planeta, 1998; original (shorter) edition Die Schweitz, das Gold und die Toten, München, Bertelsmann, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[51] See my review of Ziegler, in Ciclos, 19, 2000, p. 291-293.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[52] Mark Aarons, Sanctuary! Nazi fugitives in Australia, Melbourne, Heinemann Australia, 1989.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[53] John F. Loftus, The Belarus Secret, New York, Knopf, 1982.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[54] Mark Aarons and John F. Loftus, Ratlines, London, William Heineman, 1991.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[55] Mark Aarons and John F. Loftus, The Secret War against the Jews, New York, St. Martin's Press, 1994.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[56] Mark Aarons and John F. Loftus, Unholy Trinities, New York, St. Martin's Press, 1991.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[57] Mark Aarons and John F. Loftus, Unholy Trinity. The Vatican, the Nazism and the Swiss Banks, New York, St. Martin's Griffin, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[58] John F. Loftus, "La immigración de criminales de guerra nazis a Norteamérica", in Klich and Rapoport, eds., Discriminación y racismo en América Latina, p. 445-462.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[59] Ibid., p. 445.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[60] See Ignacio Klich, "El ingreso a la Argentina de nazis y colaboracionistas", in Klich and Rapoport, eds., Discriminación y racismo en América Latina, p. 401-428.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[61] Ibid., p. 402.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[62] CEANA, Final report.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[63] "Statistiche e rapporti sulla situazione dei profughi – 1949-1951", Archivio Centrale di Stato, Ministero dell’Interno, Direzione Generale di Pubblica Sicurezza, Divisione Affari Generali e Riservati, A16 – Stranieri ed Ebrei Stranieri, AA.GG. 1930-1956, busta 33.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[64] Carlo Falconi, The Silence of Pius XII, London, Faber &amp; Faber, 1970; original edition: Il silenzio di Pio XII, Milano, Sugar, 1965.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[65] Ennio Di Nolfo, Vaticano e Stati Uniti 1939-1952. Dalle carte di Myron C. Taylor, Milano, Angeli, 1978; Owen Chadwick, Britain and the Vatican during the Second World War, Cambridge, Cambridge University Press, 1986.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[66] Pierre Blet, Robert A. Graham, Angelo Martini and Burkhart Schneider, Actes et documents du Saint-Siège relatifs à la Seconde Guerre mondiale, 12 vols., Città del Vaticano, Libreria Editrice Vaticana, 1965-1981; Pierre Blet, Pie XII et la seconde guerre mondiale, Paris, Perrin, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[67] John Cornwell, Hitler's Pope. The Secret History of Pius XII, New York, Viking, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[68] Giovanni Miccoli, I dilemmi e i silenzi di Pio XII. Vaticano, Seconda guerra mondiale e Shoah, Milano, Rizzoli, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[69] See http://www.bnaibrith.org/cpp/randa/vatican.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[70] Randolph Braham, The Vatican and the Holocaust, New York, Columbia University Press, 2000; Susan Zuccotti, Under His Very Windows: The Vatican and the Holocaust in Italy, New Haver, Yale University Press, 2001; Robert Wistrich, The Holocaust, New York, Random House, 2001.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[71] Marina Impallomeni, "Papa Pio XII, la storia a rapporto", Il Manifesto, 22.12.2000. See also Michael Phayer, "Pope Pius XII, the Holocaust and the Cold War", Holocaust and Genocide Studies, 12, 2, 1998, p. 223-256.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[72] Robert A. Graham, s.j., The Vatican and Communism During World War II. What Really Happened?, San Francisco, Ignatius Press, 1996, p. 185. See also the interesting paper by the late Father Graham on Pius XII and Nazism, "How to Manufacture a Legend" at http://www.us-israel.org/jsource/anti-semitism/piusdef1.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[73] For CEANA, see his already quoted website. For the U.S. government, see US and Allied Efforts to Recover and Restore Gold and other Assetts Stolen or Hidden by Germany during World War II, Washington, D.C., Department of State, 1997, and US and Allied Wartime and Postwar Relations and Negotiations with Argentina, Portugal, Spain, Sweden, and Turkey on Looted Gold and German External Assets and US Concerns about the Fate of the Wartime Ustasha Treasury: Supplement to Preliminary Study on US and Allied Efforts to Recover and RestoreGold and other Assetts Stolen or Hidden by Germany during World War II, Washington, D.C., Department of State, 1998: both at http://www.state.gov/www/regions/eur/; see also related links and documents at http://www.ushmm.org/assets/nazigold.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[74] Marco Aurelio Rivelli, "A San Pietro l'oro di Pavelic", Il Manifesto, 18.2.2000, and "Suit aims to uncover a hidden Holocaust. Vatican Bank may hold answers about Croatian war crimes" by Keelyn M. Friesen at http://www.zimmreed.com/rec_art_suit.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[75] Marco Aurelio Rivelli, L'arcivescovo del genocidio. Monsignor Stepinac, il Vaticano e la dittatura ustascia in Croazia, 1941-1945, Milano, Kaos Edizioni, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[76] Hubert Butler, Escape from the Anthill, Mullingar, The Lilliput Press, 1985.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[77] Archivio Centrale dello Stato, Ministero dell'Interno, Direzione Generale di PS, Divisione AGR, A5G, 1944-1948, Italia liberata, 21: Rastrellamenti di stranieri.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[78] Matteo Sanfilippo, "Los papeles de Hudal como fuente para la historia de la migración de alemanes y nazis después de la Segunda Guerra Mundial", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 43, 1999, p. 185-209.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[79] Silvano Santander, Tecnica de una traición. Juan D. Perón y Eva Duarte agentes del nazismo en la Argentina, Montevideo, Tricromia, 1953.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[80] Thomás Eloy Martinez, Perón and the Nazi War Criminals,Washington, Woodrow Wilson International Centers for Scholars - Latin America Program, Working Paper 144, 1984; Ignacio Klich, "Nazis in der dritten Welt", Die Tageszeitung, 19.3.1984; Mario Mariscotti, El secreto atomico de Huemul. Cronica del origen de la energia atomica en la Argentina, Buenos Aires, Sudamericana, 1985; Abel Posse, Los demonios occultos, Buenos Aires, Emecé, 1987. About Posse and on Nazism and Argentinian literature, see Saúl Sosnowski and Leonardo Senkman, "The Impact of the Inflow of Nazis and Collaborators on Argentine Literature and Other Cultural Expressions", in CEANA, Final Report, and Jorge Oscar Rossi, "Un exótico subgénero de la literatura fantástica argentina: el Nazismo mágico", at http://www.quintadimension.com/literatura/nazmag.shtml)</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[81] Juan Maler, Frieden, Krieg und "Frieden", San Carlos de Bariloche, Maler, 1987.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[82] Mario Rapoport, ¿Aliados o Neutrales? La Argentina frente a la Segunda Guerra Mundial, Buenos Aires, Editorial Universitaria, 1988, and Estados Unitos y el Peronismo, Buenos Aires, Grupo Editor Latinoamericano, 1994. See also Rapoport, Gran Bretaña, Estados Unidos y las clases dirigentes argentinas, 1940-1945, Buenos Aires, Editorial de Belgrano, 1981, and Christián Buchrucker, Nacionalismo y peronismo, Buenos Aires, Sudamericana, 1987.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[83] Leonardo Senkman: "Política internacional e inmigración europea a la Argentina de post guerra (1945-1948)", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 1, 1985, p. 107-125; "Las relaciones EE.UU. - Argentina y la cuestión de los refugiados de la post-guerra: 1945-1948", Judaica Latinoamericana, 1988, p. 90-114. See also Holger M. Meding, "Refugio seguro. La emigración alemana de la posguerra al Rio de la Plata", in Beatriz Gurevich and Carlos Escudé, eds., El genocidio ante la historia y la naturaleza humana, Buenos Aires, Grupo Editor Latinoamericamo, 1992, p. 249-261.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[84] Thomás Eloy Martinez, Las memorias del General, Buenos Aires, Planeta, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[85] Jorge Camarasa, Los nazis en la Argentina, Buenos Aires, Legasa.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[86] Jorge Camarasa, Odessa al Sur, already quoted.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[87] See Jorge Camarasa, Organizzazione Odessa, Milano, Mursia, 1998, p. 211.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[88] Wladimiro Settimelli, Herbert Kappler, Roma, L'Unità, 1994; Wladimiro Settimelli, ed., Priebke e il massacro delle Ardeatine, Roma, L'Unità, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[89] Cinzia Del Mazo and Simona Micheli, Processo Priebke, Milano, Il Mondo, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[90] Walter Leszl, Priebke. Anatomia di un processo, Roma, Editori Riuniti, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[91] For the passionate debate in 1995-1996, see Rosario Bentivegna and Cesare De Simone, Operazione via Rasella, Roma, Editori Riuniti, 1996; Pierangelo Maurizio, Via Rasella, cinquant'anni di menzogne, Roma, Maurizio Edizioni, 1996; Aurelio Lepre, Via Rasella. Leggenda e realtà della Resistenza a Roma, Roma-Bari, Laterza, 1996; Mario Spataro, Rappresaglia: Via Rasella e le Ardeatine, alla luce del caso Priebke, Roma, Settimo Sigillo, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[92] See testimony by Mary Pace, Dietro Priebke, Casale Monferrato, Piemme, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[93] Mario Spataro, Dal caso Priebke al Nazi Gold: storie d'ingiustizia e di quattrini, Roma, Edizioni Settimo Sigillo, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[94] See http://www.holywar.org/italian/revis/priebke.htm and http://www.thulenet.com/texte/bewaelt/text0033.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[95] See http://www.ukinet.com; http://www.clarin.com; http://www.bnaibrith.org/randa/priebkereport.html: dossier by the B'nai Brith Center for Publich Policy.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[96] Robert Katz, Death in Rome, New York, Macmillan, 1967 (the Italian translation was reissued in occasion of the Priebke's trials, Morte a Roma. Il massacro delle fosse Ardeatine, Roma, Editori Riuniti, 1996); Rappresaglia, directed by George Pan Cosmatos, 1973.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[97] Robert Katz, Dossier Priebke. Anatomia di un processo, Milano, Rizzoli, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[98] This and other ideas by Katz are confirmed by Priebke interviews for the Italian newspaper La Repubblica, see now the articles on Priebke in the CD-rom Gli anni de la Repubblica, '94, Roma, Gruppo Editoriale L'Espresso, 2001.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[99] Elena Llorente and Martino Rigacci, El ultimo nazi. Priebke de la Argentina a Italia. Juicio a medio siglo de historia, Buenos Aires, Editorial Sudamericana, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[100] M. Sanfilippo, "Los papeles de Hudal", p. 201-204.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[101] Franco Fracassi, Il Quarto Reich. Organizzazioni, uomini e programmi dell'internazionale nazista, Roma, Editori Riuniti, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[102] Giorgio Cavalleri, Evita Perón e l'oro dei nazisti, Casale Monferrato, Piemme, 1998. See my forthcoming review "Nuevos estudios sobre la huida de nazis desde Italia al Nuevo Mundo y la inmigración alemana a la Argentina", Hermes, 2001.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[103] Uki Goñi, Perón y los Alemanes. La verdad sobre el espionaje nazi y los fugitivos del Reich, Buenos Aires, Sudamericana, 1998. For faults and merits of his book, who deals only briefly with Italy, see Leonardo Senkman, "La Argentina de Peron y los criminales nazis fugitivos", Reflejos, 7 (1999***), p. ****, and reviews by Fabiana S. Tolcachier in Estudios migratorios latinoamericanos, 43 (1999), p.405-410, and Christian Buchrucker in Ciclos, 19 (2000), p. 287-289.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[104] Giovanni Maria Pace, La via dei demoni. La fuga in Sudamerica dei criminali nazisti: segreti, complicità, silenzi, Milano, Sperling &amp; Kupfer, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[105] Hans-Jacob Stehle, "Pässe vom Papst? Aus neu entdeckten Dokumenten; Warum alle Wege der Ex-Nazis nach Südamerika über Rom führten", Die Zeit, 4.5.1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[106] Rena and Thomas Giefer, Die Rattenlinie. Fluchtwege der Nazis. Eine Dokumentation (Frankfurt a.M., Hain, 1991: the book is based on the authors's text for Die Rattenlinie. Fluchtwege der Nazis nach 1945, broadcasted by WDR on 30.10.1990.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[107] Jean-Pierre Blancpain, "Amérique latine et nazisme", L'Information Historique, 53, 1991, p. 165-179.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[108] Ignacio Klich, "Los nazis en Argentina: revisando algunos mitos", Ciclos, 9, 2, 1995, p. 199-220.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[109] Ronald C. Newton, The Nazi Menace in Argentina, 1931-1947, Stanford, Stanford University Press, 1992, p. 372-382.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[110] Maria Ines Barbero and Cristina Cacopardo, "La inmigración europea en la segunda posguerra: viejos mitos y nuevas condiciones", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 19, 1991, p. 291-320; Carolina Biernat, "Prensa diaria y polícas migratorias del primer peronismo: dificultades y aciertos en la construcción de una opinión publica (1944-1955)", ibid., 43, 1999, p. 277-300.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[111] Fernando Devoto, "Immigrantes, refugiados y criminales en la 'vía italiana' hacia la Argentina en la segunda posguerra", Ciclos, 19, 2000, p. 151-175.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[112] Holger M. Meding, "German Immigration to Argentina and the Illegal Brain Drain to the Plate, 1945-1955", Jarhrbuch für Geschichte von staat, wirtschaft und gesellschaft Lateinamerikas, 29, 1992, p. ***; Leonardo Senkman, "Perón y la entrada de técnicos alemanes y colaboracionistas con los nazis, 1947-1949: un caso de cadena migratoria", Estudios migratorios latinoamericanos, 31, 1995, p. 673-704; Ruth Stanley, Rüstungsmodernisierung durch Wissenschaftmigration? Deutsche Rüstungsfachleute in Argentinien und Brasilien 1947-1963, Frankfurt a.M., Vervuert Verlag, 1999; Robert A. Potash and Celso Rodriguez, "El empleo en el Ejército argentino de nazis y otros cientificos y técnicos extranjeros", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 43, 1999, p. 261-275; Ignacio Klich, "La contratación de nazis y colaboracionistas por la Fuerza Aérea Argentina", Ciclos, 19, 2000, p. 178-187.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[113] Tom Bower, The Paperclip Conspiracy. The Hunt for Nazi Scientists, Boston, Little Brown and Co., 1987; Linda Hunt, Secret Agenda. The United States Government, Nazi Scientists and Project Paperclip, 1945 to 1990, New York, St. Martin's Press, 1991. See also Dr. Strangelove (1964), the famous movie directed by Stanley Kubrick</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[114] Ignacio Klich, "La pericia científica alemana en el amanecer del proyecto nuclear argentino y el papel de los immigrantes judíos", Boletín del Instituto de Historia Argentina y America "E. Ravignani", 10, 1994, p. 61-89.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[115] Holger M. Meding, "Der Weg", already quoted.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[116] Holger M. Meding, ed., Nationalsozialismus und Argentinien: Beziehungen, Einflüsse und Nachwirkungen, Frankfurt a.M., Lang, 1995.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[117] Holger M. Meding, Flucht vor Nürnberg? Deutsche und Österreichische Einwanderung in Argentinien, 1945-1955, Köln, Bohlau, 1992 (Argentinian edition: La ruta de los nazis en tiempo de Perón, Buenos Aires, Emecé, 1999).</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[118] Immigrantes, refugiados y criminales de guerra en la Argentina de la segunda posguerra (Estudios migratorios latinoamericanos, 43, 1999) and Los nazis en la Argentina: política y economía (Ciclos, 19, 2000).</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[119] Diana Quattrocchi Woisson, "Relaciones con la Argentina de funcionarios de Vichy y de colaboradores franceses y belgas, 1940-1960", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 43, 1999, p. 211-238. On this subject see also José Gotovitch, "Nazi's op de vlucht naar Argentinië", Spiegel Historiael, 2, 1986, p. 89-93, and Reinout Van der Driessche, "L'émigration politique de Flamands après la Seconde Guerre mondiale", in Anne Morelli, ed., Les émigrants belges, Bruxelles, EVO, 1998, p. 291-318.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[120] Michel Faure, "Argentine. Sur la piste des derniers nazis", L'Express, 9.4.1998; also at http://www.rionegro.com.ar/especiales/guth.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[121] Alejandra Rey and Jorge Camarasa, "Aseguran que 19 criminales ingresaron en el país con su verdadera identitad" (La Nación, 10.03.1998; for other articles in the same vein and in the same newspaper, see the website http://www.lanacion.com.ar/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[122] See the two volumes of the Proyecto Testimonio, edited by Beatriz Gurevich and Paul Warszawski, Buenos Aires, Planeta, 1998, and the CD-rom Archivo Testimonio. Documentos históricos sobre Argentina ante el nazismo y el fascismo (1930-1960), Buenos Aires, Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas - Centro de Estudios Sociales, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[123] See http://www.holocausteducation.org/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[124] See http://www.wiesenthal.org/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[125] See http://www.nara.gov/iwg/report.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[126] See Anthony Lernan, "Los procesos a los criminales de guerra nazis en Australia, Canadá y el Reine Unido", already quoted, and Ronald Newton, "Refugiados y criminales de guerra en Estados Unidos y Canada, 1945-1952", in Beatriz Gurevich and Carlos Escudé, El genocidio ante la historia y la naturaleza humana, p. 379-394. David Matas and Susan Charendoff, Justice Delayed, Nazi War Criminals in Canada, Toronto, Summerhill Press, 1987, and Hash Trooper and Morton Weinfield, Old Wounds. Jews, Ukrainians and the Hunt for Nazi War Criminals in Canada, Chapel Hill, University of North Carolina Press, 1989, are also very interesting.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[127] See Pierrette Landry's conference on "Citoyenneté et criminels de guerre", quoted in Nicolas Savard, "SAVOIR FAIRE. Citoyenneté et criminels de guerre", Bulletin. Bibliothèque nationale du Canada, 32, n° 11-12 (2000), p. 9.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[128] Howard Margolian, Unauthorized Entry. The Truth About Nazi War Criminals in Canada, 1946-1956, Toronto, University of Toronto Press, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[129] Howard Margolian, Conduct Unbecoming: The Story of the Murder of Canadian Prisoners of War in Normandy, Toronto, University of Toronto Press, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[130] See Alti Rodal, Nazi War Criminals in Canada, already quoted.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[131] According to him, 2,000 war criminals arrived in Canada among the 150,000 refugees coming from Europe in 1947-1951.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[132] Jack Higgins, Thunder Point, New York, Putnam, 1993.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[133] John Katzenbach, The Shadow Man, New York, Ballantine, 1995.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[134] Clive Cussler, Atlantis Found, New York, Putnam, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[135] Carlo Lucarelli, "Il ritorno del sottotenente Klotz", Il Sole - 24 Ore, 20.8.2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[136] See http://www.fringeware.com/~hambone/arch.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[137] Un spécialiste. Portrait d'un criminel moderne, directed by Eyal Sivan, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Matteo Sanfilippo</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">(The Vatican Files.net)</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Manifesto - Saggi - Documenti - Vatican Forum - Eventi - Links - Cronologia - FAQs - Redazione - Recensioni - Segnalazioni. Scegli la tua lingua: English - Français - Deutsch - Español. Ratlines and Unholy Trinities: A Review-essay on (Recent) Literature Concerning Nazi and Collaborators Smuggling Operations out of Italy. The Vatican Files.net </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">This essay began as a review of a few books on the Priebke affair while I was acting as a researcher for CEANA [1]. In particular, I was interested in understanding why they described so vaguely and fabulously the flight through Italy of former SS and other war criminals in the second half of the 1940s. After a while, I realized it was useless to review these books without taking into account their historiographical background. In fact, many of them do not deal with new pieces of evidence (we will see that the Priebke trials did not bring any element of novelty about the Nazi flight) and they are also heavily based on prior accounts. These accounts are very interesting because historical reconstructions of Nazi escape routes from Italy are very often based on reportages (later instant books) written by journalists and reports written by diplomats, rather than scholarly research. Moreover, these reconstructions are too often like the ones proposed by novels and movies. As a rule, popularized history is conceived in the same vein as mass literature or popular entertainment, but here we find something more because the authors did not want to be considered to be mere popularizers. They thought they were doing what academic historians did not do, because of the latters' fear of being involved in political issues. At this point, I had to deal with a double and, at least according to me, dangerous issue: popularized history versus academic history, political passion versus scholarly research. I decided the only sensible thing to do was to draw a sketch of debates since 1945 on the Nazi flight through Italy, combining works by trained historians, journalists, novelists and movie-makers. Therefore, I tried to map chronologically the entire literature on the topic and to stress all links to analogous questions, like the one concerning relationships between Catholic Church and Nazism or the Cold War and the recycling of former Nazi spies and soldiers. I hope that I have not given an oversimplified outline, but I think that it was necessary in order to discover how "historical (un)truths" were built up over the decades. Often this was done out of genuine sincerity, because researchers were not trained or did not think carefully about what they were writing. I do not wish to suggest here that historians can reach the TRUTH, but that writers can and should check what they are doing and also state the rules of the game. If they are writing a novel or a screenplay they can state that Hitler is still alive. But they cannot do the same, if they are writing academic or popularized history because they must take documentary evidence into account. The literature on the the underground routes going from Central and Eastern Europe to Latin America through Italy owes a lot to late 1940s press or diplomatic reports. The first SS and other war criminals arrived in Argentina from Italy in 1947 [2], but since 1946 German-speaking and Italian diplomats were complaining about the rebirth of Fascism and Nazism on the American side of the Atlantic [3]. In 1947, Vincent La Vista reported to the U.S. State Department that the Red Cross was granting passports without screening - thus helping the illegal emigration from and through Italy of former Nazis - and that a group of priests were instrumental into it [4]. The State Department decided to not release the report, but in 1949 the U.S. and West German governments thought that too many Nazis had gone over to the USSR and that was time to stop that flow, at least the part of it that was benefiting the Soviet Union. Representatives of both governments leaked this news and the New York Herald Tribune printed an article on the danger of a new Nazi-Soviet alliance that was reprinted by Die Standpunkt (16 December 1949). In that occasion the same newspaper added that the idea of the new Nazi-Soviet alliance was nurtured by a group of German "nationalists" who had immigrated in Buenos Aires, where they were publishing Der Weg [5]. Meanwhile, on 6 December 1949, the German Agency Nord Press announced that Bishop Alois Hudal, rector of the German College of S. Maria dell'Anima, was a well known pro-Nazis prelate in Rome and that he received from 60 to 100 Germans daily who were looking for tickets and visas to Latin America. Exactly one week later, the Sunday edition of the Passauer Neue Press reported on two networks of spies smuggling Nazi criminals to Argentina and to the Middle East: the first had been centered in Rome, at the College of S. Maria dell'Anima, but its headquarters were shut down because of Vatican pressure. At the beginning of 1950, the German press charged Hudal with having hidden Otto Skorzeny and others in Rome [6]. Hudal denied the allegations against him, but on 30 April 1950, the weekly Die Strasse printed a report on "Görings Männer in Argentinien" with pictures of German pilots in Argentina. This text mentioned that Hudal wrote articles for Der Weg and that an unnamed German pilot had declared having been helped by the prelate. In 1951-1952, Simon Wiesenthal followed Adolf Eichmann's tracks to Rome. Here, he discovered that Hudal was the "head of the organization that prepared the illegal emigration of the nazists", as he told an Italian magazine a few years later [7]. Actually his (and others') suspicions regarding the help that Eichmann received to escape focused on Anton Weber, a Pallottini Father, and Benedikt de Bourg d'Iré, a Capuchin. However, Wiesenthal was never able to tell the difference between Catholic secular priests and members of various religious orders: for him cardinals, bishops, priests, monks and friars were all the same. He was not very informed about the features of the Catholic Church, nor did he care to be, because he was targeting the Holy See as a whole [8]. He was trying to demonstrate that there have been and perhaps still was a strong alliance between the Catholic Church and a powerful Nazi organization called Odessa (= Organisation der Ehemaligen SS Angehorigen), founded just before the end of the war to help former SS. Eichmann's trial did not confirm Wiesenthal's view, or at least it did not assess the existence of a well organized underground network supported by former Nazis and by the Catholic Church [9]. In any event, the proceedings were covered by every newspaper in the Western world and aroused the curiosity about Nazis in Latin America. If Hannah Arendt wrote a seminal essay on Eichmann [10], Michael Frank authoredd a book about Nazis in Buenos Aires [11]. Moreover, this trial and subsequent proceedings in West Germany convinced many Germans, in particular the younger ones, that they had to deal with their country's awful past [12]. At the same time, the trials started a historical reappraisal (or, in many cases, the appraisal) of the Holocaust, even in the Jewish communities around the World [13]. A few years later, Wiesenthal reinforced his own view in The Murderers Among Us [14] and his thesis was backed up by Werner Brockdorff, formerly Alfred Jarschel [15]. Jarschel, a leader in the Hitler Youth, described how Catholic priests had helped former SS members, taking them to Rome, often disguising them as members of the Catholic clergy, and finally giving them passports and money to reach Latin America. Altough his book is more a novel than a well documented essay, many readers took Jarschel's tale at face value. In the following decade, Gitta Sereny tried to verify the issue writing her astounding book about Franz Stangl, former commandant of the Treblinka lager [16]. Sereny did not share Wiesenthal's obsession about a nazi-catholic conspiracy. Overall, she thought that if there were networks helping the Nazis' flight, they were simply informal. Finally, she believed that Stangl just walked away from prison and, using a forged ID, went to Florence, where he caught the train to Rome. Stangl told Sereny he went looking for Hudal, because he had heard that the bishop was helping the Germans. Eventually, Hudal gave him a Red Cross passport and Stangl left for Syria, where, according to him, the bishop had found him a job in a textile factory. After a while Stangl's family was reunited in Damascus and in 1951 they left for Brazil, but they were never helped by underground German associations and they had to live the hard life of emigrants. Reading Sereny, we detect that Stangl's recollection of Rome is fuzzy. Stangl is unable to spell Hudal's family name, calling him "Hulda"; he never remembers too well places and personalities in Rome. Only the fear of being caught by the Italian police is what the former Treblinka commandant recalls of Rome. Interestingly enough, he often talks about his dread of being sent to Camp "Frascati": i.e. Camp Fraschette (close to Alatri in the province of Frosinone, in the southern part of Latium, not close to Rome, as Sereny erroneously assumed in calling it "Frascati"), where illegal immigrants were sent. Maybe, he was trying to cover up his helpers' tracks. Nevertheless, his tale is very reminescent of the stories told by other refugees, who were not Nazis, looking for job opportunities or for visas and tickets to the Americas. Thousands of documents at the "Archivio Centrale di Stato" (Italian Central National Archives) in Rome confirm Stangl's (and Sereny's) description of the life and fears of illegal German immigrants in Italy. I will deal with this documentary evidence in another paper, but let me just say that at the end of 1947, there was quite a tight screening of German immigrants (not because of their past, but because the Italian government was fed up with any kind of immigrant). In november 1947, there were 698 German illegal immigrants at Camp Fraschette and during the month of December those and others were sent back to Germany [17]. In any event, Sereny guessed that Wiesenthal simplified the issue. In her view, he had fictionalized the flight from Germany of many Nazis. this was understandable, she thought, because Wiesenthal was a Nazi hunter and not an historian. But it was a mistake. History, according to Sereny, does not need thrilling explications and historical data simply did not back up any conspiracy theory. She also felt that Brockdorff had given a much too romanticized account of his own experience, if for different reasons: in fact, Sereny was one of the first to point out that historians should not accept Flucht vor Nürnberg as a testimony. Finally, she stressed that the position of the Catholic Church needed to be fairly and soundly assessed. It seemed to her that Pius XII's position after the war should be related to his position during the war, which showed how the pope was paralized by a double set of fears: the dread of communism and his certainty that Hitler would have crushed the Catholic Church, if itr had vehemently protested against him. Moreover, she added, two other elements should be factored in: the antisemitism shared by Pius XII and his clergy even when they tried to help some Jews, and the pope's deep love for Germany. Therefore, according to Sereny, the Church of Rome was unable to stand against nazism during the war, and was ready to forgive and forget the sins of many nazis after the war. But this did not mean that the clergy and the pope had some kind of alliance to neonazis organizations. While working on her book, Sereny interviewed a lot of priests active in the post-war period, and among them the already mentioned Anton Weber, who confirmed his meeting with Eichmann, but declared that he did not know who the latter was. Sereny did not believe Weber and many of her interviewees, but she did not think that they had conspirated with former SS membrs. Moreover, she was not sure that the Vatican was behind those flights. She seemed more convinced that a number of German members of the Catholic clergy and hierarchy, who were in Italy during those years, helped Germans to migrate: they knew that some of the latter were former SS members, but they were not specifically helping the latter because they were Nazis. She also reported that many members of the Roman clergy told her that Hudal was a small fish, who tried to look bigger, smarter and more powerful than he really was. That was also the opinion of Jesuit historian Robert A. Graham, who later co-authored with David Alvarez Nothing Sacred. Nazi Espionage Against the Vatican 1939-1945 [18]. That book revealed that during the war Hudal was an informant for German intelligence, but nobody listened to him in the Vatican and, least of all, in Berlin [19]. Today Sereny's reflections and interviews are underestimated, but she did a great job: in fact, she tried to understand what actually happened after the war without looking for sensational pieces of information. Perhaps, this is just why she was not taken seriously, while other, more sensationalistic books got a lot of attention. We should remember that when her book was published and then was translated into other languages [20], readers were captured by a novel telling a more appealing story: The Odessa File by Frederick Forsyth [21]. Forsyth's thriller is still well received by specialists, because it is very entertaining, a nice blend of fiction and reality [22]. The protagonist, reporter Peter Miller, is a fictional character, but he is hunting down SS captain Eduard Roschmann, who really did sneak past tribunals and other judicial bodies that sprung up after the war. Moreover, Miller interviews Simon Wiesenthal, who told him (and Forsyth's audience) that the SS went under cover at the end of the war and were helped by Odessa. The SS runaways embarked at Italian ports and their destination was the Middle East or Argentina. According to Forsyth (and Wiesenthal), the gold looted during the war by the SS was deposited in the secret vaults of Swiss banks and was later used to buy 7,000 passports from Perón. Moreover, the Catholic Church helped the fugitives while they were in Italy. Many cardinals, according to Wiesenthal, were pro-Nazi and among them Alois Hudal, the "German apostolic nuncio". Thus, the SS found shelter in the big Franciscan convent of Rome and received Red Cross IDs, just what they needed to embark in Genoa. Forsyth is often inaccurate, or better his sources (i.e. Wiesenthal) were not accurate in retelling their experience. For example, Hudal was not a cardinal, nor a German apostolic nuncio. Moreover, it is impossible to locate the "big" Franciscan convent in Rome mentioned in the novel. Finally, Odessa seems a good inspiration for a thriller, but many historians doubt that it ever existed. In fact, a couple of not very important German underground networks called themselves "Odessa" in 1946, but later the only proof of their existence is &amp;#8230; Wiesenthal. Reading Forsyth, another question arises: why the former SS going to Argentina need Red Cross IDs, if they had bought passports from Perón? We cannot blame Forsyth for being inaccurate. He was writing a thriller, not an historical essay. The role of Wiesenthal in the genesis of the novel is more interesting. later, the Nazi hunter confessed that he wanted to influence the writer [23]. In fact, Wiesenthal was using the thriller to force Roschmann out into the open, which is what actually happened. En passant, Wiesenthal's confession is very useful, because it shows that historians should not accept at face value Wiesenthal's writings and interviews, but should interpret them as baits and devices to deceive Nazis still on the run. Forsyth had a huge success, his thriller was adapted to the screen [24], and Roschmann died of a heart attack. In 1974, William Goldman published another successful novel, Marathon Man, on the same issue [25], and that too became a universally acclaimed movie [26]. Goldman's novel and screenplay, still popular today [27], are about a former Nazi war criminal who is smuggling diamonds in the United States and who is ready to kill to protect himself. Together with the Forsyth thriller and Neame's movie, Goldman's writing convinced other authors that undercover Nazis were good entertainment. Thus, Ira Levin wrote The Boys from Brazil about doctor Mengele coming to the U.S. [28]. Levin's novel too was adapted to the screen [29] and the three novels plus the three movies told their audiences that Nazis were still ready to rob and to kill [30]. These works had a wide impact and started a sub-genre in the mass culture that did not stop. Moreover, a few books by reporters or by former intelligence men added chapters to the ongoing saga of Nazi hunting [31]. At that point, attention focused on Martin Bormann, who was the leader of Odessa according to Wiesenthal [32]. The books on Bormann's flight to Argentina through Italy were even more unrealistic than the ones by Forsyth or Goldman. Moreover, it is now known that Argentinian spies and policemen cheated one author, Hungarian journalist Farago, and sold him forged documents and fake information [33]. Still, those books were taken seriously in the second half of the 1970s. People and governments started to pay attention to the presence of former SS members in the Americas and other countries (Australia, South Africa, etc.), and to the fate of East-European collaborators and war criminals. Sereny remembered in her book that not only former SS members went through Italy, but also members of the Russian Army of general Vlasov, who fought along the Germans and disbanded thousands of Ukrainian collaborators in Italy, and the soldiers of Polish general Anders, who fought against the Nazis and enroled war prisoners in his army. Moreover, according to Sereny, thousands of Nazis and collaborators fled from Yugoslavia, Romania, Hungary and Austria after the war and went to Italy, moving later to the Americas and Australia. At the end of the 1970s, this issue acquired new relevance because many former nazists and collaborators, who were living in the U.S. and other English-speaking countries, were reported. In 1979, the U.S. created a special bureau of investigation for this kind of criminals and in the following years the U.S., Canada, Australia and the U.K. tried a number of post-war immigrants. Anthony Lerman states that those initiatives were unsuccessful [34]. Even when the committees of inquiry discovered former Nazis, they were unable to prosecute them or the latter were acquitted, when tried. Nevertheless, the committees published reports [35] and other materials [36]. Thus, a large quantity of documents came to light, but it was not enough for the reading public and for publishers, who wanted something like the novels that had captured them in the 1970s. In any case, the decision to set up committees of inquiry taken by the U.S., Australian, British and Canadian governments drove reporters and free-lance writers to start their own parallel investigations. These free-lance inquiries were supplemented by two scandals. In 1983, Bolivia expulled war criminal Klaus Barbie, who was tried in France. The proceedings showed the protection that U.S. intelligence had given him [37]. This produced an enormous uproar and a number of books on Barbie's career went published [38]. The second scandal was in Austria, where in 1987 a campaign began against its president, Kurt Waldheim, because of his past in the German army. In this case too, books were written and their authors debunked the myth of "good" German or Austrian soldiers, who were only obeying orders [39]. During that decade, essays replaced the novels of the 1970s, but they were mostly made of the same stuff: few documents, a lot of interviews and a lot of imagination sold as detective skill. A few authors tried to understand why the Nazis were not prosecuted after the war [40] and they pointed to the recruitment of former SS members by U.S. intelligence[41]. But many others just looked for sensational stories [42]. Some preferred to describe the activities of Wiesenthal and other Nazi hunters [43]or to write about Nazi hunting by governments. For the latter argument, a case in point is Allan A. Ryan, Jr., who authored Klaus Barbie and the United States government : exhibits to the report to the Attorney General of the United States [44] and Quiet Neighbours. Prosecuting Nazi war criminals in America [45]. These writings show clearly how many attorneys transformed themselves into reporters and writers, partly because they thought that people had to know, partly because of the high sales of those kinds of books. At this point, many reporters started paying attention to the role of Swiss banks and also to the smuggling of Nazi gold to Latin America. In fact, they were looking for gold and goods stolen by Nazis and asking where they were hidden [46]. Unfortunately for them, they had not read the debunking article by Ronald C. Newton "The United States, the German-Argentines, and the myth of the Fourth Reich, 1943-1947" [47]. Newton demonstrates that tales about Nazi gold were the result of an operation of disinformation by the British intelligence at the end of World War II. The British were trying to convince the Germans to disert and thus they let leak mesmerizing news about Nazi leaders running away with enormous amount of gold. Later Newton also demonstrates that the (dis)information about Hitler leaving Germany and reaching Argentina, or sending his gold there had the same origin [48]. Finally, Mario Rapoport and Andreés Musacchio did not find any trace of that gold in Buenos Aires [49], but in the meantime a lot of authors took its existence for granted. Thus, for example, Jean Ziegler proposes a mix of facts and hypothesis about the nazi loot, Swiss banks an gold sent from Germany to Argentina via Switzerland and the Vatican [50], that often does not work at all [51]. Mark Aarons and John F. Loftus are two of the most important investigators who deal with the responsability of Swiss banks and the Vatican. Actually, Aarons started studying Nazi havens in Australia [52], while Loftus tracked down Byelorussian collaborators [53]. Later, they worked together, co-authoring Ratlines (London, William Heineman, 1991) [54] and The Secret War against the Jews [55]. The former was printed in the U.S. as Unholy Trinity [56] and had a new and revised edition [57]. Loftus resumed part of their research in "La immigración de criminales de guerra nazis a Norteamérica" [58]. At the beginning of this short, but clever essay, Loftus states that he does not believe in the existence of a Nazi underground network, in particular Odessa, and Nazi U-boots transporting Hitler's gold to Argentina. On the contrary, he is sure that France, Great Britain and the United States helped the flight of former Nazis because of the Cold War [59]. Aarons and Loftus do not at all like conspiracy theories, but in their way they contribute to enflate the sensationalistic side of Nazi hunting stories. For example, they state that at the end of the war there were 150,000 war criminals, and that only 50,000 were apprehended. Thus, according to them, 100,000 criminals just ran off away in the post-war period: still according to them, the Vatican sent 30,000 Germans and 30,000 ustashi criminals to Argentina (even if they concede that those criminals did not stay there, but used this nation only as a stopover); others went to Australia, Canada, the Middle East, South Africa, U.K. and the U.S.. Moreover, Loftus and Aarons involve British and U.S. intelligence as well as the Vatican and the Swiss banks in the smuggling of Nazis. Some of them (the banks) were just trying to gain as much as possible, others (the Vatican and the intelligence) were preparing, if not already fighting the cold war. They were trying to use former German spies against the USSR, but they were unable to understand that a lot of them were already controlled by Soviet intelligence. In any case, the Vatican, the intelligence services and the banks formed the "unholy trinity" that spirited away collaborators and former SS members. Since the beginning of the 1990s, Aarons and Loftus thesis has caused a sensation. It is well conceived, and the authors were apt to link together a large set of documentation from European and U.S. archives. Nevertheless, their data are exaggerated. Concerning numbers, we know that no more than 40,000 German-speaking emigrants went to Argentina from 1945 to 1955 [60]. Therefore, the estimate of 30,000 German war criminals coming to Argentina in that period seems to be quite ludicrous. Argentinian historian Ignacio Klich gives more reasonable numbers: "hasta 800 de ellos [the German-speaking immigrants] &amp;#8230; estaban seriament comprometidos por su actuación en favor del nazismo, y 50 de éstos eran candidatos seguros a la clasificación como criminales de guerra" [61]. German historian Holger M. Meding adds that his team found documents in German archives about only 5 war criminals, 7 whose arrest had been ordered for alleged crimes but without legal proceedings being initiated, 6 whose proceedings for alleged crimes resulted in dismissal or acquittal, 10 high level persons with a nazi past not subject to accusation, arrest warrants or sentences, 8 Nazi propagandists, 5 who helped illegal migrants, and 4 scientists/businessmen. On the other hand, if, at the end of the war as many as 300,000 German soldiers went under arrest, after the war only 5,000 former Nazis were tried in what would become West Germany [62]. Checking Aarons's and Loftus's numbers, I can add that we have a fair idea of how many refugees legally went through Italy between 1947 and 1951: there were no more than 210,000. 66,640 were resettled refugees from all over Europe and only 9,648 of them went to Argentina [63]. Those figures are too far from the ones given by Aarons and Loftus and it therefore seems very difficult to believe their statistics about war criminals. I have the same problem with regard to other ideas of these two authors. They heavily stress the responsability of the Vatican as an institution and opposed to Vatican officials as individuals; moreover, they back their thesis by recalling Vatican politics before and during the war. Actually, the literature about the Vatican and Nazism is quite huge, and we have a lot of good books on this topic. When Sereny wrote her plea for a fair assessment, it was already at her disposal The Silence of Pius XII by Carlo Falconi [64]. Later, Ennio Di Nolfo and Owen Chadwick dealt with the contacts between the Allies and the Holy See [65], while many books focused on the relationship between Pius XII and Hitler. From the Vatican side, the edition of the Actes et documents du Saint-Siège relatifs à la Seconde Guerre mondiale, recently summarized by Pierre Blet, was meant to show that the pope acted beyond suspicion [66]. Recently John Cornwell gave exactly the opposite interpretation, but his work is flawed [67]. Giovanni Miccoli capped 35 years of research by explaining that the Holy See still believed that it would a kind of go-between au-dessus de la mêlée: this was a fault partly due to Vatican self-representation as a superior, spiritual force, answering more to God's demands than to human beings, partly to an out-of-date evaluation of European politics [68]. Incidentally, Miccoli, who wrote the best book on the issue to date, also shows that historians do not need to check Vatican files anymore, because we have enough testimonies from other archives and from the memoirs of the principal political and religious actors of World War II. Unfortunately, the discussion about the need for opening the Vatican archives is still raging as demonstrates the preliminary report submitted to the Holy See&amp;#8217;s Commission for Religious Relations with the Jews and to the International Jewish Committee for Interreligious Consultations by the International Catholic-Jewish Historical Commission [69]. In the last years, new essays have condemned what the pope did [70]. Moreover, Wistrich has enphasized Pius XII's fear of communism in an interview with an Italian left-wing newspaper [71]. This idea is not unknown to Catholic historians, even if they exploited it by pulling the stress elsewhere. The already mentioned Robert A. Graham says that it is correct to see "the Holy See's attitude as conditioned by the presence of forces of evil in the vesture of belligerent states. In World War II there were two such forces, the Soviet Union and the National Socialist Reich" [72]. To coming back to Aarons and Loftus, they transform Pius XII's dread of communism into the central pillar of their interpretation, but what Miccoli writes about the pope confirms what Sereny stated in 1974. The same doubt about Aarons' and Loftus' analysis could be raised when analyzing the issue of Swiss and Vatican banks. In the last 5 years, the CEANA and the U.S. government tried to follow the movement of those amounts of gold and goods [73]. The effort made by the Argentinian and U.S. commissions was huge, but they were unable to say the last word on the issue. In 2000, George Zivcovich et alii's legal suit again raised the question [74] ; nevertheless, it is too early to obtain an answer and it is possibile that in this case too, we are dealing with the consequences of the disinformation started by British intelligence at the end of the war. Moreover, the Ustashis's passage through Rome and the Vatican involvement with them is well known according to Aarons and Loftus and to Marco Aurelio Rivelli [75], but in their and other reconstructions of the subject there are lots of gaps to be filled [76]. For example, we know that Croatians built the socalled Ratline (see my comments on Meding's writings below) and that they helped U.S. intelligence smuggle a few Germans. But we also know that U.S. and British military police did not always protect Croatians: in April 1947, the Italian police and the British military police tried to get hold of many Croatians in Rome, looking for smugglers and war criminals [77]. We know that Hudal and Krunoslav Draganovic, the Croatian priest who seems to have been in charge of the ratline, cooperated for a while, but we also know that they were in competition with each other and that they did not trust the Vatican, because they thought that the pope and the cardinals were listening too closely to the syrens of U.S. protestant capitalism and of Soviet communism [78] ! The documents relating to Hudal and Draganovic show that many of their "friends" went to Argentina. Therefore, the study of smuggling operations in Italy is linked to the analysis of Nazi and Croatian immigration into Argentina. The essays and novels we have already quoted dedicate quite a few pages to the latter country, but we should take into account the research done by Argentinians. Already in the 1950s, Perón's opponents denounced the presence of former Nazis [79]. Thus the issue was linked to Perón's faults and their evaluation was influenced by judgements on the general and his regime. Consequently, it was very difficult to raise this issue. Only after 1983, did international debate involve Argentinian witnesses, historians, and novelists [80]. At the same time, a few Nazis felt free to publish their memoirs, in which they thanked the Catholic Church for its help [81]. The strengthening of democracy in Argentina, tighter links with the U.S., and international pressure gave way to the necessity for a deeper analysis. Argentinian historians rethought the relationship between Argentina and Perón, on the one hand, and Hitler's Germany, on the other, as well as the relationship between Argentina and the United States [82]. Argentinian historians studied the arrival of immigrants from Germany and Eastern Europe in the 1940s [83]. In the 1990s, the question of the immigration of Nazis and war criminals was covered in Argentina not only the people who already studied it [84], but also by a number of reporters. Jorge Camarasa wrote a first, scandalmongering book in 1992 [85], then rewrote and softened it as Odessa al Sur [86]. Camarasa accepts as true every myth (or almost) about Odessa, the nazi gold and Bormann's fligth to Argentina: the chapters on these arguments are so sensationalistic, even in the softened version, that the Italian translator added a disclaimer stressing that Bormann died in 1945 [87]. Regarding to Italy, Camarasa writes that the Catholic Church helped 5,000 war criminals from 1945 to 1949 and that Walter Rauff, former chief of the German Nazi intelligence in Northern Italy and Bormann's right-hand man, had an illegal bureau in Genoa helping German illegal emigration. Camarasa depicts a nightmarish Italian landscape, were Nazi priests deal with easily corrupted civil servants. Nevertheless, his description of Latin America is even more dreadful. In fact, his book deals mostly with what happened after the flight from Germany and the Italian stopover. The real problem for him are Nazis' activities in Argentina and other Latin American countries, and his book deals a lot more with this issue than with the escape from Europe. In Argentina and Italy, Camarasa's seemed a good, even if sensational, introduction to understanding the Priebke affair. The literature about the latter is quite considerable. Wladimiro Settimelli, a reporter for Unità, then owned by the former communist party, wrote Herbert Kappler and edited Priebke e il massacro delle Ardeatine, in which he gathered testimonies on the massacre as well as a few papers by historians [88]. Cinzia Del Mazo and Simona Micheli authored a book on the trial and published other documents [89]. Walter Leszl, professor of Ancient history at the University of Florence, tried to show that not only was Priebke guilty, but that he should have been tried by a civil court, because his act of murder was a political and not a war action [90]. In hindsight, Leszl seems to be absolutely right about the trial, but it was a very polemical stance to take at that time. In Italy a fierce debate raged about the massacre of the "Fosse Ardeatine" and the previous attack to the German army. Many wrote that without that attack, the Germans would have not killed their prisoners. A group of old-time right-wingers falsely stated that if the partisans had surrendered, the Germans would have freed their hostages[91]. In Italy and in Europe there was a violent neofascist and neonazis protest in favor of Priebke: many openly showed their solidarity with Priebke [92], while others declared that the trials were a Jewish trick to blackmail Swiss banks and European governments [93]. At the same time, neonazis were active in the streets and on the web, where they posted comments on Priebke's "heroism" [94]. Neofascists and neonazis did not study Priebke's flight from Italy, but even books by left-wing authors did not expand on this issue. It is possible to find something on this only browsing the net [95] or reading the books by Robert Katz, and Elena Llorente and Martino Rigacci. Many years ago, Robert Katz wrote a famous book about the "Fosse Ardeatine", which was even adapted to the screen [96]. In 1994, Harry Phillips, free-lance writer-producer for the ABC's Prime Time Live, discovered that Priebke was living at San Carlos de Bariloche and asked Katz for advice. Altough Katz did not do anything relevant, the broadcast (which was aired on 5 May 1994) brought about Priebke's extradition. Therefore, it was natural that Katz covered the Italian proceedings and then wrote Dossier Priebke. Anatomia di un processo directly for Italian readers [97]. In his new book, Katz reconstructed the history of the massacre, Priebke's flight, his discovery in Argentina and the first trial. Katz stressed that many knew Priebke's whereabouts. Already in 1989 Serge and Arno Klarsfeld told the Italian Foreign Affairs about Priebke. The Italian honorary vice-consul in Bariloche knew Priebke's past, but decided that the latter had repented and thus that it was useless to denounce him. According to Katz, something similar happened at the end of the war. At that time, Priebke went from Brescia to Vipiteno (Bolzano). Later, the British captured him and he was interned at the miltary camp of Rimini (13 March 1945) and then at the Camp Afragola, were he was questioned. On August 1946, he was back to Rimini, where he escaped. He went to Vipiteno, where the Americans looked for him at least twice (17.5.1947 and 21.10.1947), without finding him. Meanwhile, always according to Katz, he was caught by the British and even brought to Rome, but later he was able to flee again or someone let him free. Finally, Priebke escaped to Argentina. Katz reportes that in 1994 Priebke told an Argentinian reporter that he was helped by the Catholic Church and thanked Hudal, who had told him how to reach Buenos Aires. But in a 1996 memoir, Priebke stated that an Italian friend, a fascist from Brescia, helped him to get a visa for Argentina. After a while, according to Katz, the friend from Brescia also fled too to Buenos Aires (this is interesting because nobody is studying the links among Italian fascists and German Nazis during their escape). In any case, Priebke had a Red Cross passport and tickets. So maybe he was also helped by Hudal or by some other priest. Katz declares however that there is no proof of Odessa's involvement in the escape, nor in Priebke's later life or in the trial. According to Katz, someone paid something for the lawyers, but Priebke was clearly broke during the trial and no one was giving him financial aid [98]. At the beginning of the book, Katz mentioned other German fugitives, for example Juan Maler (alias Reinhard Kopps), in relation to the Ratline and the help by the Vatican and the British and U.S. intelligence. But this part is not original, and it is very short. Elena Llorente and Martino Rigacci went over the same story [99]. According to them, the Priebke proceedings (1996 and 1997) gave us the opportunity to reconsider past history, i.e. U.S. and Vatican responsabilities in the flight of so many Nazis. The authors are convinced that the Red Cross documents that Priebke and his family used to enter Argentina on 14 November 1948 were given to him by Hudal and that the latter was in some way protected by the Church. Moreover, they think that U.S. intelligence was involved in the ratline, but they do not pay a lot of attention to this question being primarily interested in the details of the arrest and in the reasons why Priebke was extradited. The book is written like a movie: long chapters about today's situation and flashbacks to the past. Thus the authors deal quite a lot with the proceedings and the political situation in Italy and in Argentina in the 1990s and they write a lot less about Camps Afragola and Rimini or the escape on 31 December 1946. Moreover, they do not say nothing about 1947. While they take into account Priebke's travels to Buenos Aires, they only say that they do not believe that Priebke was helped by an Italian friend to get his Argentinian visa, and that they are sure that he had a Red Cross passport thanks to a franciscan friar who requested it from the Vatican. They also add, as an afterthought, that, because Priebke fled from Genoa, his departure could be linked to the already mentioned Rauff, who was in Genoa and was a friend of Hudal. Finally, altough they mention Maler/Koops, they do not realize that Maler was linked to Hudal [100], and hold forth about Odessa, Nazi gold and the Vatican Archives. In conclusion, while the Priebke trials were an opportunity to discuss the past, this opportunity was missed. Nobody dug out the truth, nobody looked for new documents. All reporters wrote about ratlines, but they did not explain what they were and how they were operated. All reporters wrote about unholy trinities, but at a certain point it seems that they did not accept that many just escaped without heavy protection and that in other case it was only because of the beginning of Cold War that they were not apprehended. Conspiracy has still a powerful appeal for reporters and would-be Nazi hunters. Odessa has to exist, because we need it for the sake of mystery. Franco Fracassi wrote a very good, even if journalistic book, on that question [101]. He was able to link the flight of former SS members and ustashis to the creation of anticommunist networks by the U.S. intelligence and to show how neonazi movements were able to exploit U.S. undue influence in their favor. Unhappily for us, Fracassi does not deal in depth with ratlines and Argentina; in any case, he gives us a good bibliography, even if mainly composed of press reports. Even more unfortunately, many reporters did and do not like this kind of explication and continue to look for unholy trinities, stressing moreover the importance of Nazi gold and of Swiss and Vatican banks. Sometimes, their literary production is very bad. For example, I read Giorgio Cavalleri' Evita Perón e l'oro dei nazisti many times, but I was quite unable to review it, because the author is too inaccurate about his data and too willing to stress sensational elements [102]. After reading this book, we could well ask if the job of reporters is simply to look for sensationalism. Luckily, it is not so, and we can point out to others who have written more sober accounts. Uki Goñi authored calmer pages on the Italian ratline [103], while Giovanni Maria Pace summed things up on Nazis and Croatians, Hudal and Draganovic, new research in Italy and Argentina [104]. It is a good reporting and provides information, without abounding in lurid details. Till now, I have discussed U.S., Argentinian, British and Italian works on the Nazis's flight through Italy, but I should stress that we can find the same contrast in other historiographies. In Germany, we can read accurate, even if journalistic, research by Hans-Jacob Stehle [105] and scandalmongering and undocumented writings by Rena and Thomas Giefer [106]. In France, Jean-Pierre Blancpain is somewhere in the middle: altough hard worker, he accepts as truth some very bad books [107]. At this point, it is evident that we need to proceed to a thoughtful reflection on the issue, as Ignacio Klich recently invited all historians to do [108]. On one hand, it is necessary to ascertain how and how many war criminals fled to Argentina. On the other, we should fit this flight into the larger German-speaking and Eastern European post-war migration to Argentina. About the latter, I have already quoted many contributions by Leonardo Senkman in my footnotes, but I should also mention the work done by other historians. Ronald C. Newton devoted the last chapter of his The Nazi Menace in Argentina, 1931-1947 to German post-war migration [109], while Argentinian scholars tried to evaluate Argentinian immigration policy in those same years [110]. According to Fernando Devoto, the policy and modalities of post-war immigration could partly explain the arrival of former SS members [111]. In fact, many of them arrived together with technicians and experts for the Army and for industry [112]. This is a well known question [113]. Nevertheless, we should pay attention to the fact that this migration was not only made up of German-speakers, but also of a large proportion of German Jews [114]. In relation to Nazi migration alone, Holger M. Meding has made and is still making outstanding contributions. His Master's thesis, published in 1997, studied the already quoted Der Weg [115]. Later, he edited a book on the relationship between Nazism and Argentina [116]. In the meantime, he wrote and published his Doctoral thesis, that elucidated the question that interest us here [117]. Flucht vor Nürnberg? can be divided into three parts. The first one describes the prerequisites: birth and development of Nazism, previous presence of Germans in Argentina, Perón. The second, the one that actually interests us most, is about how Nazis arrived in Argentina. The third one is about Nazi settlement in the New World. Meding analyzes the latter as a normal type of immigration. Thus, he studies how Nazis tried to adapt themselves to Argentina and how they tried to adapt Argentina to themselves. Finally, he pays attention to the German press and its activity vis-à-vis Argentinian society and the German community. Meding's book is a really good example of migration studies and it offers an excellent approach to the Nazi migration to Latin America. Moreover, Meding pays a lot of attention to Nazis' escape routes. Not only the Italian, but also the Scandinavian, Spanish, and Swiss routes. Moreover, he tries to ascertain if organization like Odessa really existed and he answers in the negative. About the Italian escape route he states that there was two. The real "Ratline", which was run by U.S. Intelligence with the help of Draganovic in Genoa, and a second one, the Monastery line, organized by Hudal and other German priests, together with members of the Pontificia Commissione Assistenza. This second line was not the product of the Church pro-Nazi position, but the action of single members of the Catholic clergy. Usually the latter helped people from their own motherland to flee from countries ruined by the war or falling into the hands of the Communists. The Americans and the British both closed their eyes to that route because they were running simultaneously the real Ratline to move former Nazis or collaborators who were now becoming or pretending to become Western secret agents. These two lines ultimately crossed as former spies lived among normal immigrants, while many immigrants had a dubious past. But from the historical point of view Nazi flight from Germany should be studied as another kind of migration. Meding's proposal was followed by the CEANA's team in two monographic issues of academic journals edited by Klich [118]. In particular Meding and others studied German and Italian migration to Argentina in the years 1945-1955, while Diana Quattrocchi Woisson reconstructed the experience of French and Belgian collaborators who migrated to Argentina [119]. These papers should be contrasted to the papers by Mónica Quijada and Víctor Peralta on "Spains as a Place of Transit for Goods and People from Nazi Germany to Argentina During World War II and in the Post-War Years" (CEANA, Final Report), Beatriz Gurevich on "Government Agencies and Other Parties Involved in the Immigration of War Criminals and Collaborators in the Aftermath of World War II. The Argentine Case" (CEANA, Second Progress Report), and Christián Buchrucker on "The Nostalgists of the European 'New Order' and Their Connections with Argentine Political Culture" (CEANA, Final Report). The research by CEANA raised a lot of protest. French reporter Michel Faure wrote that "[e]n prétendant faire toute la lumière sur la présence des nazis dans le pays et sur les biens qu'ils auraient pu voler à leurs victimes, elle [i.e. CEANA] répond à une volonté officielle de solder un passé entaché d'embarrassantes connivences et de coupables complicités" [120]. But he also admitted that CEANA's findings were interesting. Alejandra Rey and Jorge Camarasa complained instead that CEANA's members located only 19 war criminals [121]. Actually, CEANA's reports do not try to conceal facts about Nazis from the public, but they are working to accumulate data, in the same way as the projects by the Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas and the Buenos Aires Centro de Estudios Sociales [122]. Something similar is being organized by public and private U.S. institutions, see the National Archives Collection of World War II War Crimes Records (RG 238) or the web-pages on war criminals by the Holocaust Survivors and Friends Education Center [123] and the Wiesenthal Center [124]. In the U.S. the dossier on the "Implementation of the Nazi War Crimes Disclosure Act An Interim Report to Congress" which contains the story of all U.S. initiatives since 1978 is very important [125]. CEANA and the U.S. committees want to find out if there are still war criminals, but also if it is possible to reconstruct what happened in the past. This goal is also shared by Canadian scholars, who raised the question of post-war screening of former Nazis [126]. But in this case, the most recent studies try to demonstrate that even when war criminals were accepted Canadian authorities were just doing what they had to [127]. This issue is openly discussed by Howard Margolian's Unauthorized Entry. The Truth About Nazi War Criminals in Canada, 1946-1956 [128]. Margolian, who was already interested in war crimes [129], does not accept Alti Rodal's conclusion [130] about the inefficiency of Canadian screening. He tries to demostrate that it was not Canada's fault if a number of criminals entered the country [131]. He reconstructs the details of the screening process and stresses not surprisingly that war criminals had lied to gain entrance. Moreover, he adds that little by little hard lobbying by specific ethnic groups helped some categories, like the Ukrainian SS veterans, who were considered for admission after 1950. Margolian did his research in a peculiar way. He worked quite a lot in archives, but did not bother to check the bibliography on his subject. He used Aarons and Loftus while criticizing Rodal and Matas, but he did not seem to be aware of the enormous literature reviewed here. Moreover, he seemed more concerned with spies (i.e. British and American intelligence protecting their new agents from Germany and Yugoslavia) than with migrants. Thus, he is still on the same side as thriller fiction on killers and spies secretely sailing from Italy. Nevertheless, he found a lot of interesting documents in European and North American archives, for example about Byelorussians in Anders' Army and how they were able to leave Italy for Argentina and Canada. In conclusion, Margolian shows us that working only in the archives is inadequate, if the author does not know the historiography. But the other books mentioned here show us that it is also useless always to read the same books and always to recount the same old story. We should try to ask new questions and to find new answers, reading all the literature on the ratline and working in old and new archives. If we do not try to do this, we will still remain in the domain of fiction. In fact, during the 1990s, we had new (and brilliant) chapters of the ongoing saga of the hunt for Nazis on the screen and in thriller novels. In the movie Music Box (1989, directed by Constantin Costa-Gavras) a young lawyer counsels her father, a former Hungarian emigrant, who is accused of being a war criminal. At the end, the woman discovers that her father is a criminal. In Jack Higgins's Thunder Point, the action starts with the retrieval of Bormann's U-boot in the Caribbeans [132]. In The Shadow Man by John Katzenbach a retired Miami cop tracks down a Nazi killer [133]. To complicate the psychological dimension of the plot, the latter is a Jew who worked for the Gestapo in Berlin. Now, he is hunting down Holocaust survivors, who knew him as "Der Schattenmann". In Atlantis Found Clive Cussler describes how a German U-Boot brought Hitler's gold to the shores of theRio de la Plata and how this gold was used to found a neo-nazi commercial empire in Chile [134]. Following his usual technique, Cussler soon starts losing touch with reality and those neo-nazis try to kill all human beings flooding into the five continents. The plot is very complicated and involves nuclear explosions under the polar caps and the discovery of Atlantis. In Italy, Carlo Lucarelli wrote a more realistic short tale on a Nazi officer returning from Brazil [135]. Finally, on the web we can find quite a number of pages following an Aarons and Loftus approach [136]. But the only moving work of the decade is the French movie Un spécialiste. Portrait d'un criminel moderne [137], two hours of docufiction from the Eichmann trial. In some cases, reality is better than fiction. In some cases, we need serious research better than sensational reportage. Moreover, historians and writers should pay attention to the stereotypes and the idées reçues that could bias their works. New research and a new attention to the roots of old errors and old tales could better historical and even fictional writings.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Notes</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[1] CEANA (Comisión para el Esclarecimiento de las Actividades del Nazismo en la Argentina) is born in 1997. In the following three years, the Committe developed many researches. The results are presented in two Progress Reports and one Final Report, now at http://www.ceana.org.ar. I was enroled to look for Italian documents on former Nazi reaching Argentina after sailing from Italy. A debt of gratitude is owed to Roberto Perin and Ignacio Klich, who kindly read an earlier version of this paper and made helpful suggestions.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[2] Carlota Jackish and Daniel Mastromauro, "Identificación de criminales de guerra llegados a la Argentina según fuentes locales", Ciclos, 19, 2000, p. 217-235.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[3] Holger M. Meding, "El camino transalpino. Austria como país de tránsito para la emigració germanohablante de la posguerra a la Argentina", paper presented at the 9° Congreso de la Federación de Estudios de América Latina y el Caribe, Tel Aviv, 14.4.1999; Matteo Sanfilippo, "Archival Evidence on Postwar Italy as a Transit Point for Central and Eastern European Migrants", unprinted paper.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[4] "Illegal Emigration Movements in and through Italy", 15 May 1947, United States National Archive and Records Administration, RG 59, FW 800.0128/5-1547.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[5] Holger M. Meding, "Der Weg". Eine Deutsche Emigrantenzeitschrift in Buenos Aires 1947-1957, Berlin, Wissenschaftlicher Verlag.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[6] "Skorzeny und Lauterbacher in Rom?", Hannoversche Allgemeine, 20.1.1950, p. 1.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[7] Simon Wiesenthal, "Qui è rinchiuso Eichmann", L'Europeo, 12.3.1961, p. 52-57.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[8] Simon Wiesenthal, Ich jagte Eichmann, Gütersloh, Bartelsmann Lesering, 1961.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[9] For the proceedings see http://www.nizkor.org/hweb/people/e/eichmann-adolf/transcripts/; see also http://www.nizkor.org/ftp.cgi/people/e/eichmann.adolf/memoire/ for Eichmann's diaries.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[10] Hannah Arendt, Eichmann in Jerusalem. A report on the banality of evil, London, Faber &amp; Faber, 1963. See also Barry Sharpe, Modesty and Arrogance in Judgement. Hannah Arendt's Eichmann in Jerusalem, Westport, Conn., Praeger, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[11] Michael Frank, Die letzte Bastion: Nazis in Argentinien, Hamburg, Rutten und Loening Verlag, 1962.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[12] Édouard Husson, Comprendre Hitler et la Shoah, Paris, PUF, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[13] See, for example, Franklin Byalystock, Delayed Impact. The Holocaust and the Canadian Jewish Community, Montreal-Kingston, McGill-Queen's University Press, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[14] Simon Wiesenthal, The Murderers Among Us, London, Heinemann, 1967.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[15] Werner Brockdorff (aka Alfred Jarschel), Flucht vor Nürnberg. Plane und Organisation der Fluchtwege der NS-Priminenz in "Römischen Weg", Wels-München, Welsermüuhl Verlag, 1969.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[16] Gitta Sereny, Into that Darkness, London, Deutsch, 1974.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[17] Archivio Centrale di Stato, Ministero dell’Interno, Direzione Generale di P.S., Divisione AGR, Massime, busta 88, Campo di Concentramento di Fraschette - Schedario internati.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[18] Robert A. Graham, s.j., and David Alvarez, Nothing Sacred. Nazi Espionage Against the Vatican 1939-1945, London-Portland, Frank Cass, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[19] On Hudal as a German spy, see also Klaus Voigt, Zuflucht auf Widerruf. Exil in Italien 1933-1945, I, Stuttgart, Klett-Cotta, 1989.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[20] The italian version dates only one year later: In quelle tenebre, Milano, Adelphi, 1975.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[21] Frederick Forsyth, The Odessa File, London, Hutchinson, 1972.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[22] See http://www.misteryguide.com/bk.ForsythFile.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[23] Simon Wiesenthal, Recht, nicht Rache: Erinnerungen, Frankfurt a.M., Ullstein, 1988. [24] The Odessa File, directed by Ronald Neame, 1974.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[25] William Goldman, Marathon Man, New York, Delacorte, 1974.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[26] Marathon Man, directed by John Schlesinger, 1976.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[27] See William Goldman, Four Screenplays With Essays: Marathon Man, Butch Cassidy and the Sundance Kid, The Princess Bride, Misery, New York, Applause Theatre Books, 1997, and Marathon Man, New York, Ballantine Books, 2001: the latter is the reprint of the 1974 novel.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[28] Ira Levin, The Boys from Brazil, New York, Random House, 1976.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[29] The Boys from Brazil, directed by Franklin J. Schaeffer, 1978.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[30] Actually, this subject was not new: Orson Welles's The Stranger (1946) was based on the same idea, but even Welles thought that it was a very bad movie and nobody tried to imitate it.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[31] Erich Erdstein, Les Criminels de glace: la chasse aux Nazis en Amérique du Sud, Paris, Solar, 1970; Howard Blum, Wanted! The Search for Nazis in America, New York, Quadrangle, 1977.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[32] William Stevenson, The Bormann Brotherhood. A New Investigation of the Escape and Survival of Nazi War Criminals, New York, Harcourt Brace Jovanovich, 1973; Charles Whiting, The Hunt for Martin Bormann, New York, Ballantine Books, 1973; Ladislas Farago, Aftermath. Martin Bormann and the Fourth Reich, New York, Simon &amp; Schuster, 1974. Harry Patterson wrote a thriller on Bormann's flight to Bolivia: The Walhalla Exchange, New York, Stein and Day, 1976.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[33] See Jorge Camarasa, Odessa al Sur, Buenos Aires, Planeta, 1995, chapter VII.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[34] Anthony Lerman, "Los procesos a los criminales de guerra nazis en Australia, Canadá y el Reine Unido (1987-1994)", in Ignacio Klich and Mario Rapoport, eds., Discriminación y racismo en América Latina, Buenos Aires, Grupo Editor Latinoamericano, 1997, p. 463-475.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[35] Report of the Commission of Enquiry on War Criminals, Ottawa 1986; Review of Material Relating to the Entry of Suspected War Criminals, Canberra 1987; Report on the Entry of Nazi War Criminals and Collaborators into the United Kingdom, 1945-1950, London 1988.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[36] Alti Rodal, Nazi War Criminals in Canada: The Historical and Policy Setting from the 1940s to the Present, prepared for Deschenes' Commission, Ottawa, 1986.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[37] FBI documents tell us that the Americans did not have any more relationship with Barbie after he departed from Europe in 1951: http://www.fbi.gov./foipa/hisfigs.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[38] Brendan Murphy, The Butcher of Lyon, New York, Empire Books, 1983; Tom Bower, Klaus Barbie, New York, Pantheon Books, 1984; Erhard Dabringhaus, Klaus Barbie: The Shocking Story of How the US Used this Nazi War Criminal as an Intelligence Agent, Washington, Acropolis, 1984; John Beattie, Kaus Barbie. His Life and Career, London, Methuen 1984; Magnus Linklater, Isabel Linton, and Neal Ascherson, The Fourth Reich. Klaus Barbie and the neo-Fascist Connection, London, Hodder &amp; Stoughton, 1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[39] Robert Herzstein, Waldheim. The Missing Years, London, Grafton, 1988, and Michael Palumbo, The Waldheim Files, London, Faber &amp; Faber, 1988.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[40] Tom Bower, Blind Eye to Murder. Britain, America and the Purging of Nazi Germany - A Pledge Betrayed, London, Granada, 1983.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[41] Christopher Simpson, Blowback: America's Recruitment of Nazis and Its Effects on the Cold War, New York, Weidenfield &amp; Nicolson, 1988. See also Mary Ellen Reese, General Reinhard Gehlen: The CIA Connection, Lanham MD, George Mason University Press, 1990.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[42] Glenn Infield, Skorzeny, New York, St. Martin's Press, 1981; Paul Manning, Martin Bormann: Nazi in Exile, Seacaucus, Lyle Stuart, 1981; Gerald Astor, The Last Nazi: The Life and Times of Joseph Mengele, New York, Donald Fine, 1985; Gerald Posner and John Ware, Mengele. The Complete Story, London, Queen Anne Press, 1986.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[43] Charles Ashman and Robert Wagman, Nazi Hunters, New York, Pharos Book, 1988.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[44] Allan A. Ryan, Jr., Klaus Barbie and the United States government: exhibits to the report to the Attorney General of the United States, Washington, D.C.: U.S. Dept. of Justice, [1983?].</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[45] Allan A. Ryan, Jr., Quiet Neighbours. Prosecuting Nazi war criminals in America, San Diego-New York, Harcourt Brace Jovanovich, 1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[46] Douglas Botting and Ian Sayer, Nazi Gold, New York, Grove Press, 1984; Werner Rings, L'or de Nazis: la Suisse, un relais discret, Lausanne, Payot, 1985; Arthur L. Smith, Hitler's Gold. The Story of the Nazi War Loot, Oxford-New York, Berg, 1989.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[47] Ronald C. Newton, "The United States, the German-Argentines, and the myth of the Fourth Reich, 1943-1947", Hispanic American Historical Review, 66, 3, 1986, p. 541-579.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[48] CEANA, First Progress Report, and CEANA, Final Report, at http://www.ceana.org.ar/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[49] Mario Rapoport and Andreés Musacchio, "El Banco Central de la República Argentina y el 'oro nazi': certezas e interrogantes sobre un mito histórico", Ciclos, 19, 2000, p. 76-101.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[50] Jean Ziegler, El oro nazi, with Juan Gasparini, Buenos Aires, Planeta, 1998; original (shorter) edition Die Schweitz, das Gold und die Toten, München, Bertelsmann, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[51] See my review of Ziegler, in Ciclos, 19, 2000, p. 291-293.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[52] Mark Aarons, Sanctuary! Nazi fugitives in Australia, Melbourne, Heinemann Australia, 1989.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[53] John F. Loftus, The Belarus Secret, New York, Knopf, 1982.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[54] Mark Aarons and John F. Loftus, Ratlines, London, William Heineman, 1991.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[55] Mark Aarons and John F. Loftus, The Secret War against the Jews, New York, St. Martin's Press, 1994.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[56] Mark Aarons and John F. Loftus, Unholy Trinities, New York, St. Martin's Press, 1991.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[57] Mark Aarons and John F. Loftus, Unholy Trinity. The Vatican, the Nazism and the Swiss Banks, New York, St. Martin's Griffin, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[58] John F. Loftus, "La immigración de criminales de guerra nazis a Norteamérica", in Klich and Rapoport, eds., Discriminación y racismo en América Latina, p. 445-462.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[59] Ibid., p. 445.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[60] See Ignacio Klich, "El ingreso a la Argentina de nazis y colaboracionistas", in Klich and Rapoport, eds., Discriminación y racismo en América Latina, p. 401-428.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[61] Ibid., p. 402.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[62] CEANA, Final report.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[63] "Statistiche e rapporti sulla situazione dei profughi – 1949-1951", Archivio Centrale di Stato, Ministero dell’Interno, Direzione Generale di Pubblica Sicurezza, Divisione Affari Generali e Riservati, A16 – Stranieri ed Ebrei Stranieri, AA.GG. 1930-1956, busta 33.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[64] Carlo Falconi, The Silence of Pius XII, London, Faber &amp; Faber, 1970; original edition: Il silenzio di Pio XII, Milano, Sugar, 1965.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[65] Ennio Di Nolfo, Vaticano e Stati Uniti 1939-1952. Dalle carte di Myron C. Taylor, Milano, Angeli, 1978; Owen Chadwick, Britain and the Vatican during the Second World War, Cambridge, Cambridge University Press, 1986.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[66] Pierre Blet, Robert A. Graham, Angelo Martini and Burkhart Schneider, Actes et documents du Saint-Siège relatifs à la Seconde Guerre mondiale, 12 vols., Città del Vaticano, Libreria Editrice Vaticana, 1965-1981; Pierre Blet, Pie XII et la seconde guerre mondiale, Paris, Perrin, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[67] John Cornwell, Hitler's Pope. The Secret History of Pius XII, New York, Viking, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[68] Giovanni Miccoli, I dilemmi e i silenzi di Pio XII. Vaticano, Seconda guerra mondiale e Shoah, Milano, Rizzoli, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[69] See http://www.bnaibrith.org/cpp/randa/vatican.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[70] Randolph Braham, The Vatican and the Holocaust, New York, Columbia University Press, 2000; Susan Zuccotti, Under His Very Windows: The Vatican and the Holocaust in Italy, New Haver, Yale University Press, 2001; Robert Wistrich, The Holocaust, New York, Random House, 2001.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[71] Marina Impallomeni, "Papa Pio XII, la storia a rapporto", Il Manifesto, 22.12.2000. See also Michael Phayer, "Pope Pius XII, the Holocaust and the Cold War", Holocaust and Genocide Studies, 12, 2, 1998, p. 223-256.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[72] Robert A. Graham, s.j., The Vatican and Communism During World War II. What Really Happened?, San Francisco, Ignatius Press, 1996, p. 185. See also the interesting paper by the late Father Graham on Pius XII and Nazism, "How to Manufacture a Legend" at http://www.us-israel.org/jsource/anti-semitism/piusdef1.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[73] For CEANA, see his already quoted website. For the U.S. government, see US and Allied Efforts to Recover and Restore Gold and other Assetts Stolen or Hidden by Germany during World War II, Washington, D.C., Department of State, 1997, and US and Allied Wartime and Postwar Relations and Negotiations with Argentina, Portugal, Spain, Sweden, and Turkey on Looted Gold and German External Assets and US Concerns about the Fate of the Wartime Ustasha Treasury: Supplement to Preliminary Study on US and Allied Efforts to Recover and RestoreGold and other Assetts Stolen or Hidden by Germany during World War II, Washington, D.C., Department of State, 1998: both at http://www.state.gov/www/regions/eur/; see also related links and documents at http://www.ushmm.org/assets/nazigold.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[74] Marco Aurelio Rivelli, "A San Pietro l'oro di Pavelic", Il Manifesto, 18.2.2000, and "Suit aims to uncover a hidden Holocaust. Vatican Bank may hold answers about Croatian war crimes" by Keelyn M. Friesen at http://www.zimmreed.com/rec_art_suit.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[75] Marco Aurelio Rivelli, L'arcivescovo del genocidio. Monsignor Stepinac, il Vaticano e la dittatura ustascia in Croazia, 1941-1945, Milano, Kaos Edizioni, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[76] Hubert Butler, Escape from the Anthill, Mullingar, The Lilliput Press, 1985.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[77] Archivio Centrale dello Stato, Ministero dell'Interno, Direzione Generale di PS, Divisione AGR, A5G, 1944-1948, Italia liberata, 21: Rastrellamenti di stranieri.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[78] Matteo Sanfilippo, "Los papeles de Hudal como fuente para la historia de la migración de alemanes y nazis después de la Segunda Guerra Mundial", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 43, 1999, p. 185-209.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[79] Silvano Santander, Tecnica de una traición. Juan D. Perón y Eva Duarte agentes del nazismo en la Argentina, Montevideo, Tricromia, 1953.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[80] Thomás Eloy Martinez, Perón and the Nazi War Criminals,Washington, Woodrow Wilson International Centers for Scholars - Latin America Program, Working Paper 144, 1984; Ignacio Klich, "Nazis in der dritten Welt", Die Tageszeitung, 19.3.1984; Mario Mariscotti, El secreto atomico de Huemul. Cronica del origen de la energia atomica en la Argentina, Buenos Aires, Sudamericana, 1985; Abel Posse, Los demonios occultos, Buenos Aires, Emecé, 1987. About Posse and on Nazism and Argentinian literature, see Saúl Sosnowski and Leonardo Senkman, "The Impact of the Inflow of Nazis and Collaborators on Argentine Literature and Other Cultural Expressions", in CEANA, Final Report, and Jorge Oscar Rossi, "Un exótico subgénero de la literatura fantástica argentina: el Nazismo mágico", at http://www.quintadimension.com/literatura/nazmag.shtml)</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[81] Juan Maler, Frieden, Krieg und "Frieden", San Carlos de Bariloche, Maler, 1987.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[82] Mario Rapoport, ¿Aliados o Neutrales? La Argentina frente a la Segunda Guerra Mundial, Buenos Aires, Editorial Universitaria, 1988, and Estados Unitos y el Peronismo, Buenos Aires, Grupo Editor Latinoamericano, 1994. See also Rapoport, Gran Bretaña, Estados Unidos y las clases dirigentes argentinas, 1940-1945, Buenos Aires, Editorial de Belgrano, 1981, and Christián Buchrucker, Nacionalismo y peronismo, Buenos Aires, Sudamericana, 1987.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[83] Leonardo Senkman: "Política internacional e inmigración europea a la Argentina de post guerra (1945-1948)", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 1, 1985, p. 107-125; "Las relaciones EE.UU. - Argentina y la cuestión de los refugiados de la post-guerra: 1945-1948", Judaica Latinoamericana, 1988, p. 90-114. See also Holger M. Meding, "Refugio seguro. La emigración alemana de la posguerra al Rio de la Plata", in Beatriz Gurevich and Carlos Escudé, eds., El genocidio ante la historia y la naturaleza humana, Buenos Aires, Grupo Editor Latinoamericamo, 1992, p. 249-261.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[84] Thomás Eloy Martinez, Las memorias del General, Buenos Aires, Planeta, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[85] Jorge Camarasa, Los nazis en la Argentina, Buenos Aires, Legasa.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[86] Jorge Camarasa, Odessa al Sur, already quoted.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[87] See Jorge Camarasa, Organizzazione Odessa, Milano, Mursia, 1998, p. 211.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[88] Wladimiro Settimelli, Herbert Kappler, Roma, L'Unità, 1994; Wladimiro Settimelli, ed., Priebke e il massacro delle Ardeatine, Roma, L'Unità, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[89] Cinzia Del Mazo and Simona Micheli, Processo Priebke, Milano, Il Mondo, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[90] Walter Leszl, Priebke. Anatomia di un processo, Roma, Editori Riuniti, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[91] For the passionate debate in 1995-1996, see Rosario Bentivegna and Cesare De Simone, Operazione via Rasella, Roma, Editori Riuniti, 1996; Pierangelo Maurizio, Via Rasella, cinquant'anni di menzogne, Roma, Maurizio Edizioni, 1996; Aurelio Lepre, Via Rasella. Leggenda e realtà della Resistenza a Roma, Roma-Bari, Laterza, 1996; Mario Spataro, Rappresaglia: Via Rasella e le Ardeatine, alla luce del caso Priebke, Roma, Settimo Sigillo, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[92] See testimony by Mary Pace, Dietro Priebke, Casale Monferrato, Piemme, 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[93] Mario Spataro, Dal caso Priebke al Nazi Gold: storie d'ingiustizia e di quattrini, Roma, Edizioni Settimo Sigillo, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[94] See http://www.holywar.org/italian/revis/priebke.htm and http://www.thulenet.com/texte/bewaelt/text0033.htm.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[95] See http://www.ukinet.com; http://www.clarin.com; http://www.bnaibrith.org/randa/priebkereport.html: dossier by the B'nai Brith Center for Publich Policy.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[96] Robert Katz, Death in Rome, New York, Macmillan, 1967 (the Italian translation was reissued in occasion of the Priebke's trials, Morte a Roma. Il massacro delle fosse Ardeatine, Roma, Editori Riuniti, 1996); Rappresaglia, directed by George Pan Cosmatos, 1973.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[97] Robert Katz, Dossier Priebke. Anatomia di un processo, Milano, Rizzoli, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[98] This and other ideas by Katz are confirmed by Priebke interviews for the Italian newspaper La Repubblica, see now the articles on Priebke in the CD-rom Gli anni de la Repubblica, '94, Roma, Gruppo Editoriale L'Espresso, 2001.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[99] Elena Llorente and Martino Rigacci, El ultimo nazi. Priebke de la Argentina a Italia. Juicio a medio siglo de historia, Buenos Aires, Editorial Sudamericana, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[100] M. Sanfilippo, "Los papeles de Hudal", p. 201-204.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[101] Franco Fracassi, Il Quarto Reich. Organizzazioni, uomini e programmi dell'internazionale nazista, Roma, Editori Riuniti, 1996.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[102] Giorgio Cavalleri, Evita Perón e l'oro dei nazisti, Casale Monferrato, Piemme, 1998. See my forthcoming review "Nuevos estudios sobre la huida de nazis desde Italia al Nuevo Mundo y la inmigración alemana a la Argentina", Hermes, 2001.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[103] Uki Goñi, Perón y los Alemanes. La verdad sobre el espionaje nazi y los fugitivos del Reich, Buenos Aires, Sudamericana, 1998. For faults and merits of his book, who deals only briefly with Italy, see Leonardo Senkman, "La Argentina de Peron y los criminales nazis fugitivos", Reflejos, 7 (1999***), p. ****, and reviews by Fabiana S. Tolcachier in Estudios migratorios latinoamericanos, 43 (1999), p.405-410, and Christian Buchrucker in Ciclos, 19 (2000), p. 287-289.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[104] Giovanni Maria Pace, La via dei demoni. La fuga in Sudamerica dei criminali nazisti: segreti, complicità, silenzi, Milano, Sperling &amp; Kupfer, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[105] Hans-Jacob Stehle, "Pässe vom Papst? Aus neu entdeckten Dokumenten; Warum alle Wege der Ex-Nazis nach Südamerika über Rom führten", Die Zeit, 4.5.1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[106] Rena and Thomas Giefer, Die Rattenlinie. Fluchtwege der Nazis. Eine Dokumentation (Frankfurt a.M., Hain, 1991: the book is based on the authors's text for Die Rattenlinie. Fluchtwege der Nazis nach 1945, broadcasted by WDR on 30.10.1990.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[107] Jean-Pierre Blancpain, "Amérique latine et nazisme", L'Information Historique, 53, 1991, p. 165-179.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[108] Ignacio Klich, "Los nazis en Argentina: revisando algunos mitos", Ciclos, 9, 2, 1995, p. 199-220.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[109] Ronald C. Newton, The Nazi Menace in Argentina, 1931-1947, Stanford, Stanford University Press, 1992, p. 372-382.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[110] Maria Ines Barbero and Cristina Cacopardo, "La inmigración europea en la segunda posguerra: viejos mitos y nuevas condiciones", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 19, 1991, p. 291-320; Carolina Biernat, "Prensa diaria y polícas migratorias del primer peronismo: dificultades y aciertos en la construcción de una opinión publica (1944-1955)", ibid., 43, 1999, p. 277-300.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[111] Fernando Devoto, "Immigrantes, refugiados y criminales en la 'vía italiana' hacia la Argentina en la segunda posguerra", Ciclos, 19, 2000, p. 151-175.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[112] Holger M. Meding, "German Immigration to Argentina and the Illegal Brain Drain to the Plate, 1945-1955", Jarhrbuch für Geschichte von staat, wirtschaft und gesellschaft Lateinamerikas, 29, 1992, p. ***; Leonardo Senkman, "Perón y la entrada de técnicos alemanes y colaboracionistas con los nazis, 1947-1949: un caso de cadena migratoria", Estudios migratorios latinoamericanos, 31, 1995, p. 673-704; Ruth Stanley, Rüstungsmodernisierung durch Wissenschaftmigration? Deutsche Rüstungsfachleute in Argentinien und Brasilien 1947-1963, Frankfurt a.M., Vervuert Verlag, 1999; Robert A. Potash and Celso Rodriguez, "El empleo en el Ejército argentino de nazis y otros cientificos y técnicos extranjeros", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 43, 1999, p. 261-275; Ignacio Klich, "La contratación de nazis y colaboracionistas por la Fuerza Aérea Argentina", Ciclos, 19, 2000, p. 178-187.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[113] Tom Bower, The Paperclip Conspiracy. The Hunt for Nazi Scientists, Boston, Little Brown and Co., 1987; Linda Hunt, Secret Agenda. The United States Government, Nazi Scientists and Project Paperclip, 1945 to 1990, New York, St. Martin's Press, 1991. See also Dr. Strangelove (1964), the famous movie directed by Stanley Kubrick</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[114] Ignacio Klich, "La pericia científica alemana en el amanecer del proyecto nuclear argentino y el papel de los immigrantes judíos", Boletín del Instituto de Historia Argentina y America "E. Ravignani", 10, 1994, p. 61-89.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[115] Holger M. Meding, "Der Weg", already quoted.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[116] Holger M. Meding, ed., Nationalsozialismus und Argentinien: Beziehungen, Einflüsse und Nachwirkungen, Frankfurt a.M., Lang, 1995.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[117] Holger M. Meding, Flucht vor Nürnberg? Deutsche und Österreichische Einwanderung in Argentinien, 1945-1955, Köln, Bohlau, 1992 (Argentinian edition: La ruta de los nazis en tiempo de Perón, Buenos Aires, Emecé, 1999).</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[118] Immigrantes, refugiados y criminales de guerra en la Argentina de la segunda posguerra (Estudios migratorios latinoamericanos, 43, 1999) and Los nazis en la Argentina: política y economía (Ciclos, 19, 2000).</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[119] Diana Quattrocchi Woisson, "Relaciones con la Argentina de funcionarios de Vichy y de colaboradores franceses y belgas, 1940-1960", Estudios Migratorios Latinoamericanos, 43, 1999, p. 211-238. On this subject see also José Gotovitch, "Nazi's op de vlucht naar Argentinië", Spiegel Historiael, 2, 1986, p. 89-93, and Reinout Van der Driessche, "L'émigration politique de Flamands après la Seconde Guerre mondiale", in Anne Morelli, ed., Les émigrants belges, Bruxelles, EVO, 1998, p. 291-318.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[120] Michel Faure, "Argentine. Sur la piste des derniers nazis", L'Express, 9.4.1998; also at http://www.rionegro.com.ar/especiales/guth.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[121] Alejandra Rey and Jorge Camarasa, "Aseguran que 19 criminales ingresaron en el país con su verdadera identitad" (La Nación, 10.03.1998; for other articles in the same vein and in the same newspaper, see the website http://www.lanacion.com.ar/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[122] See the two volumes of the Proyecto Testimonio, edited by Beatriz Gurevich and Paul Warszawski, Buenos Aires, Planeta, 1998, and the CD-rom Archivo Testimonio. Documentos históricos sobre Argentina ante el nazismo y el fascismo (1930-1960), Buenos Aires, Delegación de Asociaciones Israelitas Argentinas - Centro de Estudios Sociales, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[123] See http://www.holocausteducation.org/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[124] See http://www.wiesenthal.org/.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[125] See http://www.nara.gov/iwg/report.html.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[126] See Anthony Lernan, "Los procesos a los criminales de guerra nazis en Australia, Canadá y el Reine Unido", already quoted, and Ronald Newton, "Refugiados y criminales de guerra en Estados Unidos y Canada, 1945-1952", in Beatriz Gurevich and Carlos Escudé, El genocidio ante la historia y la naturaleza humana, p. 379-394. David Matas and Susan Charendoff, Justice Delayed, Nazi War Criminals in Canada, Toronto, Summerhill Press, 1987, and Hash Trooper and Morton Weinfield, Old Wounds. Jews, Ukrainians and the Hunt for Nazi War Criminals in Canada, Chapel Hill, University of North Carolina Press, 1989, are also very interesting.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[127] See Pierrette Landry's conference on "Citoyenneté et criminels de guerre", quoted in Nicolas Savard, "SAVOIR FAIRE. Citoyenneté et criminels de guerre", Bulletin. Bibliothèque nationale du Canada, 32, n° 11-12 (2000), p. 9.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[128] Howard Margolian, Unauthorized Entry. The Truth About Nazi War Criminals in Canada, 1946-1956, Toronto, University of Toronto Press, 2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[129] Howard Margolian, Conduct Unbecoming: The Story of the Murder of Canadian Prisoners of War in Normandy, Toronto, University of Toronto Press, 1998.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[130] See Alti Rodal, Nazi War Criminals in Canada, already quoted.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[131] According to him, 2,000 war criminals arrived in Canada among the 150,000 refugees coming from Europe in 1947-1951.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[132] Jack Higgins, Thunder Point, New York, Putnam, 1993.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[133] John Katzenbach, The Shadow Man, New York, Ballantine, 1995.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[134] Clive Cussler, Atlantis Found, New York, Putnam, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[135] Carlo Lucarelli, "Il ritorno del sottotenente Klotz", Il Sole - 24 Ore, 20.8.2000.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[136] See http://www.fringeware.com/~hambone/arch.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">[137] Un spécialiste. Portrait d'un criminel moderne, directed by Eyal Sivan, 1999.</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Ein engagierter Humanist und Anreger 2013-04-05T16:32:55+02:00 2013-04-05T16:32:55+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/181-ein-engagierter-humanist-und-anreger Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Karl Heinz Roth</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Hans Deichmann (1907 – 2004)</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Am 7. Dezember 2004 ist Hans Deichmann auf seinem Altersruhesitz in Bocca di Magra gestorben. Er war deutscher Herkunft, seit seiner Emigration im Jahr 1948 aber in Italien fest verwurzelt und Kosmopolit im besten Sinn. Der Weg dorthin war schwer und aufgrund der Zeitumstände voller gefährlicher Hindernisse. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hans Deichmann entstammte dem deutschen Großbürgertum. Er wurde 1907 in eine Kölner Bankiersfamilie hineingeboren. Die Weltwirtschaftskrise trieb die Deichmann-Bank, ein traditionsreiches Kreditinstitut der rheinischen Schwerindustrie, in den Ruin. Deichmann musste seine kaufmännische Ausbildung deshalb an anderer Stelle beginnen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften trat er in die Kaufmännische Abteilung des I.G. Farben-Konzerns ein und spezialisierte sich auf das Farbengeschäft in Italien. Zwei Jahre nach Kriegsbeginn wurde er wegen seiner Landes- und Sprachkenntnisse für die "Dienststelle Italien" des für die chemische Kriegsproduktion zuständigen Technokraten Carl Krauch dienstverpflichtet. Seine Hauptaufgabe bestand darin, italienische Bauunternehmen mit ihren Arbeitern als Vertragsunternehmen für den Bau der oberschlesischen Hydrierwerke der I.G. Farben zu gewinnen, zu denen auch das I.G.-Werk Auschwitz-Monowitz gehörte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Deichmann hatte zur NS-Diktatur immer in Opposition gestanden, aber was er bei seinen Dienstreisen nach Oberschlesien und Auschwitz sah und hörte, motivierte ihn zum antifaschistischen Widerstand. Im Herbst 1943 schloss er sich der Widerstandsgruppe "Giustizia e Libertà" an und setzte bis zur Befreiung Norditaliens immer wieder sein Leben aufs Spiel. Da er bis zuletzt Zugang zu den höchsten deutschen Stabsstellen hatte, avancierte er zum wichtigsten deutschen Informanten der Resistenza in Norditalien. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im Herbst 1945 kehrte Deichmann nach Deutschland zurück, um am demokratischen Wiederaufbau mitzuwirken. Er setzte sich für die Entflechtung des I.G. Farben-Konzerns ein und übernahm die Leitung einer Spruchkammer in Oberursel bei Frankfurt, um parallel dazu die Entnazifizierung der Großindustriellen voranzutreiben. Aufgrund des um sich greifenden Kalten Kriegs wurde sein Engagement jedoch 1948 nicht mehr benötigt. Er kehrte nach Italien zurück und gründete in Milano zusammen mit anderen das Importunternehmen für Düngemittel und Farben SASEA S.A., das unter seiner Leitung prosperierte und neue partnerschaftliche Beziehungen zwischen Management und Mitarbeitern entwickelte. Ende der sechziger Jahre trat er in den Ruhestand. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Seit der Unternehmensgründung zweigte Deichmann erhebliche Teile der Revenuen zur Unterstützung demokratischer gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Projekte ab. Sein erstes Engagement galt dem Centro Educativo Italo-Svizzero (C.E.I.S.), das traumatisierte und behinderte Kriegskinder betreute. Später unterstützte er den Auf- und Ausbau der Scuola di Musica di Fiesole, aber auch die Mensa bambini proletari in Napoli, in der die Kinder von Anfang an gegen die Gewaltstrukturen der Camorra sensibilisiert wurden. Seit den siebziger Jahren unterstützte er darüber hinaus die Publikation wichtiger Bücher und ermöglichte Übersetzungsprojekte; in den neunziger Jahren finanzierte er die Rettung eines wichtigen Teils der Briefe Arturo Toscanini's. In den USA und mehreren Ländern Zentral- und Lateinamerikas ermöglichte er den Start exemplarischer ökologischer Pionierprojekte. Seiner Initiative ist es aber auch zu verdanken, dass die zu Beginn der neunziger Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geratene Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts ihre Forschungsprojekte fortsetzen und ihre Zeitschrift "1999" – jetzt "Sozial.Geschichte – Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts", weiter herausgeben konnte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Für die Träger aller diese Initiativen war Hans Deichmann ein stiller Förderer und ein engagierter Freund. Er wollte Ideen voranbringen, die dazu beitragen, eine demokratische und friedliche Weltgesellschaft zu etablieren. Er nahm an allem Anteil, aber er lehnte es entschieden ab, sich dabei selbst in den Vordergrund zu rücken.</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Karl Heinz Roth</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Hans Deichmann (1907 – 2004)</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Am 7. Dezember 2004 ist Hans Deichmann auf seinem Altersruhesitz in Bocca di Magra gestorben. Er war deutscher Herkunft, seit seiner Emigration im Jahr 1948 aber in Italien fest verwurzelt und Kosmopolit im besten Sinn. Der Weg dorthin war schwer und aufgrund der Zeitumstände voller gefährlicher Hindernisse. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hans Deichmann entstammte dem deutschen Großbürgertum. Er wurde 1907 in eine Kölner Bankiersfamilie hineingeboren. Die Weltwirtschaftskrise trieb die Deichmann-Bank, ein traditionsreiches Kreditinstitut der rheinischen Schwerindustrie, in den Ruin. Deichmann musste seine kaufmännische Ausbildung deshalb an anderer Stelle beginnen. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften trat er in die Kaufmännische Abteilung des I.G. Farben-Konzerns ein und spezialisierte sich auf das Farbengeschäft in Italien. Zwei Jahre nach Kriegsbeginn wurde er wegen seiner Landes- und Sprachkenntnisse für die "Dienststelle Italien" des für die chemische Kriegsproduktion zuständigen Technokraten Carl Krauch dienstverpflichtet. Seine Hauptaufgabe bestand darin, italienische Bauunternehmen mit ihren Arbeitern als Vertragsunternehmen für den Bau der oberschlesischen Hydrierwerke der I.G. Farben zu gewinnen, zu denen auch das I.G.-Werk Auschwitz-Monowitz gehörte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Deichmann hatte zur NS-Diktatur immer in Opposition gestanden, aber was er bei seinen Dienstreisen nach Oberschlesien und Auschwitz sah und hörte, motivierte ihn zum antifaschistischen Widerstand. Im Herbst 1943 schloss er sich der Widerstandsgruppe "Giustizia e Libertà" an und setzte bis zur Befreiung Norditaliens immer wieder sein Leben aufs Spiel. Da er bis zuletzt Zugang zu den höchsten deutschen Stabsstellen hatte, avancierte er zum wichtigsten deutschen Informanten der Resistenza in Norditalien. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im Herbst 1945 kehrte Deichmann nach Deutschland zurück, um am demokratischen Wiederaufbau mitzuwirken. Er setzte sich für die Entflechtung des I.G. Farben-Konzerns ein und übernahm die Leitung einer Spruchkammer in Oberursel bei Frankfurt, um parallel dazu die Entnazifizierung der Großindustriellen voranzutreiben. Aufgrund des um sich greifenden Kalten Kriegs wurde sein Engagement jedoch 1948 nicht mehr benötigt. Er kehrte nach Italien zurück und gründete in Milano zusammen mit anderen das Importunternehmen für Düngemittel und Farben SASEA S.A., das unter seiner Leitung prosperierte und neue partnerschaftliche Beziehungen zwischen Management und Mitarbeitern entwickelte. Ende der sechziger Jahre trat er in den Ruhestand. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Seit der Unternehmensgründung zweigte Deichmann erhebliche Teile der Revenuen zur Unterstützung demokratischer gesellschaftlicher, kultureller und wissenschaftlicher Projekte ab. Sein erstes Engagement galt dem Centro Educativo Italo-Svizzero (C.E.I.S.), das traumatisierte und behinderte Kriegskinder betreute. Später unterstützte er den Auf- und Ausbau der Scuola di Musica di Fiesole, aber auch die Mensa bambini proletari in Napoli, in der die Kinder von Anfang an gegen die Gewaltstrukturen der Camorra sensibilisiert wurden. Seit den siebziger Jahren unterstützte er darüber hinaus die Publikation wichtiger Bücher und ermöglichte Übersetzungsprojekte; in den neunziger Jahren finanzierte er die Rettung eines wichtigen Teils der Briefe Arturo Toscanini's. In den USA und mehreren Ländern Zentral- und Lateinamerikas ermöglichte er den Start exemplarischer ökologischer Pionierprojekte. Seiner Initiative ist es aber auch zu verdanken, dass die zu Beginn der neunziger Jahre in finanzielle Schwierigkeiten geratene Hamburger Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts ihre Forschungsprojekte fortsetzen und ihre Zeitschrift "1999" – jetzt "Sozial.Geschichte – Zeitschrift für historische Analyse des 20. und 21. Jahrhunderts", weiter herausgeben konnte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Für die Träger aller diese Initiativen war Hans Deichmann ein stiller Förderer und ein engagierter Freund. Er wollte Ideen voranbringen, die dazu beitragen, eine demokratische und friedliche Weltgesellschaft zu etablieren. Er nahm an allem Anteil, aber er lehnte es entschieden ab, sich dabei selbst in den Vordergrund zu rücken.</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Stellungnahme zur Situation in Darfur (Sudan) 2013-04-05T16:32:19+02:00 2013-04-05T16:32:19+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/180-stellungnahme-zur-situation-in-darfur-sudan Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Jürgen Zimmerer</span></div> <p class="standard"> </p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In der sudanesischen Provinz Darfur ereignet sich ein Völkermord. Mindestens 180'000 unschuldige Männer, Frauen und Kinder sind von der Regierung in Khartoum und ihren Janjaweed Milizen bereits in einem Vernichtungsfeldzug ermordet worden. Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, schätzt, dass die monatliche Todesrate im Sudan bei 10'000 Personen liegen dürfte. Die Bombardierung von Dörfern durch Kampfflugzeuge, Vertreibung und Erschiessung von Frauen und Kindern, Todesmärsche in die Wüste sowie andere Formen systematischer Gewalt gegen die Fur, Zhagawa und Masaalit dauern noch immer an. Die vereinbarte Waffenruhe wird nicht eingehalten. Seit kurzem halten die von der Regierung unterstützten Milizen Mitarbeiter von Hilfswerken von ihrer Arbeit ab und behindern so die Zustellung von Hilfsgütern an Überlebende. Was sich in Darfur ereignet, ist kein "Stammeskrieg", und diese Katastrophe ist kein ausschliesslich "afrikanisches Problem". Die internationale Gemeinschaft hat sie als Genozid bezeichnet. Und als solcher handelt es sich bei ihr um eine humanitäre Katastrophe, auf welche die Staatengemeinschaft reagieren muss. Europäische Staatschefs haben eine historische und moralische Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bis zum heutigen Tag hat es die internationale Staatengemeinschaft versäumt, entschieden und angemessen auf die Ereignisse in Darfur zu reagieren. All die Untersuchungsteams der Vereinten Nationen und von Nichtregierungsorganisationen, sämtliche Verhandlungen, alle UN-Resolutionen konnten das Morden nicht aufhalten. Überlegungen, wie die Täter juristisch belangt werden sollen, muten ironisch an, zumal nicht klar ist, wie man der Völkermörder überhaupt habhaft werden kann. Als internationale Vereinigung von WissenschaftlerInnen, die sich mit dem Holocaust und weiteren Fällen von Völkermord auseinandersetzen, rufen wir die europäischen Politiker auf, unmittelbare Schritte zu unternehmen, die dem Völkermord in Darfur Einhalt gebieten. Khartoums Vernichtungsmaschinerie muss unschädlich gemacht, die verantwortlichen politischen Führer ihrer Funktionen enthoben werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wir schlagen eine neue Herangehensweise vor, um die Gewalt in Darfur einzudämmen. Zunächst muss die Regierung in Khartoum offiziell als verbrecherisches Regime bezeichnet werden, zumal ihre Vertreter als Hauptverantwortliche für das Morden ausgemacht worden sind. Beispiele aus der Geschichte zeigen, dass sich Völkermörder nicht allein durch die Androhung von Strafverfolgung von ihrem Tun abbringen lassen. Ein verbrecherisches Regime wie dasjenige im Sudan soll sich nicht hinter dem Prinzip der nationalen Souveränität verstecken und auf die Gleichgültigkeit der Staatengemeinschaft hoffen dürfen. Die Mitgliedschaft des Sudan in den Vereinten Nationen muss vorerst ausgesetzt werden. Die von Khartoum ausgestatteten Janjaweed Milizen gehören umgehend entwaffnet. Die humanitäre Hilfe für Vertriebene und Überlebende soll erhöht und Hilfswerken ungehinderten Zugang zu Flüchtlingslagern gewährt werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur Umsetzung dieser Massnahmen soll die Führung bei der Afrikanischen Union (AU) liegen. Allerdings sind ihre 2000 Mann dieser Aufgabe allein nicht gewachsen, entspricht die Fläche des von ihnen zu befriedenden Territoriums doch etwa derjenigen Frankreichs. Die Hilfe der Europäischen Union wie auch der Vereinten Nationen ist dringend nötig. Europa kann und muss dazu beitragen, dass die Streitkräfte der Afrikanischen Union mit einem stärkeren Mandat ausgestattet werden. Zudem sollen diese logistisch unterstützt werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Frankreich, Deutschland und Grossbritannien sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Französische Truppen sind bereits an der sudanesischen Grenze stationiert. Grossbritannien ist als ehemalige Kolonialmacht eng mit der Region verbunden. Und Deutschland erhielte wie die übrigen Staaten der internationalen Gemeinschaft die Chance, der Deklaration "Nie wieder" zur Geltung zu verhelfen. Sechzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und elf Jahre nach dem Versagen, den Völkermord in Rwanda zu verhindern oder aufzuhalten, muss die internationale Gemeinschaft beweisen, dass sie ihre Lektion gelernt hat.</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Jürgen Zimmerer</span></div> <p class="standard"> </p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In der sudanesischen Provinz Darfur ereignet sich ein Völkermord. Mindestens 180'000 unschuldige Männer, Frauen und Kinder sind von der Regierung in Khartoum und ihren Janjaweed Milizen bereits in einem Vernichtungsfeldzug ermordet worden. Der UN-Koordinator für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, schätzt, dass die monatliche Todesrate im Sudan bei 10'000 Personen liegen dürfte. Die Bombardierung von Dörfern durch Kampfflugzeuge, Vertreibung und Erschiessung von Frauen und Kindern, Todesmärsche in die Wüste sowie andere Formen systematischer Gewalt gegen die Fur, Zhagawa und Masaalit dauern noch immer an. Die vereinbarte Waffenruhe wird nicht eingehalten. Seit kurzem halten die von der Regierung unterstützten Milizen Mitarbeiter von Hilfswerken von ihrer Arbeit ab und behindern so die Zustellung von Hilfsgütern an Überlebende. Was sich in Darfur ereignet, ist kein "Stammeskrieg", und diese Katastrophe ist kein ausschliesslich "afrikanisches Problem". Die internationale Gemeinschaft hat sie als Genozid bezeichnet. Und als solcher handelt es sich bei ihr um eine humanitäre Katastrophe, auf welche die Staatengemeinschaft reagieren muss. Europäische Staatschefs haben eine historische und moralische Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen und zu handeln. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bis zum heutigen Tag hat es die internationale Staatengemeinschaft versäumt, entschieden und angemessen auf die Ereignisse in Darfur zu reagieren. All die Untersuchungsteams der Vereinten Nationen und von Nichtregierungsorganisationen, sämtliche Verhandlungen, alle UN-Resolutionen konnten das Morden nicht aufhalten. Überlegungen, wie die Täter juristisch belangt werden sollen, muten ironisch an, zumal nicht klar ist, wie man der Völkermörder überhaupt habhaft werden kann. Als internationale Vereinigung von WissenschaftlerInnen, die sich mit dem Holocaust und weiteren Fällen von Völkermord auseinandersetzen, rufen wir die europäischen Politiker auf, unmittelbare Schritte zu unternehmen, die dem Völkermord in Darfur Einhalt gebieten. Khartoums Vernichtungsmaschinerie muss unschädlich gemacht, die verantwortlichen politischen Führer ihrer Funktionen enthoben werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wir schlagen eine neue Herangehensweise vor, um die Gewalt in Darfur einzudämmen. Zunächst muss die Regierung in Khartoum offiziell als verbrecherisches Regime bezeichnet werden, zumal ihre Vertreter als Hauptverantwortliche für das Morden ausgemacht worden sind. Beispiele aus der Geschichte zeigen, dass sich Völkermörder nicht allein durch die Androhung von Strafverfolgung von ihrem Tun abbringen lassen. Ein verbrecherisches Regime wie dasjenige im Sudan soll sich nicht hinter dem Prinzip der nationalen Souveränität verstecken und auf die Gleichgültigkeit der Staatengemeinschaft hoffen dürfen. Die Mitgliedschaft des Sudan in den Vereinten Nationen muss vorerst ausgesetzt werden. Die von Khartoum ausgestatteten Janjaweed Milizen gehören umgehend entwaffnet. Die humanitäre Hilfe für Vertriebene und Überlebende soll erhöht und Hilfswerken ungehinderten Zugang zu Flüchtlingslagern gewährt werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur Umsetzung dieser Massnahmen soll die Führung bei der Afrikanischen Union (AU) liegen. Allerdings sind ihre 2000 Mann dieser Aufgabe allein nicht gewachsen, entspricht die Fläche des von ihnen zu befriedenden Territoriums doch etwa derjenigen Frankreichs. Die Hilfe der Europäischen Union wie auch der Vereinten Nationen ist dringend nötig. Europa kann und muss dazu beitragen, dass die Streitkräfte der Afrikanischen Union mit einem stärkeren Mandat ausgestattet werden. Zudem sollen diese logistisch unterstützt werden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Frankreich, Deutschland und Grossbritannien sollten mit gutem Beispiel vorangehen. Französische Truppen sind bereits an der sudanesischen Grenze stationiert. Grossbritannien ist als ehemalige Kolonialmacht eng mit der Region verbunden. Und Deutschland erhielte wie die übrigen Staaten der internationalen Gemeinschaft die Chance, der Deklaration "Nie wieder" zur Geltung zu verhelfen. Sechzig Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und elf Jahre nach dem Versagen, den Völkermord in Rwanda zu verhindern oder aufzuhalten, muss die internationale Gemeinschaft beweisen, dass sie ihre Lektion gelernt hat.</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Time to Revolt. Reflections on Empire (1) 2013-04-05T16:31:49+02:00 2013-04-05T16:31:49+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/179-time-to-revolt-reflections-on-empire-1 Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">John Holloway</span></div> <p class="standard"> </p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">What is it about Empire that annoys me? </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">It is not the basic thesis. The idea that capitalism is a decentred and deterritorialising system of rule, that the old understanding of the world in terms of imperialism is not valid - this argument is unobjectionable. But then it was always a mistake to see capital as being attached in some way to a particular country. Capital is an inherently a-territorial relation of domination. The Leninist notion of imperialism was misconceived from the beginning. What is objectionable in Hardt and Negri's argument that imperialism has been replaced by empire is the assumption that the concept of imperialism used to be valid - but then this reflects the ambiguous relation to Lenin that has always been present in Negri's writings and indeed in much autonomist writing, beginning with Tronti's brilliant "Lenin in England": the argument that things have changed since Lenin's time, now we must rethink strategy, do what Lenin did in England. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">What annoys me about the book is that I see it as the betrayal of a rich and powerful impulse. Or better, since 'betrayal' is a remarkably silly word: the book brings to its dire culmination a contradiction that was probably always present in that impulse. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">By 'rich and powerful impulse' I mean autonomist Marxism (sometimes referred to as operaismo), the movement to put the subject at the centre of revolutionary theory. Tronti's oft-quoted criticism of orthodox Marxism is worth quoting again: 'We too have worked with a concept that puts capitalist development first, and workers second. This is a mistake. And now we have to turn the problem on its head, reverse the polarity and start again from the beginning: and the beginning is the class struggle of the working class’ (1979, p. 1). This is the core of what Moulier refers to as ‘operaismo's ... Copernican inversion of Marxism’ (1989, p. 19). Whereas orthodox Marxism focuses on the analysis of capital and the forms of capitalist domination, understanding the task of theory as the analysis of the framework within which class struggle takes place, autonomism places working class struggle in the centre of the understanding of capitalism. This means not simply adopting a working class perspective, but, in complete reversal of the traditional Marxist approach, seeing working class struggle as determining capitalist development. ‘At the level of socially developed capital, capitalist development becomes subordinated to the working class struggles; it follows behind them and they set the pace to which the political mechanisms of capital's own reproduction must be tuned’ (Tronti, 1979, p. 1). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The autonomist impulse, this inversion of orthodox Marxism, has been of enormous importance, reviving Marxism as a theory of struggle. The problem is that it does not go far enough: 'the difficulty inherent in 'autonomist' approaches is not that 'labour' is seen as being primary but that this notion is not developed to its radical solution.’ (Bonefeld, 1994, p. 44) Working class struggle cannot really be the starting point, because 'working class struggle' presupposes a prior constitution of the working class. Marx himself is far more radical when he insists that the pivot is the 'two-fold nature of the labour contained in commodities' (1965, p. 41). The two-fold nature of labour is, of course, already class struggle, the struggle between abstract and concrete labour, the struggle between the purposive doing (that which distinguishes the architect from the bee) and its negation. The danger in starting from a pre-constituted 'working class struggle' is that the critique of orthodox Marxism (as Engels-Leninism is generally known) does not go deep enough, that too much is taken over unquestioned from the tradition that is being criticised. There is a tendency too to take 'working class struggle' at face value, as macho-militant-in-the-factory-or-in-the-street struggle. Taking working class struggle as starting point leads us easily to the pure subject (the struggle of the Working Class), whereas the two-fold nature of labour takes us immediately to the contradictory, desperately self-antagonistic subject. Hardt and Negri's model militant, introduced in the last paragraph of Empire (2000, p. 415), is Saint Francis of Assisi, no longer so macho, but as pure a figure as any to be found in the heroic monuments of socialist realism. A joke, perhaps, but a revealing one. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The autonomist impulse has to be made more radical, to be taken further than 'the beginning is the class struggle of the working class'. The beginning is the two-fold nature of labour or the self-antagonistic existence of doing, a doing that screams against its own negation. To place the subject at the centre of revolutionary theory in a world which denies the subject (as social subject) is to criticise, and criticism is possible only on the basis of doing. Criticism is the voice of the subject who says to an objective world 'you deny me, but I made you (and your denial of me)'. Putting the subject at the centre of theory is not just a question of saying 'here we are', but of criticising all that denies our presence, all that denies our creative force, all that denies that we are the only creative force, that we are the only doers. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The doing from which we start is a social doing. This is a tautology: all doing is social. Doing is inconceivable without the previous or simultaneous doing of others. Doing is part of a social flow of doing in which the done of some is the precondition of the doing of others. But this social flow is broken, so that doing appears as individual doing. The social flow is broken when that which has been done is appropriated by some, who say 'this is mine!' Since the done is the precondition of doing, these people own the means of doing and are able to control the doing of others. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Appropriation of the done breaks the social flow of doing. Doing appears then as an individual doing, the subject is hollywoodised, the subjectivity of the vast majority totally denied. The breaking of the social flow of doing class-ifies society, separating those who say 'this is mine!' from those who are forced to transform their doing into labour-for-others. But it goes much, much further than that: as Marx argued in his discussions of fetishism and alienation, the breaking of the social flow of doing is the breaking of every aspect of our existence. Living doing is subjected to past done. Living doing is subjected to the things made by past doing, things which stand on their own and deny all doing. Marx starts Capital with the terrible violence of this denying: "a commodity is, in the first place, an object outside us" (1965, p. 35). ["Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegentstand" (1985, S. 49] What rules is the negation of doing, commodities, value, capital which deny their origin in the social doing of humans. The sociality of doing, the social relations between doers (people) exist as things. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Living doing is subjected to dead being. Capitalism is the rule of being, the negation of doing. Being, broken down into fragments of being, into identity and identities, becomes the basis for thought. Identity becomes the key category of social thought, not just of sociology and psychology, but of bourgeois social thought in general; identity creeps too into the concepts and struggles of against-ness. In a world of identity, we are, we struggle to say what we are or to profess what we are. The world then is a world of equilibrium, a world which denies as ridiculous the idea that the sociality of doing could be quite different, that we could do a different world. Identity proclaims that we are, whereas doing always destroys that which is. Doing proclaims that we-are-and-are-not. In a world of doing, it is the negation of is-ness that is at the centre, the creation of that which is not (or not-yet). The only way in which we can even pose the question of communism is by seeing that things are not as they are, by denying that 'that's the way things are', by proclaiming that the world is simply our doing. To place the subject at the centre (the impulse of autonomist theory), means, if we are to be consistent, that we must attack with all our might a world that 'is', that we must criticise, that we must place doing in the centre of our thought. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The negation of doing is the homogenisation of time. To deny social-purposive doing is to subordinate doing to being, to that which is. The doing of today is subordinated to the doing of yesterday, the doing of tomorrow can only be conceived as a continuation of the doing of today. Time then becomes tick-tick time, clock time, like a length of railway track. Tick-tick time measures duration, a being separated from doing, an existence separated from constitution. Capitalism is the separating of objects from their subjects, of things which are from the doing that made them, of existence from constitution. This separating creates duration, the notion that things 'are', independent of the doing which created them. Value, for instance, appears to have an existence independent of the self-divided doing which created it: Marx's Capital (the labour theory of value) is above all an attack on duration, a critique of the separation of existence and constitution, a restoration in thought of the doing denied by duration. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">One of the great advantages of this homogeneous time, duration-time, is that it can be broken up into periods, into lengths of time. This is crucial to the organisation of work in the factory and in the office and in the schools and universities. Homogeneous time is crucial in the organising of the doing of others for whom doing is purpose-less, object-less labour. But it goes further than that. It permeates our social thought, the way we shape and think about our social relations. Time becomes stodgy, almost solid, something that can be cut into wedges, into periods, into paradigms, a million miles removed from the timeless-time of intense love or engagement. But communism, a world in which we shape our own doing, a world in which doing is emancipated from being, a world in which doing and being, constitution and existence are explicitly reunited, can then be conceived only as a world in which we break the homogeneity of time, a world in which duration is shattered, in which time is not a long railway track or a slice of pizza, but tends towards the intensity of the Jetztzeit (now-time) of Benjamin (1973) or the nunc stans of Bloch (1964), towards the timeless-time of all-absorbing love or engagement. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bourgeois thought, of course, will have none of this. Bourgeois thought, built upon identity, upon extending what is into what will be: bourgeois thought is obsessed with labelling, with classifying, with fitting things together, with creating neat boxes, with paradigms. So many doctoral theses, so many applications for research funds that must show the coherence of the world, that must show how things fit together, how the world is a world of correspondences. But each correspondence closes the world, excludes possibility, negates the social power-to-do-otherwise. On the left, on the fringes of Marxism, in the work of those who would turn Marxism from being the intolerable theory of the unbearable scream into some house-trained school of social science: in this murky area we have seen in the last twenty or thirty years the growth of regulation theory, the obsession with labelling everything as Fordist or post-Fordist or neo-Fordist. What is wrong with that is not the phenomena that these theorists point to, nor the interconnections; what is wrong is the rounding-off, the systematisation, the drive to make everything fit, to close a world. In some aspects, regulation theory has been stimulating, but its overall effect is deadly. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">To periodise the present is already to close the world, to project the present into the future, to homogenise time, establish duration. Today, the existence of capital was based on the exploitation of millions, the exclusion and misery of millions, the unnecessary deaths of how many thousands of children. Perhaps it will also kill and exploit millions tomorrow. Perhaps it will, but if we assume that then we are already closing the possibility that it may not, we are already assuming our own defeat. And if we extend that beyond tomorrow to the next day, to next year, to a period or to a paradigm, then it is clear that we are actively taking part in the struggle to defeat ourselves. If we assume from one day to the next that we shall be defeated then we progressively exclude any possibility that we can make the world otherwise. If we put the present into periods and paradigms, we actively participate in the subjection of doing to being, in the creation of a world that 'is', in the separation of existence from constitution. And with that we throw out all hope and all Marx and all critique. Marx devoted his life to critique, that is, to the placing of human social doing in the centre of our understanding. To emphasise social human doing in a world which denies that doing is absurd, of course, but the struggle for a different world is precisely the same urgently necessary absurdity. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">To periodise the present, then, is always reactionary. This sounds silly, but it is not. It is indeed perfectly obvious. If we think, say, of torture: it is presumably possible to speak of new paradigms in torture, or in the sexual abuse of children. And yet, to discuss these new trends as though they had some fixity, as though they constituted a rounded paradigm, is surely to give to those activities a stability that few of us would want to do. So it is with capitalism. To speak of the present paradigm of capitalist domination is to give an air of normality to the existence of capitalism, when all our struggle is to show that there is nothing normal about it, that the possibility that human action may re-create capitalism tomorrow is an abomination that can never be accepted as normal. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Now it should be clear why I object to the Empire book. <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=16#anmerkung(2)">(2)</a> It is not because of its content (which is often very stimulating in spite of the language) but because of the method. The book betrays the autonomist impulse in the sense that it incarcerates the subject within a structure, in the sense that it participates in the subordination of doing to being, in the sense that it extends the method of regulation theory, giving it a 'left' twist. Its method is based on duration. Although it pays homage at moments to the idea that it is the struggle against capital that drives the changing forms of capitalism, the general perspective of the discussion is very much in the opposite direction. It follows the classics of Marxist orthodoxy (Engels-Leninism) in focussing not on struggle, but on the structures of domination. Its notions of the state and of crisis are structuralist-functionalist. For an argument that comes from an autonomist background, it is remarkable in establishing a 'but-also' dualism between capital and struggle: this is perhaps not surprising, for the very notion of a paradigm of rule hides what every capitalist knows, namely that the existence of capital is constant, daily-repeated struggle. Worst of all, perhaps, is the total eclipsing of the centrality of doing in the development of the concept of 'multitude'. The concept of 'working class', for all its problems, for all its fetishised deformations, has at least the great merit of taking us to the centrality of human purposive activity, social doing. In the concept of multitude, this is lost completely. The working class does, albeit in a fetishised form; the multitude does not do. But if doing is not at the centre of our thought, all that is left is opposition, not hope. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">A rage and a rant? Yes, perhaps. The book is better than many, of course. But that is not the problem. The problem is that its enormous success is the expression of how desperately people are looking for a way forward, how desperately people are looking for a revolution that is not a repeat of the revolutionary cant of the past. But this book leads them into a methodological stodge, a world of doctoral theses, a closure. That is why it annoys me.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Notes</span></h2> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(1)"></a><span style="font-size: 18px;">(1) For a fuller development of many of the ideas presented here, see Holloway (2002).</span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(2)"></a><span style="font-size: 18px;">(2) For a more detailed criticism of Empire, see chapter 9 of Holloway (2002).</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">References</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Benjamin, Walter (1973): ‘Theses on the Philosophy of History’, in: Illuminations, (New York: Schocken Books) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Bloch Ernst (1964): Tübinger Einleitung in die Philosophie (2 Bde) (Frankfurt: Suhrkamp) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Bonefeld Werner (1994): ‘Human Practice and Perversion: Between Autonomy and Structure’, in: Common Sense, no. 15, pp. 43-52 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Hardt Michael and Negri Antonio (2000): Empire (Cambridge, Mass.: Harvard University Press) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Holloway, John (2002): Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen (Münster: Westfälisches Dampfboot) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Marx, Karl (1985): Das Kapital, Bd. I (Berlin: Dietz) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Red Notes (1979): Working Class Autonomy and the Crisis: Italian Marxist Texts of the Theory and Practice of a Class Movement: 1964-79 (London: Red Notes) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Tronti, Mario (1979a): ‘Lenin in England’, in: Red Notes (1979), pp. 1-6</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">John Holloway</span></div> <p class="standard"> </p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">What is it about Empire that annoys me? </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">It is not the basic thesis. The idea that capitalism is a decentred and deterritorialising system of rule, that the old understanding of the world in terms of imperialism is not valid - this argument is unobjectionable. But then it was always a mistake to see capital as being attached in some way to a particular country. Capital is an inherently a-territorial relation of domination. The Leninist notion of imperialism was misconceived from the beginning. What is objectionable in Hardt and Negri's argument that imperialism has been replaced by empire is the assumption that the concept of imperialism used to be valid - but then this reflects the ambiguous relation to Lenin that has always been present in Negri's writings and indeed in much autonomist writing, beginning with Tronti's brilliant "Lenin in England": the argument that things have changed since Lenin's time, now we must rethink strategy, do what Lenin did in England. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">What annoys me about the book is that I see it as the betrayal of a rich and powerful impulse. Or better, since 'betrayal' is a remarkably silly word: the book brings to its dire culmination a contradiction that was probably always present in that impulse. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">By 'rich and powerful impulse' I mean autonomist Marxism (sometimes referred to as operaismo), the movement to put the subject at the centre of revolutionary theory. Tronti's oft-quoted criticism of orthodox Marxism is worth quoting again: 'We too have worked with a concept that puts capitalist development first, and workers second. This is a mistake. And now we have to turn the problem on its head, reverse the polarity and start again from the beginning: and the beginning is the class struggle of the working class’ (1979, p. 1). This is the core of what Moulier refers to as ‘operaismo's ... Copernican inversion of Marxism’ (1989, p. 19). Whereas orthodox Marxism focuses on the analysis of capital and the forms of capitalist domination, understanding the task of theory as the analysis of the framework within which class struggle takes place, autonomism places working class struggle in the centre of the understanding of capitalism. This means not simply adopting a working class perspective, but, in complete reversal of the traditional Marxist approach, seeing working class struggle as determining capitalist development. ‘At the level of socially developed capital, capitalist development becomes subordinated to the working class struggles; it follows behind them and they set the pace to which the political mechanisms of capital's own reproduction must be tuned’ (Tronti, 1979, p. 1). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The autonomist impulse, this inversion of orthodox Marxism, has been of enormous importance, reviving Marxism as a theory of struggle. The problem is that it does not go far enough: 'the difficulty inherent in 'autonomist' approaches is not that 'labour' is seen as being primary but that this notion is not developed to its radical solution.’ (Bonefeld, 1994, p. 44) Working class struggle cannot really be the starting point, because 'working class struggle' presupposes a prior constitution of the working class. Marx himself is far more radical when he insists that the pivot is the 'two-fold nature of the labour contained in commodities' (1965, p. 41). The two-fold nature of labour is, of course, already class struggle, the struggle between abstract and concrete labour, the struggle between the purposive doing (that which distinguishes the architect from the bee) and its negation. The danger in starting from a pre-constituted 'working class struggle' is that the critique of orthodox Marxism (as Engels-Leninism is generally known) does not go deep enough, that too much is taken over unquestioned from the tradition that is being criticised. There is a tendency too to take 'working class struggle' at face value, as macho-militant-in-the-factory-or-in-the-street struggle. Taking working class struggle as starting point leads us easily to the pure subject (the struggle of the Working Class), whereas the two-fold nature of labour takes us immediately to the contradictory, desperately self-antagonistic subject. Hardt and Negri's model militant, introduced in the last paragraph of Empire (2000, p. 415), is Saint Francis of Assisi, no longer so macho, but as pure a figure as any to be found in the heroic monuments of socialist realism. A joke, perhaps, but a revealing one. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The autonomist impulse has to be made more radical, to be taken further than 'the beginning is the class struggle of the working class'. The beginning is the two-fold nature of labour or the self-antagonistic existence of doing, a doing that screams against its own negation. To place the subject at the centre of revolutionary theory in a world which denies the subject (as social subject) is to criticise, and criticism is possible only on the basis of doing. Criticism is the voice of the subject who says to an objective world 'you deny me, but I made you (and your denial of me)'. Putting the subject at the centre of theory is not just a question of saying 'here we are', but of criticising all that denies our presence, all that denies our creative force, all that denies that we are the only creative force, that we are the only doers. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The doing from which we start is a social doing. This is a tautology: all doing is social. Doing is inconceivable without the previous or simultaneous doing of others. Doing is part of a social flow of doing in which the done of some is the precondition of the doing of others. But this social flow is broken, so that doing appears as individual doing. The social flow is broken when that which has been done is appropriated by some, who say 'this is mine!' Since the done is the precondition of doing, these people own the means of doing and are able to control the doing of others. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Appropriation of the done breaks the social flow of doing. Doing appears then as an individual doing, the subject is hollywoodised, the subjectivity of the vast majority totally denied. The breaking of the social flow of doing class-ifies society, separating those who say 'this is mine!' from those who are forced to transform their doing into labour-for-others. But it goes much, much further than that: as Marx argued in his discussions of fetishism and alienation, the breaking of the social flow of doing is the breaking of every aspect of our existence. Living doing is subjected to past done. Living doing is subjected to the things made by past doing, things which stand on their own and deny all doing. Marx starts Capital with the terrible violence of this denying: "a commodity is, in the first place, an object outside us" (1965, p. 35). ["Die Ware ist zunächst ein äußerer Gegentstand" (1985, S. 49] What rules is the negation of doing, commodities, value, capital which deny their origin in the social doing of humans. The sociality of doing, the social relations between doers (people) exist as things. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Living doing is subjected to dead being. Capitalism is the rule of being, the negation of doing. Being, broken down into fragments of being, into identity and identities, becomes the basis for thought. Identity becomes the key category of social thought, not just of sociology and psychology, but of bourgeois social thought in general; identity creeps too into the concepts and struggles of against-ness. In a world of identity, we are, we struggle to say what we are or to profess what we are. The world then is a world of equilibrium, a world which denies as ridiculous the idea that the sociality of doing could be quite different, that we could do a different world. Identity proclaims that we are, whereas doing always destroys that which is. Doing proclaims that we-are-and-are-not. In a world of doing, it is the negation of is-ness that is at the centre, the creation of that which is not (or not-yet). The only way in which we can even pose the question of communism is by seeing that things are not as they are, by denying that 'that's the way things are', by proclaiming that the world is simply our doing. To place the subject at the centre (the impulse of autonomist theory), means, if we are to be consistent, that we must attack with all our might a world that 'is', that we must criticise, that we must place doing in the centre of our thought. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">The negation of doing is the homogenisation of time. To deny social-purposive doing is to subordinate doing to being, to that which is. The doing of today is subordinated to the doing of yesterday, the doing of tomorrow can only be conceived as a continuation of the doing of today. Time then becomes tick-tick time, clock time, like a length of railway track. Tick-tick time measures duration, a being separated from doing, an existence separated from constitution. Capitalism is the separating of objects from their subjects, of things which are from the doing that made them, of existence from constitution. This separating creates duration, the notion that things 'are', independent of the doing which created them. Value, for instance, appears to have an existence independent of the self-divided doing which created it: Marx's Capital (the labour theory of value) is above all an attack on duration, a critique of the separation of existence and constitution, a restoration in thought of the doing denied by duration. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">One of the great advantages of this homogeneous time, duration-time, is that it can be broken up into periods, into lengths of time. This is crucial to the organisation of work in the factory and in the office and in the schools and universities. Homogeneous time is crucial in the organising of the doing of others for whom doing is purpose-less, object-less labour. But it goes further than that. It permeates our social thought, the way we shape and think about our social relations. Time becomes stodgy, almost solid, something that can be cut into wedges, into periods, into paradigms, a million miles removed from the timeless-time of intense love or engagement. But communism, a world in which we shape our own doing, a world in which doing is emancipated from being, a world in which doing and being, constitution and existence are explicitly reunited, can then be conceived only as a world in which we break the homogeneity of time, a world in which duration is shattered, in which time is not a long railway track or a slice of pizza, but tends towards the intensity of the Jetztzeit (now-time) of Benjamin (1973) or the nunc stans of Bloch (1964), towards the timeless-time of all-absorbing love or engagement. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bourgeois thought, of course, will have none of this. Bourgeois thought, built upon identity, upon extending what is into what will be: bourgeois thought is obsessed with labelling, with classifying, with fitting things together, with creating neat boxes, with paradigms. So many doctoral theses, so many applications for research funds that must show the coherence of the world, that must show how things fit together, how the world is a world of correspondences. But each correspondence closes the world, excludes possibility, negates the social power-to-do-otherwise. On the left, on the fringes of Marxism, in the work of those who would turn Marxism from being the intolerable theory of the unbearable scream into some house-trained school of social science: in this murky area we have seen in the last twenty or thirty years the growth of regulation theory, the obsession with labelling everything as Fordist or post-Fordist or neo-Fordist. What is wrong with that is not the phenomena that these theorists point to, nor the interconnections; what is wrong is the rounding-off, the systematisation, the drive to make everything fit, to close a world. In some aspects, regulation theory has been stimulating, but its overall effect is deadly. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">To periodise the present is already to close the world, to project the present into the future, to homogenise time, establish duration. Today, the existence of capital was based on the exploitation of millions, the exclusion and misery of millions, the unnecessary deaths of how many thousands of children. Perhaps it will also kill and exploit millions tomorrow. Perhaps it will, but if we assume that then we are already closing the possibility that it may not, we are already assuming our own defeat. And if we extend that beyond tomorrow to the next day, to next year, to a period or to a paradigm, then it is clear that we are actively taking part in the struggle to defeat ourselves. If we assume from one day to the next that we shall be defeated then we progressively exclude any possibility that we can make the world otherwise. If we put the present into periods and paradigms, we actively participate in the subjection of doing to being, in the creation of a world that 'is', in the separation of existence from constitution. And with that we throw out all hope and all Marx and all critique. Marx devoted his life to critique, that is, to the placing of human social doing in the centre of our understanding. To emphasise social human doing in a world which denies that doing is absurd, of course, but the struggle for a different world is precisely the same urgently necessary absurdity. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">To periodise the present, then, is always reactionary. This sounds silly, but it is not. It is indeed perfectly obvious. If we think, say, of torture: it is presumably possible to speak of new paradigms in torture, or in the sexual abuse of children. And yet, to discuss these new trends as though they had some fixity, as though they constituted a rounded paradigm, is surely to give to those activities a stability that few of us would want to do. So it is with capitalism. To speak of the present paradigm of capitalist domination is to give an air of normality to the existence of capitalism, when all our struggle is to show that there is nothing normal about it, that the possibility that human action may re-create capitalism tomorrow is an abomination that can never be accepted as normal. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Now it should be clear why I object to the Empire book. <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=16#anmerkung(2)">(2)</a> It is not because of its content (which is often very stimulating in spite of the language) but because of the method. The book betrays the autonomist impulse in the sense that it incarcerates the subject within a structure, in the sense that it participates in the subordination of doing to being, in the sense that it extends the method of regulation theory, giving it a 'left' twist. Its method is based on duration. Although it pays homage at moments to the idea that it is the struggle against capital that drives the changing forms of capitalism, the general perspective of the discussion is very much in the opposite direction. It follows the classics of Marxist orthodoxy (Engels-Leninism) in focussing not on struggle, but on the structures of domination. Its notions of the state and of crisis are structuralist-functionalist. For an argument that comes from an autonomist background, it is remarkable in establishing a 'but-also' dualism between capital and struggle: this is perhaps not surprising, for the very notion of a paradigm of rule hides what every capitalist knows, namely that the existence of capital is constant, daily-repeated struggle. Worst of all, perhaps, is the total eclipsing of the centrality of doing in the development of the concept of 'multitude'. The concept of 'working class', for all its problems, for all its fetishised deformations, has at least the great merit of taking us to the centrality of human purposive activity, social doing. In the concept of multitude, this is lost completely. The working class does, albeit in a fetishised form; the multitude does not do. But if doing is not at the centre of our thought, all that is left is opposition, not hope. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">A rage and a rant? Yes, perhaps. The book is better than many, of course. But that is not the problem. The problem is that its enormous success is the expression of how desperately people are looking for a way forward, how desperately people are looking for a revolution that is not a repeat of the revolutionary cant of the past. But this book leads them into a methodological stodge, a world of doctoral theses, a closure. That is why it annoys me.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Notes</span></h2> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(1)"></a><span style="font-size: 18px;">(1) For a fuller development of many of the ideas presented here, see Holloway (2002).</span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(2)"></a><span style="font-size: 18px;">(2) For a more detailed criticism of Empire, see chapter 9 of Holloway (2002).</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">References</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Benjamin, Walter (1973): ‘Theses on the Philosophy of History’, in: Illuminations, (New York: Schocken Books) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Bloch Ernst (1964): Tübinger Einleitung in die Philosophie (2 Bde) (Frankfurt: Suhrkamp) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Bonefeld Werner (1994): ‘Human Practice and Perversion: Between Autonomy and Structure’, in: Common Sense, no. 15, pp. 43-52 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Hardt Michael and Negri Antonio (2000): Empire (Cambridge, Mass.: Harvard University Press) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Holloway, John (2002): Die Welt verändern, ohne die Macht zu übernehmen (Münster: Westfälisches Dampfboot) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Marx, Karl (1985): Das Kapital, Bd. I (Berlin: Dietz) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Red Notes (1979): Working Class Autonomy and the Crisis: Italian Marxist Texts of the Theory and Practice of a Class Movement: 1964-79 (London: Red Notes) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Tronti, Mario (1979a): ‘Lenin in England’, in: Red Notes (1979), pp. 1-6</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Die Neue Heilige Allianz 2013-04-05T16:30:58+02:00 2013-04-05T16:30:58+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/178-die-neue-heilige-allianz Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Imanuel Geiss</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Krieg gegen Terror und Asymmetrischer Krieg</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Inhalt</span></h2> <p class="inhaltsverzeichnis"><span style="font-size: 18px;">     I. Drei notwendige Vorklärungen</span><br /><span style="font-size: 18px;">          1. Macht und Ohnmacht der (Alten) Heiligen Allianz, 1815-1854</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Das Konzept Gentz-Metternich: Vermeidung der Revolution durch Friede</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Restauration und Reaktion: Kompromiß mit der Revolution vs. Neoabsolutismus</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Zwei interne Widersprüche: Verfassung und Autonomie</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Systeminterne Machtkonflikte innerhalb der Pentarchie</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Die Industrielle Revolution</span><br /><span style="font-size: 18px;">          2. Asymmetrischer Krieg und Krieg gegen Terrorismus</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Macht und ihre kriegsgeschichtliche Folgen: 3x Aristoteles</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Asymmetrischer und Symmetrischer Krieg, von oben und unten:</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Terror, von oben und unten</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Widerstand und Terror</span><br /><span style="font-size: 18px;">      II. Weltmacht USA und ihre "Globalisierung"</span><br /><span style="font-size: 18px;">          1. Aufstieg der USA: Von der Peripherie zum globalen Machtzentrum</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Von der Monroe- zur Bush-Doktrin, 1823-2003</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Das Imperium Americanum: Globale Thalassokratie und Viertes Rom</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Die Alternativen der Number One seit 1991: Multi- oder Unilateralismus</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Fundamentalismus im imperialen Volk Gottes</span><br /><span style="font-size: 18px;">           3. Die Neue Heilige Allianz und ihre Widersprüche, interne wie externe</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Quantität und Qualität; Dialektik der Pleonexia</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Innere Wahrhaftigkeit</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Interne Widersprüche</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Flucht in den US-Fundamentalismus: Armageddon als apokalyptische Endschlacht</span><br /><span style="font-size: 18px;">                Ausblick: Wo bleibt das Positive?</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Anmerkungen</span></p> <hr /> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Sache nach ist "asymmetrischer Krieg" älter, "Krieg gegen Terror" seit dem 11. September zur Rechtfertigung des Irakkrieges 2003 brandneu. 1815 war in Europa konventioneller Krieg noch relativ gezähmt, im modernen Massen- und Technikkrieg, mit dem US-Bürgerkrieg 1861-65 und den Balkankriegen 1912/13 als blutigen Vorspielen, mutiert zu "totalen" Weltkriegen. "Asymmetrischer Krieg" und sein dialektisches Pendant "symmetrischer Krieg" drängen zu weiteren Unterscheidungen – jeweils von oben und unten, wie Avers und Revers einer Münze.</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die jüngste Phase heißer Globalisierung seit dem 11. September 2001 schuf neue Begriffe, die ältere Vorgänge umschreiben – "Terror", "Terrorismus"; "asymmetrischer Krieg", "neue Kriege" (1). Beide hängen, zeitlich wie sachlich, eng zusammen, provozieren jedoch im "Krieg gegen Terror" (2) Erinnerungen an die Heilige Allianz von 1815. An ihr interessieren keine Nostalgie, in verklärender oder hämischer Absicht, sondern realhistorische Gründe für ihr Scheitern, wie ihrer globalen Neuauflage, der imperialen Bush-USA. Deren Mächtigen würden sich dreimal bekreuzigen, in solche Nähe gerückt zu werden. Dennoch lohnt es sich, Parallelen und Unterschieden beider Heiligen Allianzen nachzugehen.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">I. Drei notwendige Vorklärungen</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Zum besseren Verständnis sind drei Leitbegriffe vorab historisch zu klären – Heilige Allianz, asymmetrischer Krieg, Terror, jeweils mit älteren Vorläufern.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">1. Macht und Ohnmacht der (Alten) Heiligen Allianz, 1815-1854</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Heilige Allianz gab nach dem Endsieg über Napoleon I. machtpolitische Ratifizierung und religiöse Sanktionierung der Neuordnung Europas im Wiener Kongreß 1815. Vorläufer seit 1495, Koalitionen des Heiligen Stuhles gegen Frankreich oder das Osmanische Reich, hießen "Heilige Liga", mit Rußlands Zutritt gegen den Sultan 1686 schon stilprägend "Heilige Allianz". Die Heilige Allianz 1815 stiftete Zar Alexander I. als Dauerbündnis kontinentaler Monarchien gegen die Französische Revolution und von ihr freigesetzte Nationalismen, auch zur Verschleierung der faktischen Hegemonie seines autokratischen Zarenreiches. England erklärte nur laue Sympathie. Aber auch so war die Heilige Allianz die stärkste Machtzusammenballung ihrer Zeit, zwar nicht zentralisiert, sondern locker gruppiert um wolkige Ideologien, sanktionierte das neue Gleichgewicht der fünf (Groß)Mächte (Europäischen Pentarchie), zunächst der vier Sieger von 1814/15 – Österreich, Rußland, Preußen, England: Brüderliche Eintracht der Monarchen sollte den Frieden sichern.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Das Konzept Gentz-Metternich: Vermeidung der Revolution durch Friede</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Kopf der Heiligen Allianz war der österreichische Staatskanzler Fürst von Metternich, der Intellekt hinter ihm sein Berater Friedrich von Gentz. Ihr Ideal monarchisch-konservativer Restauration prägte Europas Machthistorie bis zum Krimkrieg: Nach den verheerenden Revolutions- und Napoleonischen Kriegen 1792-1815 wollten sie durch Gleichklang der Großmächte künftigen Großkriegen und Revolutionen vorbeugen, weil Verlierer, wie Frankreich 1789, sich nach einer schweren Niederlage der Revolution zuwenden würden, um aus den Tiefen der revolutionierten Gesellschaft neue Kräfte zur Rückgewinnung ihrer Großmachtstellung zu mobilisieren. Österreich, just seinem ersten Kollaps knapp entronnen, sollte zum Überleben mit subtiler Diplomatie Rußlands Übergewicht auf dem Kontinental vor allem durch die Seemacht England balancieren. (3) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Das Duo Gentz-Metternich fand im zentralen Punkt der Krieg-Revolution-Relation Bismarck als großen Nachfolger: Als preußischer Botschafter hatte er in Rußland die Bauernbefreiung 1861 als Folge der Niederlage im Krimkrieg aus der Nähe miterlebt. Seitdem fürchtete er, der Verlust des nächsten Großkrieg werde in Rußland die nächste Revolution auslösen, die soziale oder panslawistische, mit Rückwirkungen auf Europa. Deshalb vermied er den Krieg mit Rußland, den Moltke wollte, auch die deutsche Linke (Zentrum, Liberalen, SPD) in der Bulgarienkrise 1885-87 als nachgeholten 1848er Traum zur Befreiung Polens und Zerschlagung des Zarismus: Metternich wie Bismarck bestätigte der Erste Weltkrieg mit totalitären Folge"revolutionen" links in Rußland 1917, rechts in Deutschland 1933. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So dialektisch um die Ecken gedacht das Gentz-Metternich-Kalkül theoretisch war – die Realitäten waren noch komplizierter und stürzten es, nach ersten Scheinsiegen, mit Revolutionen und Kriegen, die es vermeiden wollte: Die Praxis ihrer friedenserhaltend gemeinten Strategie verhedderte die Heilige Allianz heillos in Komplikationen der heraufziehenden Modernen und interner Widersprüche – internes Dilemma der Restauration, Inkompatibilität ihrer Mittel, Rivalitäten der Großmächte, Folgen zweier Militärinterventionen gegen Nationalrevolutionen, elementarer Strukturwandel der Industriellen Revolution nun auch auf dem Kontinent.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Restauration und Reaktion: Kompromiß mit der Revolution vs. Neoabsolutismus</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Grundwiderspruch, der die Heilige Allianz zerriß, war von vornherein in ihre Fundamente eingebaut: Ihr Leitprinzip Restauration war schon Kompromiß mit der Revolution, da sich die Zeit vor 1789 nicht integral zurückdrehen ließ. Wie im englischen Präzedenzfall, der ersten postrevolutionären "Restoration" 1660, kehrte das post-napoleonische Frankreich mit seiner "Restoration" 1814/15 nicht zur absoluten Monarchie zurück, wie die "Ultras" wollten, sondern mit der "Charte Constitutionnelle" zur (beschränkt) konstitutionellen. Selbst dem Deutschen Bund verordnete der Wiener Kongreß für die Bundesstaaten mit "landständischen Verfassungen" dieselbe Brisanz: "Stände" wiesen auf die vorabsolute Monarchie, "Verfassung" war seit 1789 eine revolutionäre Forderung – in Preußen und Österreich trieb die Nichteinlösung der Verfassungsversprechen mit zur Revolution 1848. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Analog beließ die Restauration der (konstitutionellen) Monarchie in Frankreich die Besitzverhältnisse, wie die Revolution sie erzwungen hatte: Der Adel kehrte nicht als geschlossener Stand auf seine Güter zurück, konnte sie individuell kaufen, als Teilnehmer am seit "mobil" (= frei verkäuflich) gewordenen "Immobilien"markt. So trieb die "Milliarde der Emigranten" 1825, von Karl X. als Staatsanleihe aufgelegter Kreditfond für Adlige, die Güter kaufen wollten, um der Rückkehr zum Absolutismus eine soziale Basis zu geben, im dialektischen Gegenschlag nur die Opposition zur Julirevolution 1830. Auch sonst provozierte "Restauration" als blanke neoabsolutistische Reaktion durch Rückkehr zum vorrevolutionären Ancien Régime Nationalrevolutionen, 1820 in Italien (Neapel, Piemont), Spanien und Portugal. Mit deren Niederschlagung eröffnete die Heilige Allianz postwendend die eigene Krise. Als Karl X., Haupt der französischen "Ultras", die Rückkehr zur absoluten Monarchie erzwingen wollte, stürzte ihn prompt die Julirevolution 1830.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Zwei interne Widersprüche: Verfassung und Autonomie</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Das Grunddilemma der Restauration zwischen monarchischem Konstitutionalismus ("Charte") als konstruktive Konzession an die Revolution und absolutistischer Reaktion ("Ultras") schuf zwei weitere Widersprüche, formal innerhalb der Monarchien, die sich politisch-friedlich nicht lösen ließen: Einer war doppelt intern (Konflikt mit dem eigenen Reichsvolk); der andere, unter dem Mantel der gemeinsamen Monarchie, gleichsam extern (Konflikt mit fremdstämmigen Untertanen, die meist durch Eroberung unter die Herrschaft der Monarchen geraten waren).</span></p> <h5><span style="font-size: 18px;">a) Konfliktlinien nach innen, I: Freiheit (= Verfassung) für die eigenen Leute</span></h5> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Zur Zementierung des status quo durch Restauration gehörten die geheiligten Prinzipien monarchische Legitimität und Solidarität: Legal war nur die eigene Herrschaft. Da die Heilige Allianz mehr oder weniger absolut regiert war, zwang Solidarität nur monarchisch legitimierter Mächte zur Niederhaltung aller von unten kommenden Kräfte, wie sie die Französische Revolution zuerst en masse freigesetzt hatte. So sahen sich Liberale und (damals revolutionäre) Demokraten in die Opposition, gar den revolutionären Untergrund abgedrängt: Nach nationalen und lokalen Eruptionen im "Vormärz" explodierte er 1848 als Europäische Revolution. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Noch brisanter waren neoimperiale Nationalbewegungen der beiden Großvölker ohne eigenen Nationalstaat, der Italiener und Deutschen in postimperialen Machtvakuen seit 476 (Untergang Westroms) und 1198 (Thronstreit zwischen Staufern und Welfen im mittelalterlichen Imperium Romanum). Die Fusion von wiederbelebtem Reichspatriotismus und modernem Nationalismus im Zweiten (kaiserlichen) und Dritten (nationalsozialistischen) Reich der Deutschen war mit beiden Weltkriegen welterschütternd, ergänzt durch das Bestreben des linken Flügels im Risorgimento-Nationalismus, das Imperium Romanum tunlichst wiederherzustellen, gipfelnd im italienischen Faschismus des ex-Linkssozialisten Mussolini. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auf Dauer konnten sich die Monarchien der Heiligen Allianz nur im Gleichklang mit ihren seit 1789 in Bewegung geratenen Gesellschaften behaupten, hätten sich theoretisch evolutionär zu Verfassungsstaaten als konstitutionelle, gar parlamentarische Monarchien wandeln müssen, wie Englands Doppelrevolution 1640-60 und 1688/89 im Übergang zur parlamentarischen Monarchie 1701 schon vorexerziert hatte: Als logische Folge seiner Verfassung wie machtpolitischen Interessen ging das parlamentarisch regierte England sofort auf Distanz zur Heiligen Allianz, scherte bald aus der monarchischen Solidarität aus, indem es Nationalismen unterstützte, zunächst 1821 der Griechen im Osmanischen Reich. Ebenso logisch ist das Versagen der autokratisch-absolutistischen Monarchien, freiwillig grundlegende Strukturreformen zu leisten, die Großreiche bisher selten zustande brachten.</span></p> <h5><span style="font-size: 18px;">b) Konfliktlinien nach innen, II: Autonomie für fremdstämmige Untertanen</span></h5> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Auch gerieten die dynastisch-multiethnischen Großreiche der Heiligen Allianz in den zweiten Mahlstrom von unten, den 1789 freigesetzt hatte, in den externen Flügel des Binnenkonfliktes mit annektierten fremdstämmigen Untertanen, eingebunden in Großreiche, während ihr Adel in den Reichsadel aufsteigen konnte. Ihr Nationalismus war inspiriert von Herder, der deutschen Romantik und Französischen Revolution, unterstützt von England, seit der Februarrevolution 1848 auch von der "Grande Nation" (Napoleon I.). Meist wollten fremdstämmige Untertanen vom Reichsvolk zunächst nur Autonomie. Wurde sie verweigert, radikalisierte sich ihr Nationalismus zur Unabhängigkeit in Sezession, die das ganze Reichsgefüge sprengen konnte: Zum Überleben hätten die Monarchien der Heiligen Allianz auch ihren Fremdvölkern Autonomie im Rechts- und Verfassungsstaat bieten müssen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Aber Autonomie verweigerten ihren Fremdstämmigen sogar die beiden westlichen Musterknaben, das englische Parlament den katholischen Iren und calvinistischen Schotten, das fortschrittliche Frankreich mit ihrem Dogma der "nation une et indivisible" ("unteilbaren Nation") allen Bürgern jenseits der langue d'ouïl mit Zentrum in und um Paris. Erst recht war der (damals noch revolutionäre) Rechts- und Verfassungsstaat unvereinbar mit Absolutismus von Gottes Gnaden. Da auch das Arrangement mit Fremdvölkern der dynastischen Großmächte ausblieb, drifteten beide Hauptströmungen der Zeit – demokratisch-republikanischer Konstitutionalismus und Nationalismus – zusammen und rissen 1848 Dämme ein (4), im kontinentalen Großversuch für Pyrrhus-Siege der Völker seit dem Ersten Weltkrieg.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Systeminterne Machtkonflikte innerhalb der Pentarchie</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Noch bevor schon 1815 angelegte interne Konflikte hinter Fassaden monarchischer Harmonie und Solidarität ausbrachen, stürzte harte machtpolitische Rivalität der Großmächte, die fromme Sprüche ihrer gekrönten Häupter nur verdeckt hatten, an gleich zwei Fronten die Heilige Allianz in die Krise. Einer winzigen, für Zeitgenossen kaum wahrnehmbaren Differenz scheinbar nur formalen Charakters entsprangen handgreifliche Interessenkonflikte und irreparable Risse: Nach dem Wiener Kongreß schlossen Rußland, Österreich, Preußen und England die Quadrupelallianz, ein Bündnis der vier Siegergroßmächte, formal zur Garantie des 2. Pariser Friedens 1815, der Sache nach zur Isolierung der fünften Großmacht der Pentarchie, des postrevolutionär-postnapoleonischen Frankreich. Aber die Heilige Allianz umfaßte nur die Mächte des Kontinents (außer Papst und Sultan), das besiegte Frankreich kam erst 1818 dazu, womit die Quadrupelallianz eigentlich schon erledigt war. England begnügte sich mit einer vagen Sympathieerklärung für die Ziele der Heiligen Allianz. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zugleich zeigte sich die unlösliche Verquickung innerer und äußerer Faktoren in jeder Machtpolitik, Verfassungsfragen und Außenpolitik zwischen Krieg und Frieden: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">1.) Eine neue Lage schufen Militärinterventionen der Heiligen Allianz 1821 und 1823, exekutiert von Österreich und Frankreich, gegen Nationalrevolutionen in Italien und Spanien: England verweigerte sich. Militärisch siegten die Interventionen mit überlegener Macht und stellten den Absolutismus wieder her, verletzten aber politisch das ureigene Prinzip der Restauration, Kompromiß zwischen Revolution und Reaktion. Auch änderte sich nichts an der Grundproblematik beider Länder – Aufbruch zum Risorgimento, dem italienischen Nationalstaat; strukturelle Dauermalaise Spaniens seit Abdankung als Großmacht im Pyrenäenfrieden 1659 bis zum Ende der Franco-Diktatur 1975. Folgen verschärften sich langfristig, jenseits des Atlantiks durch die Monroe-Doktrin 1823, ein weltbewegendes Kapitel für sich. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">2.) Der griechische Unabhängigkeitskrieg 1821-29 zwang die Großmächte zur Stellungnahme und riß Machtkonflikte auf, die rasch die Heilige Allianz sprengten: Wien lehnte aus monarchischer Solidarität jede Hilfe für die Griechen ab (wie 1804 für die Serben, denen Rußland beisprang) und ließ ihren Aufstand vom Kongreß der Heiligen Allianz in Verona 1822 verurteilen. Frankreich aber, seit 1526/36 Verbündeter, später Schutzmacht des Osmanischen Reiches, seit 1789 Vorkämpfer des modernen Nationalismus, scherte nach der blutigen Rückeroberung der Peloponnes und Athens durch die Osmanen 1825-27 unter Druck des europäischen Philhellenismus aus seiner Schutzhaltung für den Sultan, gefolgt von Rußland. Beide schlossen sich England an, das schon früh die griechische Unabhängigkeit stützte, zur bewaffneten humanitären Intervention: Mit dem autokratischen Rußland verleugnete nun sogar die Vormacht der Heiligen Allianz zwei ihrer Grundprinzipien – Solidarität der Monarchen, Abwehr der (nationalen) Revolution. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Englands und Rußlands Motive waren konträrer Art: Englands Philhellenismus paßte zu seiner Rolle als zweite Schutzmacht europäischer Nationalismen gegen die konservativen Monarchien des Ostens/"Nordens". Das autokratische Rußland dagegen nutzte die nationalrevolutionären Griechen (wie seit 1804 Serben, später Armenier) als einheimische Speerspitze zur Destabilisierung des Osmanischen Reiches und Vollendung seines "Griechischen Projektes" von 1781 – Gründung eines griechischen Kaiserreiches in Konstantinopel als russischen Klientelstaat. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Schon der griechische Unabhängigkeitskrieg gab der Heiligen Allianz den Todesstoß: Nach Verona 1822 hielt sie keinen Kongreß mehr ab, Versuche, sie zu erneuern, scheiterten in europäischen Krisen. Sie verschied im 7. Russisch-türkischen Krieg 1853, mit Englands und Frankreichs Eingreifen 1854 zur Rettung des Sultans erweitert zum Krimkrieg – die Westmächte standen offen, Österreich in bewaffneter Neutralität verdeckt gegen Rußland. Dessen Drang nach Konstantinopel trieb England nach dem Frieden von Adrianopel 1829 zur Beendigung des 6. Russisch-türkischen Krieges, der fast schon die feindliche Übernahme des Osmanischen Reiches erzwang, zum folgenschweren Stellungswechsel: Mit Frankreich hielt es die Wacht am Bosporus, schon um Rußland vom Mittelmeer fernzuhalten, bis die Jungtürken 1908 Schutz am scheinbar mächtigeren Deutschland suchten.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Die Industrielle Revolution</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Alle interne Widersprüche und Konfliktlinien waren, jede für sich, gar zusammen, schon brisant genug. Zusätzlich gebündelt und potenziert wurden sie durch umwälzende Wirkungen der von England seit ca. 1760, mitten im Siebenjährigen Krieg, ausgehenden Industriellen Revolution: 1815 hatte sie, vor allem über Belgien, schon den Kontinent erreicht, aber ohne daß selbst hellwache Geister schon ihre auch politisch revolutionierende Wirkungen erahnt hätten. Mit der Annexion der Rheinprovinzen, die Frankreich am nächsten standen, fast 20 Jahre lang von republikanischen wie napoleonischen Frankreich annektiert waren, verleibte sich Preußen sein "fortschrittlich" anrevolutioniertes, sich nun industrialisierendes (so nie genanntes) "Westelbien" ein, in untergründiger, bald auch vordergründiger Spannung zum sozio-ökonomisch rückständigen, politisch dominierenden Ostelbien. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Langfristig entzog die Industrielle Revolution ökonomisch, sozial und politisch (beschränkt konstitutionellen bis autokratischen) Monarchien die Basis, stärkte den Anspruch Bürgertum auf Mitsprache bis Dominanz und schuf mit dem Proletariat eine neue Klasse, deren Führer (meist aus dem Bürgertum) die soziale und politische Revolution betrieben, am umfassendsten Marx und Engels im "Kommunistischen Manifest" vom Januar 1848. Dazu verschärfte und verband die Industrielle Revolution interne Spannungen der Kronen mit Reichsvölkern und Fremdstämmigen, flossen in Folgerevolutionen seit 1830 soziale und politische Forderungen nach "Freiheit" zusammen – Rechts- und Verfassungsstaat für die kommende Staatsnation; Autonomie bis Unabhängigkeit für "nationale" Minderheiten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Schon ökonomisch wirkte die Industrielle Revolution politisch subversiv: Der Rechts- und Verfassungsstaat forderte, nach englischem Vorbild, Planungssicherheit für Investitionen, nationale Einheit als gemeinsamen Markt der "National"ökonomie mit einheitlichen Münzen, Maßen und Gewichten, wie die 3. Strophe des "Deutschlandliedes" (1841) treffend umschreibt, heute erst wieder mühsam zu dechiffrieren: "Einigkeit (Nationalstaat mit Zentralregierung) und Recht und Freiheit (Rechts- und Verfassungsstaat) für das deutsche Vaterland (Deutscher Bund in den Grenzen des Alten Reiches bis 1806) sind des Glückes (materiellen Wohlstandes) Unterpfand" (Garantie). Autonomie oder Souveränität zog die Verfügung über Bodenschätze, Ressourcen, Wirtschaftspotential nach sich. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Jedoch waren die Mächtigen der Heiligen Allianz mit solchen Einsichten vor ihrem Untergang überfordert, und wir Nachgeborene können leichter nachträglich unbeabsichtigte Wirkungen ihres wohlgemeinten, aber insgesamt fehlgeleiteten Kalküls erkennen. Immerhin sah noch der alte Metternich, von der Märzrevolution 1848 aus der Macht verjagt, zu Beginn des Krimkrieges die Folgen einer Teilnahme am drohenden Großkrieg für das sich seit 1848/49 nur noch durchwurstelnde Österreich hellsichtig voraus: Wie auch immer der Krieg ausginge, stünde am Ende die soziale und nationale Revolution, die Habsburg nicht überleben würde. Metternichs direkte Nachfolger folgten 1854 seinem Rat und blieben neutral, verlängerten so aber die Agonie des Habsburgerreiches, vergaßen oder ignorierten sie 1914: 1918 traf genau ein, wovor Metternich 1854 gewarnt hatte – Untergang in der Revolution nach verlorenem Großkrieg. Aber selbst Wiens bewaffnete Neutralität gegen Rußland 1854 eröffnete die Rivalität beider dynastischen Kaiserreiche auf dem Balkan. Ihre konfligierenden Expansionslinien lösten über Sarajevo 1914 den Ersten Weltkrieg aus, der den USA den Weg zur Weltmacht ebnete, vollendet vom zweiten Akt der Selbstzerstörung Alt-Europas, dem Zweiten Weltkrieg samt Folgen – Dekolonisation, Kaltem Krieg, Ende der Sowjetunion 1989/91.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">2. Asymmetrischer Krieg und Krieg gegen Terrorismus</span></h3> <h4><span style="font-size: 18px;">Macht und ihre kriegsgeschichtliche Folgen: 3x Aristoteles</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Objektive Kategorien und allgemeingültige Maßstäbe für ein rationales Verständnis der Machtgeschichte mit ihren komplexen Strukturen und Prozessen erfordern innere Distanz zum aktuellen Geschehen. Dazu ist möglichst weit zurückzugehen, bis zum archimedischen Punkt, den Aristoteles in seiner "Politik" als theoretischen Zugang zur strukturellen Erklärung der Macht anbietet, mit nach über 2300 Jahren taufrischen allgemeingültigen Einsichten, denn in der Machtgeschichte schlagen historische Mechanismen bis heute durch, auch im Zeitalter der Globalisierung. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">1. Aristoteles definiert klassisch knapp "die Macht eines jeden Staates" durch "Quantität" und "Qualität", extrem komprimierte Kürzel komplexer Inhalte, Mega-Idealtypen zur Analyse der Realhistorie wie unserer brisanten Gegenwart: "Quantität" (Territorium, Bevölkerung) ist meßbar, "Qualität" komplexer– "Freiheit" (modern: Rechts- und Verfassungsstaat), "Adel" (= Funktionselite), Wohlstand, Bildung. Heute läßt sich die aristotelische Handreichung fortschreibend zuspitzen: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur "Qualität" gehört auch das Selbstwertgefühl einer Kollektividentität, der von Religion oder Ideologie sanktionierte Glaube an sich selbst, der Berge versetzen, aber auch Hybris erzeugen kann, die schon die alten Götter bestraften. "Qualität" zählt oft mehr als "Quantität". Die Aristoteles-Definition wird zur Faustregel – M(acht) = Quantität x Qualität², analog zur Leibniz-Formel für kinetische Energie, E = mv², erlaubt Orientierung über 5000 Jahre Machtgeschichte. Aristoteles meinte nur den eigenen Staat, die griechische Polis, wo es nur "Freiheit" in seinem Sinne gab; heute gilt jedoch seine Formel für alle Faktoren Weltgeschichte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">2. Der nächste Schlüsselbegriff findet sich auch schon bei Platon – "Pleonexia", Mehrhabenwollen von Macht (und Geld), Machtmonopol durch Ausschaltung anderer Machtzentren im Aufstieg zu Groß- und "Welt"reichen, die bisher nur ihre bekannte Welt beherrschten. Aber der Zwang zu steter Eroberung, deren Ende sich Herrschende auf ihrem Höhepunkt gar nicht vorstellen können, endete noch stets im "imperial overstretch" (Paul Kennedy) (5): Niederlagen an der Peripherie, Aufhören von Beute und Tributen, Schuldzuweisungen eröffnen Krisen und Umsturz (heute: Revolutionen): "Tout empire périra" (6) (jedes Imperium geht unter). (7) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">3. Prinzipien, die einen Staat groß machen, führen auch zu seinem Untergang, sinngemäß zu konkretisieren durch einseitige Verabsolutierung, wie in selbstzerstörerischer Dialektik von Pleonexia und Machtexpansion: Aus "Sinn wird Unsinn, Wohltat Plage. Wehe Dir, daß Du ein Enkel bist!" (Goethe, Faust I).</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Asymmetrischer und Symmetrischer Krieg, von oben und unten:</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der neue Leitbegriff "asymmetrische Krieg" umschreibt bei uns seit dem Symboldatum des 11. September irreguläre Feindseligkeiten, die immer terroristischer werden. Jedoch gab es schon stets in der Kriegs- und Militärgeschichte eine Differenz, die der 11. September erst auf den Begriff brachte: Gemeint war im Westen nur "asymmetrischer Krieg" von unten, gegen die eigene Seite, vorrangig die USA (8). Erst jüngstes Erschrecken im weltweit dominierenden "Westen" über die "neuen" "asymmetrischen" Kriege (von unten) zeigt, daß unser Bild vom Krieg seit Beginn der Zivilisation und imperialer Machtzentren im Alten Orient vom symmetrischen Krieg geprägt ist (9) – reguläre Kriege regulärer, in der Neuzeit uniformierter Armeen, Kriegserklärungen, rangierte Schlachten, die in Geschichtsbücher und Straßennamen der Sieger eingingen, Waffenstillstände und Friedensschlüsse. Kriegführende standen, zivilisatorisch wie militärisch, auf gleicher Augenhöhe, zu Fuß, Pferd oder Streitwagen, zu Lande und Wasser. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zivilisierung des Krieges zwischen Staaten im zivilisierten Europa seit dem 18. Jahrhunderte institutionalisierte sich in Genfer Rotkreuzkonventionen zur Behandlung von Verwundeten und Kriegsgefangenen seit 1864. Die Haager Landkriegsordnung 1907schreibt u.a. formelle Kriegserklärungen zwingend vor, gebietet der Besatzungsmacht, die öffentliche Ordnung in besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten, Eigentumsrechte der Bewohner zu wahren. Hinzukamen nach 1945 Urteile der Nürnberger und Tokioer Kriegsverbrecherprozesse, 1948 die UN-Konvention "zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord". </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Weitgehend unbemerkt, tobten daneben oft auch (bisher so nie genannte) "asymmetrische" Kriege (10), dialektische Analogie zum "symmetrischen Krieg". Die Kodifizierung des internationalen Kriegsrechts seit der Haager Landkriegsordnung 1907 zog zu ihm sogar scharfe Grenzen – Kämpfer außerhalb regulärer Armeen müssen zumindest eine gut erkennbare Armbinde tragen und einer klaren Befehlsstruktur unterstehen; sonst droht ihnen Standrecht durch Erschießen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Für beide Kriegsarten nützlich wird die Unterscheidung von oben und unten. Schon Aristoteles erschließt strukturelle Gründe für "asymmetrische" Kriege, denn Folgen aus seiner Quantität-Qualität-Relation sind bestürzend: Großreiche/mächte waren/sind stark durch Quantität und Qualität. Asymmetrie zivilisatorischer "Qualitäten" machte ihre Konflikte mit fragmentierten Völkern der Peripherie automatisch zu asymmetrischen Kriegen – von oben durch erdrückende militärische Überlegenheit, von unten als einzige Waffe auf dem offenen Schlachtfeld sonst hoffnungslos Unterlegener, auch ohne theoretische Systematisierung durch Mao-tse Tung, erst recht wenn zivilisiert-imperiale "Übermenschen" in "Arroganz der Macht" (Fulbright) auf verachtete "wilde" oder "barbarische" "Unter"- bis "Nichtmenschen" trafen. "Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer" – Indianer wurden in den USA erst 1924 als Menschen anerkannt, Aborigines in Australien 1964, "Buschmänner" (San) in Südafrika nach dem Sturz der Apartheid 1994. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Asymmetrische Kriege von oben erhielten selten Namen (u.a. "Germanen-", "Indianer-", "Kaffernkriege" Roms, der USA, Südafrikas), dagegen moderne asymmetrische Kriege von unten in der "zivilisierten Welt" – Guerrilla ("Kleinkrieg") seit Spaniens Volkswiderstand gegen die französische Eroberung 1808; Franctireurs im deutsch-französischen Krieg 1870/71 und zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 in Belgien; Kommandos im Burenkrieg gegen Englands militärische Übermacht 1901/2; Partisanen im Zweiten Weltkrieg gegen die Achsenmächte, die nur "Banden" kannten; nach 1945 nationale oder koloniale Befreiungskriege. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Stets nutzten "asymmetrische" Krieger von unten taktische Vorteile schützender Rückzugsgebiete (Wüsten, Sümpfe, Wälder, Gebirge) und der Nacht zu Überfällen "aus dem Hinterhalt", gelegentlich mit imperialer Kriegstechnik, wie in der Varusschlacht 9 n. Chr. in Germaniens Sümpfen und Wäldern unter dem als römischen Offizier kriegserfahrenen Arminius ("Hermann dem Cherusker"). So teil(t)en sich Eroberer/Besatzer und Widerstand notgedrungen Raum und Zeit – Städte, befestigte Stützpunkte, (von Eroberern oft erst gebaute) feste Straßen, später Eisenbahnen am Tage den im asymmetrischen Krieg von oben Überlegenen; die Weiten ihrer Rückzugsgebiete auch bei Tag, sonst Städte und Verbindungswege auf dem Lande bei Nacht den Unterlegenen: Asymmetrischer Krieg von oben und unten unterscheidet sich wie Tag und Nacht, trifft sich aber in einem Punkt zu tödlicher Parität und Symmetrie: Sie sind ohne Grenzen, ohne für den "Feind" erkennbares Gesicht, wenn er sich vermummt oder mit Tanks, Flugzeugen und Raketen aus dem Weltall zuschlägt, zu jeder Zeit, an jedem Ort, rücksichtslos.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Terror, von oben und unten</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Versuch zur theoretischen Klärung des Terrors ist keine Apologie, sondern soll seine dialektische, sich wechselseitig steigernde Verschränkung mit Widerstand erklären: Eskaliert haushohe militärische Überlegenheit im regulären Krieg zum Staatsterror von oben (nach außen als Eroberung, nach innen als Zwangsassimilierung), provoziert er Widerstandsterror von unten, ebenfalls mit Mord und Totschlag, Massakern als Massentötungen Unbewaffneter. Die sie steuernden Mechanismen trieben in unzähligen Varianten nach Raum, Zeit und historischen Voraussetzungen zu mehr Gewalt, bedrückend universal mit todbringender Präzision. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Terror" geht zurück auf den jakobinischen "Terreur" 1793/94, sogar als Selbstbezeichnung, später übertragen auf ältere Vorgänge im alten Rom und in Byzanz. Im 20. Jahrhundert wurde "Terror" politischer Kampfbegriff ("bolschewikischer", der sich selbst in die Tradition des jakobinischen stellte), NS-Terror im Dritten Reich, von dessen Gegner so zur Selbstverteidigung bezeichnet, nach 1945 auch andere Terrorregime, so Saddam Husseins im Irak. Jakobinischem und bolschewikischem "roten" Terror folgten "weißer" Gegenterror. Heute dient "Terrorismus" zur Stigmatisierung jeglichen noch so legitimen Widerstands von unten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im Widerstand nach außen und innen gegen Eroberung wie Repression wirkt ein Gewirr sich wechselseitig überlagernder Dialektiken terroristischer Gewalt: Widerstandsterror von unten gegen "Staatsterror" von oben verschärft Staatsterror, der Widerstandsterror meist radikalisiert. Arroganz der Macht und Machtrausch der Pleonexia treiben in selbstgemachte Staatsterror-Widerstand-Todesmühlen, in tödlichem Haß. Dann werden sogar Unterschiede der inneren Struktur im Spektrum zwischen totalitären und demokratischen Besatzern/Assimilanten sekundär, wenn Unverhältnismäßigkeit staatsterroristischer Mittel im schon ritualisierten Wechsel von Terror und Gegenterror, Vergeltung und Rache ad infinitum dieselbe Wirkung zeitigt: Selbst kurzfristige militärische "Erfolge" zerrinnen "Siegern" mit moralischen und ökonomischen Verlusten. Frankreich zahlte nach 1945 zweimal bitter für die Lektion, in Vietnam und Algerien (danach machten beide "Sieger" analoge Erfahrungen), die USA in ihrem Vietnamkrieg und nun im Irak. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wo bei Unterlegenen Kräfte mit Siegern kooperierten, glitt Widerstand gegen Eroberung und/oder Repression in Bürgerkriege, traf (und trifft) Widerstandsterror auch eigene Volksangehörige, die mit dem "Feind" "kollaborierten". Spätestens dann schwinden im asymmetrischem Krieg von unten endgültig (ohnehin weitgehend virtuell-fiktive) Grenzen zwischen "legitimen" militärische Zielen (Eroberer, Besatzer; Repressionsorgane) und Terror gegen das eigene Volk. Es bleibt die moralische Verantwortung der Mächtigen, die mit (noch so edel begründetem) "asymmetrischen Krieg" von oben die Situation schufen – blutige Verzweiflungstaten im "asymmetrischen Krieg" von unten. Ein bedrückendes Beispiel bietet das moderne Jugoslawiens mit Ketten sich einander bedingender Eroberung und Repression, wechselseitiger Massaker und ethnischer Säuberungen. (11) Selbst der Partisanenkrieg im Zweiten Weltkrieg enthielt mit Kämpfen zwischen Titos kommunistischen Partisanen und royalistischen Chetniks, 1945 Massakern der siegreichen Partisanen (meist vom Lande stammend) an Städtern, die den Widerstand nur lau oder gar nicht unterstützt hatten, auch Elemente des Bürger- und Klassenkrieges. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nach 1945 ist palästinensischer Terror logische Antwort auf gewaltsame Ausbreitung des Staates Israel, militärische Eroberung, Terror-Massaker (Deïr Yassin 1948), Enteignungen und Vertreibungen, nach dem Sechstagekrieg auf Verweigerung eines palästinensischen Staates und Konfiszierung von Boden zum Bau strategischer Siedlungen in den besetzten Gebieten als selbstgelegte Brandsätze. Die Eskalation im "Heiligen Land" haben Kulturzionisten um Martin Buber schon vor einem Jahrhundert als Folge des nationaljüdischen Zionismus hellsichtig vorausgesagt. Ähnlich wehr(t)en sich Kurden gegen türkischen, Tschetschenen gegen russischen, Kaschmiri gegen indischen, Iraker gegen US-Staatsterror, usw, usw. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Scharf davon zu trennen ist moderner Terror in Verfassungsstaaten als Protest gegen (angebliche oder wirkliche) Mißstände im eigenen Lande oder anderswo, von klassischen Anarchisten des 19. und 20. Jahrhunderts bis zur RAF in der Bundesrepublik und Nachfolgeorganisationen, "Roten Brigaden" in Italien (12). "Widerstand" gegen meist persönlich gar nicht erlittene, sondern nur abstrakte empfundene Ungerechtigkeit schlug in totalitär-terroristische Gewalt als Selbstzweck um, die noch so noble Vorsätze ins Gegenteil kehrte, um für die eigene "Sache" weltweit Aufmerksamkeit zu gewinnen. In der historisch-politischen Realität können sich beide Stränge des Terrorismus zu einem Zopfmuster terroristischer Gewalt vereinen, wie deutsche Gruppen mit Affinität zu und logistischer Unterstützung von palästinensischen Terrorgruppen, die im "nationalen" Widerstand gegen Israel begannen, oder nun auch im von den USA eroberten/"befreiten" Irak seit 2003. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ein Kapitel für sich ist der islamistische Jihad-Terror gegen die USA zur Ausweitung der "Pax Islamica" (= dhar-al-Islam = Haus des Friedens), Osama bin Laden sein kommender Kalif, Nachfolger Mohammeds, der gläubigen Muslimen auf einem Schimmel in der Schlacht voransprengt, wie ihn islamistische Propaganda malt. Ausbildungslager der al-Quaida und anderer islamistischen Gruppen sind moderne Fortsetzungen des "ribat" (Wehrkloster), in dem regionale Erneuerer des Islams bewaffnete Anhänger sammelten, bevor sie im "Jihad" einen theokratischen Gottesstaat mit eigener Dynastie gründeten. Jihad-Terror geht formal von unten aus, ist aber im vorauseilenden Gehorsam gegen Allah, vorweggenommener theokratischer Staatsterror von dann oben gegen "Ungläubige" und Abweichler, die als laue oder "falsche" Muslime, gar Apostate, ohnehin dem Tode verfallen sind; "Jihad"-Terror ist stets auch innermuslimischer Bürgerkrieg, nährt sich propagandistisch aus Gewalt Nicht-Muslimer gegen Muslime, übersieht aber muslimische Gewalt gegen Muslime (Kurden) wie Christen (Nordnigeria, Indonesien). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Jüngste Kombinationen archaischer und hightech-Methoden gegen Zivilisten – entführte Passagierflugzeuge als Lufttorpedos auf "weiche" Ziele, Selbstmörder-Autobomben, weltweit ausgestrahlte Enthauptung Entführter, Geiselnahme und Ermordung von Kindern – lösen sich weiter vom seit dem 18. Jahrhundert in Europa eingehegten "zivilisierten" Krieg, werden zuletzt nur noch kriminell, jüngst in Beslan (Nordossetien). Mit Präventivschlägen zerbomben die USA, bald auch Rußland, letzte Reste des mühsam errungenen Völkerrechts. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Andererseits sind jüngste Grausamkeiten unmenschlich und menschlich zugleich: Menschen in Verzweiflung reagieren nun einmal so. Jeder verantwortungsbewußte Verantwortliche sollte realistisch damit rechnen, bevor sein Staatsterror von oben die Terrorspirale eröffnet. Je höher die Prinzipien, auf die sich eine Macht beruft, desto größer muß die Übereinstimmung zwischen Zielen und Mitteln sein. Demokratische, gar christliche Staaten verletzten mit Staatsterror von oben, in Umkehrung des Kantschen kategorialen Imperativs, das allgemeine Völkerrecht und ihre eigene Glaubwürdigkeit, diskreditieren sich moralisch und delegitimieren sich eigenhändig, erst bei ihren "Feinden" (die im Zweifel spiegelbildlich entsprechend handeln), dann bei ihren Verbündeten, zuletzt auch beim eigenen Staatsvolk.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Widerstand und Terror</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Wust widerstreitender Emotionen erschließt sich dem Historiker am ehesten ein Strang des Terrors – Widerstand gegen Eroberer, wie seit dem Guerillakrieg in Spanien gegen Napoleon I. 1808-13, gegen assimilierende Repression in modernen Nationalstaaten, von armenischen "Terroristen" 1895 bis Aceh und Ost-Timor (Indonesien), Darfur (West-Sudan) 2004. Dort wurde niemand als Terrorist geboren, sondern terroristische Gegengewalt von unten ist hausgemacht, vom Staatsterror in Repression legitimer Forderungen, wie besonders Israel/Palästina, Tschetschenien mit seinen "schwarzen Witwen und Irak zeigen, begünstigt durch eine Religion, die gewaltsame Durchsetzung eigener Ziele predigt oder impliziert. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hier beginnen neue Probleme: Wat dem eenen sin "Terrorist", "Bandit", "Separatist", is dem andern sin "Widerstands- und Freiheitskämpfer", gar "Held". Klassisches Beispiel sind die "Siccarier" (lat.: "sicca" = Dolch) der Juden zur Zeit Jesu, der bewaffnete Arm der Zeloten (= "Eiferer"), die jüdische "Kollaborateure" in Massenansammlungen bei hohen jüdischen Feiertagen erdolchten, weshalb sie griechisch "lestai" = "Mörder" hießen, auch in der Passionsgeschichte. Ihre modernen Nachfahren, "Irgun" und "Stern-Bande", galten mit Anschlägen gegen Araber und die britische Mandatsmacht als "Terroristen", wurden im Staat Israel durch Pensionsberechtigung Kämpfern der "Haganah" gleichgestellt und rehabilitiert, konnten sich mit der "Cheruth" (=Freiheits)-Partei politisch organisieren, Kern des seit 1977 in wechselnden Koalitionen meist regierenden Likud-Blocks. Der heutige Ministerpräsident Ariel Scharon, seinerzeit eigentlicher Gründer des Likud-Blocks, begann seine militärische Karriere als Kommandeur einer Sondereinheit, die gezielt "Vergeltungs"- und Racheschläge gegen Araber führte, oft in Überschreitung oder Mißachtung der Instruktionen von seinen politischen Auftraggebern, wenn sie ihm zu lasch waren. Palästinensischen Widerstand im Gazastreifen gegen Israels Besatzung nach 1967 brach er mit militärischem Staatsterror von oben, der ihm Jahre später als fundamentalistischem Gegenterror von unten entgegenschlägt, den er, in der inzwischen weltbekannten Terror-Spirale, nur mit noch mehr Staatsterror von oben zu brechen versucht. Ergebnisse lassen sich an der bisherigen Terror-Geschichte ablesen – mehr Terror von unten und oben. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So schwankt auch das Bild anderer "Terroristen" und "Freiheitskämpfer": Vorläufer moderner Balkan-Partisanen, Hajduken (=Banditen) bei Serben und Kroaten, Klephten im osmanischen Griechenland, waren stets Räuber und Rebellen, individuell wie kollektiv in "Banden". Der Führer des Serbischen Aufstandes 1804 im Osmanischen Reich, Karadjordj, verdiente seine militärischen Sporen im 8. Türkenkrieg 1788-91 im österreichischen Hajdukenkorps. Komitadschi-Kämpfer, von halbstaatlichen "Komitees" der Balkanstaaten ausgerüstete irreguläre Verbände, die in einem kretischen Städtchen noch heute ein Denkmal glorifiziert, terrorisierten im Makedonischen Aufstand 1903-08 und in den Balkankriegen 1912/13 nichtgriechische, -serbische, -bulgarische Zivilbevölkerung. Ins Wechselbad kollektiven Gedenkens von "Terrorist" und "Held" geriet auch die Attentätergruppe "Jung-Bosnien" von Sarajevo 1914, für einen deutschen Historiker besonders bewegend, wenn er, mit Deutschlands Anteil am Ersten Weltkrieg beginnend, den letzten Attentäter noch persönlich kennenlernte, in Belgrad und Sarajevo 1974/75 gar in situ. Nach 1945 setzte sich gespaltene Benennungen fort, je nach politisch-ideologischer Parteinahme für oder gegen Polens "Armija Krajowa" (Heimat- = Untergrundarmee), antikommunistische Kämpfer in der Ukraine und den baltischen Staaten nach dem Sturz des Sowjetimperiums 1989/91. Erst recht sind heute in muslimischen Ländern Kämpfer im asymmetrischen Krieg von unten den Regierenden und dem Westen "Terroristen", ihren Anhängern Freiheitskämpfer, die nach ihrem Tod als muslimische Märtyrer ins Paradies aufsteigen, belohnt mit allen irdischen Wonnen. Dennoch bleibt Widerstandsterror Terror.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">II. Weltmacht USA und ihre "Globalisierung"</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Analyse der dominierenden Welt-Supermacht USA als Haupt der Neuen Heiligen Allianz fällt historisch aus, denn auch sie bestimmen historisch-politische Mechanismen der Vergangenheit wie Gegenwart und nächsten Zukunft.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">1. Aufstieg der USA: Von der Peripherie zum globalen Machtzentrum</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Das neue US-Machtzentrum begann seinen Aufstieg als englische Kolonien an der Ostküste Nordamerikas, der äußersten, transatlantischen West-Peripherie ("Frontier") des seit 1492/98 in Übersee expandierenden lateinischen Alt-Europa. Der kommenden Weltmacht legten ihre kolonialen Vorväter schon die imperiale Expansion in die Wiege, denn das englische Kolonialreich sahen seine aktivsten Vorkämpfer als Gegenreich zur damaligen Supermacht Spanien, vorübergehend (1580-1640/68) gar vereint mit dem portugiesischen Kolonialreich. Seit ihren kolonialen Anfängen expandierten die junge USA im Schutz zweier Ozeane gefahrlos in ein riesiges Machtvakuum, ohne ernsthafte, gar gleichrangige Gegner, allen nach Quantität wie Qualität ökonomisch, technisch, politisch, militärisch turmhoch überlegen, in aller Freiheit in "God's own country", schier grenzenlos, ohne Rücksicht auf Indianer, spanisches Kolonialreich und postkoloniale Nachfolgestaaten, nur dem Gesetz eigener Interessen folgend, ungehemmt und hemmungslos. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur Unabhängigkeit gab das von den Bush-Imperialen verachtete Alt-Europa gegen die englische Kolonialmacht entscheidende Starthilfe: Ohne (geheime, dann offene) Finanz- und Waffenhilfe Frankreichs, ohne Rußlands bewaffnete Seeneutralität 1780-83, der sich Frankreich, Spanien, Dänemark, Schweden, Preußen und Portugal anschlossen und Englands Seeherrschaft lahmlegten, hätten die aufständischen USA nicht den entscheidenden Sieg von Yorktown 1781 errungen. Personal, technisches Können und Kapitel Alt-Europas ermöglichten den Aufstieg der USA zur größten Industriemacht schon um 1850, buchstäblich auf der Grünen Wiese.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Von der Monroe- zur Bush-Doktrin, 1823-2003</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Verständnisbrücke von der Alten zur Neuen Heiligen Allianz liefert die zunächst übersprungene Monroe-Doktrin von 1823 samt Folgen: List, Ironie oder Dialektik der Weltgeschichte fügen es, daß die Macht, die 1823 kurzfristig direkt wie langfristig indirekt von Englands Widerstand gegen die Intervention der Heiligen Allianz in den Kolonial/Befreiungskrieg der spanischen Kolonien Lateinamerikas am meisten profitierte, nach fast 200 Jahren als einzig übriggebliebene Weltmacht zum Haupt der Neuen Heiligen Allianz mutierte. Daher gewann die Heilige Allianz welthistorische Wirkung durch die Monroe-Doktrin, die scheinbar nur "peripher" und nebensächlich erst spät ins allgemeine Bewußtsein der übrigen Welt trat (13): Nach Niederschlagung der Spanischen Revolution 1823 drohte eine Militärintervention der Heiligen Allianz auch in den Unabhängigkeitskrieg der spanischen Kolonien zugunsten der 1814 zurückgekehrten, 1823 neu eingesetzten (absoluten) Krone. Gegen die Übertragung europäischer Machtinteressen in die Neue Welt mobilisierte Englands Außenminister Castlereagh seine früheren, vom englischen Mutterland abgefallene Kolonien, die junge USA, und ermunterte sie zur Monroe-Doktrin 1823, zusammengefaßt im populären Schlagwort: "Amerika den Amerikanern", schon durch den Begriff "Doktrin" mit dem Anspruch auf "Prärogative der Unfehlbarkeit" (S. 101) jeder Kritik enthoben. Die Wirkung erschien kurzfristig unspektakulär: Die Heilige Allianz zuckte zurück, beschränkte sich fortan auf Europa. Aber langfristig wurde der Vorgang Sprungbrett für die auf dem nordamerikanischen Kontinent nach Westen expandierende USA, fliegender Start zum weltweiten Aufstieg. Zugleich begann ihre "special relationship" zu England, von zwei Weltkriegen bis zu Tony Blairs Engagement für den 2. US-Irakkrieg. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">1823 war die Reichweite der Monroe-Doktrin begrenzt: Die USA widersetzte sich jedem militärischen Übergreifen der europäischen Kolonialmächte auf die Neue Welt. Aber schon im 19. Jahrhundert steigerte sich ihre Wirkung zur faktischen, "panamerikanisch" verschleierten Hegemonie der USA über Zentral- und Südamerika samt Karibik als ihrem "Hinterhof ". Ein Instrument der Expansion waren US-Wirtschaftsinteressen in schwachen südamerikanischen Staaten, die so indirekt in die Herrschaft der übermächtigen Wirtschafts- und Dollarmacht gerieten, überhöht zum "National Interest". Dessen Schutz dienten US-Militärinterventionen, durch US-Flotte und Marineinfantrie. Beim Gewinn Floridas 1819 und Texas 1845/48, heute die politische Machtbasis von Bush jr., zeigte sich die Kombination von ökonomischer Infiltration, Subversion, pseudodemokratischer "Revolution" (auch zur Ausdehnung der Slaverei), bewaffneter Intervention, Krieg und Annexion: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Texas ist wiederum ein klassisches Beispiel für die Untergrundarbeit, die es während der frühen amerikanischen Expansion bereits gab – für die Unterminierung fremder Souveränität, die Herausbildung einer Separatistenbewegung, schließlich die gewaltsam erkämpfte Abtrennung."(14) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Anders manipuliert waren die Entfesselung des Amerikanisch-spanischen Krieges 1898, "Revolutionen" in Hawai und Panama zur Gewinnung Hawais 1898 und der Panama-Kanalzone von Kolumbien 1903 durch eine von den USA eingesetzte Regierung des "unabhängigen" Panama. Eine nicht unfaire Fortschreibung der erweiterten Monroe-Doktrin kann heute so lauten: "Amerika den USA". Auf dem Weg zu den Zukunftsmärkten im Fernen Osten wurde aus der "Open Door Policy" (1900) der stillschweigende Anspruch auf China, wie die laute Klage über den "Verlust" Chinas durch die kommunistische Revolution 1949 belegt, die der extremen Rechten mit Joseph McCarthy quasi-totalitären Freiraum gab. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Außerhalb Nordamerikas hielten sich direkte Annexionen auf dem Weg vom Atlantik zum Pazifik in scheinbar isoliert engen Grenzen. Aber der Gewinn pazifischer Inseln (Hawai, West-Samoa 1898; Philippinen 1898, in der Karibik Besetzung Kubas und Puerto Ricos 1898, nach 1945 UN-Treuhandgebiete, Militärbasen, nach 1945 bis Guam, Japan und Südkorea), machten diskret auch den Pazifik zum US-Mare Nostrum. Zudem eliminierten die USA schwächere regionale Hegemonieaspiranten in zwei Weltkriegen, im Kalten Krieg die Supermacht Sowjetunion (15): Wie alle große Machtzentren der Weltgeschichte führten die USA Kriege und Militärinterventionen, stationierten Militär in Friedenszeiten außerhalb des eigenen Landes, kannten Krieg zu Hause eigentlich nur durch den Bürgerkrieg 1861-65. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ein Erfolgsgeheimnis war, im "aufgeklärten Egoismus" ("enlightened egotism": F.D. Roosevelt), die geniale Verknüpfung des machtpolitischen "National Interest" mit dem Schutz kleinerer Völker vor Vergewaltigung durch brutale Übermacht. Nach dem Zweiten Weltkrieg schützten die USA im Kalten Krieg als "gütiger Hegemon" (Geir Lundestad) Westeuropa vor der Sowjetexpansion über die Demarkationslinien von 1945 hinaus. Spätere Doktrinen – Truman 1947, Eisenhower 1958 zu Bush jr. 2001 – erweiterten die anfangs "nur" auf Amerika begrenzte Monroe-Doktrin um den Anspruch auf imperialen "Schutz" des (nicht-kommunistischen) Europa, Interventionen im Nahen Osten mit seinen Erdölquellen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Symbole und Machtmittel zugleich sind zahlreiche faktisch exterritoriale US-Militärbasen auf fast dem gesamten Globus, nach dem Zerfall des Imperium Sovieticum 1989/91 auch in GUS-Staaten, auf dem Gebiet der ex-Sowjetunion. Sie üben indirekt politische Herrschaft aus und besorgen als enorme Wirtschaftsfaktoren die Ausbreitung des "American way of life" durch Zerstörung traditioneller Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen: Faktischer "Schutz"anspruch der auch im Kalten Krieg nun einzigen Weltmacht greift auf den "Rest der Welt" über, geschrumpft zur globalen Peripherie oder "Frontier" der "Number One".</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Das Imperium Americanum: Globale Thalassokratie und Viertes Rom</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Machthistorisch fügt sich unsere demokratische "Number One" in ganz andere Traditionen: Die Pax Americana gegen die Pax Sovietica hatte, wie noch jede imperiale Friedensordnung, als Kehrseite das Imperium Americanum zur Grundlage. Die Geschichte kennt zwei reine, konträr-komplementäre Idealtypen von Imperien, in der historischen Realitäten gemischt mit Elementen des Gegentyps – Land- und Seemacht (Thalassokratie). Schon im auslaufenden Kalten Krieg ließen sich beide dominierende Supermächte dem einen oder anderen Typ zuordnen, mit entsprechenden Traditionen und Kontinuitäten: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Die USA ähneln eher einer Thalassokratie vom Typ Athens oder Venedigs, oder auch Portugals, nun aber ins Globale gewendet, aber mit einer breiten, fast schon kontinentalen Territorialbasis. Die USA wuchsen aus dem englischen Kolonialreich, dem größten Übersee- und Kolonialreich der Weltgeschichte, heraus und übernahmen nach 1945 weltpolitisch seine Positionen, soweit es die veränderten Bedingungen eben zuließen. Die SU dagegen gleicht mit ihrer straffen Zentralisierung und Militarisierung traditionellen Kontinentalmächten – Sparta im kleinen, Assyrien im großen. Nicht zufällig erinnert sowjetische Praxis immer wieder an Großreiche, die die Vorgeschichte der heutigen SU so unterschiedlich geprägt haben, in chronologischer Reihenfolge die mittelalterliche Kiewer Rus; Byzanz, das seinerseits in einer bis auf Assyrien zurückgehenden imperialen Tradition steht; das Mongolenreich, das größte Landreich der Weltgeschichte, bzw. die Tatarenherrschaft; das zaristische Rußland." (16) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die USA ordnen sich in die Kette älterer See-, Handels- und Finanzmächte ein, von Mykene und den Phönikiern samt Karthago über Athen mit seinen beiden Attischen Seebünden im 5. bzw. 4. Jahrhundert v. Chr., Venedig, Portugal und Holland, zuletzt dem Britische Empire als unmittelbaren Vorgänger des Imperium Americanum. Zur traditionellen Flotte traten im 20. Jahrhundert Luft- und Raketenflotten, mit jeweils dem dernier cri "smarter" Hightech-Wunderwaffen, konventioneller wie atomarer, mit Bomben und Granaten auch aus dem Weltraum. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Gleichwohl sind USA mehr als globale Thalassokratie mit Luft- und Raketenflotten: Das "American Empire" vergleicht sich selbst durch Sprecher und Vordenker gern mit dem Imperium Romanum, das überwiegend Land- und Kontinentalmacht war, aber mit starker Flotte. So zeichnet sich das römisch modifizierte Imperium Americanum durch Einzigartigkeiten aus, die welthistorisch seine Sonderstellung begründen: Äußere Attribute sind der römischen Tradition bewußt entnommen – das Staatswappen prangt mit dem imperialen Adler, der ein Bündel Blitze samt Friedenspalme in den Fängen hält, unter sich die Weltkugel und das lateinische Motto "Novus Ordo Seclorum" ("Neue Weltordnung"), der römischen Reichsideologie aus Vergils "Aeneis" verkürzt nachempfunden. (17) Seine klassizistische Staatsarchitektur vor allem in Washington D.C. mit dem "Kapitol" und seiner hochragenden Kuppel als Macht- und Herrschaftssymbol, "Leuchtturm für die erniedrigte und unterdrückte Menschheit", der "Senat" machen die USA zum Vierten Rom, nach Konstantinopel als Zweitem, Moskau als Drittem Rom. Washington D.C. war bei seiner Gründung 1790/91 konzipiert für einen Großstaat mit 50 Bundesstaaten und 500 Millionen Einwohnern, auch in seinen Dimensionen als nächstes Neu-Rom, das der Welt die "Neue Weltordnung" bescheren würde, wie Präsident Bush sen. 1991 nach dem 1. Irakkrieg stolz verkündete. Aber anders als das Römische Reich und traditionelle Imperien beruht die globale Macht der USA nicht auf weltweiten Annexionen und anschließende systematisch erzwungener Assimilierung, sondern bevorzugt eine Fülle von den USA abhängiger Klientelstaaten und den osmotischen Druck des "American way of life" als US-Variante seiner "mission civilisatrice", wie sie noch jedes Imperium entfaltete. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Erst der "präventive" Bushkrieg gegen den Irak machte einer verstörten Welt bewußt, was vorher schon Gelehrte, so der französische Soziologe Raymond Aron, wußten – die USA als "Imperiale Republik" (18): Seit dem Sturz des Imperium Sovieticum 1989/91 enthüllt sich heute die einzig übriggebliebene Weltmacht als das, was sich früh phantasiereiche Träumer wünschten: Das "American Empire" ist tatsächlich das "größte Imperium, das jemals bestanden hat", an der damaligen transatlantischen Peripherie Alt-Europas westlichste Endstation Sehnsucht des klassischen Wanderns der Großreiche von Ost nach West: "Westward the course of empire takes its way" (Bischof Berkeley, 1726). Hauptinstrumente sind das Übergewicht der US-Wirtschaft, der Dollar, seit 1945 Weltleitwährung, direkte wie Militärinterventionen, der Einsatz US-"Special Forces" gegen geltendes Völkerrecht bis hin zu unerklärten Kriegen: Vietnam- und 2. US-Irakkrieg 2003 waren bisher nur die offenste Form sonst bevorzugter indirekter Gewalt, auch durch abhängige Klientelstaaten, oft Diktaturen, mit Staatsterror von oben gegen das eigen Volk.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Die Alternativen der Number One seit 1991: Multi- oder Unilateralismus</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Untergang des Sowjetimperiums 1989/91 eröffnete dem "Sieger" im Kalten Krieg theoretisch zwei Alternativen, die sich praktisch einander ausschlossen – kooperativer Multilateralismus oder konfrontativer Unilateralismus: Eine globalisierte Ausweitung der USA als (für den industrialisierten Westen und Japan) "gütiger Hegemon" nun auf die ganze Welt, eine friedlich-schiedliche US-Weltpolitik, die das Wohl des Ganzen, auch zur Wahrung des Weltfriedens, mit wohlverstandenen legitimen, "aufgeklärten" Eigeninteressen verbunden hätte, wäre, selbst mit den USA als "Weltpolizist" im Dienste der UNO, konstruktiv bis erträglich gewesen. Voraussetzung waren Stärkung der UNO, pflegliche Behandlung der NATO-Verbündeten, Rücksicht auf legitime Interesse den "Rest der Welt" in verantwortungsbewußter zivilisierter Anwendung nur auf Zeit verliehener Macht. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im Schock des 11. September stürzten sich die Bush-USA in die Gegenalternative – Unilateralismus des "America First", verführt von der selbstzerstörerischen Logik des rasanten Aufstieges der "Number One" von der Kolonialperipherie zur himmelstürmenden Supermacht: Die Dynamik der Pleonexia und des nur noch national-egoistischen "National Interest" (Öl, Geopolitik) treibt sie im Griff zu den Sternen, mit "Star War" buchstäblich im und vom Weltall aus, zur (öffentlich nie zugegebenen) Weltherrschaft, auch gegen die überwältigende Mehrheit der Weltmeinung, gestützt auf ihre finanzielle und militärische Übermacht des "shock and awe", ohne Rücksicht auf Verbündete und den "Rest der Welt". "Krieg gegen den Terror" gerät zur globalisierten hightech-Neuauflage der Heiligen Allianz, mit hochtönendem moralischen Pathos zur Kaschierung des knallharten "National Interest". Zu dessen Verteidigung verkündet die Bush-Doktrin das Recht auf Präventivkrieg, zu jeder Zeit, überall in der Welt, wenn sich die USA bedroht fühlen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Doch konnten Schärferblickende schon früh die Grundierung der Bush-Linie in der US-Politik seit Vietnam vorausahnen (19): Während Johnson noch wähnte, die reichen USA könnten sich "Butter und Kanonen" (Hermann Göring) leisten, erlegte er mit Finanzierung seines Vietnamkrieges durch Inflation statt höhere Steuern dem Weltmarkt eine "taxation without representation" (S. 202). Von da an war der US-Hegemonie nicht mehr "gütig" ("benign"), sondern "negativ" – Zerstörung des Bretton Woods-Systems, Verstärkung des US-Protektionismus durch Trade Act und Abwertung des Dollar 1974 (S. 203). Reagan steigerte die Staatsverschuldung für immense Rüstung auf Kosten der Welt zum "Zutoderüsten" der Sowjetunion und ersten Griff zu den Sternen, den Bush jr. fortsetzt. Seit Reagan schwächten gezielte "Luftschläge" (Libyen, Sudan, Irak) als Rache für Terrorakte das Völkerrecht, jahrelange Verweigerung der US-Mitgliedsbeiträge die UNO. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im 1. Irakkrieg 1991 waren für die USA noch Völkerrecht, UNO und überwiegende Weltmeinung. Aber dialektische Folge des überwältigend asymmetrischen Sieges von oben und das faktische US-Protektorat über Saudi-Arabien – allmählich wachsender islamistischer Terror im asymmetrischen Krieg von unten – bereiteten den USA ein Knäul ideologisch-politischer Widersprüche: Zunächst bot bin Ladins, den die USA zuvor in Afghanistan gegen die Sowjetmacht selbst großgemacht hatten, der Monarchie an, Saudi-Arabien gegen Saddam Hussein mit von ihm finanzierten Freiwilligen zu schützen. Schroffe Ablehnung und massive Stationierung der US-Army im für Muslime Heiligen Land, auch über den 1. Irakkrieg hinaus, trieben bin Ladin zur Opposition gegen die Monarchie und die USA. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dazu stecken die Saudi-Ölprinzen in mehrfachen Widersprüchen: Nach innen stehen grenzenlose Reichtum samt Korruption im schreienden Gegensatz zur herrschenden streng puritanischen Wahhabiten-Variante des Islams, die mit Ölgeld diskret extrem terroristischen Islamismus schmiert, sich aber von den USA schützen läßt. Nach außen beißt sich das theokratische mit dem demokratisch-antiterroristischen US-Pathos. Obendrein machte die Bush-Familie mit Saudis und dem oppositionellen milliardenschweren bin-Ladin-Clan lukrative Geschäfte, rettete zweimal aus Bankrott Bush jr. saudisches Geld als wundersame Schutzengel. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Mit seinem Jihad-Terrorkrieg gegen die USA machte bin Ladin den Aufmarsch in den vielverleugneten "clash of civilisations" (Huntington) sichtbar, beantwortet vom "Kreuzzug" ("Crusade", Bush jr.) und Armageddon protestantischer Fundamentalisten, die den Islam als Religion des Teufels nur noch dämonisieren. Was aus der Geschichte der USA und ihrer inneren Verfaßtheit 1993 nur abstrakt warnend hochzurechnen war, wurde nach dem 11. September harte Wirklichkeit – der salto mortale in "selbstzerstörische Paranoia" ("self-destructive paranoia") (20). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dabei hätten Vordenker und Akteure der Bush-USA aus den Weltkriegen und dem zweimaligen Scheitern des Deutschen Reiches in seinem "Griff zur Weltmacht" (Fritz Fischer) richtige Lehren ziehen können: Niemand kann faktisch gegen die gesamte Welt gewinnen, auch nicht die Bush-USA auf dem Gipfel ihrer Macht. Sie verhalten sich wie Hegels "Weltvolk" als Vollstrecker einer höheren Logik: Ist dessen Zeit gekommen, so ist es "für solche Epoche das herrschende in der Weltgeschichte, und gegen dieses absolute Recht, Träger der jetzigen höchsten Entwicklungsstufe des Weltgeistes zu sein, sind die Prinzipien der anderen Völker rechtlos." (21) Ihr Griff zur Weltherrschaft macht die USA vollends zum Opfer hybrider Pleonexia: Eine Weltmacht, die noch mehr Macht will, mit dem 2. Irakkrieg als Auftakt zur Zerschlagung der "Achse des Bösen" ("Axis of Evil", Bush jr.), dem angemaßten, aber völkerrechtswidrigen Recht zum Präventivkrieg in angeblicher "Selbstverteidigung", überschlägt sich im nun globalen "imperial overstretch".</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Fundamentalismus im imperialen Volk Gottes</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der "American Dream" vom "größten Imperium, das jemals bestanden hat", kleidete sich in religiösen Fundamentalismus – das "amerikanische Israel", "Neue Zion", "Neue Jerusalem" verschmolz zum selbstbetrügerischen Syllogismus, der wörtlich ernst zu nehmen ist: "God's Own Country" "der unbegrenzten Möglichkeiten". Sein "Manifest Destiny" als göttliche "Mission" war es, das riesige Machtvakuum zwischen Atlantik und Pazifik, sodann den Doppelkontinent mit eigener Macht zu füllen, heute Demokratie als "Neue Weltordnung" dem Rest der Welt zu bringen, mit allen Mitteln. Schon die puritanischen Gründungsväter der ersten englischen Kolonien waren Fundamentalisten ihrer Zeit, zum Heil der gesamte Welt: "Was gut ist für Amerika, ist auch gut für die Welt". Gleichwohl blieben sie nur Bodensatz der imperialen US-Heilsideologie, überdeckt von rationaleren Strukturen der urbaneren Eliten der Ostküste. So ist der US-Fundamentalismus ein gutamerikanisches Eigengewächs, zuerst artikuliert mit der stilprägenden Zeitschrift "The Fundamentals" (1915) evangelikaler Kreise. Vor allem im "Bible Belt" im In- und Hinterland der Ostküste gewann der freikirchliche Kosmos aus der Tradition mittelalterlicher Sekten und Ketzer gesellschaftliche Macht. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fundamentalismen aller Weltreligionen nehmen ihre Heilige Schrift wörtlich, als göttliche Offenbarung Richtschnur ihres Handelns, kennen nur "Gut und Böse", sehen sich natürlich nur als das Gute, mit der "Mission", das "Böse" zu vernichten, einmündend in der Endschlacht Armageddon der Offenbarung des Johannes. Generell reagiert Fundamentalismus gegen die im (lateinischen) Westen dominierende Säkularisierung, Trennung von Religion, Staat und Gesellschaft, will die Rückkehr zum bis dahin universalen theokratisch-autokratisch/despotischen Gesellschafts- und Herrschaftsmodell, unter Führung der je eigenen "Frommen". </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Erstmals blitzte in den USA die fundamentalistische Option mit Präsident Reagan (1980-88) auf, als er die Sowjetunion ins "Reich des Bösens" ("Empire of Evil") verwies, sich danach jedoch pragmatisch zu Arrangements mit der (niedergehenden) Sowjetunion unter Gorbatschow bis zu ihrer Implosion bequemte. Ein Aufenthalt in den USA unter Reagan 1985/86 und Kenntnis der Weltgeschichte reichten, Mechanismen und Wirkungen des US-Fundamentalismus zu benennen: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Die Zahl seiner Anhänger wird in den USA gegenwärtig auf rund 15 Millionen geschätzt, ungefähr 5% der Gesamtbevölkerung. Gegenwärtig schickt sich diese Minderheit – als Sprecher der schweigenden, angeblichen Mehrheit – an, auf dem äußersten rechten Flügel der Republikanischen Partei in die Politik einzugreifen. Ihr bislang zahlenmäßig geringes Gewicht (5%) würde sich jedoch durch die Mechanismen der traditionell geringen Wahlbeteiligung in den USA (ca. 50%) in einem Zweiparteiensystem mit ungefähr gleichstarken Parteien automatisch auf einen Anteil von ca. 20% der Wähler der Republikaner vervierfachen, zumindest als Wählerpotential, auf das jeder republikanische Kandidat oder Präsident bzw. Parlamentarier Rücksicht nehmen müßte. ... Das massive Auftreten eines politisch organisierten und entsprechend intervenierenden protestantischen Fundamentalismus in den USA hätte verheerende Wirkungen, in den Vereinigten Staaten wie im westlichen Bündnis, denn sein militanter Super-Chauvinismus würde auch die an sich normalen Ressentiments der kleineren Bündnispartner gegen die sich ohnehin weiter überhebende Hegemonialmacht im Westen bis zur Krise oder zum Auseinanderbrechen des westlichen Lagers vorantreiben. Andererseits ist das Bild vom "Reich des Bösen" nur eine spiegelbildliche Symmetrie zu diversen Dämonisierungen ihrer Gegner durch die übrigen Fundamentalismen, vor allem durch den schi'itisch-muslimischen und atheistisch-säkularisierten des Kommunismus." (22) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die "Agonie de Sowjetimperiums" zeigte schon Folgen aus dem "Zusammenbruch" der "Pax Sovietica" ("Chaos von Konflikten im sowjetischen Machtbereich"), denkbar gewordene Vorgänge in der dann siegreichen Supermacht USA: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Sollte ungefähr gleichzeitig ein wie auch immer geartetes Mitregieren des aufkommenden protestantischen Fundamentalismus in den USA die bisher nur latente Krise im Westen verschärfen, so wären die Folgen für den Weltfrieden erst recht unabsehbar. Hegemonialer Machtkampf und heilsgeschichtliche Ideologien, theologisch gebunden wie säkularisiert, würden sich zu einem für die gesamte Menschheit gefährlichen Amalgam verbinden – auf beiden Seiten." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Genau das geschah konkret, was 1986 nur aus der Ferne abstrakt zu befürchten war: Die Durststrecke nach Reagan, unter dem durchgängig pragmatischen Bush sen. und liberalen Luftikus Clinton 1989-2000, nutzte das fundamentalistische Substrat mit systematischer Basis- und Lobbytätigkeit zum politischen Durchbruch, verbündet mit "neokonservativen" Ideologen aus "rechten" weltmachtbewußten "Think Tanks", die teilweise zwischen Regierung und Wirtschaft pendelten. (23) Im Millenniumsjahr 2000 gelang mit dem bekennenden "wiedergeborenen" Christen Bush jun. als republikanischen Präsidenten im Weißen Haus die Machtergreifung, gestützt auf fundamentalistisches Wählerpotential. 2004 will die "Religious Right" die USA zur "Christian nation" umwandeln, wie schon die Wahlplattform der Republikanischen Partei von Texas, der Heimat von Bush jr., proklamiert, zur nur noch republikanisch verschleierten Theokratie. (24) Heute ist die Prognose so fortzuschreiben: An die Stelle des sowjetisch-säkularisierten "Empire vor Evil" trat, im dramatischen Dreh der Hauptkonfliktlinien in der Welt von West-Ost auf Nord-Süd (25) und "Clash of Civilisations", das islamistische "Empire of Evil". Nur ist der neue Todfeind staatlich diffuser, weniger berechen- und angreifbar als das Sowjetimperium; seine Militanten verfechten die Ausbreitung des islamischen Geltungsbereichs mit dem bisherigen Extrem des asymmetrischen Krieges von unten im anders totalitären Jihad-Terror.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">3. Die Neue Heilige Allianz und ihre Widersprüche, interne wie externe</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Historische und kategoriale Vorklärungen ("asymmetrischer Krieg", "Terror") wie allgemeine Maßstäbe (Quantität-Qualität, "Pleonexia") erlauben Lehren aus der Geschichte, gewiß mit gebotener Vorsicht, denn Unterschiede nach Zeit und Raum, Strukturen und Akteuren sind enorm. Aber historische Mechanismen im Auf und Ab imperialer Macht, an denen die Alte Heilige Allianz zerbrach, gelten bis heute, auch für die USA. In der Neuen Heiligen Allianz ist ein engerer harter Kern und weiterer, "weicherer" Ring zu unterscheiden: Die Bush-USA, von Kopf bis Fuß auf Imperium und Armageddon eingestellt, wie die "Koalition der Willigen" im 2. Irakkrieg, von den USA abhängige Klientelstaaten, angeführt von der englischen ex-Kolonialmacht unter der Labour-Regierung Blair, zur Verschleierung des US-Unilateralismus. Zum weiteren Kreis zählen Teilnehmer am "Krieg gegen Terrorismus", aber in Spannung zum Hegemon USA. Jedoch ist 2004 die globalisierte Welt gegenüber dem Postkutschenzeitalter der Alten Heiligen Allianz noch komplizierter geworden, erst recht seit Ende des Imperium Sovieticum 1989/91: Schon die Zahl der Akteure hat sich seit beiden Weltkriegen dramatisch gesteigert, vom Dutzend 1815 auf rund 200, große wie kleine. Proportional umgekehrt zu heutigen Erfordernissen bleiben die Führer der Neuen Welt weit unter dem intellektuellen Niveau des Trio Metternich-Gentz-Bismarck Alt-Europas:</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Quantität und Qualität; Dialektik der Pleonexia</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In den aristotelischen Kategorien der Quantität und Qualität ist das erstmals wirklich weltumspannende Imperium Americanum ein welthistorischer Quantensprung, spielt in einer anderen Liga der Groß- und Weltreiche, als einsame Klasse: Dank ihrer Mobilität und ihrem weltumspannenden Netz faktisch exterritorialer Militärbasen können die USA –theoretisch – an fast jedem Punkt der Erde ihrer Wahl mit überwältigend numerischer und qualitativer (militärtechnischer) Überlegenheit zuschlagen. Zur quantitativen Stärke, schon im Umschlag zur Qualität, gehört auch der ständige "brain drain" aus der weiten Welt, Zuzug hochqualifizierter Kräfte, angelockt vom hohen Lebensstandard und günstigen Arbeitsbedingungen. Andererseits fällt die Analyse der Qualitäten differenzierter aus: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die USA schwelgen im Stolz auf ihre Demokratie, seit 1889 symbolisiert von der Freiheitsstatue am Hafeneingang New Yorks. Aber ein genauerer Blick zeigt gravierende Schwächen und interne Widersprüche: Schon die Unabhängigkeitserklärung von 1776 galt nur für wohlhabende Weiße, nicht Indianer und Sklaven samt freie Nachfahren: Die "Demokratie in Amerika" (Alexis de Tocqueville), gegründet auf dem doppelten Boden von Genozid und Sklaverei, will die beste Regierungs- und Staatsform der Geschichte sein, mit heilsgeschichtlicher "Mission". Seit dem Kalten Krieg aber haben die USA eine Fülle von Diktaturen gestützt und militärisch aufgerüstet, im harten Gegensatz zu ihrem demokratischen Credo. Zur faktischen Mindestqualifikation eines US-Präsidenten gehört, Millionär zu sein; sonst hat er keine Chance, die Millionen für seine Wahlkampagne aufzubringen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Der Durchschnittswohlstand in den USA, noch immer der höchste der Welt, ist ungleicher verteilt als sonst in Industrienationen: Millionäre bereichern sich auf Kosten ihrer Landsleute und des "Rests der Welt" mit Steuersenkungen, betrügerischen Aktienspekulationen, überhöhten Gehältern, nach Innen und Außen: Mit dem Sturz der Sowjetunion (und Umschalten der chinesischen KP auf einen analogen Tiger-Kapitalismus) entfiel jede ernsthafte Konkurrenz zur Marktwirtschaft, damit auch die Notwendigkeit, die Arbeiterschaft der Industrieländer durch Vergünstigungen stillzuhalten. Im Privatisierungs- und Deregulierungsrausch wird in Europa traditionelle Sozialpolitik als "Sozialklimbim" überflüssig, demontiert auch der bisherige Frontstaat Deutschland nach US-Vorbild Sozialstaat und "Soziale Marktwirtschaft" durch Stellen- und Sozialabbau zugunsten seiner notleidenden Millionäre und Milliardäre. Entsprechend beuten die USA die schwachen Staaten der einstigen "Dritten" und "Zweiten Welt" hemmungslos aus. In der Krise nach Auflaufen der USA im Irak macht die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm schwere Sozialkonflikte wahrscheinlicher denn je, diesmal auch in den USA. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Wie alle neue Machtzentren an der Peripherie stehen auch die USA in der Spannung zum altem Machtzentrum, zwischen Respekt ihrer wirtschaftlich-finanziell-militärischen Macht und Geringschätzung ihrer Kultur, die Bewohner alter Machtzentren (Alt-Europa, Indien, China) als Kompensation für machtpolitisch-ökonomische Minderwertigkeitskomplexe kultivieren, da an der Peripherie das Niveau der eigenen Kultur abgesunken sei. Über dominante Beiträge der USA zur Weltkultur (Pop, Discos, Fast Food, Coca Cola, Hollywood, moderne Kunst, PC mit Internet und Fachbegriffen, ubiquitäres "o.k." wohl in den meisten Sprachen der Welt) hinaus, zeigen sich Qualitäten der US-Funktionseliten in Wahlkongressen ihrer großen Parteien mit ihrer Mischung aus Karneval (bunten Luftballons, Konfetti), Zirkus und Polit-Familien-Klamauk, Verleumdungen in Wahlkämpfen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bildung USA kam zwar aus Europa, weist aber, wie Wohlstandsunterschiede, enorme Spannweiten auf: Gegenüber reichen Eliteuniversitäten vermitteln unzählige kleinere Universitäten und Colleges nur ein karges Minimum moderner Bildung, dazu High Schools und Elementarschulen, deren Niveau vom Einkommen der Kommunen abhängt. Spitzenleistungen hervorragender Spezialisten stehen Provinzialismus und generelle Weltfremdheit zu vieler Amerikaner gegenüber. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bush jr. gerinnt als US-Präsident zur perfekten Verkörperung des Durchschnitts seiner Landsleute: Der Sohn eines Millionärs, verbunden mit Erdöl und höchsten Staatsämtern, absolvierte eine Eliteuniversität (Yale), aber ohne erkennbare Wirkung auf seine Äußerungen in aller Weltöffentlichkeit, hilflos ohne Berater und Spickzettel. Sein halbes Erwachsenendasein verbrachte er, "young and irresponsible" (so Bush jr. selbst, jüngst öffentlich nachgeplappert von seinen Zwillingstöchtern), im Suff, bis er im Kater nach seinem 40. Geburtstag "Gott" erblickte – sich selbst und im Rausch Erbrochenes im eigenen Spiegel. Ebenso führt er auch die jüngste und größte Weltmacht der Geschichte – "young and irresponsible."</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Innere Wahrhaftigkeit</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Wer mit so hohem moralischen Anspruch auftritt wie die imperiale USA, muß sich an den eigenen Werten und Wahrheiten messen lassen. In dieser Beziehung gibt es wohl kaum einen solchen Temperatursturz der Weltmeinung wie seit dem 11. September im weltweiten Entsetzen über den 2. US-Irakkrieg samt Enthüllungen über das brutale Zuschlagen der US-Militärmaschine, das nur Toren als "Antiamerikanismus" abwerten. Vor allem litt, wie sogar die politische eine Hälfte der USA, die Demokraten, jüngst aussprach, die Glaubwürdigkeit des offiziellen Amerika. auf lange Zeit irreparabel: Die Lüge war dem amtlichen wie privaten Kriegstreiben so offensichtlich auf die Stirn geschrieben, daß es keinerlei geheimdienstlicher Quellen für die weltweite Ablehnung des 2. US-Irakkrieges bedurfte. Alle Kriegsgründe lösten sich in heiße Luft auf, viele Bedenken und Warnungen der Gegner des Irakkrieges traten jetzt schon ein: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Der Irak war tatsächlich von der Weltgemeinschaft für seine ABC-Waffen abgerüstet, konventionell wie im Innern so schwach, daß er niemanden bedrohte, sich seine Armeen unter der himmelhohen Überlegenheit der USA auflöste. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Der Krieg diente nicht der Glaubwürdigkeit der UNO, sondern war als Angriffskrieg völkerrechtswidrig, "illegal", wie UN-Generalsekretär Annan Mitte September 2004 öffentlich feststellte, eine Verletzung der UN-Charta. (Wie lange wird er seine korrekte Feststellung überleben – politisch im Amt oder gar physisch?). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bei aller Erleichterung bis Freude über den Sturz der blutigen Saddam-Diktatur, wurden die Amerikaner im Irak keineswegs als Befreier begrüßt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Ohnehin läßt sich Demokratie nicht mit kriegerischer Gewalt einer Gesellschaft überstülpen, die nicht schon von innen zuvor eigene Ansätze zur Demokratie hatte, wie Deutschland und Österreich vor 1933/38. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Erst recht illusionär wie moralisch fragwürdig bleibt die Vorstellung, es sei möglich, andere "Schurkenstaaten" im Nahen Osten aufzurollen, unter Druck oder gar militärisch, um so eine Zone der Demokratie und des Friedens zu schaffen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Saddams Irak hatte keine Verbindung zu al-Quaida und dem 11. September, ist nun aber – "self-fulfilling prophecies" – durch den Bushkrieg Tummelplatz islamistischen Terrors, zunehmend nun auch gegen die irakische Zivilbevölkerung. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Folterung irakischer Gefangener und harte Behandlung bei Razzien, Straßenkämpfen sind keine "Einzelfälle", die erst "bedauert" wurden, als sie öffentlich bekannt wurden, oder auch nur im Kriegsfall unvermeidliche "Kollateralschäden", sondern Teil eines Systems, das die USA auf den "Rest der Welt" überstülpen, so er sich weigert, dem Diktat der Welt-Übermacht zu folgen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Namentlich ist der 2. US-Irakkrieg kontraproduktiv: Er schmiedet selbst im Großen (wie Israel im Kleinen) legitimen nationalen Widerstand von unten gegen militärische Ziele fremder Besatzung oder Repression und islamistischen Jihad-Terror zu brisanten, kaum noch zu trennenden Komplexen zusammen: US-Staatsterror von oben fördert Guerrillakrieg von unten, wechselseitige Eskalation terroristischer Gewalt, auf beiden Seiten: Hier gilt noch nicht einmal mehr das archaische Prinzip "Auge und Auge, Zahn um Zahn", sondern Racheakte überschreiten jede Verhältnismäßigkeit der Mittel, wie es das internationale Kriegs- und Völkerrecht wenigstens "zivilisierten" Staaten zwingend vorschreibt. Die USA sind im Irak in die Falle gewaltsamen Okkupation-Widerstand-Repression-Terrors von oben und unten gesprungen, entgegen wohlmeinenden Warnungen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Symbol extremer Rechtslosigkeit ist der US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba, wo die USA im rechtfreien Raum "verdächtigte" "Terroristen" seit zwei Jahren unter unmenschlichen Bedingungen foltern, ohne Rechtsschutz: Den Stützpunkt hatten sich die USA schon 1903 als exterritoriale Exklave unter US-Hoheit gesichert, als sie das 1898 im manipulierten Angriffskrieg gegen Spanien "befreite" Kuba mit dem Platt-Amendment politisch als Klientelstaat an sich banden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bush jr. hat die Welt nicht "sicherer" gemacht, sondern ihr mit seinem "asymmetrischen" Irakkrieg von oben den Jihad-Terror im asymmetrischen Krieg von unten eingebrockt – weltweit. Er selbst und seine obersten Helfer trauen sich nicht, sich im Irak öffentlich am hellen Tage zu zeigen – aus Sicherheitsgründen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So wird die Koalition im "Krieg gegen den Terror" als (faktische) "Achse des Guten" gegen die "Achse des Bösen" im dialektischen Umkehrschluß zu eben derselben: In der Welt gelten heute die USA, Israel im Kleinen, mit ihren "schmutzigen Kriegen" als die größte Gefahr für den Weltfrieden.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Interne Widersprüche</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Interne wie externe Widersprüche zwischen Anspruch und Realität, noch so edlen Vorsätzen und ungewollten Rückwirkungen, die oft das Gegenteil von den Absichten hervorrufen, vielfältiger Widerstand gegen Invasionen von außen, die selbstzerstörerische Dialektik der Pleonexia, Niederlagen an der Peripherie (vor 30 Jahren für die USA Vietnam, heute: Afghanistan, wie einst für die SU, und Irak), moralische, politische und finanzielle Kosten ihrer Kriege holen auch die stolzeste Weltmacht ein, stürzen sie in Serien selbstgebastelter Dilemmata und Krisen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die heutige USA fühlen sich als die größte, jedenfalls mächtigste Demokratie, stolz darauf, durch die Amerikanische Revolution vor über 200 Jahren etwas welthistorisch Neues und Einzigartiges geschaffen zu haben, mit der gottgegebenen Mission, ihre Errungenschaften, Demokratie und den amerikanischen "way of life" auf die übrige Welt auszubreiten. Schon der weltweit offenkundig gewordene imperiale Charakter des größten Weltreichs der Weltgeschichte kollidiert mit dem demokratisch-freiheitlichen Pathos, mit dem die USA in ihrer antikolonialen Revolution einst angetreten waren: Imperien beruhen immer auf Eroberung und Herrschaft, wie auch die USA und ihre Expansion belegen, Demokratien dagegen auf freier Einsicht ihrer Bürger: Mit Bomben und Granaten erzwungene Freiheit und Demokratie sind erst recht ein unauflöslicher Fundamentalwiderspruch. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- "Demokratie in Amerika" wird fragwürdig, wenn nur 50% der Wahlberechtigten wählt, 2000 eine knappe Mehrheit für Bush jr. durch Irrationalitäten des Wahlsystems und mannigfache Manipulationen zustandekam – Streichungen von Afro-Amerikanern aus Wählerlisten, unkorrekte Auszählung im Schlüsselstaat Florida, wo ein Bruder Bush jr. als Gouverneur den Ausschlag für seinen älteren Bruder gab, sanktioniert vom ideologisch einseitig besetzten Obersten Gerichtshof. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die USA eifern gegen Korruption anderswo, aber die enge Verfilzung von Big Business und Regierungsämtern, Wahlfinanzierung und Riesenprofite aus dem Krieg gegen den Irak und seinen "Wiederaufbau" durch eben Bush jr. finanzierende Unternehmen ist nicht anderes als gigantische Korruption. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Himmelhohe militärische Überlegenheit stürzte die USA in ein globales Dilemma, das konventionelle Machtpolitik, kosmisch gesteigert, friedlich-konstruktiv nur unlösbarer macht: Asymmetrischer "Krieg gegen den Terror" von oben provoziert asymmetrischen Krieg als weltweiten Terror von unten, wie heute im Irak. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die Bush-USA wollen im "Krieg gegen den Terror" auch die "Demokratie" in der Welt ausbreiten, bedrohen aber mit Notstandsmaßnahmen des "Patriotic Act" Freiheit und Demokratie daheim im hausgemachten Polizei- und Repressionsstaat. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die innere Grundlage ihrer hilfswilligen Koalitionäre brüchig: Viele sind selbst Diktaturen, die eigentlich der Bannstrahl der modernen Kreuzritter für Demokratie treffen müßte. In Demokratien, deren Regierungen den 2. US-Krieg unterstützen, ist die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung gegen den US-Krieg (England, Italien, Polen; Australien), hat einmal schon eine Regierung deswegen abgewählt (Spanien), könnte es anderswo auch tun: Hilfswillige Regierungen verhalten sich in dieser zentralen Frage um Leben und Tod höchst undemokratisch. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Im weiteren Ring der Neuen Heiligen Allianz betreibt das postkommunistische Rußland mit seinem Tschetschenienkrieg Völkermord gegen ein von Zaren und Stalin geschundenes Volk, hetzt den Jihad-Terror gegen sich und Europa, da die Tschetschenen als Muslime nur vom Islamismus Hilfe erwarten können. Deutschlands und Frankreichs Appeasement gegenüber Putins staatsterroristischem Völkermord entwertet ihre Opposition zum Irak-krieg und das moralische Pathos der "Koalition gegen den Terror" als erweiterte Neue Heilige Allianz. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Ähnlich gespalten ist das Selbstwertgefühl der USA: Zum "militär-industriellen Komplex" (Eisenhower 1959) tritt jüngst der imperial-fundamentalistische Überlegenheitskomplex der Bush-USA: Überbordendes Allmachtsgefühl, gebrochen durch ebenso großes Angst- und Sicherheitsbedürfnis, das teilweise eigene An- und Absichten auf andere projiziert, verbindet sich mit heilsgeschichtlichem Missionsglauben zu einem brisanten Amalgam. Weltunkenntnis, Überschätzung der eigenen Macht und abnehmende Akzeptanz im "Rest der Welt", wenn überlegene Macht den "US-National Interest" erzwingt, mit Dollars und "shock and awe", endet im chronischen "imperial overstretch". Heute sind die USA im Innern so gespalten wie seit langem nicht mehr, wie die ex-Präsidenten Carter und Clinton auf dem Wahlkongreß der Demokraten feststellten, von außen historisch präzisierend hinzuzufügen: nicht mehr so gespalten wie im Bürgerkrieg 1861-65 und Vietnamkrieg, als für besorgte Amerikaner ihr Land vor dem Zerbrechen stand. Der tödliche Haß der beiden fast gleichstarken Hälften im politischen Teil der USA gegeneinander ist typisch für kommende Bürgerkriegssituationen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Zudem ereilt die USA die Dialektik der Faktoren, die eine Macht groß machten und wieder untergehen lassen: Die Bush-USA steigert das Eigeninteresse des autonomen Individuums, Erbe der lateinischen Gesellschaft Europas seit seiner Selbstorganisierung von unten aus dem Chaos nach dem Untergang des Weströmischen Reiches 476, zum obersten Prinzip gigantischer Selbstzerstörung. In der Unabhängigkeitserklärung 1776 ist es ökonomisch gewendet ("pursuit of happiness = hohen Lebensstandard) zum höchsten Staatszweck mit Verfassungsrang, verstaatlicht zum "National Interest" als grenzenlosem Kollektiv-Egoismus, der dem "Weltvolk" alles erlaubt, auch über Rechte anderer und das Völkerrecht hinwegzugehen: "National Interest" materialisiert die Freiheit des "American Dream" zum selbstausgestellten Freibrief, sich mit ökonomisch-finanziell-militärischer Macht den höchsten Lebensstandard auf Kosten der Welt und die größte (kurzfristig profitable) Verschwendung von Ressourcen und Energien zu leisten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Alles läßt sich zur selbstzerstörenden Dialektik der Pleonexia zusammenfassen, die auf die stärkste Macht der Welt mit der größten Verantwortung für den Zustand der Welt zurückfällt: Die Bush-USA wähnen, im Zeitalter der Globalisierung die gesamte Welt zu beherrschen, direkt wie indirekt, mit Annexionen bis zur "Koalition der Willigen". Aber finanziell chronisch überschuldet, mit einer von innen erodierenden Wirtschaftsbasis, droht ihnen das Schicksal aller Großreiche auf ihrem Siegeszug – Überdehnung ihrer Kräfte, schwere Niederlagen nach außen an der Peripherie, Erschütterungen nach innen, bis hin zu Kollaps und Untergang.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Flucht in den US-Fundamentalismus: Armageddon als apokalyptische Endschlacht</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In historischen Perspektiven liest sich die "selbstzerstörerische Paranoia" (Susan Strange) seit dem 11. September als Flucht vor dem Kollaps in höhere Gefilde religiöser Zwangsvorstellungen: Allen Fundamentalismen, religiösen (christlich-jüdisch-islamistisch-hinduistischen usw) wie säkularisierten "links" und "rechts" eignet als Volk Gottes gnadenloses Freund-Feind-Denken, tödliche Rivalität zu konkurrierenden Fundamentalismen: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" (George W. Bush jr. nach dem 11. September), "With us or against U.S." (frei nach Cheney) (26). Auf der offiziellen Trauerfeier für die Opfer des 11. September erklärte der katholische Erzbischof von New York seine Landsleute zum "Volk Gottes", traf so genau die Gemütslage des fundamentalistischen Amerika. Die von Bush jr. oft benutzte segnende Abschlußformel seiner Ansprachen "God bless America" sanktioniert amtlich die Selbst-Heiligsprechung der USA als "Christian Nation", im Rückfall zu theokratisch-autokratischer Herrschaft eines "Weltvolkes" als Vollstrecker des metaphysisch überhöhten "Weltgeistes": Der deutsche Idealismus meinte einst mit Hegel die Deutschen als kommendes "Weltvolk", heute benehmen sich die Bush-USA und ihre Ideologen als neues "Weltvolk" – ihres Gottes. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Fusion des "militär-industriellen" Komplexes (Eisenhower) mit noch brisanterem heilsgeschichtlich-imperialen Welterlösungs- und Weltherrschaftsideen eskaliert die geistlich-theokratische Selbst-Weihe älterer "Welt"reiche, und wenn nur, um ihre "Zivilisation" in der Welt auszubreiten, Französisch hübsch heruntertransformiert zur "mission civilisatrice". Desto tiefer fällt der Sturz aus schwindelnden Höhen, schon heute tödlich für direkt Betroffene, wie im Irak. Die Einteilung der Welt nur in "Gut" und "Böse" bereitet Armageddon als "self-fulfilling prophecy" vor – Aufmarsch sich gegenseitig bekehren wollender Fundamentalismen aller Couleur, "auf zum letzten Gefecht": Jede "Achse des Bösen" fühlt sich selbst auch als "Volk Gottes, dem alles erlaubt ist, dessen Zweck alle Mittel heiligt. Umgekehrt ist jedes "Volk Gottes" ("Gut") für die Gegenseite "Achse des Bösen", "Satan", metaphysisch aufgeladener, dämonisierter, diabolisierter Erzfeind. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fundamentalismen aller Länder sind inniglich vereinigt in der Dialektik religiöser Wahnideen, haben nichts zu verlieren als ihren jeweiligen Todfeind, mit dem sie dialektisch Selbstzerstörung zelebrieren, die eigene wie der Menschheit, in der von ihnen herbeigesehnten Endschlacht zwischen den augenblicklich stärksten Fundamentalismen, dem protestantischen der USA und verwandten Geistern wie Blair und Berlusconi, alliiert mit dem jüdisch-israelischen, gegen den islamistischen, jetzt unter seinem Möchtegern-Neukalifen Osama bin Ladin. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch Bush jr. fühlt sich von (seinem) Gott berufen, einen göttlichen Auftrag ("mission") zu erfüllen ("accomplish"), keiner irdischen Instanz verantwortlich, auch nicht der US-Verfassung, in der Gott als rational nachvollziehbare Instanz nicht vorkommt, treibt aber nur die Welt in apokalyptische Abgründe – mit tödlicher Sicherheit: "Armageddon" aus der Johannes-Offenbarung, Untergang der schlechten "Alten Welt" als katastrophaler Auftakt zum "Neuen Zion" und "Neuen Jerusalem", ist im amerikanischen (und englisch-schottischen Fundamentalismus eines Tony Blair) ein positives, tatkräftig zu förderndes Ereignis. Im jüdischen Ur-Messianismus, der gemeinsamen Quelle, heißt das, "dem Messias helfen", mit Gewalt "Feinde Gottes" vernichten, so auch im Islamismus. Solche religiöse Wahnvorstellungen, zumal an der Spitze der (noch) stärksten Weltmacht, sind blasphemisch und gemeingefährlich: Sie sind eine Kriegserklärung an den Rest der Welt, zur Strafe dafür, daß er sich nicht dem neuen Volk Gottes bedingungslos zu fügen. sind selbstzerstörerisch, auch für den von den US-Imperialen so herzlich verachteten "Rest der Welt": "Et semper respice finem!" ("Und stets bedenke das Ende!").</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Ausblick: Wo bleibt das Positive?</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Vor über einem Jahrhundert beendete der große liberale Althistoriker Theodor Mommsen im letzten Band seiner mit dem ersten Literaturnobelpreis ausgezeichneten "Römischen Geschichte" eine ausführliche plastische Schilderung der Zustände im alten Rom der niedergehenden Republik – Schwelgen in Reichtum, krasse Kluft zwischen Reich und Arm, Korruption, vielfältiges Verbrechen – mit einem lapidaren Satz, der heute nur noch erschrecken kann: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Alles, was in der heutigen Welt das Kapital an argen Sünden gegen Zivilisation und Nation begangen hat, bleibt so tief unter den Greueln der alten Kapitalistenstaaten, wie der freie Mann, sei er auch noch so arm, über dem Sklaven bleibt; und erst wenn Nordamerikas Drachensaat reift, wird die Welt wieder ähnliche Früchte zu ernten haben." (27) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dennoch wäre jede Schadenfreude über das Aufgehen der "Drachensaat" und den kommenden Fall der Bush-USA töricht bis selbstzerstörerisch – wir im Westen sitzen alle im selben Boot: Eine islamistische Umma, durch Jihad-Terror von unten zum neuen "Weltvolk" in ihrem theokratischen Weltstaat hochgebombt, wäre mit super-totalitären Konsequenzen eine noch größere Katastrophe als das immerhin demokratisch gemilderte "American Empire", und China hinter dem Islam als übernächstes "Weltvolk", wie schon in den Olympiaden von Sydney und Athen angeklungen, wäre für die übrige Welt auch kein Zuckerschlecken. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Eine Alternative zum drohenden Armageddon der Welt-Fundamentalismen läßt sich theoretisch leicht benennen, hat aber gegen heute vorherrschende Mentalitäten und Machtverhältnis kaum Aussicht auf Erfolg. Immerhin sei sie abschließend wenigstens skizziert, und wenn nur zur eigenen seelischen Beruhigung: Das Schlüsselwort bietet wieder ein klassische "Alter", der heilige Augustin – Gerechtigkeit": "Ohne Gerechtigkeit sind Staaten nur Räuberhöhlen". Dem wäre, im Blick auf die heutige Welt, kaum noch etwas hinzufügen, bleibt aber konkret umzusetzen: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Altfränkische "Gerechtigkeit" wäre zu modernisieren zu "Fairness", politisch vor allem Fairness für Muslime, wo immer sie unterdrückt oder in legitimen Forderungen behindert sind – Autonomie, Selbstbestimmung nach innen und außen, notfalls bis hin zur Unabhängigkeit, z. B. für Kurden und Tschetschenen. Womit sich aber auch die Forderung verbindet, gleiches für Nicht-Muslime zu gelten zu lassen. Nur dann besteht – vielleicht noch – Aussicht, den vom Westen (USA, Israel; Rußland) durch vielfältigen Staatsterror von oben als falschen "Krieg gegen den Terror" zusammengeschweißten Widerstandsterror von unten wieder zu trennen, in seine legitime und nur noch terroristisch-kriminelle Bestandteile, vielleicht nicht mehr für Drahtzieher und Führer des Jihad-Terrors, aber wenigstens für die Massenbasis, die von religiösem Machtwahn verheizt wird. Dazu müßte jedes Denken in imperialen Kategorien aufhören, müßten alle Menschen als im Prinzip gleichberechtigt gelten, müßte die UNO endlich als wirkliche Weltorganisation funktionieren dürfen, und nicht mehr, wie bisher meist, als Instrument US-amerikanischer Machtpolitik. Die Weltgemeinschaft führte keinen US-"Krieg gegen den Terror", sondern nur Kampf gegen den Terror – gezielte Polizeiaktionen gegen nur noch kriminelle Elemente und politisch-ökonomisch-soziale Lösungen für die breite Mehrheit der Mißhandelten und Mißbrauchten. Das wäre der Kern der konstruktiven Alternative, die Oppositionelle gegen den US-Bush-Irakkrieg und russischen Putin-Tschetschenienkrieg forderten, aber bisher ohne sichtbare Konkretisierungen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Natürlich klingt alles super-idealistisch und wäre in komplizierte Einzelentscheidungen umzusetzen. Aber ohne eine wenigstens theoretische Alternative wäre die Dynamik der gegenwärtigen Weltentwicklung nur noch hoffnungslos.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Anmerkungen</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(1) Herfried Münkler: Die neuen Kriege. Reinbek 2002.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(2) Karl Grobe-Hagel: Krieg gegen Terror? Al Qaeda, Afghanistan und der "Kreuzzug" der USA. Köln 2002.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(3) In der Kürze instruktiv Henry A. Kissinger: Die Vernunft der Nationen. Über das Wesen der Außenpolitik. Aus dem Amerikanischen. Berlin 1994, S. 84-97.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(4) Für die eigene Interpretation Imanuel Geiss: Die Europäische Revolution 1848-1998. Makro- und welthistorische Perspektiven, in: Heiner Timmermann: 1848. Revolution in Europa. Verlauf, politische Programme, Folgen. Berlin 1999, S. 69-94.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(5) Für eine ausführliche Analyse gerade der wirtschaftlich-finanziellen Achillesferse der Weltmacht USA, noch vor ihrem 2. Irakkrieg, Emmanuel Todd: Weltmacht USA. Ein Nachruf. Aus dem Französischen. München 2003.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(6) So der für sich selbst sprechende Titel von Jean-Baptiste-Duroselle: Paris 19...</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(7) Für die allgemeinen universalhistorischen Mechanismen I. Geiss: Great Powers and Empires: Historical Mechanisms of their Making and Breaking, in: Geir Lundestad, Hg.: The Fall of Great Powers. Peace, Stability and Legitimacy. Oxford u.a. 1994, S. 23-43.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(8) Krieg gegen den Westen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(9) Grundlegend Michael Mann: Geschichte der Macht, 2 Bde., Aus dem Englischen. Frankfurt/Main 1993, Bd. I: Von den Anfängen bis zur Griechischen Antike, S. 274f.; Bd. II: Vom Römischen Reich bis zum Vorabend der Industrialisierung, S. 38-42, 110; 109-113.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(10) Andreas Herberg-Rothe: Der Krieg. Geschichte und Gegenwart. Campus Einführungen. Frankfurt/Main 2003, Stichwort "Asymmetrische Kriegführung" im "Glossar", S. 152.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(11) I. Geiss Der Jugoslawienkrieg. Frankfurt/Main 1992.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(12) Dazu der klassische Überblick vom lebenslänglichen Experten Walter Laqueur: Terrorismus. Kronberg/Ts. 1977.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(13) Für eine in der Kürze noch heute augenöffnenden historischen Erklärung und Einordnung vgl. Hans-Ulrich Wehler: Grundzüge der amerikanischen Außenpolitik 1750-1900. edition suhrkamp 1254. Frankfurt/Main 1983, S. 99-110.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(14) Ebenda, S. 117.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(15) Hans-Jürgen Schröder: Frontier – Mythos und Realität in den USA, in: Irene Diekmann, u.a. Hg.: Geopolitik. Grenzgänge im Zeitgeist, 2 Bde., Potsdam 2000, Bd. I, S. 239-256, mit instruktiven Zitaten, vor allem S. 274f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(16) Ausführlicher schon in der Endphase des Kalten Krieges Imanuel Geiss: Krieg und Frieden heute. Anmerkungen eines Historikers (1984), in: ders.: Zukunft als Geschichte. Historisch-politische Analysen und Prognosen zum Untergang des Sowjetkommunismus, 1980-1991. Stuttgart 1998, S. 158f.; ferner in: ebd.: Der Ost-West-Konflikt als globaler Hegemonialkonflikt (1986), S. 180f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(17) Dieses und viele andere eindrucksvolle Zitate bei Hans-Ulrich Wehler: Nationalismus. München 2001, S. 55-61, von denen einige hier noch folgen; auch ders: Gründzüge der amerikanischen Außenpolitik 1750-1900. edition suhrkamp 1254. Frankfurt/Main 1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(18) Schon Wehler (1984; Anm. 17) ist ganz auf das "American Empire"-Leitmotiv eingestellt. Vor ihm schon u.a. die "revisionistische", selbstkritische Schule, angeführt von William A. Williams: The Roots of the Modern American Empire. New York 1969; L. Gardner: Creation of the American Empire. Chicago 1973.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(19) Susan Strange: The "Fall" of the Unitdes States: Peace, Stability and Legitimacy, in: G. Lundestad, Hg.: The Fall of Great Powers. (Anm. 7), S. 197-211, vor allem S. 202-207.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(20) Susan Strange 1993, ebenda, S. 207.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(21) Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über Naturrecht und Staatswissenschaft. Hamburg 1983, § 164, S. 256, zitiert nach: Franz J. Bauer. Das 'lange' 19. Jahrhundert. Profil einer Epoche. Reclam 17043, Stuttgart 2004, S. 54.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(22) I. Geiss: Ost-West-Konflikt (Anm. 16), S. 185, für das folgende Zitat ebenda, S. 185f..</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(23) Für Details vgl. Hans Leyendecker: Die Lügen des Weißen Hauses. Warum Amerika einen Neuanfang braucht. Reinbek 2004.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(24) Robert Abele: A Turn to the (Religious) Right, in: http://www.truthout.org/docs_04/printer_091404K.shtml, mit eindrucksvollen Zitaten, dazu bibliographischen Hinweisen auf Sprecher der US-"Christian Nation"-Bewegung wie ihrer amerikanischen Kritiker.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(25) So schon früh I. Geiss: Krisenherde überall, in: Evangelische Kommentare 3/1991, S. 270f., geschrieben im Dezember 1990, zitiert nach ders.: Zukunft als Geschichte (Anm. 16), S. 256f., unter dem Zwischentitel "Chaos in der 'Dritten' Welt", angesichts des damals drohenden 1. Irakkrieges mit Prognosen, die, zeitversetzt, teilweise erst mit dem 2. Irakkrieg zumindest tendenziell eintraten bzw. noch eintreten – nationalistische Fundamentalismen in muslimischen Ländern bis hin zu "einem Flächenbrand des arabischen Terrorismus im Westen", "der alle erreichten Ansätze zu multikulturellen und toleranten Gesellschaften zerstören würde: Alle Araber im Westen rutschten unvermeidlich in den Verdacht, Terroristen zu sein, entweder weil sie es wirklich freiwillig wären, oder weil sie unter den Druck militanter arabischer Kräfte gerieten, Terroranschläge auszuüben."</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(26) Zitiert nach H. Leyendecker: Ebenda, S. 59: "Und er hat eine Mission, die seine Anhänger so in Worte fassen: "With us or against U.S."</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(27) Theodor Mommsen: Das Weltreich der Caesaren. Zitiert nach der Ausgabe Wien und Leipzig 1933, S. 60.</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Imanuel Geiss</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Krieg gegen Terror und Asymmetrischer Krieg</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Inhalt</span></h2> <p class="inhaltsverzeichnis"><span style="font-size: 18px;">     I. Drei notwendige Vorklärungen</span><br /><span style="font-size: 18px;">          1. Macht und Ohnmacht der (Alten) Heiligen Allianz, 1815-1854</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Das Konzept Gentz-Metternich: Vermeidung der Revolution durch Friede</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Restauration und Reaktion: Kompromiß mit der Revolution vs. Neoabsolutismus</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Zwei interne Widersprüche: Verfassung und Autonomie</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Systeminterne Machtkonflikte innerhalb der Pentarchie</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Die Industrielle Revolution</span><br /><span style="font-size: 18px;">          2. Asymmetrischer Krieg und Krieg gegen Terrorismus</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Macht und ihre kriegsgeschichtliche Folgen: 3x Aristoteles</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Asymmetrischer und Symmetrischer Krieg, von oben und unten:</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Terror, von oben und unten</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Widerstand und Terror</span><br /><span style="font-size: 18px;">      II. Weltmacht USA und ihre "Globalisierung"</span><br /><span style="font-size: 18px;">          1. Aufstieg der USA: Von der Peripherie zum globalen Machtzentrum</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Von der Monroe- zur Bush-Doktrin, 1823-2003</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Das Imperium Americanum: Globale Thalassokratie und Viertes Rom</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Die Alternativen der Number One seit 1991: Multi- oder Unilateralismus</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Fundamentalismus im imperialen Volk Gottes</span><br /><span style="font-size: 18px;">           3. Die Neue Heilige Allianz und ihre Widersprüche, interne wie externe</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Quantität und Qualität; Dialektik der Pleonexia</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Innere Wahrhaftigkeit</span><br /><span style="font-size: 18px;">               Interne Widersprüche</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Flucht in den US-Fundamentalismus: Armageddon als apokalyptische Endschlacht</span><br /><span style="font-size: 18px;">                Ausblick: Wo bleibt das Positive?</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Anmerkungen</span></p> <hr /> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Sache nach ist "asymmetrischer Krieg" älter, "Krieg gegen Terror" seit dem 11. September zur Rechtfertigung des Irakkrieges 2003 brandneu. 1815 war in Europa konventioneller Krieg noch relativ gezähmt, im modernen Massen- und Technikkrieg, mit dem US-Bürgerkrieg 1861-65 und den Balkankriegen 1912/13 als blutigen Vorspielen, mutiert zu "totalen" Weltkriegen. "Asymmetrischer Krieg" und sein dialektisches Pendant "symmetrischer Krieg" drängen zu weiteren Unterscheidungen – jeweils von oben und unten, wie Avers und Revers einer Münze.</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die jüngste Phase heißer Globalisierung seit dem 11. September 2001 schuf neue Begriffe, die ältere Vorgänge umschreiben – "Terror", "Terrorismus"; "asymmetrischer Krieg", "neue Kriege" (1). Beide hängen, zeitlich wie sachlich, eng zusammen, provozieren jedoch im "Krieg gegen Terror" (2) Erinnerungen an die Heilige Allianz von 1815. An ihr interessieren keine Nostalgie, in verklärender oder hämischer Absicht, sondern realhistorische Gründe für ihr Scheitern, wie ihrer globalen Neuauflage, der imperialen Bush-USA. Deren Mächtigen würden sich dreimal bekreuzigen, in solche Nähe gerückt zu werden. Dennoch lohnt es sich, Parallelen und Unterschieden beider Heiligen Allianzen nachzugehen.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">I. Drei notwendige Vorklärungen</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Zum besseren Verständnis sind drei Leitbegriffe vorab historisch zu klären – Heilige Allianz, asymmetrischer Krieg, Terror, jeweils mit älteren Vorläufern.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">1. Macht und Ohnmacht der (Alten) Heiligen Allianz, 1815-1854</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Heilige Allianz gab nach dem Endsieg über Napoleon I. machtpolitische Ratifizierung und religiöse Sanktionierung der Neuordnung Europas im Wiener Kongreß 1815. Vorläufer seit 1495, Koalitionen des Heiligen Stuhles gegen Frankreich oder das Osmanische Reich, hießen "Heilige Liga", mit Rußlands Zutritt gegen den Sultan 1686 schon stilprägend "Heilige Allianz". Die Heilige Allianz 1815 stiftete Zar Alexander I. als Dauerbündnis kontinentaler Monarchien gegen die Französische Revolution und von ihr freigesetzte Nationalismen, auch zur Verschleierung der faktischen Hegemonie seines autokratischen Zarenreiches. England erklärte nur laue Sympathie. Aber auch so war die Heilige Allianz die stärkste Machtzusammenballung ihrer Zeit, zwar nicht zentralisiert, sondern locker gruppiert um wolkige Ideologien, sanktionierte das neue Gleichgewicht der fünf (Groß)Mächte (Europäischen Pentarchie), zunächst der vier Sieger von 1814/15 – Österreich, Rußland, Preußen, England: Brüderliche Eintracht der Monarchen sollte den Frieden sichern.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Das Konzept Gentz-Metternich: Vermeidung der Revolution durch Friede</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Kopf der Heiligen Allianz war der österreichische Staatskanzler Fürst von Metternich, der Intellekt hinter ihm sein Berater Friedrich von Gentz. Ihr Ideal monarchisch-konservativer Restauration prägte Europas Machthistorie bis zum Krimkrieg: Nach den verheerenden Revolutions- und Napoleonischen Kriegen 1792-1815 wollten sie durch Gleichklang der Großmächte künftigen Großkriegen und Revolutionen vorbeugen, weil Verlierer, wie Frankreich 1789, sich nach einer schweren Niederlage der Revolution zuwenden würden, um aus den Tiefen der revolutionierten Gesellschaft neue Kräfte zur Rückgewinnung ihrer Großmachtstellung zu mobilisieren. Österreich, just seinem ersten Kollaps knapp entronnen, sollte zum Überleben mit subtiler Diplomatie Rußlands Übergewicht auf dem Kontinental vor allem durch die Seemacht England balancieren. (3) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Das Duo Gentz-Metternich fand im zentralen Punkt der Krieg-Revolution-Relation Bismarck als großen Nachfolger: Als preußischer Botschafter hatte er in Rußland die Bauernbefreiung 1861 als Folge der Niederlage im Krimkrieg aus der Nähe miterlebt. Seitdem fürchtete er, der Verlust des nächsten Großkrieg werde in Rußland die nächste Revolution auslösen, die soziale oder panslawistische, mit Rückwirkungen auf Europa. Deshalb vermied er den Krieg mit Rußland, den Moltke wollte, auch die deutsche Linke (Zentrum, Liberalen, SPD) in der Bulgarienkrise 1885-87 als nachgeholten 1848er Traum zur Befreiung Polens und Zerschlagung des Zarismus: Metternich wie Bismarck bestätigte der Erste Weltkrieg mit totalitären Folge"revolutionen" links in Rußland 1917, rechts in Deutschland 1933. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So dialektisch um die Ecken gedacht das Gentz-Metternich-Kalkül theoretisch war – die Realitäten waren noch komplizierter und stürzten es, nach ersten Scheinsiegen, mit Revolutionen und Kriegen, die es vermeiden wollte: Die Praxis ihrer friedenserhaltend gemeinten Strategie verhedderte die Heilige Allianz heillos in Komplikationen der heraufziehenden Modernen und interner Widersprüche – internes Dilemma der Restauration, Inkompatibilität ihrer Mittel, Rivalitäten der Großmächte, Folgen zweier Militärinterventionen gegen Nationalrevolutionen, elementarer Strukturwandel der Industriellen Revolution nun auch auf dem Kontinent.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Restauration und Reaktion: Kompromiß mit der Revolution vs. Neoabsolutismus</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Grundwiderspruch, der die Heilige Allianz zerriß, war von vornherein in ihre Fundamente eingebaut: Ihr Leitprinzip Restauration war schon Kompromiß mit der Revolution, da sich die Zeit vor 1789 nicht integral zurückdrehen ließ. Wie im englischen Präzedenzfall, der ersten postrevolutionären "Restoration" 1660, kehrte das post-napoleonische Frankreich mit seiner "Restoration" 1814/15 nicht zur absoluten Monarchie zurück, wie die "Ultras" wollten, sondern mit der "Charte Constitutionnelle" zur (beschränkt) konstitutionellen. Selbst dem Deutschen Bund verordnete der Wiener Kongreß für die Bundesstaaten mit "landständischen Verfassungen" dieselbe Brisanz: "Stände" wiesen auf die vorabsolute Monarchie, "Verfassung" war seit 1789 eine revolutionäre Forderung – in Preußen und Österreich trieb die Nichteinlösung der Verfassungsversprechen mit zur Revolution 1848. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Analog beließ die Restauration der (konstitutionellen) Monarchie in Frankreich die Besitzverhältnisse, wie die Revolution sie erzwungen hatte: Der Adel kehrte nicht als geschlossener Stand auf seine Güter zurück, konnte sie individuell kaufen, als Teilnehmer am seit "mobil" (= frei verkäuflich) gewordenen "Immobilien"markt. So trieb die "Milliarde der Emigranten" 1825, von Karl X. als Staatsanleihe aufgelegter Kreditfond für Adlige, die Güter kaufen wollten, um der Rückkehr zum Absolutismus eine soziale Basis zu geben, im dialektischen Gegenschlag nur die Opposition zur Julirevolution 1830. Auch sonst provozierte "Restauration" als blanke neoabsolutistische Reaktion durch Rückkehr zum vorrevolutionären Ancien Régime Nationalrevolutionen, 1820 in Italien (Neapel, Piemont), Spanien und Portugal. Mit deren Niederschlagung eröffnete die Heilige Allianz postwendend die eigene Krise. Als Karl X., Haupt der französischen "Ultras", die Rückkehr zur absoluten Monarchie erzwingen wollte, stürzte ihn prompt die Julirevolution 1830.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Zwei interne Widersprüche: Verfassung und Autonomie</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Das Grunddilemma der Restauration zwischen monarchischem Konstitutionalismus ("Charte") als konstruktive Konzession an die Revolution und absolutistischer Reaktion ("Ultras") schuf zwei weitere Widersprüche, formal innerhalb der Monarchien, die sich politisch-friedlich nicht lösen ließen: Einer war doppelt intern (Konflikt mit dem eigenen Reichsvolk); der andere, unter dem Mantel der gemeinsamen Monarchie, gleichsam extern (Konflikt mit fremdstämmigen Untertanen, die meist durch Eroberung unter die Herrschaft der Monarchen geraten waren).</span></p> <h5><span style="font-size: 18px;">a) Konfliktlinien nach innen, I: Freiheit (= Verfassung) für die eigenen Leute</span></h5> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Zur Zementierung des status quo durch Restauration gehörten die geheiligten Prinzipien monarchische Legitimität und Solidarität: Legal war nur die eigene Herrschaft. Da die Heilige Allianz mehr oder weniger absolut regiert war, zwang Solidarität nur monarchisch legitimierter Mächte zur Niederhaltung aller von unten kommenden Kräfte, wie sie die Französische Revolution zuerst en masse freigesetzt hatte. So sahen sich Liberale und (damals revolutionäre) Demokraten in die Opposition, gar den revolutionären Untergrund abgedrängt: Nach nationalen und lokalen Eruptionen im "Vormärz" explodierte er 1848 als Europäische Revolution. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Noch brisanter waren neoimperiale Nationalbewegungen der beiden Großvölker ohne eigenen Nationalstaat, der Italiener und Deutschen in postimperialen Machtvakuen seit 476 (Untergang Westroms) und 1198 (Thronstreit zwischen Staufern und Welfen im mittelalterlichen Imperium Romanum). Die Fusion von wiederbelebtem Reichspatriotismus und modernem Nationalismus im Zweiten (kaiserlichen) und Dritten (nationalsozialistischen) Reich der Deutschen war mit beiden Weltkriegen welterschütternd, ergänzt durch das Bestreben des linken Flügels im Risorgimento-Nationalismus, das Imperium Romanum tunlichst wiederherzustellen, gipfelnd im italienischen Faschismus des ex-Linkssozialisten Mussolini. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auf Dauer konnten sich die Monarchien der Heiligen Allianz nur im Gleichklang mit ihren seit 1789 in Bewegung geratenen Gesellschaften behaupten, hätten sich theoretisch evolutionär zu Verfassungsstaaten als konstitutionelle, gar parlamentarische Monarchien wandeln müssen, wie Englands Doppelrevolution 1640-60 und 1688/89 im Übergang zur parlamentarischen Monarchie 1701 schon vorexerziert hatte: Als logische Folge seiner Verfassung wie machtpolitischen Interessen ging das parlamentarisch regierte England sofort auf Distanz zur Heiligen Allianz, scherte bald aus der monarchischen Solidarität aus, indem es Nationalismen unterstützte, zunächst 1821 der Griechen im Osmanischen Reich. Ebenso logisch ist das Versagen der autokratisch-absolutistischen Monarchien, freiwillig grundlegende Strukturreformen zu leisten, die Großreiche bisher selten zustande brachten.</span></p> <h5><span style="font-size: 18px;">b) Konfliktlinien nach innen, II: Autonomie für fremdstämmige Untertanen</span></h5> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Auch gerieten die dynastisch-multiethnischen Großreiche der Heiligen Allianz in den zweiten Mahlstrom von unten, den 1789 freigesetzt hatte, in den externen Flügel des Binnenkonfliktes mit annektierten fremdstämmigen Untertanen, eingebunden in Großreiche, während ihr Adel in den Reichsadel aufsteigen konnte. Ihr Nationalismus war inspiriert von Herder, der deutschen Romantik und Französischen Revolution, unterstützt von England, seit der Februarrevolution 1848 auch von der "Grande Nation" (Napoleon I.). Meist wollten fremdstämmige Untertanen vom Reichsvolk zunächst nur Autonomie. Wurde sie verweigert, radikalisierte sich ihr Nationalismus zur Unabhängigkeit in Sezession, die das ganze Reichsgefüge sprengen konnte: Zum Überleben hätten die Monarchien der Heiligen Allianz auch ihren Fremdvölkern Autonomie im Rechts- und Verfassungsstaat bieten müssen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Aber Autonomie verweigerten ihren Fremdstämmigen sogar die beiden westlichen Musterknaben, das englische Parlament den katholischen Iren und calvinistischen Schotten, das fortschrittliche Frankreich mit ihrem Dogma der "nation une et indivisible" ("unteilbaren Nation") allen Bürgern jenseits der langue d'ouïl mit Zentrum in und um Paris. Erst recht war der (damals noch revolutionäre) Rechts- und Verfassungsstaat unvereinbar mit Absolutismus von Gottes Gnaden. Da auch das Arrangement mit Fremdvölkern der dynastischen Großmächte ausblieb, drifteten beide Hauptströmungen der Zeit – demokratisch-republikanischer Konstitutionalismus und Nationalismus – zusammen und rissen 1848 Dämme ein (4), im kontinentalen Großversuch für Pyrrhus-Siege der Völker seit dem Ersten Weltkrieg.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Systeminterne Machtkonflikte innerhalb der Pentarchie</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Noch bevor schon 1815 angelegte interne Konflikte hinter Fassaden monarchischer Harmonie und Solidarität ausbrachen, stürzte harte machtpolitische Rivalität der Großmächte, die fromme Sprüche ihrer gekrönten Häupter nur verdeckt hatten, an gleich zwei Fronten die Heilige Allianz in die Krise. Einer winzigen, für Zeitgenossen kaum wahrnehmbaren Differenz scheinbar nur formalen Charakters entsprangen handgreifliche Interessenkonflikte und irreparable Risse: Nach dem Wiener Kongreß schlossen Rußland, Österreich, Preußen und England die Quadrupelallianz, ein Bündnis der vier Siegergroßmächte, formal zur Garantie des 2. Pariser Friedens 1815, der Sache nach zur Isolierung der fünften Großmacht der Pentarchie, des postrevolutionär-postnapoleonischen Frankreich. Aber die Heilige Allianz umfaßte nur die Mächte des Kontinents (außer Papst und Sultan), das besiegte Frankreich kam erst 1818 dazu, womit die Quadrupelallianz eigentlich schon erledigt war. England begnügte sich mit einer vagen Sympathieerklärung für die Ziele der Heiligen Allianz. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zugleich zeigte sich die unlösliche Verquickung innerer und äußerer Faktoren in jeder Machtpolitik, Verfassungsfragen und Außenpolitik zwischen Krieg und Frieden: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">1.) Eine neue Lage schufen Militärinterventionen der Heiligen Allianz 1821 und 1823, exekutiert von Österreich und Frankreich, gegen Nationalrevolutionen in Italien und Spanien: England verweigerte sich. Militärisch siegten die Interventionen mit überlegener Macht und stellten den Absolutismus wieder her, verletzten aber politisch das ureigene Prinzip der Restauration, Kompromiß zwischen Revolution und Reaktion. Auch änderte sich nichts an der Grundproblematik beider Länder – Aufbruch zum Risorgimento, dem italienischen Nationalstaat; strukturelle Dauermalaise Spaniens seit Abdankung als Großmacht im Pyrenäenfrieden 1659 bis zum Ende der Franco-Diktatur 1975. Folgen verschärften sich langfristig, jenseits des Atlantiks durch die Monroe-Doktrin 1823, ein weltbewegendes Kapitel für sich. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">2.) Der griechische Unabhängigkeitskrieg 1821-29 zwang die Großmächte zur Stellungnahme und riß Machtkonflikte auf, die rasch die Heilige Allianz sprengten: Wien lehnte aus monarchischer Solidarität jede Hilfe für die Griechen ab (wie 1804 für die Serben, denen Rußland beisprang) und ließ ihren Aufstand vom Kongreß der Heiligen Allianz in Verona 1822 verurteilen. Frankreich aber, seit 1526/36 Verbündeter, später Schutzmacht des Osmanischen Reiches, seit 1789 Vorkämpfer des modernen Nationalismus, scherte nach der blutigen Rückeroberung der Peloponnes und Athens durch die Osmanen 1825-27 unter Druck des europäischen Philhellenismus aus seiner Schutzhaltung für den Sultan, gefolgt von Rußland. Beide schlossen sich England an, das schon früh die griechische Unabhängigkeit stützte, zur bewaffneten humanitären Intervention: Mit dem autokratischen Rußland verleugnete nun sogar die Vormacht der Heiligen Allianz zwei ihrer Grundprinzipien – Solidarität der Monarchen, Abwehr der (nationalen) Revolution. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Englands und Rußlands Motive waren konträrer Art: Englands Philhellenismus paßte zu seiner Rolle als zweite Schutzmacht europäischer Nationalismen gegen die konservativen Monarchien des Ostens/"Nordens". Das autokratische Rußland dagegen nutzte die nationalrevolutionären Griechen (wie seit 1804 Serben, später Armenier) als einheimische Speerspitze zur Destabilisierung des Osmanischen Reiches und Vollendung seines "Griechischen Projektes" von 1781 – Gründung eines griechischen Kaiserreiches in Konstantinopel als russischen Klientelstaat. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Schon der griechische Unabhängigkeitskrieg gab der Heiligen Allianz den Todesstoß: Nach Verona 1822 hielt sie keinen Kongreß mehr ab, Versuche, sie zu erneuern, scheiterten in europäischen Krisen. Sie verschied im 7. Russisch-türkischen Krieg 1853, mit Englands und Frankreichs Eingreifen 1854 zur Rettung des Sultans erweitert zum Krimkrieg – die Westmächte standen offen, Österreich in bewaffneter Neutralität verdeckt gegen Rußland. Dessen Drang nach Konstantinopel trieb England nach dem Frieden von Adrianopel 1829 zur Beendigung des 6. Russisch-türkischen Krieges, der fast schon die feindliche Übernahme des Osmanischen Reiches erzwang, zum folgenschweren Stellungswechsel: Mit Frankreich hielt es die Wacht am Bosporus, schon um Rußland vom Mittelmeer fernzuhalten, bis die Jungtürken 1908 Schutz am scheinbar mächtigeren Deutschland suchten.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Die Industrielle Revolution</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Alle interne Widersprüche und Konfliktlinien waren, jede für sich, gar zusammen, schon brisant genug. Zusätzlich gebündelt und potenziert wurden sie durch umwälzende Wirkungen der von England seit ca. 1760, mitten im Siebenjährigen Krieg, ausgehenden Industriellen Revolution: 1815 hatte sie, vor allem über Belgien, schon den Kontinent erreicht, aber ohne daß selbst hellwache Geister schon ihre auch politisch revolutionierende Wirkungen erahnt hätten. Mit der Annexion der Rheinprovinzen, die Frankreich am nächsten standen, fast 20 Jahre lang von republikanischen wie napoleonischen Frankreich annektiert waren, verleibte sich Preußen sein "fortschrittlich" anrevolutioniertes, sich nun industrialisierendes (so nie genanntes) "Westelbien" ein, in untergründiger, bald auch vordergründiger Spannung zum sozio-ökonomisch rückständigen, politisch dominierenden Ostelbien. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Langfristig entzog die Industrielle Revolution ökonomisch, sozial und politisch (beschränkt konstitutionellen bis autokratischen) Monarchien die Basis, stärkte den Anspruch Bürgertum auf Mitsprache bis Dominanz und schuf mit dem Proletariat eine neue Klasse, deren Führer (meist aus dem Bürgertum) die soziale und politische Revolution betrieben, am umfassendsten Marx und Engels im "Kommunistischen Manifest" vom Januar 1848. Dazu verschärfte und verband die Industrielle Revolution interne Spannungen der Kronen mit Reichsvölkern und Fremdstämmigen, flossen in Folgerevolutionen seit 1830 soziale und politische Forderungen nach "Freiheit" zusammen – Rechts- und Verfassungsstaat für die kommende Staatsnation; Autonomie bis Unabhängigkeit für "nationale" Minderheiten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Schon ökonomisch wirkte die Industrielle Revolution politisch subversiv: Der Rechts- und Verfassungsstaat forderte, nach englischem Vorbild, Planungssicherheit für Investitionen, nationale Einheit als gemeinsamen Markt der "National"ökonomie mit einheitlichen Münzen, Maßen und Gewichten, wie die 3. Strophe des "Deutschlandliedes" (1841) treffend umschreibt, heute erst wieder mühsam zu dechiffrieren: "Einigkeit (Nationalstaat mit Zentralregierung) und Recht und Freiheit (Rechts- und Verfassungsstaat) für das deutsche Vaterland (Deutscher Bund in den Grenzen des Alten Reiches bis 1806) sind des Glückes (materiellen Wohlstandes) Unterpfand" (Garantie). Autonomie oder Souveränität zog die Verfügung über Bodenschätze, Ressourcen, Wirtschaftspotential nach sich. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Jedoch waren die Mächtigen der Heiligen Allianz mit solchen Einsichten vor ihrem Untergang überfordert, und wir Nachgeborene können leichter nachträglich unbeabsichtigte Wirkungen ihres wohlgemeinten, aber insgesamt fehlgeleiteten Kalküls erkennen. Immerhin sah noch der alte Metternich, von der Märzrevolution 1848 aus der Macht verjagt, zu Beginn des Krimkrieges die Folgen einer Teilnahme am drohenden Großkrieg für das sich seit 1848/49 nur noch durchwurstelnde Österreich hellsichtig voraus: Wie auch immer der Krieg ausginge, stünde am Ende die soziale und nationale Revolution, die Habsburg nicht überleben würde. Metternichs direkte Nachfolger folgten 1854 seinem Rat und blieben neutral, verlängerten so aber die Agonie des Habsburgerreiches, vergaßen oder ignorierten sie 1914: 1918 traf genau ein, wovor Metternich 1854 gewarnt hatte – Untergang in der Revolution nach verlorenem Großkrieg. Aber selbst Wiens bewaffnete Neutralität gegen Rußland 1854 eröffnete die Rivalität beider dynastischen Kaiserreiche auf dem Balkan. Ihre konfligierenden Expansionslinien lösten über Sarajevo 1914 den Ersten Weltkrieg aus, der den USA den Weg zur Weltmacht ebnete, vollendet vom zweiten Akt der Selbstzerstörung Alt-Europas, dem Zweiten Weltkrieg samt Folgen – Dekolonisation, Kaltem Krieg, Ende der Sowjetunion 1989/91.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">2. Asymmetrischer Krieg und Krieg gegen Terrorismus</span></h3> <h4><span style="font-size: 18px;">Macht und ihre kriegsgeschichtliche Folgen: 3x Aristoteles</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Objektive Kategorien und allgemeingültige Maßstäbe für ein rationales Verständnis der Machtgeschichte mit ihren komplexen Strukturen und Prozessen erfordern innere Distanz zum aktuellen Geschehen. Dazu ist möglichst weit zurückzugehen, bis zum archimedischen Punkt, den Aristoteles in seiner "Politik" als theoretischen Zugang zur strukturellen Erklärung der Macht anbietet, mit nach über 2300 Jahren taufrischen allgemeingültigen Einsichten, denn in der Machtgeschichte schlagen historische Mechanismen bis heute durch, auch im Zeitalter der Globalisierung. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">1. Aristoteles definiert klassisch knapp "die Macht eines jeden Staates" durch "Quantität" und "Qualität", extrem komprimierte Kürzel komplexer Inhalte, Mega-Idealtypen zur Analyse der Realhistorie wie unserer brisanten Gegenwart: "Quantität" (Territorium, Bevölkerung) ist meßbar, "Qualität" komplexer– "Freiheit" (modern: Rechts- und Verfassungsstaat), "Adel" (= Funktionselite), Wohlstand, Bildung. Heute läßt sich die aristotelische Handreichung fortschreibend zuspitzen: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur "Qualität" gehört auch das Selbstwertgefühl einer Kollektividentität, der von Religion oder Ideologie sanktionierte Glaube an sich selbst, der Berge versetzen, aber auch Hybris erzeugen kann, die schon die alten Götter bestraften. "Qualität" zählt oft mehr als "Quantität". Die Aristoteles-Definition wird zur Faustregel – M(acht) = Quantität x Qualität², analog zur Leibniz-Formel für kinetische Energie, E = mv², erlaubt Orientierung über 5000 Jahre Machtgeschichte. Aristoteles meinte nur den eigenen Staat, die griechische Polis, wo es nur "Freiheit" in seinem Sinne gab; heute gilt jedoch seine Formel für alle Faktoren Weltgeschichte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">2. Der nächste Schlüsselbegriff findet sich auch schon bei Platon – "Pleonexia", Mehrhabenwollen von Macht (und Geld), Machtmonopol durch Ausschaltung anderer Machtzentren im Aufstieg zu Groß- und "Welt"reichen, die bisher nur ihre bekannte Welt beherrschten. Aber der Zwang zu steter Eroberung, deren Ende sich Herrschende auf ihrem Höhepunkt gar nicht vorstellen können, endete noch stets im "imperial overstretch" (Paul Kennedy) (5): Niederlagen an der Peripherie, Aufhören von Beute und Tributen, Schuldzuweisungen eröffnen Krisen und Umsturz (heute: Revolutionen): "Tout empire périra" (6) (jedes Imperium geht unter). (7) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">3. Prinzipien, die einen Staat groß machen, führen auch zu seinem Untergang, sinngemäß zu konkretisieren durch einseitige Verabsolutierung, wie in selbstzerstörerischer Dialektik von Pleonexia und Machtexpansion: Aus "Sinn wird Unsinn, Wohltat Plage. Wehe Dir, daß Du ein Enkel bist!" (Goethe, Faust I).</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Asymmetrischer und Symmetrischer Krieg, von oben und unten:</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der neue Leitbegriff "asymmetrische Krieg" umschreibt bei uns seit dem Symboldatum des 11. September irreguläre Feindseligkeiten, die immer terroristischer werden. Jedoch gab es schon stets in der Kriegs- und Militärgeschichte eine Differenz, die der 11. September erst auf den Begriff brachte: Gemeint war im Westen nur "asymmetrischer Krieg" von unten, gegen die eigene Seite, vorrangig die USA (8). Erst jüngstes Erschrecken im weltweit dominierenden "Westen" über die "neuen" "asymmetrischen" Kriege (von unten) zeigt, daß unser Bild vom Krieg seit Beginn der Zivilisation und imperialer Machtzentren im Alten Orient vom symmetrischen Krieg geprägt ist (9) – reguläre Kriege regulärer, in der Neuzeit uniformierter Armeen, Kriegserklärungen, rangierte Schlachten, die in Geschichtsbücher und Straßennamen der Sieger eingingen, Waffenstillstände und Friedensschlüsse. Kriegführende standen, zivilisatorisch wie militärisch, auf gleicher Augenhöhe, zu Fuß, Pferd oder Streitwagen, zu Lande und Wasser. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zivilisierung des Krieges zwischen Staaten im zivilisierten Europa seit dem 18. Jahrhunderte institutionalisierte sich in Genfer Rotkreuzkonventionen zur Behandlung von Verwundeten und Kriegsgefangenen seit 1864. Die Haager Landkriegsordnung 1907schreibt u.a. formelle Kriegserklärungen zwingend vor, gebietet der Besatzungsmacht, die öffentliche Ordnung in besetzten Gebieten aufrechtzuerhalten, Eigentumsrechte der Bewohner zu wahren. Hinzukamen nach 1945 Urteile der Nürnberger und Tokioer Kriegsverbrecherprozesse, 1948 die UN-Konvention "zur Verhütung und Bestrafung von Völkermord". </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Weitgehend unbemerkt, tobten daneben oft auch (bisher so nie genannte) "asymmetrische" Kriege (10), dialektische Analogie zum "symmetrischen Krieg". Die Kodifizierung des internationalen Kriegsrechts seit der Haager Landkriegsordnung 1907 zog zu ihm sogar scharfe Grenzen – Kämpfer außerhalb regulärer Armeen müssen zumindest eine gut erkennbare Armbinde tragen und einer klaren Befehlsstruktur unterstehen; sonst droht ihnen Standrecht durch Erschießen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Für beide Kriegsarten nützlich wird die Unterscheidung von oben und unten. Schon Aristoteles erschließt strukturelle Gründe für "asymmetrische" Kriege, denn Folgen aus seiner Quantität-Qualität-Relation sind bestürzend: Großreiche/mächte waren/sind stark durch Quantität und Qualität. Asymmetrie zivilisatorischer "Qualitäten" machte ihre Konflikte mit fragmentierten Völkern der Peripherie automatisch zu asymmetrischen Kriegen – von oben durch erdrückende militärische Überlegenheit, von unten als einzige Waffe auf dem offenen Schlachtfeld sonst hoffnungslos Unterlegener, auch ohne theoretische Systematisierung durch Mao-tse Tung, erst recht wenn zivilisiert-imperiale "Übermenschen" in "Arroganz der Macht" (Fulbright) auf verachtete "wilde" oder "barbarische" "Unter"- bis "Nichtmenschen" trafen. "Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer" – Indianer wurden in den USA erst 1924 als Menschen anerkannt, Aborigines in Australien 1964, "Buschmänner" (San) in Südafrika nach dem Sturz der Apartheid 1994. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Asymmetrische Kriege von oben erhielten selten Namen (u.a. "Germanen-", "Indianer-", "Kaffernkriege" Roms, der USA, Südafrikas), dagegen moderne asymmetrische Kriege von unten in der "zivilisierten Welt" – Guerrilla ("Kleinkrieg") seit Spaniens Volkswiderstand gegen die französische Eroberung 1808; Franctireurs im deutsch-französischen Krieg 1870/71 und zu Beginn des Ersten Weltkrieges 1914 in Belgien; Kommandos im Burenkrieg gegen Englands militärische Übermacht 1901/2; Partisanen im Zweiten Weltkrieg gegen die Achsenmächte, die nur "Banden" kannten; nach 1945 nationale oder koloniale Befreiungskriege. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Stets nutzten "asymmetrische" Krieger von unten taktische Vorteile schützender Rückzugsgebiete (Wüsten, Sümpfe, Wälder, Gebirge) und der Nacht zu Überfällen "aus dem Hinterhalt", gelegentlich mit imperialer Kriegstechnik, wie in der Varusschlacht 9 n. Chr. in Germaniens Sümpfen und Wäldern unter dem als römischen Offizier kriegserfahrenen Arminius ("Hermann dem Cherusker"). So teil(t)en sich Eroberer/Besatzer und Widerstand notgedrungen Raum und Zeit – Städte, befestigte Stützpunkte, (von Eroberern oft erst gebaute) feste Straßen, später Eisenbahnen am Tage den im asymmetrischen Krieg von oben Überlegenen; die Weiten ihrer Rückzugsgebiete auch bei Tag, sonst Städte und Verbindungswege auf dem Lande bei Nacht den Unterlegenen: Asymmetrischer Krieg von oben und unten unterscheidet sich wie Tag und Nacht, trifft sich aber in einem Punkt zu tödlicher Parität und Symmetrie: Sie sind ohne Grenzen, ohne für den "Feind" erkennbares Gesicht, wenn er sich vermummt oder mit Tanks, Flugzeugen und Raketen aus dem Weltall zuschlägt, zu jeder Zeit, an jedem Ort, rücksichtslos.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Terror, von oben und unten</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Versuch zur theoretischen Klärung des Terrors ist keine Apologie, sondern soll seine dialektische, sich wechselseitig steigernde Verschränkung mit Widerstand erklären: Eskaliert haushohe militärische Überlegenheit im regulären Krieg zum Staatsterror von oben (nach außen als Eroberung, nach innen als Zwangsassimilierung), provoziert er Widerstandsterror von unten, ebenfalls mit Mord und Totschlag, Massakern als Massentötungen Unbewaffneter. Die sie steuernden Mechanismen trieben in unzähligen Varianten nach Raum, Zeit und historischen Voraussetzungen zu mehr Gewalt, bedrückend universal mit todbringender Präzision. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Terror" geht zurück auf den jakobinischen "Terreur" 1793/94, sogar als Selbstbezeichnung, später übertragen auf ältere Vorgänge im alten Rom und in Byzanz. Im 20. Jahrhundert wurde "Terror" politischer Kampfbegriff ("bolschewikischer", der sich selbst in die Tradition des jakobinischen stellte), NS-Terror im Dritten Reich, von dessen Gegner so zur Selbstverteidigung bezeichnet, nach 1945 auch andere Terrorregime, so Saddam Husseins im Irak. Jakobinischem und bolschewikischem "roten" Terror folgten "weißer" Gegenterror. Heute dient "Terrorismus" zur Stigmatisierung jeglichen noch so legitimen Widerstands von unten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im Widerstand nach außen und innen gegen Eroberung wie Repression wirkt ein Gewirr sich wechselseitig überlagernder Dialektiken terroristischer Gewalt: Widerstandsterror von unten gegen "Staatsterror" von oben verschärft Staatsterror, der Widerstandsterror meist radikalisiert. Arroganz der Macht und Machtrausch der Pleonexia treiben in selbstgemachte Staatsterror-Widerstand-Todesmühlen, in tödlichem Haß. Dann werden sogar Unterschiede der inneren Struktur im Spektrum zwischen totalitären und demokratischen Besatzern/Assimilanten sekundär, wenn Unverhältnismäßigkeit staatsterroristischer Mittel im schon ritualisierten Wechsel von Terror und Gegenterror, Vergeltung und Rache ad infinitum dieselbe Wirkung zeitigt: Selbst kurzfristige militärische "Erfolge" zerrinnen "Siegern" mit moralischen und ökonomischen Verlusten. Frankreich zahlte nach 1945 zweimal bitter für die Lektion, in Vietnam und Algerien (danach machten beide "Sieger" analoge Erfahrungen), die USA in ihrem Vietnamkrieg und nun im Irak. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wo bei Unterlegenen Kräfte mit Siegern kooperierten, glitt Widerstand gegen Eroberung und/oder Repression in Bürgerkriege, traf (und trifft) Widerstandsterror auch eigene Volksangehörige, die mit dem "Feind" "kollaborierten". Spätestens dann schwinden im asymmetrischem Krieg von unten endgültig (ohnehin weitgehend virtuell-fiktive) Grenzen zwischen "legitimen" militärische Zielen (Eroberer, Besatzer; Repressionsorgane) und Terror gegen das eigene Volk. Es bleibt die moralische Verantwortung der Mächtigen, die mit (noch so edel begründetem) "asymmetrischen Krieg" von oben die Situation schufen – blutige Verzweiflungstaten im "asymmetrischen Krieg" von unten. Ein bedrückendes Beispiel bietet das moderne Jugoslawiens mit Ketten sich einander bedingender Eroberung und Repression, wechselseitiger Massaker und ethnischer Säuberungen. (11) Selbst der Partisanenkrieg im Zweiten Weltkrieg enthielt mit Kämpfen zwischen Titos kommunistischen Partisanen und royalistischen Chetniks, 1945 Massakern der siegreichen Partisanen (meist vom Lande stammend) an Städtern, die den Widerstand nur lau oder gar nicht unterstützt hatten, auch Elemente des Bürger- und Klassenkrieges. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nach 1945 ist palästinensischer Terror logische Antwort auf gewaltsame Ausbreitung des Staates Israel, militärische Eroberung, Terror-Massaker (Deïr Yassin 1948), Enteignungen und Vertreibungen, nach dem Sechstagekrieg auf Verweigerung eines palästinensischen Staates und Konfiszierung von Boden zum Bau strategischer Siedlungen in den besetzten Gebieten als selbstgelegte Brandsätze. Die Eskalation im "Heiligen Land" haben Kulturzionisten um Martin Buber schon vor einem Jahrhundert als Folge des nationaljüdischen Zionismus hellsichtig vorausgesagt. Ähnlich wehr(t)en sich Kurden gegen türkischen, Tschetschenen gegen russischen, Kaschmiri gegen indischen, Iraker gegen US-Staatsterror, usw, usw. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Scharf davon zu trennen ist moderner Terror in Verfassungsstaaten als Protest gegen (angebliche oder wirkliche) Mißstände im eigenen Lande oder anderswo, von klassischen Anarchisten des 19. und 20. Jahrhunderts bis zur RAF in der Bundesrepublik und Nachfolgeorganisationen, "Roten Brigaden" in Italien (12). "Widerstand" gegen meist persönlich gar nicht erlittene, sondern nur abstrakte empfundene Ungerechtigkeit schlug in totalitär-terroristische Gewalt als Selbstzweck um, die noch so noble Vorsätze ins Gegenteil kehrte, um für die eigene "Sache" weltweit Aufmerksamkeit zu gewinnen. In der historisch-politischen Realität können sich beide Stränge des Terrorismus zu einem Zopfmuster terroristischer Gewalt vereinen, wie deutsche Gruppen mit Affinität zu und logistischer Unterstützung von palästinensischen Terrorgruppen, die im "nationalen" Widerstand gegen Israel begannen, oder nun auch im von den USA eroberten/"befreiten" Irak seit 2003. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ein Kapitel für sich ist der islamistische Jihad-Terror gegen die USA zur Ausweitung der "Pax Islamica" (= dhar-al-Islam = Haus des Friedens), Osama bin Laden sein kommender Kalif, Nachfolger Mohammeds, der gläubigen Muslimen auf einem Schimmel in der Schlacht voransprengt, wie ihn islamistische Propaganda malt. Ausbildungslager der al-Quaida und anderer islamistischen Gruppen sind moderne Fortsetzungen des "ribat" (Wehrkloster), in dem regionale Erneuerer des Islams bewaffnete Anhänger sammelten, bevor sie im "Jihad" einen theokratischen Gottesstaat mit eigener Dynastie gründeten. Jihad-Terror geht formal von unten aus, ist aber im vorauseilenden Gehorsam gegen Allah, vorweggenommener theokratischer Staatsterror von dann oben gegen "Ungläubige" und Abweichler, die als laue oder "falsche" Muslime, gar Apostate, ohnehin dem Tode verfallen sind; "Jihad"-Terror ist stets auch innermuslimischer Bürgerkrieg, nährt sich propagandistisch aus Gewalt Nicht-Muslimer gegen Muslime, übersieht aber muslimische Gewalt gegen Muslime (Kurden) wie Christen (Nordnigeria, Indonesien). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Jüngste Kombinationen archaischer und hightech-Methoden gegen Zivilisten – entführte Passagierflugzeuge als Lufttorpedos auf "weiche" Ziele, Selbstmörder-Autobomben, weltweit ausgestrahlte Enthauptung Entführter, Geiselnahme und Ermordung von Kindern – lösen sich weiter vom seit dem 18. Jahrhundert in Europa eingehegten "zivilisierten" Krieg, werden zuletzt nur noch kriminell, jüngst in Beslan (Nordossetien). Mit Präventivschlägen zerbomben die USA, bald auch Rußland, letzte Reste des mühsam errungenen Völkerrechts. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Andererseits sind jüngste Grausamkeiten unmenschlich und menschlich zugleich: Menschen in Verzweiflung reagieren nun einmal so. Jeder verantwortungsbewußte Verantwortliche sollte realistisch damit rechnen, bevor sein Staatsterror von oben die Terrorspirale eröffnet. Je höher die Prinzipien, auf die sich eine Macht beruft, desto größer muß die Übereinstimmung zwischen Zielen und Mitteln sein. Demokratische, gar christliche Staaten verletzten mit Staatsterror von oben, in Umkehrung des Kantschen kategorialen Imperativs, das allgemeine Völkerrecht und ihre eigene Glaubwürdigkeit, diskreditieren sich moralisch und delegitimieren sich eigenhändig, erst bei ihren "Feinden" (die im Zweifel spiegelbildlich entsprechend handeln), dann bei ihren Verbündeten, zuletzt auch beim eigenen Staatsvolk.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Widerstand und Terror</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Wust widerstreitender Emotionen erschließt sich dem Historiker am ehesten ein Strang des Terrors – Widerstand gegen Eroberer, wie seit dem Guerillakrieg in Spanien gegen Napoleon I. 1808-13, gegen assimilierende Repression in modernen Nationalstaaten, von armenischen "Terroristen" 1895 bis Aceh und Ost-Timor (Indonesien), Darfur (West-Sudan) 2004. Dort wurde niemand als Terrorist geboren, sondern terroristische Gegengewalt von unten ist hausgemacht, vom Staatsterror in Repression legitimer Forderungen, wie besonders Israel/Palästina, Tschetschenien mit seinen "schwarzen Witwen und Irak zeigen, begünstigt durch eine Religion, die gewaltsame Durchsetzung eigener Ziele predigt oder impliziert. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hier beginnen neue Probleme: Wat dem eenen sin "Terrorist", "Bandit", "Separatist", is dem andern sin "Widerstands- und Freiheitskämpfer", gar "Held". Klassisches Beispiel sind die "Siccarier" (lat.: "sicca" = Dolch) der Juden zur Zeit Jesu, der bewaffnete Arm der Zeloten (= "Eiferer"), die jüdische "Kollaborateure" in Massenansammlungen bei hohen jüdischen Feiertagen erdolchten, weshalb sie griechisch "lestai" = "Mörder" hießen, auch in der Passionsgeschichte. Ihre modernen Nachfahren, "Irgun" und "Stern-Bande", galten mit Anschlägen gegen Araber und die britische Mandatsmacht als "Terroristen", wurden im Staat Israel durch Pensionsberechtigung Kämpfern der "Haganah" gleichgestellt und rehabilitiert, konnten sich mit der "Cheruth" (=Freiheits)-Partei politisch organisieren, Kern des seit 1977 in wechselnden Koalitionen meist regierenden Likud-Blocks. Der heutige Ministerpräsident Ariel Scharon, seinerzeit eigentlicher Gründer des Likud-Blocks, begann seine militärische Karriere als Kommandeur einer Sondereinheit, die gezielt "Vergeltungs"- und Racheschläge gegen Araber führte, oft in Überschreitung oder Mißachtung der Instruktionen von seinen politischen Auftraggebern, wenn sie ihm zu lasch waren. Palästinensischen Widerstand im Gazastreifen gegen Israels Besatzung nach 1967 brach er mit militärischem Staatsterror von oben, der ihm Jahre später als fundamentalistischem Gegenterror von unten entgegenschlägt, den er, in der inzwischen weltbekannten Terror-Spirale, nur mit noch mehr Staatsterror von oben zu brechen versucht. Ergebnisse lassen sich an der bisherigen Terror-Geschichte ablesen – mehr Terror von unten und oben. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So schwankt auch das Bild anderer "Terroristen" und "Freiheitskämpfer": Vorläufer moderner Balkan-Partisanen, Hajduken (=Banditen) bei Serben und Kroaten, Klephten im osmanischen Griechenland, waren stets Räuber und Rebellen, individuell wie kollektiv in "Banden". Der Führer des Serbischen Aufstandes 1804 im Osmanischen Reich, Karadjordj, verdiente seine militärischen Sporen im 8. Türkenkrieg 1788-91 im österreichischen Hajdukenkorps. Komitadschi-Kämpfer, von halbstaatlichen "Komitees" der Balkanstaaten ausgerüstete irreguläre Verbände, die in einem kretischen Städtchen noch heute ein Denkmal glorifiziert, terrorisierten im Makedonischen Aufstand 1903-08 und in den Balkankriegen 1912/13 nichtgriechische, -serbische, -bulgarische Zivilbevölkerung. Ins Wechselbad kollektiven Gedenkens von "Terrorist" und "Held" geriet auch die Attentätergruppe "Jung-Bosnien" von Sarajevo 1914, für einen deutschen Historiker besonders bewegend, wenn er, mit Deutschlands Anteil am Ersten Weltkrieg beginnend, den letzten Attentäter noch persönlich kennenlernte, in Belgrad und Sarajevo 1974/75 gar in situ. Nach 1945 setzte sich gespaltene Benennungen fort, je nach politisch-ideologischer Parteinahme für oder gegen Polens "Armija Krajowa" (Heimat- = Untergrundarmee), antikommunistische Kämpfer in der Ukraine und den baltischen Staaten nach dem Sturz des Sowjetimperiums 1989/91. Erst recht sind heute in muslimischen Ländern Kämpfer im asymmetrischen Krieg von unten den Regierenden und dem Westen "Terroristen", ihren Anhängern Freiheitskämpfer, die nach ihrem Tod als muslimische Märtyrer ins Paradies aufsteigen, belohnt mit allen irdischen Wonnen. Dennoch bleibt Widerstandsterror Terror.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">II. Weltmacht USA und ihre "Globalisierung"</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Analyse der dominierenden Welt-Supermacht USA als Haupt der Neuen Heiligen Allianz fällt historisch aus, denn auch sie bestimmen historisch-politische Mechanismen der Vergangenheit wie Gegenwart und nächsten Zukunft.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">1. Aufstieg der USA: Von der Peripherie zum globalen Machtzentrum</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Das neue US-Machtzentrum begann seinen Aufstieg als englische Kolonien an der Ostküste Nordamerikas, der äußersten, transatlantischen West-Peripherie ("Frontier") des seit 1492/98 in Übersee expandierenden lateinischen Alt-Europa. Der kommenden Weltmacht legten ihre kolonialen Vorväter schon die imperiale Expansion in die Wiege, denn das englische Kolonialreich sahen seine aktivsten Vorkämpfer als Gegenreich zur damaligen Supermacht Spanien, vorübergehend (1580-1640/68) gar vereint mit dem portugiesischen Kolonialreich. Seit ihren kolonialen Anfängen expandierten die junge USA im Schutz zweier Ozeane gefahrlos in ein riesiges Machtvakuum, ohne ernsthafte, gar gleichrangige Gegner, allen nach Quantität wie Qualität ökonomisch, technisch, politisch, militärisch turmhoch überlegen, in aller Freiheit in "God's own country", schier grenzenlos, ohne Rücksicht auf Indianer, spanisches Kolonialreich und postkoloniale Nachfolgestaaten, nur dem Gesetz eigener Interessen folgend, ungehemmt und hemmungslos. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur Unabhängigkeit gab das von den Bush-Imperialen verachtete Alt-Europa gegen die englische Kolonialmacht entscheidende Starthilfe: Ohne (geheime, dann offene) Finanz- und Waffenhilfe Frankreichs, ohne Rußlands bewaffnete Seeneutralität 1780-83, der sich Frankreich, Spanien, Dänemark, Schweden, Preußen und Portugal anschlossen und Englands Seeherrschaft lahmlegten, hätten die aufständischen USA nicht den entscheidenden Sieg von Yorktown 1781 errungen. Personal, technisches Können und Kapitel Alt-Europas ermöglichten den Aufstieg der USA zur größten Industriemacht schon um 1850, buchstäblich auf der Grünen Wiese.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Von der Monroe- zur Bush-Doktrin, 1823-2003</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Verständnisbrücke von der Alten zur Neuen Heiligen Allianz liefert die zunächst übersprungene Monroe-Doktrin von 1823 samt Folgen: List, Ironie oder Dialektik der Weltgeschichte fügen es, daß die Macht, die 1823 kurzfristig direkt wie langfristig indirekt von Englands Widerstand gegen die Intervention der Heiligen Allianz in den Kolonial/Befreiungskrieg der spanischen Kolonien Lateinamerikas am meisten profitierte, nach fast 200 Jahren als einzig übriggebliebene Weltmacht zum Haupt der Neuen Heiligen Allianz mutierte. Daher gewann die Heilige Allianz welthistorische Wirkung durch die Monroe-Doktrin, die scheinbar nur "peripher" und nebensächlich erst spät ins allgemeine Bewußtsein der übrigen Welt trat (13): Nach Niederschlagung der Spanischen Revolution 1823 drohte eine Militärintervention der Heiligen Allianz auch in den Unabhängigkeitskrieg der spanischen Kolonien zugunsten der 1814 zurückgekehrten, 1823 neu eingesetzten (absoluten) Krone. Gegen die Übertragung europäischer Machtinteressen in die Neue Welt mobilisierte Englands Außenminister Castlereagh seine früheren, vom englischen Mutterland abgefallene Kolonien, die junge USA, und ermunterte sie zur Monroe-Doktrin 1823, zusammengefaßt im populären Schlagwort: "Amerika den Amerikanern", schon durch den Begriff "Doktrin" mit dem Anspruch auf "Prärogative der Unfehlbarkeit" (S. 101) jeder Kritik enthoben. Die Wirkung erschien kurzfristig unspektakulär: Die Heilige Allianz zuckte zurück, beschränkte sich fortan auf Europa. Aber langfristig wurde der Vorgang Sprungbrett für die auf dem nordamerikanischen Kontinent nach Westen expandierende USA, fliegender Start zum weltweiten Aufstieg. Zugleich begann ihre "special relationship" zu England, von zwei Weltkriegen bis zu Tony Blairs Engagement für den 2. US-Irakkrieg. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">1823 war die Reichweite der Monroe-Doktrin begrenzt: Die USA widersetzte sich jedem militärischen Übergreifen der europäischen Kolonialmächte auf die Neue Welt. Aber schon im 19. Jahrhundert steigerte sich ihre Wirkung zur faktischen, "panamerikanisch" verschleierten Hegemonie der USA über Zentral- und Südamerika samt Karibik als ihrem "Hinterhof ". Ein Instrument der Expansion waren US-Wirtschaftsinteressen in schwachen südamerikanischen Staaten, die so indirekt in die Herrschaft der übermächtigen Wirtschafts- und Dollarmacht gerieten, überhöht zum "National Interest". Dessen Schutz dienten US-Militärinterventionen, durch US-Flotte und Marineinfantrie. Beim Gewinn Floridas 1819 und Texas 1845/48, heute die politische Machtbasis von Bush jr., zeigte sich die Kombination von ökonomischer Infiltration, Subversion, pseudodemokratischer "Revolution" (auch zur Ausdehnung der Slaverei), bewaffneter Intervention, Krieg und Annexion: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Texas ist wiederum ein klassisches Beispiel für die Untergrundarbeit, die es während der frühen amerikanischen Expansion bereits gab – für die Unterminierung fremder Souveränität, die Herausbildung einer Separatistenbewegung, schließlich die gewaltsam erkämpfte Abtrennung."(14) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Anders manipuliert waren die Entfesselung des Amerikanisch-spanischen Krieges 1898, "Revolutionen" in Hawai und Panama zur Gewinnung Hawais 1898 und der Panama-Kanalzone von Kolumbien 1903 durch eine von den USA eingesetzte Regierung des "unabhängigen" Panama. Eine nicht unfaire Fortschreibung der erweiterten Monroe-Doktrin kann heute so lauten: "Amerika den USA". Auf dem Weg zu den Zukunftsmärkten im Fernen Osten wurde aus der "Open Door Policy" (1900) der stillschweigende Anspruch auf China, wie die laute Klage über den "Verlust" Chinas durch die kommunistische Revolution 1949 belegt, die der extremen Rechten mit Joseph McCarthy quasi-totalitären Freiraum gab. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Außerhalb Nordamerikas hielten sich direkte Annexionen auf dem Weg vom Atlantik zum Pazifik in scheinbar isoliert engen Grenzen. Aber der Gewinn pazifischer Inseln (Hawai, West-Samoa 1898; Philippinen 1898, in der Karibik Besetzung Kubas und Puerto Ricos 1898, nach 1945 UN-Treuhandgebiete, Militärbasen, nach 1945 bis Guam, Japan und Südkorea), machten diskret auch den Pazifik zum US-Mare Nostrum. Zudem eliminierten die USA schwächere regionale Hegemonieaspiranten in zwei Weltkriegen, im Kalten Krieg die Supermacht Sowjetunion (15): Wie alle große Machtzentren der Weltgeschichte führten die USA Kriege und Militärinterventionen, stationierten Militär in Friedenszeiten außerhalb des eigenen Landes, kannten Krieg zu Hause eigentlich nur durch den Bürgerkrieg 1861-65. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ein Erfolgsgeheimnis war, im "aufgeklärten Egoismus" ("enlightened egotism": F.D. Roosevelt), die geniale Verknüpfung des machtpolitischen "National Interest" mit dem Schutz kleinerer Völker vor Vergewaltigung durch brutale Übermacht. Nach dem Zweiten Weltkrieg schützten die USA im Kalten Krieg als "gütiger Hegemon" (Geir Lundestad) Westeuropa vor der Sowjetexpansion über die Demarkationslinien von 1945 hinaus. Spätere Doktrinen – Truman 1947, Eisenhower 1958 zu Bush jr. 2001 – erweiterten die anfangs "nur" auf Amerika begrenzte Monroe-Doktrin um den Anspruch auf imperialen "Schutz" des (nicht-kommunistischen) Europa, Interventionen im Nahen Osten mit seinen Erdölquellen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Symbole und Machtmittel zugleich sind zahlreiche faktisch exterritoriale US-Militärbasen auf fast dem gesamten Globus, nach dem Zerfall des Imperium Sovieticum 1989/91 auch in GUS-Staaten, auf dem Gebiet der ex-Sowjetunion. Sie üben indirekt politische Herrschaft aus und besorgen als enorme Wirtschaftsfaktoren die Ausbreitung des "American way of life" durch Zerstörung traditioneller Wirtschafts- und Gesellschaftsstrukturen: Faktischer "Schutz"anspruch der auch im Kalten Krieg nun einzigen Weltmacht greift auf den "Rest der Welt" über, geschrumpft zur globalen Peripherie oder "Frontier" der "Number One".</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Das Imperium Americanum: Globale Thalassokratie und Viertes Rom</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Machthistorisch fügt sich unsere demokratische "Number One" in ganz andere Traditionen: Die Pax Americana gegen die Pax Sovietica hatte, wie noch jede imperiale Friedensordnung, als Kehrseite das Imperium Americanum zur Grundlage. Die Geschichte kennt zwei reine, konträr-komplementäre Idealtypen von Imperien, in der historischen Realitäten gemischt mit Elementen des Gegentyps – Land- und Seemacht (Thalassokratie). Schon im auslaufenden Kalten Krieg ließen sich beide dominierende Supermächte dem einen oder anderen Typ zuordnen, mit entsprechenden Traditionen und Kontinuitäten: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Die USA ähneln eher einer Thalassokratie vom Typ Athens oder Venedigs, oder auch Portugals, nun aber ins Globale gewendet, aber mit einer breiten, fast schon kontinentalen Territorialbasis. Die USA wuchsen aus dem englischen Kolonialreich, dem größten Übersee- und Kolonialreich der Weltgeschichte, heraus und übernahmen nach 1945 weltpolitisch seine Positionen, soweit es die veränderten Bedingungen eben zuließen. Die SU dagegen gleicht mit ihrer straffen Zentralisierung und Militarisierung traditionellen Kontinentalmächten – Sparta im kleinen, Assyrien im großen. Nicht zufällig erinnert sowjetische Praxis immer wieder an Großreiche, die die Vorgeschichte der heutigen SU so unterschiedlich geprägt haben, in chronologischer Reihenfolge die mittelalterliche Kiewer Rus; Byzanz, das seinerseits in einer bis auf Assyrien zurückgehenden imperialen Tradition steht; das Mongolenreich, das größte Landreich der Weltgeschichte, bzw. die Tatarenherrschaft; das zaristische Rußland." (16) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die USA ordnen sich in die Kette älterer See-, Handels- und Finanzmächte ein, von Mykene und den Phönikiern samt Karthago über Athen mit seinen beiden Attischen Seebünden im 5. bzw. 4. Jahrhundert v. Chr., Venedig, Portugal und Holland, zuletzt dem Britische Empire als unmittelbaren Vorgänger des Imperium Americanum. Zur traditionellen Flotte traten im 20. Jahrhundert Luft- und Raketenflotten, mit jeweils dem dernier cri "smarter" Hightech-Wunderwaffen, konventioneller wie atomarer, mit Bomben und Granaten auch aus dem Weltraum. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Gleichwohl sind USA mehr als globale Thalassokratie mit Luft- und Raketenflotten: Das "American Empire" vergleicht sich selbst durch Sprecher und Vordenker gern mit dem Imperium Romanum, das überwiegend Land- und Kontinentalmacht war, aber mit starker Flotte. So zeichnet sich das römisch modifizierte Imperium Americanum durch Einzigartigkeiten aus, die welthistorisch seine Sonderstellung begründen: Äußere Attribute sind der römischen Tradition bewußt entnommen – das Staatswappen prangt mit dem imperialen Adler, der ein Bündel Blitze samt Friedenspalme in den Fängen hält, unter sich die Weltkugel und das lateinische Motto "Novus Ordo Seclorum" ("Neue Weltordnung"), der römischen Reichsideologie aus Vergils "Aeneis" verkürzt nachempfunden. (17) Seine klassizistische Staatsarchitektur vor allem in Washington D.C. mit dem "Kapitol" und seiner hochragenden Kuppel als Macht- und Herrschaftssymbol, "Leuchtturm für die erniedrigte und unterdrückte Menschheit", der "Senat" machen die USA zum Vierten Rom, nach Konstantinopel als Zweitem, Moskau als Drittem Rom. Washington D.C. war bei seiner Gründung 1790/91 konzipiert für einen Großstaat mit 50 Bundesstaaten und 500 Millionen Einwohnern, auch in seinen Dimensionen als nächstes Neu-Rom, das der Welt die "Neue Weltordnung" bescheren würde, wie Präsident Bush sen. 1991 nach dem 1. Irakkrieg stolz verkündete. Aber anders als das Römische Reich und traditionelle Imperien beruht die globale Macht der USA nicht auf weltweiten Annexionen und anschließende systematisch erzwungener Assimilierung, sondern bevorzugt eine Fülle von den USA abhängiger Klientelstaaten und den osmotischen Druck des "American way of life" als US-Variante seiner "mission civilisatrice", wie sie noch jedes Imperium entfaltete. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Erst der "präventive" Bushkrieg gegen den Irak machte einer verstörten Welt bewußt, was vorher schon Gelehrte, so der französische Soziologe Raymond Aron, wußten – die USA als "Imperiale Republik" (18): Seit dem Sturz des Imperium Sovieticum 1989/91 enthüllt sich heute die einzig übriggebliebene Weltmacht als das, was sich früh phantasiereiche Träumer wünschten: Das "American Empire" ist tatsächlich das "größte Imperium, das jemals bestanden hat", an der damaligen transatlantischen Peripherie Alt-Europas westlichste Endstation Sehnsucht des klassischen Wanderns der Großreiche von Ost nach West: "Westward the course of empire takes its way" (Bischof Berkeley, 1726). Hauptinstrumente sind das Übergewicht der US-Wirtschaft, der Dollar, seit 1945 Weltleitwährung, direkte wie Militärinterventionen, der Einsatz US-"Special Forces" gegen geltendes Völkerrecht bis hin zu unerklärten Kriegen: Vietnam- und 2. US-Irakkrieg 2003 waren bisher nur die offenste Form sonst bevorzugter indirekter Gewalt, auch durch abhängige Klientelstaaten, oft Diktaturen, mit Staatsterror von oben gegen das eigen Volk.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Die Alternativen der Number One seit 1991: Multi- oder Unilateralismus</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der Untergang des Sowjetimperiums 1989/91 eröffnete dem "Sieger" im Kalten Krieg theoretisch zwei Alternativen, die sich praktisch einander ausschlossen – kooperativer Multilateralismus oder konfrontativer Unilateralismus: Eine globalisierte Ausweitung der USA als (für den industrialisierten Westen und Japan) "gütiger Hegemon" nun auf die ganze Welt, eine friedlich-schiedliche US-Weltpolitik, die das Wohl des Ganzen, auch zur Wahrung des Weltfriedens, mit wohlverstandenen legitimen, "aufgeklärten" Eigeninteressen verbunden hätte, wäre, selbst mit den USA als "Weltpolizist" im Dienste der UNO, konstruktiv bis erträglich gewesen. Voraussetzung waren Stärkung der UNO, pflegliche Behandlung der NATO-Verbündeten, Rücksicht auf legitime Interesse den "Rest der Welt" in verantwortungsbewußter zivilisierter Anwendung nur auf Zeit verliehener Macht. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im Schock des 11. September stürzten sich die Bush-USA in die Gegenalternative – Unilateralismus des "America First", verführt von der selbstzerstörerischen Logik des rasanten Aufstieges der "Number One" von der Kolonialperipherie zur himmelstürmenden Supermacht: Die Dynamik der Pleonexia und des nur noch national-egoistischen "National Interest" (Öl, Geopolitik) treibt sie im Griff zu den Sternen, mit "Star War" buchstäblich im und vom Weltall aus, zur (öffentlich nie zugegebenen) Weltherrschaft, auch gegen die überwältigende Mehrheit der Weltmeinung, gestützt auf ihre finanzielle und militärische Übermacht des "shock and awe", ohne Rücksicht auf Verbündete und den "Rest der Welt". "Krieg gegen den Terror" gerät zur globalisierten hightech-Neuauflage der Heiligen Allianz, mit hochtönendem moralischen Pathos zur Kaschierung des knallharten "National Interest". Zu dessen Verteidigung verkündet die Bush-Doktrin das Recht auf Präventivkrieg, zu jeder Zeit, überall in der Welt, wenn sich die USA bedroht fühlen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Doch konnten Schärferblickende schon früh die Grundierung der Bush-Linie in der US-Politik seit Vietnam vorausahnen (19): Während Johnson noch wähnte, die reichen USA könnten sich "Butter und Kanonen" (Hermann Göring) leisten, erlegte er mit Finanzierung seines Vietnamkrieges durch Inflation statt höhere Steuern dem Weltmarkt eine "taxation without representation" (S. 202). Von da an war der US-Hegemonie nicht mehr "gütig" ("benign"), sondern "negativ" – Zerstörung des Bretton Woods-Systems, Verstärkung des US-Protektionismus durch Trade Act und Abwertung des Dollar 1974 (S. 203). Reagan steigerte die Staatsverschuldung für immense Rüstung auf Kosten der Welt zum "Zutoderüsten" der Sowjetunion und ersten Griff zu den Sternen, den Bush jr. fortsetzt. Seit Reagan schwächten gezielte "Luftschläge" (Libyen, Sudan, Irak) als Rache für Terrorakte das Völkerrecht, jahrelange Verweigerung der US-Mitgliedsbeiträge die UNO. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im 1. Irakkrieg 1991 waren für die USA noch Völkerrecht, UNO und überwiegende Weltmeinung. Aber dialektische Folge des überwältigend asymmetrischen Sieges von oben und das faktische US-Protektorat über Saudi-Arabien – allmählich wachsender islamistischer Terror im asymmetrischen Krieg von unten – bereiteten den USA ein Knäul ideologisch-politischer Widersprüche: Zunächst bot bin Ladins, den die USA zuvor in Afghanistan gegen die Sowjetmacht selbst großgemacht hatten, der Monarchie an, Saudi-Arabien gegen Saddam Hussein mit von ihm finanzierten Freiwilligen zu schützen. Schroffe Ablehnung und massive Stationierung der US-Army im für Muslime Heiligen Land, auch über den 1. Irakkrieg hinaus, trieben bin Ladin zur Opposition gegen die Monarchie und die USA. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dazu stecken die Saudi-Ölprinzen in mehrfachen Widersprüchen: Nach innen stehen grenzenlose Reichtum samt Korruption im schreienden Gegensatz zur herrschenden streng puritanischen Wahhabiten-Variante des Islams, die mit Ölgeld diskret extrem terroristischen Islamismus schmiert, sich aber von den USA schützen läßt. Nach außen beißt sich das theokratische mit dem demokratisch-antiterroristischen US-Pathos. Obendrein machte die Bush-Familie mit Saudis und dem oppositionellen milliardenschweren bin-Ladin-Clan lukrative Geschäfte, rettete zweimal aus Bankrott Bush jr. saudisches Geld als wundersame Schutzengel. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Mit seinem Jihad-Terrorkrieg gegen die USA machte bin Ladin den Aufmarsch in den vielverleugneten "clash of civilisations" (Huntington) sichtbar, beantwortet vom "Kreuzzug" ("Crusade", Bush jr.) und Armageddon protestantischer Fundamentalisten, die den Islam als Religion des Teufels nur noch dämonisieren. Was aus der Geschichte der USA und ihrer inneren Verfaßtheit 1993 nur abstrakt warnend hochzurechnen war, wurde nach dem 11. September harte Wirklichkeit – der salto mortale in "selbstzerstörische Paranoia" ("self-destructive paranoia") (20). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dabei hätten Vordenker und Akteure der Bush-USA aus den Weltkriegen und dem zweimaligen Scheitern des Deutschen Reiches in seinem "Griff zur Weltmacht" (Fritz Fischer) richtige Lehren ziehen können: Niemand kann faktisch gegen die gesamte Welt gewinnen, auch nicht die Bush-USA auf dem Gipfel ihrer Macht. Sie verhalten sich wie Hegels "Weltvolk" als Vollstrecker einer höheren Logik: Ist dessen Zeit gekommen, so ist es "für solche Epoche das herrschende in der Weltgeschichte, und gegen dieses absolute Recht, Träger der jetzigen höchsten Entwicklungsstufe des Weltgeistes zu sein, sind die Prinzipien der anderen Völker rechtlos." (21) Ihr Griff zur Weltherrschaft macht die USA vollends zum Opfer hybrider Pleonexia: Eine Weltmacht, die noch mehr Macht will, mit dem 2. Irakkrieg als Auftakt zur Zerschlagung der "Achse des Bösen" ("Axis of Evil", Bush jr.), dem angemaßten, aber völkerrechtswidrigen Recht zum Präventivkrieg in angeblicher "Selbstverteidigung", überschlägt sich im nun globalen "imperial overstretch".</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Fundamentalismus im imperialen Volk Gottes</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Der "American Dream" vom "größten Imperium, das jemals bestanden hat", kleidete sich in religiösen Fundamentalismus – das "amerikanische Israel", "Neue Zion", "Neue Jerusalem" verschmolz zum selbstbetrügerischen Syllogismus, der wörtlich ernst zu nehmen ist: "God's Own Country" "der unbegrenzten Möglichkeiten". Sein "Manifest Destiny" als göttliche "Mission" war es, das riesige Machtvakuum zwischen Atlantik und Pazifik, sodann den Doppelkontinent mit eigener Macht zu füllen, heute Demokratie als "Neue Weltordnung" dem Rest der Welt zu bringen, mit allen Mitteln. Schon die puritanischen Gründungsväter der ersten englischen Kolonien waren Fundamentalisten ihrer Zeit, zum Heil der gesamte Welt: "Was gut ist für Amerika, ist auch gut für die Welt". Gleichwohl blieben sie nur Bodensatz der imperialen US-Heilsideologie, überdeckt von rationaleren Strukturen der urbaneren Eliten der Ostküste. So ist der US-Fundamentalismus ein gutamerikanisches Eigengewächs, zuerst artikuliert mit der stilprägenden Zeitschrift "The Fundamentals" (1915) evangelikaler Kreise. Vor allem im "Bible Belt" im In- und Hinterland der Ostküste gewann der freikirchliche Kosmos aus der Tradition mittelalterlicher Sekten und Ketzer gesellschaftliche Macht. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fundamentalismen aller Weltreligionen nehmen ihre Heilige Schrift wörtlich, als göttliche Offenbarung Richtschnur ihres Handelns, kennen nur "Gut und Böse", sehen sich natürlich nur als das Gute, mit der "Mission", das "Böse" zu vernichten, einmündend in der Endschlacht Armageddon der Offenbarung des Johannes. Generell reagiert Fundamentalismus gegen die im (lateinischen) Westen dominierende Säkularisierung, Trennung von Religion, Staat und Gesellschaft, will die Rückkehr zum bis dahin universalen theokratisch-autokratisch/despotischen Gesellschafts- und Herrschaftsmodell, unter Führung der je eigenen "Frommen". </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Erstmals blitzte in den USA die fundamentalistische Option mit Präsident Reagan (1980-88) auf, als er die Sowjetunion ins "Reich des Bösens" ("Empire of Evil") verwies, sich danach jedoch pragmatisch zu Arrangements mit der (niedergehenden) Sowjetunion unter Gorbatschow bis zu ihrer Implosion bequemte. Ein Aufenthalt in den USA unter Reagan 1985/86 und Kenntnis der Weltgeschichte reichten, Mechanismen und Wirkungen des US-Fundamentalismus zu benennen: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Die Zahl seiner Anhänger wird in den USA gegenwärtig auf rund 15 Millionen geschätzt, ungefähr 5% der Gesamtbevölkerung. Gegenwärtig schickt sich diese Minderheit – als Sprecher der schweigenden, angeblichen Mehrheit – an, auf dem äußersten rechten Flügel der Republikanischen Partei in die Politik einzugreifen. Ihr bislang zahlenmäßig geringes Gewicht (5%) würde sich jedoch durch die Mechanismen der traditionell geringen Wahlbeteiligung in den USA (ca. 50%) in einem Zweiparteiensystem mit ungefähr gleichstarken Parteien automatisch auf einen Anteil von ca. 20% der Wähler der Republikaner vervierfachen, zumindest als Wählerpotential, auf das jeder republikanische Kandidat oder Präsident bzw. Parlamentarier Rücksicht nehmen müßte. ... Das massive Auftreten eines politisch organisierten und entsprechend intervenierenden protestantischen Fundamentalismus in den USA hätte verheerende Wirkungen, in den Vereinigten Staaten wie im westlichen Bündnis, denn sein militanter Super-Chauvinismus würde auch die an sich normalen Ressentiments der kleineren Bündnispartner gegen die sich ohnehin weiter überhebende Hegemonialmacht im Westen bis zur Krise oder zum Auseinanderbrechen des westlichen Lagers vorantreiben. Andererseits ist das Bild vom "Reich des Bösen" nur eine spiegelbildliche Symmetrie zu diversen Dämonisierungen ihrer Gegner durch die übrigen Fundamentalismen, vor allem durch den schi'itisch-muslimischen und atheistisch-säkularisierten des Kommunismus." (22) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die "Agonie de Sowjetimperiums" zeigte schon Folgen aus dem "Zusammenbruch" der "Pax Sovietica" ("Chaos von Konflikten im sowjetischen Machtbereich"), denkbar gewordene Vorgänge in der dann siegreichen Supermacht USA: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Sollte ungefähr gleichzeitig ein wie auch immer geartetes Mitregieren des aufkommenden protestantischen Fundamentalismus in den USA die bisher nur latente Krise im Westen verschärfen, so wären die Folgen für den Weltfrieden erst recht unabsehbar. Hegemonialer Machtkampf und heilsgeschichtliche Ideologien, theologisch gebunden wie säkularisiert, würden sich zu einem für die gesamte Menschheit gefährlichen Amalgam verbinden – auf beiden Seiten." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Genau das geschah konkret, was 1986 nur aus der Ferne abstrakt zu befürchten war: Die Durststrecke nach Reagan, unter dem durchgängig pragmatischen Bush sen. und liberalen Luftikus Clinton 1989-2000, nutzte das fundamentalistische Substrat mit systematischer Basis- und Lobbytätigkeit zum politischen Durchbruch, verbündet mit "neokonservativen" Ideologen aus "rechten" weltmachtbewußten "Think Tanks", die teilweise zwischen Regierung und Wirtschaft pendelten. (23) Im Millenniumsjahr 2000 gelang mit dem bekennenden "wiedergeborenen" Christen Bush jun. als republikanischen Präsidenten im Weißen Haus die Machtergreifung, gestützt auf fundamentalistisches Wählerpotential. 2004 will die "Religious Right" die USA zur "Christian nation" umwandeln, wie schon die Wahlplattform der Republikanischen Partei von Texas, der Heimat von Bush jr., proklamiert, zur nur noch republikanisch verschleierten Theokratie. (24) Heute ist die Prognose so fortzuschreiben: An die Stelle des sowjetisch-säkularisierten "Empire vor Evil" trat, im dramatischen Dreh der Hauptkonfliktlinien in der Welt von West-Ost auf Nord-Süd (25) und "Clash of Civilisations", das islamistische "Empire of Evil". Nur ist der neue Todfeind staatlich diffuser, weniger berechen- und angreifbar als das Sowjetimperium; seine Militanten verfechten die Ausbreitung des islamischen Geltungsbereichs mit dem bisherigen Extrem des asymmetrischen Krieges von unten im anders totalitären Jihad-Terror.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">3. Die Neue Heilige Allianz und ihre Widersprüche, interne wie externe</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Historische und kategoriale Vorklärungen ("asymmetrischer Krieg", "Terror") wie allgemeine Maßstäbe (Quantität-Qualität, "Pleonexia") erlauben Lehren aus der Geschichte, gewiß mit gebotener Vorsicht, denn Unterschiede nach Zeit und Raum, Strukturen und Akteuren sind enorm. Aber historische Mechanismen im Auf und Ab imperialer Macht, an denen die Alte Heilige Allianz zerbrach, gelten bis heute, auch für die USA. In der Neuen Heiligen Allianz ist ein engerer harter Kern und weiterer, "weicherer" Ring zu unterscheiden: Die Bush-USA, von Kopf bis Fuß auf Imperium und Armageddon eingestellt, wie die "Koalition der Willigen" im 2. Irakkrieg, von den USA abhängige Klientelstaaten, angeführt von der englischen ex-Kolonialmacht unter der Labour-Regierung Blair, zur Verschleierung des US-Unilateralismus. Zum weiteren Kreis zählen Teilnehmer am "Krieg gegen Terrorismus", aber in Spannung zum Hegemon USA. Jedoch ist 2004 die globalisierte Welt gegenüber dem Postkutschenzeitalter der Alten Heiligen Allianz noch komplizierter geworden, erst recht seit Ende des Imperium Sovieticum 1989/91: Schon die Zahl der Akteure hat sich seit beiden Weltkriegen dramatisch gesteigert, vom Dutzend 1815 auf rund 200, große wie kleine. Proportional umgekehrt zu heutigen Erfordernissen bleiben die Führer der Neuen Welt weit unter dem intellektuellen Niveau des Trio Metternich-Gentz-Bismarck Alt-Europas:</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Quantität und Qualität; Dialektik der Pleonexia</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In den aristotelischen Kategorien der Quantität und Qualität ist das erstmals wirklich weltumspannende Imperium Americanum ein welthistorischer Quantensprung, spielt in einer anderen Liga der Groß- und Weltreiche, als einsame Klasse: Dank ihrer Mobilität und ihrem weltumspannenden Netz faktisch exterritorialer Militärbasen können die USA –theoretisch – an fast jedem Punkt der Erde ihrer Wahl mit überwältigend numerischer und qualitativer (militärtechnischer) Überlegenheit zuschlagen. Zur quantitativen Stärke, schon im Umschlag zur Qualität, gehört auch der ständige "brain drain" aus der weiten Welt, Zuzug hochqualifizierter Kräfte, angelockt vom hohen Lebensstandard und günstigen Arbeitsbedingungen. Andererseits fällt die Analyse der Qualitäten differenzierter aus: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die USA schwelgen im Stolz auf ihre Demokratie, seit 1889 symbolisiert von der Freiheitsstatue am Hafeneingang New Yorks. Aber ein genauerer Blick zeigt gravierende Schwächen und interne Widersprüche: Schon die Unabhängigkeitserklärung von 1776 galt nur für wohlhabende Weiße, nicht Indianer und Sklaven samt freie Nachfahren: Die "Demokratie in Amerika" (Alexis de Tocqueville), gegründet auf dem doppelten Boden von Genozid und Sklaverei, will die beste Regierungs- und Staatsform der Geschichte sein, mit heilsgeschichtlicher "Mission". Seit dem Kalten Krieg aber haben die USA eine Fülle von Diktaturen gestützt und militärisch aufgerüstet, im harten Gegensatz zu ihrem demokratischen Credo. Zur faktischen Mindestqualifikation eines US-Präsidenten gehört, Millionär zu sein; sonst hat er keine Chance, die Millionen für seine Wahlkampagne aufzubringen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Der Durchschnittswohlstand in den USA, noch immer der höchste der Welt, ist ungleicher verteilt als sonst in Industrienationen: Millionäre bereichern sich auf Kosten ihrer Landsleute und des "Rests der Welt" mit Steuersenkungen, betrügerischen Aktienspekulationen, überhöhten Gehältern, nach Innen und Außen: Mit dem Sturz der Sowjetunion (und Umschalten der chinesischen KP auf einen analogen Tiger-Kapitalismus) entfiel jede ernsthafte Konkurrenz zur Marktwirtschaft, damit auch die Notwendigkeit, die Arbeiterschaft der Industrieländer durch Vergünstigungen stillzuhalten. Im Privatisierungs- und Deregulierungsrausch wird in Europa traditionelle Sozialpolitik als "Sozialklimbim" überflüssig, demontiert auch der bisherige Frontstaat Deutschland nach US-Vorbild Sozialstaat und "Soziale Marktwirtschaft" durch Stellen- und Sozialabbau zugunsten seiner notleidenden Millionäre und Milliardäre. Entsprechend beuten die USA die schwachen Staaten der einstigen "Dritten" und "Zweiten Welt" hemmungslos aus. In der Krise nach Auflaufen der USA im Irak macht die wachsende Kluft zwischen Reich und Arm schwere Sozialkonflikte wahrscheinlicher denn je, diesmal auch in den USA. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Wie alle neue Machtzentren an der Peripherie stehen auch die USA in der Spannung zum altem Machtzentrum, zwischen Respekt ihrer wirtschaftlich-finanziell-militärischen Macht und Geringschätzung ihrer Kultur, die Bewohner alter Machtzentren (Alt-Europa, Indien, China) als Kompensation für machtpolitisch-ökonomische Minderwertigkeitskomplexe kultivieren, da an der Peripherie das Niveau der eigenen Kultur abgesunken sei. Über dominante Beiträge der USA zur Weltkultur (Pop, Discos, Fast Food, Coca Cola, Hollywood, moderne Kunst, PC mit Internet und Fachbegriffen, ubiquitäres "o.k." wohl in den meisten Sprachen der Welt) hinaus, zeigen sich Qualitäten der US-Funktionseliten in Wahlkongressen ihrer großen Parteien mit ihrer Mischung aus Karneval (bunten Luftballons, Konfetti), Zirkus und Polit-Familien-Klamauk, Verleumdungen in Wahlkämpfen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bildung USA kam zwar aus Europa, weist aber, wie Wohlstandsunterschiede, enorme Spannweiten auf: Gegenüber reichen Eliteuniversitäten vermitteln unzählige kleinere Universitäten und Colleges nur ein karges Minimum moderner Bildung, dazu High Schools und Elementarschulen, deren Niveau vom Einkommen der Kommunen abhängt. Spitzenleistungen hervorragender Spezialisten stehen Provinzialismus und generelle Weltfremdheit zu vieler Amerikaner gegenüber. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bush jr. gerinnt als US-Präsident zur perfekten Verkörperung des Durchschnitts seiner Landsleute: Der Sohn eines Millionärs, verbunden mit Erdöl und höchsten Staatsämtern, absolvierte eine Eliteuniversität (Yale), aber ohne erkennbare Wirkung auf seine Äußerungen in aller Weltöffentlichkeit, hilflos ohne Berater und Spickzettel. Sein halbes Erwachsenendasein verbrachte er, "young and irresponsible" (so Bush jr. selbst, jüngst öffentlich nachgeplappert von seinen Zwillingstöchtern), im Suff, bis er im Kater nach seinem 40. Geburtstag "Gott" erblickte – sich selbst und im Rausch Erbrochenes im eigenen Spiegel. Ebenso führt er auch die jüngste und größte Weltmacht der Geschichte – "young and irresponsible."</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Innere Wahrhaftigkeit</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Wer mit so hohem moralischen Anspruch auftritt wie die imperiale USA, muß sich an den eigenen Werten und Wahrheiten messen lassen. In dieser Beziehung gibt es wohl kaum einen solchen Temperatursturz der Weltmeinung wie seit dem 11. September im weltweiten Entsetzen über den 2. US-Irakkrieg samt Enthüllungen über das brutale Zuschlagen der US-Militärmaschine, das nur Toren als "Antiamerikanismus" abwerten. Vor allem litt, wie sogar die politische eine Hälfte der USA, die Demokraten, jüngst aussprach, die Glaubwürdigkeit des offiziellen Amerika. auf lange Zeit irreparabel: Die Lüge war dem amtlichen wie privaten Kriegstreiben so offensichtlich auf die Stirn geschrieben, daß es keinerlei geheimdienstlicher Quellen für die weltweite Ablehnung des 2. US-Irakkrieges bedurfte. Alle Kriegsgründe lösten sich in heiße Luft auf, viele Bedenken und Warnungen der Gegner des Irakkrieges traten jetzt schon ein: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Der Irak war tatsächlich von der Weltgemeinschaft für seine ABC-Waffen abgerüstet, konventionell wie im Innern so schwach, daß er niemanden bedrohte, sich seine Armeen unter der himmelhohen Überlegenheit der USA auflöste. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Der Krieg diente nicht der Glaubwürdigkeit der UNO, sondern war als Angriffskrieg völkerrechtswidrig, "illegal", wie UN-Generalsekretär Annan Mitte September 2004 öffentlich feststellte, eine Verletzung der UN-Charta. (Wie lange wird er seine korrekte Feststellung überleben – politisch im Amt oder gar physisch?). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bei aller Erleichterung bis Freude über den Sturz der blutigen Saddam-Diktatur, wurden die Amerikaner im Irak keineswegs als Befreier begrüßt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Ohnehin läßt sich Demokratie nicht mit kriegerischer Gewalt einer Gesellschaft überstülpen, die nicht schon von innen zuvor eigene Ansätze zur Demokratie hatte, wie Deutschland und Österreich vor 1933/38. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Erst recht illusionär wie moralisch fragwürdig bleibt die Vorstellung, es sei möglich, andere "Schurkenstaaten" im Nahen Osten aufzurollen, unter Druck oder gar militärisch, um so eine Zone der Demokratie und des Friedens zu schaffen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Saddams Irak hatte keine Verbindung zu al-Quaida und dem 11. September, ist nun aber – "self-fulfilling prophecies" – durch den Bushkrieg Tummelplatz islamistischen Terrors, zunehmend nun auch gegen die irakische Zivilbevölkerung. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Folterung irakischer Gefangener und harte Behandlung bei Razzien, Straßenkämpfen sind keine "Einzelfälle", die erst "bedauert" wurden, als sie öffentlich bekannt wurden, oder auch nur im Kriegsfall unvermeidliche "Kollateralschäden", sondern Teil eines Systems, das die USA auf den "Rest der Welt" überstülpen, so er sich weigert, dem Diktat der Welt-Übermacht zu folgen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Namentlich ist der 2. US-Irakkrieg kontraproduktiv: Er schmiedet selbst im Großen (wie Israel im Kleinen) legitimen nationalen Widerstand von unten gegen militärische Ziele fremder Besatzung oder Repression und islamistischen Jihad-Terror zu brisanten, kaum noch zu trennenden Komplexen zusammen: US-Staatsterror von oben fördert Guerrillakrieg von unten, wechselseitige Eskalation terroristischer Gewalt, auf beiden Seiten: Hier gilt noch nicht einmal mehr das archaische Prinzip "Auge und Auge, Zahn um Zahn", sondern Racheakte überschreiten jede Verhältnismäßigkeit der Mittel, wie es das internationale Kriegs- und Völkerrecht wenigstens "zivilisierten" Staaten zwingend vorschreibt. Die USA sind im Irak in die Falle gewaltsamen Okkupation-Widerstand-Repression-Terrors von oben und unten gesprungen, entgegen wohlmeinenden Warnungen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Symbol extremer Rechtslosigkeit ist der US-Stützpunkt Guantanamo auf Kuba, wo die USA im rechtfreien Raum "verdächtigte" "Terroristen" seit zwei Jahren unter unmenschlichen Bedingungen foltern, ohne Rechtsschutz: Den Stützpunkt hatten sich die USA schon 1903 als exterritoriale Exklave unter US-Hoheit gesichert, als sie das 1898 im manipulierten Angriffskrieg gegen Spanien "befreite" Kuba mit dem Platt-Amendment politisch als Klientelstaat an sich banden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Bush jr. hat die Welt nicht "sicherer" gemacht, sondern ihr mit seinem "asymmetrischen" Irakkrieg von oben den Jihad-Terror im asymmetrischen Krieg von unten eingebrockt – weltweit. Er selbst und seine obersten Helfer trauen sich nicht, sich im Irak öffentlich am hellen Tage zu zeigen – aus Sicherheitsgründen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So wird die Koalition im "Krieg gegen den Terror" als (faktische) "Achse des Guten" gegen die "Achse des Bösen" im dialektischen Umkehrschluß zu eben derselben: In der Welt gelten heute die USA, Israel im Kleinen, mit ihren "schmutzigen Kriegen" als die größte Gefahr für den Weltfrieden.</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Interne Widersprüche</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Interne wie externe Widersprüche zwischen Anspruch und Realität, noch so edlen Vorsätzen und ungewollten Rückwirkungen, die oft das Gegenteil von den Absichten hervorrufen, vielfältiger Widerstand gegen Invasionen von außen, die selbstzerstörerische Dialektik der Pleonexia, Niederlagen an der Peripherie (vor 30 Jahren für die USA Vietnam, heute: Afghanistan, wie einst für die SU, und Irak), moralische, politische und finanzielle Kosten ihrer Kriege holen auch die stolzeste Weltmacht ein, stürzen sie in Serien selbstgebastelter Dilemmata und Krisen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die heutige USA fühlen sich als die größte, jedenfalls mächtigste Demokratie, stolz darauf, durch die Amerikanische Revolution vor über 200 Jahren etwas welthistorisch Neues und Einzigartiges geschaffen zu haben, mit der gottgegebenen Mission, ihre Errungenschaften, Demokratie und den amerikanischen "way of life" auf die übrige Welt auszubreiten. Schon der weltweit offenkundig gewordene imperiale Charakter des größten Weltreichs der Weltgeschichte kollidiert mit dem demokratisch-freiheitlichen Pathos, mit dem die USA in ihrer antikolonialen Revolution einst angetreten waren: Imperien beruhen immer auf Eroberung und Herrschaft, wie auch die USA und ihre Expansion belegen, Demokratien dagegen auf freier Einsicht ihrer Bürger: Mit Bomben und Granaten erzwungene Freiheit und Demokratie sind erst recht ein unauflöslicher Fundamentalwiderspruch. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- "Demokratie in Amerika" wird fragwürdig, wenn nur 50% der Wahlberechtigten wählt, 2000 eine knappe Mehrheit für Bush jr. durch Irrationalitäten des Wahlsystems und mannigfache Manipulationen zustandekam – Streichungen von Afro-Amerikanern aus Wählerlisten, unkorrekte Auszählung im Schlüsselstaat Florida, wo ein Bruder Bush jr. als Gouverneur den Ausschlag für seinen älteren Bruder gab, sanktioniert vom ideologisch einseitig besetzten Obersten Gerichtshof. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die USA eifern gegen Korruption anderswo, aber die enge Verfilzung von Big Business und Regierungsämtern, Wahlfinanzierung und Riesenprofite aus dem Krieg gegen den Irak und seinen "Wiederaufbau" durch eben Bush jr. finanzierende Unternehmen ist nicht anderes als gigantische Korruption. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Himmelhohe militärische Überlegenheit stürzte die USA in ein globales Dilemma, das konventionelle Machtpolitik, kosmisch gesteigert, friedlich-konstruktiv nur unlösbarer macht: Asymmetrischer "Krieg gegen den Terror" von oben provoziert asymmetrischen Krieg als weltweiten Terror von unten, wie heute im Irak. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die Bush-USA wollen im "Krieg gegen den Terror" auch die "Demokratie" in der Welt ausbreiten, bedrohen aber mit Notstandsmaßnahmen des "Patriotic Act" Freiheit und Demokratie daheim im hausgemachten Polizei- und Repressionsstaat. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Die innere Grundlage ihrer hilfswilligen Koalitionäre brüchig: Viele sind selbst Diktaturen, die eigentlich der Bannstrahl der modernen Kreuzritter für Demokratie treffen müßte. In Demokratien, deren Regierungen den 2. US-Krieg unterstützen, ist die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung gegen den US-Krieg (England, Italien, Polen; Australien), hat einmal schon eine Regierung deswegen abgewählt (Spanien), könnte es anderswo auch tun: Hilfswillige Regierungen verhalten sich in dieser zentralen Frage um Leben und Tod höchst undemokratisch. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Im weiteren Ring der Neuen Heiligen Allianz betreibt das postkommunistische Rußland mit seinem Tschetschenienkrieg Völkermord gegen ein von Zaren und Stalin geschundenes Volk, hetzt den Jihad-Terror gegen sich und Europa, da die Tschetschenen als Muslime nur vom Islamismus Hilfe erwarten können. Deutschlands und Frankreichs Appeasement gegenüber Putins staatsterroristischem Völkermord entwertet ihre Opposition zum Irak-krieg und das moralische Pathos der "Koalition gegen den Terror" als erweiterte Neue Heilige Allianz. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Ähnlich gespalten ist das Selbstwertgefühl der USA: Zum "militär-industriellen Komplex" (Eisenhower 1959) tritt jüngst der imperial-fundamentalistische Überlegenheitskomplex der Bush-USA: Überbordendes Allmachtsgefühl, gebrochen durch ebenso großes Angst- und Sicherheitsbedürfnis, das teilweise eigene An- und Absichten auf andere projiziert, verbindet sich mit heilsgeschichtlichem Missionsglauben zu einem brisanten Amalgam. Weltunkenntnis, Überschätzung der eigenen Macht und abnehmende Akzeptanz im "Rest der Welt", wenn überlegene Macht den "US-National Interest" erzwingt, mit Dollars und "shock and awe", endet im chronischen "imperial overstretch". Heute sind die USA im Innern so gespalten wie seit langem nicht mehr, wie die ex-Präsidenten Carter und Clinton auf dem Wahlkongreß der Demokraten feststellten, von außen historisch präzisierend hinzuzufügen: nicht mehr so gespalten wie im Bürgerkrieg 1861-65 und Vietnamkrieg, als für besorgte Amerikaner ihr Land vor dem Zerbrechen stand. Der tödliche Haß der beiden fast gleichstarken Hälften im politischen Teil der USA gegeneinander ist typisch für kommende Bürgerkriegssituationen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Zudem ereilt die USA die Dialektik der Faktoren, die eine Macht groß machten und wieder untergehen lassen: Die Bush-USA steigert das Eigeninteresse des autonomen Individuums, Erbe der lateinischen Gesellschaft Europas seit seiner Selbstorganisierung von unten aus dem Chaos nach dem Untergang des Weströmischen Reiches 476, zum obersten Prinzip gigantischer Selbstzerstörung. In der Unabhängigkeitserklärung 1776 ist es ökonomisch gewendet ("pursuit of happiness = hohen Lebensstandard) zum höchsten Staatszweck mit Verfassungsrang, verstaatlicht zum "National Interest" als grenzenlosem Kollektiv-Egoismus, der dem "Weltvolk" alles erlaubt, auch über Rechte anderer und das Völkerrecht hinwegzugehen: "National Interest" materialisiert die Freiheit des "American Dream" zum selbstausgestellten Freibrief, sich mit ökonomisch-finanziell-militärischer Macht den höchsten Lebensstandard auf Kosten der Welt und die größte (kurzfristig profitable) Verschwendung von Ressourcen und Energien zu leisten. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">- Alles läßt sich zur selbstzerstörenden Dialektik der Pleonexia zusammenfassen, die auf die stärkste Macht der Welt mit der größten Verantwortung für den Zustand der Welt zurückfällt: Die Bush-USA wähnen, im Zeitalter der Globalisierung die gesamte Welt zu beherrschen, direkt wie indirekt, mit Annexionen bis zur "Koalition der Willigen". Aber finanziell chronisch überschuldet, mit einer von innen erodierenden Wirtschaftsbasis, droht ihnen das Schicksal aller Großreiche auf ihrem Siegeszug – Überdehnung ihrer Kräfte, schwere Niederlagen nach außen an der Peripherie, Erschütterungen nach innen, bis hin zu Kollaps und Untergang.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Flucht in den US-Fundamentalismus: Armageddon als apokalyptische Endschlacht</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In historischen Perspektiven liest sich die "selbstzerstörerische Paranoia" (Susan Strange) seit dem 11. September als Flucht vor dem Kollaps in höhere Gefilde religiöser Zwangsvorstellungen: Allen Fundamentalismen, religiösen (christlich-jüdisch-islamistisch-hinduistischen usw) wie säkularisierten "links" und "rechts" eignet als Volk Gottes gnadenloses Freund-Feind-Denken, tödliche Rivalität zu konkurrierenden Fundamentalismen: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns" (George W. Bush jr. nach dem 11. September), "With us or against U.S." (frei nach Cheney) (26). Auf der offiziellen Trauerfeier für die Opfer des 11. September erklärte der katholische Erzbischof von New York seine Landsleute zum "Volk Gottes", traf so genau die Gemütslage des fundamentalistischen Amerika. Die von Bush jr. oft benutzte segnende Abschlußformel seiner Ansprachen "God bless America" sanktioniert amtlich die Selbst-Heiligsprechung der USA als "Christian Nation", im Rückfall zu theokratisch-autokratischer Herrschaft eines "Weltvolkes" als Vollstrecker des metaphysisch überhöhten "Weltgeistes": Der deutsche Idealismus meinte einst mit Hegel die Deutschen als kommendes "Weltvolk", heute benehmen sich die Bush-USA und ihre Ideologen als neues "Weltvolk" – ihres Gottes. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die Fusion des "militär-industriellen" Komplexes (Eisenhower) mit noch brisanterem heilsgeschichtlich-imperialen Welterlösungs- und Weltherrschaftsideen eskaliert die geistlich-theokratische Selbst-Weihe älterer "Welt"reiche, und wenn nur, um ihre "Zivilisation" in der Welt auszubreiten, Französisch hübsch heruntertransformiert zur "mission civilisatrice". Desto tiefer fällt der Sturz aus schwindelnden Höhen, schon heute tödlich für direkt Betroffene, wie im Irak. Die Einteilung der Welt nur in "Gut" und "Böse" bereitet Armageddon als "self-fulfilling prophecy" vor – Aufmarsch sich gegenseitig bekehren wollender Fundamentalismen aller Couleur, "auf zum letzten Gefecht": Jede "Achse des Bösen" fühlt sich selbst auch als "Volk Gottes, dem alles erlaubt ist, dessen Zweck alle Mittel heiligt. Umgekehrt ist jedes "Volk Gottes" ("Gut") für die Gegenseite "Achse des Bösen", "Satan", metaphysisch aufgeladener, dämonisierter, diabolisierter Erzfeind. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fundamentalismen aller Länder sind inniglich vereinigt in der Dialektik religiöser Wahnideen, haben nichts zu verlieren als ihren jeweiligen Todfeind, mit dem sie dialektisch Selbstzerstörung zelebrieren, die eigene wie der Menschheit, in der von ihnen herbeigesehnten Endschlacht zwischen den augenblicklich stärksten Fundamentalismen, dem protestantischen der USA und verwandten Geistern wie Blair und Berlusconi, alliiert mit dem jüdisch-israelischen, gegen den islamistischen, jetzt unter seinem Möchtegern-Neukalifen Osama bin Ladin. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Auch Bush jr. fühlt sich von (seinem) Gott berufen, einen göttlichen Auftrag ("mission") zu erfüllen ("accomplish"), keiner irdischen Instanz verantwortlich, auch nicht der US-Verfassung, in der Gott als rational nachvollziehbare Instanz nicht vorkommt, treibt aber nur die Welt in apokalyptische Abgründe – mit tödlicher Sicherheit: "Armageddon" aus der Johannes-Offenbarung, Untergang der schlechten "Alten Welt" als katastrophaler Auftakt zum "Neuen Zion" und "Neuen Jerusalem", ist im amerikanischen (und englisch-schottischen Fundamentalismus eines Tony Blair) ein positives, tatkräftig zu förderndes Ereignis. Im jüdischen Ur-Messianismus, der gemeinsamen Quelle, heißt das, "dem Messias helfen", mit Gewalt "Feinde Gottes" vernichten, so auch im Islamismus. Solche religiöse Wahnvorstellungen, zumal an der Spitze der (noch) stärksten Weltmacht, sind blasphemisch und gemeingefährlich: Sie sind eine Kriegserklärung an den Rest der Welt, zur Strafe dafür, daß er sich nicht dem neuen Volk Gottes bedingungslos zu fügen. sind selbstzerstörerisch, auch für den von den US-Imperialen so herzlich verachteten "Rest der Welt": "Et semper respice finem!" ("Und stets bedenke das Ende!").</span></p> <h4><span style="font-size: 18px;">Ausblick: Wo bleibt das Positive?</span></h4> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Vor über einem Jahrhundert beendete der große liberale Althistoriker Theodor Mommsen im letzten Band seiner mit dem ersten Literaturnobelpreis ausgezeichneten "Römischen Geschichte" eine ausführliche plastische Schilderung der Zustände im alten Rom der niedergehenden Republik – Schwelgen in Reichtum, krasse Kluft zwischen Reich und Arm, Korruption, vielfältiges Verbrechen – mit einem lapidaren Satz, der heute nur noch erschrecken kann: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Alles, was in der heutigen Welt das Kapital an argen Sünden gegen Zivilisation und Nation begangen hat, bleibt so tief unter den Greueln der alten Kapitalistenstaaten, wie der freie Mann, sei er auch noch so arm, über dem Sklaven bleibt; und erst wenn Nordamerikas Drachensaat reift, wird die Welt wieder ähnliche Früchte zu ernten haben." (27) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dennoch wäre jede Schadenfreude über das Aufgehen der "Drachensaat" und den kommenden Fall der Bush-USA töricht bis selbstzerstörerisch – wir im Westen sitzen alle im selben Boot: Eine islamistische Umma, durch Jihad-Terror von unten zum neuen "Weltvolk" in ihrem theokratischen Weltstaat hochgebombt, wäre mit super-totalitären Konsequenzen eine noch größere Katastrophe als das immerhin demokratisch gemilderte "American Empire", und China hinter dem Islam als übernächstes "Weltvolk", wie schon in den Olympiaden von Sydney und Athen angeklungen, wäre für die übrige Welt auch kein Zuckerschlecken. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Eine Alternative zum drohenden Armageddon der Welt-Fundamentalismen läßt sich theoretisch leicht benennen, hat aber gegen heute vorherrschende Mentalitäten und Machtverhältnis kaum Aussicht auf Erfolg. Immerhin sei sie abschließend wenigstens skizziert, und wenn nur zur eigenen seelischen Beruhigung: Das Schlüsselwort bietet wieder ein klassische "Alter", der heilige Augustin – Gerechtigkeit": "Ohne Gerechtigkeit sind Staaten nur Räuberhöhlen". Dem wäre, im Blick auf die heutige Welt, kaum noch etwas hinzufügen, bleibt aber konkret umzusetzen: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Altfränkische "Gerechtigkeit" wäre zu modernisieren zu "Fairness", politisch vor allem Fairness für Muslime, wo immer sie unterdrückt oder in legitimen Forderungen behindert sind – Autonomie, Selbstbestimmung nach innen und außen, notfalls bis hin zur Unabhängigkeit, z. B. für Kurden und Tschetschenen. Womit sich aber auch die Forderung verbindet, gleiches für Nicht-Muslime zu gelten zu lassen. Nur dann besteht – vielleicht noch – Aussicht, den vom Westen (USA, Israel; Rußland) durch vielfältigen Staatsterror von oben als falschen "Krieg gegen den Terror" zusammengeschweißten Widerstandsterror von unten wieder zu trennen, in seine legitime und nur noch terroristisch-kriminelle Bestandteile, vielleicht nicht mehr für Drahtzieher und Führer des Jihad-Terrors, aber wenigstens für die Massenbasis, die von religiösem Machtwahn verheizt wird. Dazu müßte jedes Denken in imperialen Kategorien aufhören, müßten alle Menschen als im Prinzip gleichberechtigt gelten, müßte die UNO endlich als wirkliche Weltorganisation funktionieren dürfen, und nicht mehr, wie bisher meist, als Instrument US-amerikanischer Machtpolitik. Die Weltgemeinschaft führte keinen US-"Krieg gegen den Terror", sondern nur Kampf gegen den Terror – gezielte Polizeiaktionen gegen nur noch kriminelle Elemente und politisch-ökonomisch-soziale Lösungen für die breite Mehrheit der Mißhandelten und Mißbrauchten. Das wäre der Kern der konstruktiven Alternative, die Oppositionelle gegen den US-Bush-Irakkrieg und russischen Putin-Tschetschenienkrieg forderten, aber bisher ohne sichtbare Konkretisierungen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Natürlich klingt alles super-idealistisch und wäre in komplizierte Einzelentscheidungen umzusetzen. Aber ohne eine wenigstens theoretische Alternative wäre die Dynamik der gegenwärtigen Weltentwicklung nur noch hoffnungslos.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Anmerkungen</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(1) Herfried Münkler: Die neuen Kriege. Reinbek 2002.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(2) Karl Grobe-Hagel: Krieg gegen Terror? Al Qaeda, Afghanistan und der "Kreuzzug" der USA. Köln 2002.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(3) In der Kürze instruktiv Henry A. Kissinger: Die Vernunft der Nationen. Über das Wesen der Außenpolitik. Aus dem Amerikanischen. Berlin 1994, S. 84-97.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(4) Für die eigene Interpretation Imanuel Geiss: Die Europäische Revolution 1848-1998. Makro- und welthistorische Perspektiven, in: Heiner Timmermann: 1848. Revolution in Europa. Verlauf, politische Programme, Folgen. Berlin 1999, S. 69-94.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(5) Für eine ausführliche Analyse gerade der wirtschaftlich-finanziellen Achillesferse der Weltmacht USA, noch vor ihrem 2. Irakkrieg, Emmanuel Todd: Weltmacht USA. Ein Nachruf. Aus dem Französischen. München 2003.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(6) So der für sich selbst sprechende Titel von Jean-Baptiste-Duroselle: Paris 19...</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(7) Für die allgemeinen universalhistorischen Mechanismen I. Geiss: Great Powers and Empires: Historical Mechanisms of their Making and Breaking, in: Geir Lundestad, Hg.: The Fall of Great Powers. Peace, Stability and Legitimacy. Oxford u.a. 1994, S. 23-43.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(8) Krieg gegen den Westen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(9) Grundlegend Michael Mann: Geschichte der Macht, 2 Bde., Aus dem Englischen. Frankfurt/Main 1993, Bd. I: Von den Anfängen bis zur Griechischen Antike, S. 274f.; Bd. II: Vom Römischen Reich bis zum Vorabend der Industrialisierung, S. 38-42, 110; 109-113.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(10) Andreas Herberg-Rothe: Der Krieg. Geschichte und Gegenwart. Campus Einführungen. Frankfurt/Main 2003, Stichwort "Asymmetrische Kriegführung" im "Glossar", S. 152.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(11) I. Geiss Der Jugoslawienkrieg. Frankfurt/Main 1992.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(12) Dazu der klassische Überblick vom lebenslänglichen Experten Walter Laqueur: Terrorismus. Kronberg/Ts. 1977.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(13) Für eine in der Kürze noch heute augenöffnenden historischen Erklärung und Einordnung vgl. Hans-Ulrich Wehler: Grundzüge der amerikanischen Außenpolitik 1750-1900. edition suhrkamp 1254. Frankfurt/Main 1983, S. 99-110.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(14) Ebenda, S. 117.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(15) Hans-Jürgen Schröder: Frontier – Mythos und Realität in den USA, in: Irene Diekmann, u.a. Hg.: Geopolitik. Grenzgänge im Zeitgeist, 2 Bde., Potsdam 2000, Bd. I, S. 239-256, mit instruktiven Zitaten, vor allem S. 274f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(16) Ausführlicher schon in der Endphase des Kalten Krieges Imanuel Geiss: Krieg und Frieden heute. Anmerkungen eines Historikers (1984), in: ders.: Zukunft als Geschichte. Historisch-politische Analysen und Prognosen zum Untergang des Sowjetkommunismus, 1980-1991. Stuttgart 1998, S. 158f.; ferner in: ebd.: Der Ost-West-Konflikt als globaler Hegemonialkonflikt (1986), S. 180f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(17) Dieses und viele andere eindrucksvolle Zitate bei Hans-Ulrich Wehler: Nationalismus. München 2001, S. 55-61, von denen einige hier noch folgen; auch ders: Gründzüge der amerikanischen Außenpolitik 1750-1900. edition suhrkamp 1254. Frankfurt/Main 1984.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(18) Schon Wehler (1984; Anm. 17) ist ganz auf das "American Empire"-Leitmotiv eingestellt. Vor ihm schon u.a. die "revisionistische", selbstkritische Schule, angeführt von William A. Williams: The Roots of the Modern American Empire. New York 1969; L. Gardner: Creation of the American Empire. Chicago 1973.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(19) Susan Strange: The "Fall" of the Unitdes States: Peace, Stability and Legitimacy, in: G. Lundestad, Hg.: The Fall of Great Powers. (Anm. 7), S. 197-211, vor allem S. 202-207.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(20) Susan Strange 1993, ebenda, S. 207.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(21) Georg Wilhelm Friedrich Hegel: Vorlesungen über Naturrecht und Staatswissenschaft. Hamburg 1983, § 164, S. 256, zitiert nach: Franz J. Bauer. Das 'lange' 19. Jahrhundert. Profil einer Epoche. Reclam 17043, Stuttgart 2004, S. 54.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(22) I. Geiss: Ost-West-Konflikt (Anm. 16), S. 185, für das folgende Zitat ebenda, S. 185f..</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(23) Für Details vgl. Hans Leyendecker: Die Lügen des Weißen Hauses. Warum Amerika einen Neuanfang braucht. Reinbek 2004.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(24) Robert Abele: A Turn to the (Religious) Right, in: http://www.truthout.org/docs_04/printer_091404K.shtml, mit eindrucksvollen Zitaten, dazu bibliographischen Hinweisen auf Sprecher der US-"Christian Nation"-Bewegung wie ihrer amerikanischen Kritiker.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(25) So schon früh I. Geiss: Krisenherde überall, in: Evangelische Kommentare 3/1991, S. 270f., geschrieben im Dezember 1990, zitiert nach ders.: Zukunft als Geschichte (Anm. 16), S. 256f., unter dem Zwischentitel "Chaos in der 'Dritten' Welt", angesichts des damals drohenden 1. Irakkrieges mit Prognosen, die, zeitversetzt, teilweise erst mit dem 2. Irakkrieg zumindest tendenziell eintraten bzw. noch eintreten – nationalistische Fundamentalismen in muslimischen Ländern bis hin zu "einem Flächenbrand des arabischen Terrorismus im Westen", "der alle erreichten Ansätze zu multikulturellen und toleranten Gesellschaften zerstören würde: Alle Araber im Westen rutschten unvermeidlich in den Verdacht, Terroristen zu sein, entweder weil sie es wirklich freiwillig wären, oder weil sie unter den Druck militanter arabischer Kräfte gerieten, Terroranschläge auszuüben."</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(26) Zitiert nach H. Leyendecker: Ebenda, S. 59: "Und er hat eine Mission, die seine Anhänger so in Worte fassen: "With us or against U.S."</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(27) Theodor Mommsen: Das Weltreich der Caesaren. Zitiert nach der Ausgabe Wien und Leipzig 1933, S. 60.</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Im Schatten des militärischen Erfolgs 2013-04-05T16:30:09+02:00 2013-04-05T16:30:09+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/177-im-schatten-des-militaerischen-erfolgs Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Holger Banse</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Kirchliche Kriegshilfe am Beispiel der Feldprediger bei der Division 'Edelweiß'</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Inhalt</span></h2> <p class="inhaltsverzeichnis"><span style="font-size: 18px;">     1. Die italienische Besetzung Griechenlands</span><br /><span style="font-size: 18px;">     2. Der 8. September 1943 und der Mord auf Kephallonia</span><br /><span style="font-size: 18px;">     3. Die 1. Gebirgsjägerdivision, genannt: die Division 'Edelweiß'</span><br /><span style="font-size: 18px;">     4. Die Feldgeistlichen der 1. Gebirgsjägerdivision</span><br /><span style="font-size: 18px;">          4.1 Schulprofessor Georg Lipp</span><br /><span style="font-size: 18px;">          4.2 Dekan Rudolf Schwarz</span><br /><span style="font-size: 18px;">          Exkurs: Der einstige Feldprediger und spätere Militärbischof Hermann Kunst</span><br /><span style="font-size: 18px;">     5. Die Kirchen und ihre Kriegshilfe</span><br /><span style="font-size: 18px;">     6. Im Glanz des Wiederaufbaus</span><br /><span style="font-size: 18px;">           6. 1. Die Siegermächte und die Kirchen</span><br /><span style="font-size: 18px;">          6. 2. Die Kirchen und ihre unschuldige 'Schuld'</span><br /><span style="font-size: 18px;">          6. 3. Die Kirchen und die verweigerte Entnazifizierung</span><br /><span style="font-size: 18px;">          6. 4. Kirchliche Ent'schuld'ungs-Hilfen aus dem Ausland</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Benutzte Literatur:</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Anmerkungen:</span></p> <hr /> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">'Eine schwere innere Belastung ihres Gewissens bedeutet für viele, auch (für die, Ergänzung des Verfassers) Offiziere, das Tötenmüssen von Frauen und Kindern bei den Unternehmen gegen die Banden. Darüber wurde dem Pfarrer gegenüber des öfteren geklagt. Der Gewissenskonflikt besteht für die Leute darin, dass sie einerseits keine Befehlsverweigerung begehen, andererseits aber sich auch keiner Übertretung des göttlichen Gebots schuldig machen wollen.' (1) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Mit diesen Worten beschreibt der evangelische Pfarrer Rudolf Schwarz unter dem Punkt 'Erfahrungen allgemeiner Art' einen Ausschnitt seinen Tätigkeiten als Feldgeistlicher der Division 'Edelweiß' in der Zeit vom 21. Juni bis 30. September 1943 in Griechenland. Von seinem Gewissenskonflikt als Christ, als Pfarrer, als Seelsorger schreibt er nichts, als er von diesen Verbrechen erfährt, die 'seine' Soldaten begehen. Er hört von Morden an Frauen und Kindern, von Plünderungen und hört zu und denkt daran, wie er seine 'Leute' bei ihrem Kampf gegen die 'Bolschewisten' seelisch stützen und begleiten kann. Und erzählt mit Stolz von gut besuchten Gottesdiensten und großer Teilnahme beim Abendmahl. Der Stolz begleitet auch heute noch seine Erinnerung an die Zeit (2), die für ihn die wichtigste seines Lebens war. Und der Stolz begleitet auch die Identifikation mit seiner Truppe, der Gebirgsjägerdivision 'Edelweiß', deren Symbole die ein oder andere Wand seiner Wohnung schmücken. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Gewissenskonflikt? Nein! Gehorsamer Dienst! Ja! Gehorsamer Dienst! Er, - so wie seine Kirche! Vor dem Krieg, während des Krieges und nach dem Krieg. In steter Kontinuität der Tradition. Gehorsamer Dienst! Verkünden des Evangeliums, wenn auch nur eines Teils, den anderen lässt man einfach weg. Nicht kriegstauglich, würde man sagen. Aber immer, und ohne Zweifel, und ohne zu verzweifeln, in der Nachfolge des Herrn! </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nur, welchem Herrn ist er, ist sie gefolgt nach Polen, nach Russland, nach Frankreich, nach Griechenland?</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">1. Die italienische Besetzung Griechenlands</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Schatten des militärischen Erfolgs der deutschen Wehrmacht beim Überfall auf Frankreich entschloss sich Mussolini am 28. Oktober 1940, Griechenland anzugreifen und zu besetzten. Er verlegte die Division Acqui, die im Juni vergeblich versucht hatte, in Südfrankreich einzumarschieren, nach Albanien. Albanien war seit seiner Eroberung durch Italien im Jahre 1926 eine Art italienisches Protektorat (3), mit dem Italien seine Herrschaftsansprüche am Ostufer der Adria zu begründen suchte. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Der nur zögerliche Angriff einzelner Verbände der Division Acqui, deren schlechte Ausrüstung, der einbrechende Winter und der erbitterte Widerstand der griechischen Truppen führten nicht nur zu großen Verlusten auf Seiten der Italiener, sondern fast auch zum militärischen Eklat. Am 3. Dezember durchbrachen griechische Truppen die italienischen Linien und drängten die Italiener auf albanisches Gebiet zurück. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Um die italienische Katastrophe abzuwenden, intervenierte die deutsche Wehrmacht, die in einer Blitzaktion Jugoslawien einnahm und nun gemeinsam mit den Italienern zur Gegenoffensive startete. Sie überrannten die griechischen Truppen und zwangen die Griechen am 21. April 1941 zur Aufgabe. Die deutsch-italienischen Truppen besetzten die Inseln und das griechische Festland. Da Hitler große Teile der auf dem Balkan erfolgreichen Streitmacht für den bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion brauchte, belies er nur einen kleinen Teil der dort eingesetzten Streitkräfte in Griechenland. So übernahmen die Italiener die Hauptaufgabe in der militärischen Kontrolle und trugen dafür Sorge, dass Hitler-Deutschland die großen Erzvorkommen für seine Kriegsproduktion ausbeuten konnte. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die Zeit der italienischen Besetzung Griechenlands dauerte von April 1941 bis zum September 1943 und forderte ungefähr 100.000 Opfer unter der griechischen Zivilbevölkerung. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Ein Teil davon starb in den Konzentrationslagern (man spricht von ungefähr 200 italienischen Konzentrationslagern, die im italienischen Mutterland und in den besetzten jugoslawischen Gebieten unter Kontrolle des königlichen Heeres Jugoslawiens und der faschistischen Besatzungsverwaltung standen. Ergänzung des Verfassers nach Angaben in: Bruno Mantelli, S. 66) und Gefängnissen; ein anderer Teil fiel den Säuberungen und Repressalien zum Opfer, welche die Armee durchführte, um der Partisanenerhebung Herr zu werden; ein dritter Teil starb als Folge der schrecklichen Hungersnot, die durch die Misswirtschaft der italienischen Verwaltung in Griechenland verursacht und dann noch verschärft wurde durch die Entscheidung der Besatzungsmacht, sich der Hungersnot als Instrument zu bedienen, um den Widerstandswillen der Zivilbevölkerung zu brechen" (4).</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">2. Der 8. September 1943 und der Mord auf Kephallonia</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Kritik an der Kriegsführung Mussolinis, die heranrückende antifaschistische Allianz und damit die bevorstehende Niederlage vor Augen und um noch größeres Unheil vom italienischen Volk abzuwenden, ließ König Vittorio Emanuele III. am 25. Juli 1943 den Duce verhaften und beauftragte Marschall Pietro Badoglio (5) mit der Bildung einer neuen Regierung. Diese begann am 3. August 1943 geheime Verhandlungen mit den angloamerikanischen Alliierten, die am 4. September zum Waffenstillstand mit Italien führten. Dieser wurde am 8. September von Badoglio über das Radio verkündet. Italien war aus der Koalition mit Nazideutschland ausgetreten. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Damit war für die deutsche Wehrmacht der Fall eingetreten, der die Eroberung von Nord- und Mittelitalien durch deutsche Truppen, die Entwaffnung der italienischen Einheiten und deren Deportation nach Deutschland und ins Generalgouvernement Polen vorsah. Im Gegensatz zur italienischen Regierung und der Heeresleitung begegnete die deutsche Wehrmacht dieser neuen Konfrontation gut vorbereitet (6). In zwei Tagen eroberten sie große Teile Italiens und der von Italienern besetzten Gebiete. Die italienischen Militärs waren hilflos und verwirrt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Am 20. Juni 1943 hatte General Antonio Gandin auf Kephallonia das Kommando über die Division Acqui übernommen. Hier unterstanden ihm 525 Offiziere und 11.500 Mannschaftsdienstgrade. Gandin war ein enger Vertrauter Mussolinis und begleitete den Duce häufig bei dessen Treffen mit Hitler. Nachdem der Waffenstillstand Italiens mit den angloamerikanischen Alliierten bekannt wurde, versuchte der mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse dekorierte Gandin zunächst mit den deutschen Militärstellen über eine mögliche Kapitulation der italienischen Seite zu verhandeln. Aber eine Meuterei einiger Offiziere, die gegen eine Kapitulation waren, und eine Abstimmung unter den italienischen Soldaten, die sich zu 90 Prozent für den Kampf gegen die Deutschen aussprachen, beendete die Verhandlungen. Die kriegerische Auseinandersetzung der einstigen Bündnispartner begann. In den ersten drei Tage konnten sich die Italiener, dank ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit am Boden, den deutschen Angriffen gegenüber erwehren, die zum großen Teil durch die Luftwaffe erfolgten. Dann aber erhielten die deutschen Bodentruppen Verstärkung durch Einheiten der 1. Gebirgsjägerdivision. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Der neuerliche 'Verrat' der Italiener und die zögerlichen Erfolge auf Kephallonia veranlassten Hitler, seinen ursprünglichen Befehl, wie mit italienischen Kriegsgefangenen umzugehen sei, zu verändern. Es sollten ab sofort auf Kephallonia keine italienischen Gefangenen mehr gemacht werden. Die deutsche Offensive begann am 21. September, und vernichtete sofort die italienischen Einheiten. Am 22. September, um 11 Uhr bot Gandin den Deutschen die Kapitulation an und hisste am Gebäude des Divisionskommandos die weiße Flagge. Alle das kriegerische Massaker Überlebenden, Offiziere, wie Mannschaftsdienstgrade wurden gefangen genommen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wie der Befehl Hitlers ausgeführt wurde, sei an einem Beispiel (7) verdeutlicht: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Am Abend des 21. September zog sich Major Oskar Altarilla mit dem Rest des 2. Bataillons des 17. Regiments in das Städtchen Keramis zurück. Dort wurde er von deutschen Truppen eingekreist und war gezwungen, sich zu ergeben. Die Italiener wurden entwaffnet; zusammen mit anderen italienischen Gefangenen, die hinzugekommen waren, etwa neunhundert Mann. In einer langen Reihe mussten sie auf der Chaussee in das Städtchen Troianata marschieren. Dort wurden sie von deutschen Patrouillen umringt und auf freiem Feld zusammengetrieben. Plötzlich und vollkommen unerwartet wurde von allen Seiten das Feuer auf sie eröffnet. Nach kurzer Zeit verstummten die Angstrufe und Schmerzenschreie, und Stille breitete sich aus. Die meisten Männer lagen tot in einer Mulde. Dann rief ein deutscher Soldat auf italienisch: "Wer noch am Leben ist, mag aufstehen, er hat nichts zu befürchten, das Geschäft ist erledigt." Etwa fünf Überlebende standen blutend auf. Sie wurden von einer weiteren Salve niedergestreckt. Drei italienische Soldaten überlebten das Massaker.' </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dies war kein Einzelfall. Die massenweisen Erschießungen gingen auch in den nächsten Tagen weiter. General Gandin wurde am 24. September nach kurzem Prozess vor einem eilends nach Kephallonia eingeflogenen Standgericht erschossen. Am Vormittag des 25. September erschossen die Deutschen noch sechs verwundete Offiziere, die aus einem Feldspital geholt wurden. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Was General Lanz, der Befehlshaber der Einheiten der 1. Gebirgsjägerdivision, am 26. September mit den Worten: 'Meine vollste Anerkennung und meinen herzlichsten Dank.' (8) ausdrückte, sah in Zahlen folgendermaßen aus: Zwischen dem 15. und dem 22. September sind in Folge von direkten Kriegshandlungen 65 Offiziere und 1200 Soldaten umgekommen. Die Deutschen meldeten 40 Verluste. Ungefähr 155 Offiziere und 4700 Unteroffiziere und Mannschaften wurden, dem Führerbefehl entsprechend, gefangen genommen und in den darauffolgenden Tagen erschossen. Vor und nach den Exekutionen wurden die Italiener systematisch ausgeraubt. Ihre deutschen Mörder stahlen ihnen Uhren, Füllfederhalter und andere persönliche Gegenstände.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">3. Die 1. Gebirgsjägerdivision, genannt: die Division 'Edelweiß'</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Sommer 1997 erschütterte ein Amateur-Video, das verschiedenen Fernsehkanälen zugespielt wurde, die deutsche Öffentlichkeit. Die ausgestrahlten Auszüge zeigten die Hinrichtung eines Mannes durch deutsche Soldaten. Rassistische Szenen, Szenen von Schändung und Plünderung (9), die das Video auch enthielt, wurden dem Fernsehzuschauer nicht zugemutet. Das Video war ein 'Scherz'. Spaßeshalber war es von Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 571 gedreht worden, das in Schneeberg im Erzgebirge beheimatet ist, einem Ableger der 1. Gebirgsjägerdivision. Aus Bayern stammen Vorgesetzte und Offiziere, Mitglieder des in Mittenwald beheimateten 'Kameradenkreis der Gebirgstruppe e. V.', die möglicherweise mitverantwortlich für das Video waren. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schon im Mai 1993 waren Gebirgsjäger (10) aufgefallen, weil sie sich mit Sieg-Heil-Rufen und dem Hitlergruß auf den Weg in ihre Kasernen nach Bad Reichenhall machten. Soldaten der gleichen Einheit hatten in einem Intercity nach München, Nazi-Parolen schreiend, auf einen behinderten Ausländer eingeschlagen und ihn schwer verletzt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In einem Vorwort zu der Veröffentlichung: 'Die deutsche Gebirgstruppe. 1938 bis 1945' (11) schreibt der ehemalige Kommandeur der alten 1. Gebirgs-Division und spätere kommandierende General des XXII. Gebirgskorps Lanz im Rückblick auf seine Truppe: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Gut ausgebildet, an Härte und Opfer gewöhnt, geht der Gebirgsjäger in den Krieg, der &lt;das Edelweiß zum Schrecken der Feinde&gt; werden lässt. Höchste Leistungen zeichnen seinen Weg: Lemberg, Oise-Aisne-Kanal, Narvik, Eismeer, Karelien, Metaxaslinie, Kreta, Uman, Kaukasus, Wolchow und Monte Cassino. Unauslöschlich bleiben diese Namen mit dem Edelweiß verbunden. Ist aber der Kampf vorbei, gewinnt der Gebirgsjäger durch seine gutherzige Art rasch die Zuneigung der feindlichen Bevölkerung. Hilfsbereit lindert er Leid und Not. So wird das Edelweiß zugleich zum Zeichen menschlicher Güte." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Was sich in diesem Prolog wie ein romantischer Reiseführer durch Europa liest, möchte ich mit Hilfe einer der von Lanz erwähnten Stationen konkretisieren (12). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Lemberg liegt im Zentrum Galiziens und ist die östlichste Stadt Mitteleuropas. Trafen sich hier verschiedenste Kulturen und Konfessionen in einer kreativen Symbiose, so zerfällt diese zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Polen und nach Unabhängigkeit strebende Ukrainer liefern sich in der Stadt erbitterte Kämpfe. Die Leidtragenden waren die Juden, sie galten als politisch verdächtig. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes wurde Lemberg im Herbst 1939 sowjetisch. Obwohl die Juden von den Sowjets verfolgt wurden, bezichtigten Polen und Ukrainer sie nun der sowjetischen Kollaboration. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Am Morgen des 30. Juni 1941 besetzen Einheiten der 1. Gebirgsdivision unter General Lanz die Stadt. In den drei Gefängnissen finden sie 4000 von den Sowjets hingerichtete Gefangene. Unter dem Schutz der Truppen General Lanz' veranstaltete ein den deutschen angegliedertes und mit deutschen Uniformen ausgestattetes Bataillon von Ukrainern mit dem Namen 'Nachtigall' eine Hetzjagd auf die Juden der Stadt. Es kommt zu schlimmen Misshandlungen und Morden. Die Deutschen Truppen sichern die Gefängnisse und kontrollieren die Abläufe, während die Ukrainer die Juden zwingen, auf Knien zu den Leichen zu kriechen und sie zu waschen. Jüdische Frauen und Mädchen müssen sich vorher entkleiden. Als diese grausame Arbeit verrichtet war, stellen sich auf Befehl der Deutschen die ukrainischen Soldaten in zwei Längsreihen auf und treiben die Juden durch dieses Spalier. Sie schlagen und stechen mit Bajonetten auf sie ein. Viele der Juden werden getötet. Es folgen weitere Übergriffe auf Jüdinnen und Juden. Als die 1. Gebirgsjägerdivision am 2. Juli die Stadt in Richtung Osten verlässt, sind der öffentlichen Judenjagd im Schutze von General Lanz und seinen Gebirgsjägern 4000 Lemberger Juden zum Opfer gefallen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die 1. Gebirgsjägerdivision war gefürchtet. Schon nach dem Polenfeldzug hatten sich ihre Generäle das Ritterkreuz 'verdient'. Stalin begegnete dieser Einheit mit großer Furcht. (13) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Lanz kam nach dem Russlandfeldzug mit seinen Truppen über den Balkan nach Griechenland. Am 19. September 1943 traf er in Kephallonia ein, um mit Major von Hirschfeld den Angriffsplan gegen die italienische Division Acqui für den 21. September festzulegen. Damit war das Ende der Division Acqui besiegelt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Ich zitiere noch einmal aus dem Prolog des General Lanz zur Schrift 'Die Deutsche Gebirgstruppe': </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Wie Heimatliebe und Gottvertrauen, ist ihnen die Freiheit ein heiliger Begriff, erwachsen aus dem Kampf mit der Natur, erprobt im Sturm der Geschichte. Also steht er vor uns: kraftvoll und hart, wortkarg und zäh, mit kantigem Gesicht, selbst ein Stück Fels – der Kämpfer der Berge."(14)</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">4. Die Feldgeistlichen der 1. Gebirgsjägerdivision</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Am 9. April 1938 wurde aus verschiedenen Gebirgseinheiten die 1. Gebirgsjägerdivision aufgestellt. Der katholische Wehrmachtspfarrer Georg Lipp, der von Rosenheim die Einheiten der Gebirgsjäger betreute, und der evangelische Geistliche Rudolf Schwarz, der in Traunstein stationiert war und von hier aus Berchtesgaden, Rosenheim, Brannenburg und den Fliegerhorst Bad Aiblingen versorgte, wurden zu Wehrmachtspfarrern der Division 'Edelweiß'. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Kurz vor Kriegsbeginn wurde Schwarz mit anderen evangelischen Wehrmachtspfarrern vom Wehrkreispfarrer zu einer Konferenz nach München eingeladen. Mit den Worten (15): 'Jetzt geht' s los!' wurden sie über den nahen Kriegsbeginn informiert. Darüber hinaus gab es keinerlei dienstliche Vorbereitungen. Die Pfarrer wussten weder, wie ihr Dienst während des Krieges aussehen sollte, noch wie und wo und wann sie Gottesdienst feiern sollten. Eine Kriegsagende und ein Feldgesangbuch gab es erst später. Schwarz besorgte sich in aller Eile ein Krankenabendmahlsgerät, um mit seinen Soldaten während des Krieges Abendmahl feiern zu können. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Da die beiden Geistlichen nicht gleichzeitig alle Truppenteile besuchen konnten, teilten sie sich die Aufgaben auf und feierten ihre Gottesdienst 'ökumenisch', d. h. die Soldaten beider Konfessionen nahmen an ihnen teil. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Bei den Gebirgsjägern handelte es sich um eine fast rein bayrische Truppe. Sie bestand zu über 80 Prozent aus katholischen und wenig evangelischen Christen. Auch bei Krankenbesuchen auf den Lazarettplätzen wurde kein Unterschied zwischen evangelischen oder katholischen Verwundeten gemacht. Wenn ein Pfarrer ins Lazarett kam, besuchte er alle, die einen Besuch brauchten, egal welcher Konfession der Verletzte angehörte. Ökumene war im Krieg unausweichlich, ja, notwendig und war zumindest bei der 'Edelweißdivision' normal. Die Kameradschaft war wichtiger als die Gräben zwischen den Kirchen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Für Lipp und Schwarz begann der Krieg mit dem Polenfeldzug. Der schnelle Vormarsch erlaubte keinen geregelten Dienst. Die Hauptaufgabe kam zunächst der Betreuung der Verwundeten zu. Nach Beendigung des Feldzugs, als sich die Division nach Brühl, in die Nähe von Köln, zurückgezogen hatte, feierten sie große Dankgottesdienste. Im Rheinland konnten sie auch wieder Kasernenstunden halten. Aber kaum begann ein neuer Feldzug, war selten Gelegenheit, einen Gottesdienste zu feiern, es sei denn Zeit und Wetterverhältnisse ließen es zu, oder die besondere Situation gebot es. So bat zum Beispiel General Lanz vor Beginn des Russlandfeldzugs um einen Gottesdienst für ausgesuchte Bataillone, die in den kommenden Tagen besonders 'schwere' Aufgaben zu bewältigen hatten. Es sollte ein Gottesdienst mit Generalabsolution sein. Der General wusste, was auf seine Soldaten zukommen würde. Vor Beginn der Schlacht sollten sie noch den seelsorgerlichen Dienst der Kirche in Anspruch nehmen dürfen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Je länger der Krieg dauerte, um so intensiver wurden die seelsorgerlichen Gespräche. Während der Polenfeldzug noch ohne nennenswerte Probleme verlief, verschlechterte sich die Moral während des Frankreichfeldzuges. Alkohol und Frauen führten zu einer 'moralischen Lockerung' der Soldaten, so dass sogar Gottesdienst ausfielen, weil kein Soldat erschien. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Der lang andauernde Russlandfeldzug und Urlaubs- und Postsperren verursachten das ein oder andere Eheproblem. So kam es vor, dass Soldaten sich erschossen, als sie erfuhren, dass ihre Frauen zu Hause Beziehungen mit anderen Männern begonnen hatten. Schwarz widersetzte sich, wo möglich, dem Verbot, diese Selbstmörder zu beerdigen. Einmal, so erzählte er, begleitete er einen wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilten Soldaten unter Gebeten zu seiner Hinrichtungsstätte. Lipp hatte diesen Dienst öfter zu tun. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz berichtet von einem besonders 'sensiblen' Soldaten. Nach einem Partisanenüberfall sollte er Frauen und Kinder erschießen, sobald sie die Kirche verlassen würden, in die sie eingesperrt waren. Auf die Rückfrage, was er denn als Seelsorger in diesem Falle gesagt hätte, meinte Schwarz, er hätte den Soldaten lediglich gefragt, was er denn gemacht hätte. Der Soldat hätte geantwortet, er hätte in die Luft geschossen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wer waren nun diese beiden Männer, die sich schon vor dem Krieg für die Wehrmachtsseelsorge entschieden haben, einer Seelsorge, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- die zwischen Bekenntnis zum Evangelium und Bekenntnis zur nationalsozialistischen Ideologie den Spagat probierte, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- die ständig fürchten musste, auf Betreiben der Partei verboten zu werden, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- deren Pfarrer Mitglieder der Bekennenden Kirche und gleichzeitig Mitglieder der NSDAP sein konnten, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- ja, die teilweise sehr exponierte Pfarrer der Bekennenden Kirche an vorderster Front vor Übergriffen der Gestapo (16) glaubte schützen zu können, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- die spätestens seit Mai 1942 dem 'siegreichen Ausgang des nationalsozialistischen Freiheitskampfes für die Zukunft der deutschen Volksgemeinschaft und jedes einzelnen Deutschen Rechnung zu tragen hatte.... und deren Pfarrer 'jegliche Behandlung von Fragen, die außerhalb des religiösen Gebietes liegen, verboten war` (17) </span><br /><span style="font-size: 18px;">- und die ihren Dienst unter ständiger Kontrolle und Überwachung durch Nationalsozialistische Führungsoffiziere (NSFO) zu machen hatte.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">4.1 Schulprofessor Georg Lipp</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Georg Lipp wurde am 15. April 1904 in Winden in Oberbayern als Sohn eines Bauern geboren. Am 29. Juni 1932 wurde er in Freising ordiniert, am 1. August 1938 Wehrmachtspfarrer in Rosenheim. Nach dem Krieg bewarb er sich um eine Pfarrstelle in Rosenheim. Jedoch schien es, dass dem Kardinal die 'liberale Lebenshaltung' Lipps, vielleicht auch seine 'ökumenische Weite (18)' nicht behagte. Darum verwehrte er Lipp eine Gemeindepfarrstelle. Lipp entscheidet sich für den Schuldienst, wird Katechetenkaplan in Rosenheim, ein halbes Jahr darauf Studienrat. Als Gymnasialprofessor ging er am 1. September 1969 in den Ruhestand. Von 1954 bis 1958 war er Mitglied des Bayrischen Landtags und Inhaber des Bundesverdienstkreuzes. Er starb am 19. März 1983 in Rosenheim an Leberzirrhose und wurde in Oberndorf bei Haag bestattet. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Als am 10. Juni 1957 in der Nähe von Mittenwald das Ehrenmal der Gebirgsjägerdivisionen eingeweiht wurde, schrieb Georg Lipp in einem Geleitwort: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Manchmal packt mich bedrängend die Sehnsucht zu den einsamen Heldengräbern und Friedhöfen. Und warum? Weil ich die Männer, die darin ruhen, kannte, schätzte und – liebte. Und schätzen und lieben kann man nur das Große und Tapfere, Heilige und Heroische." (19) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Lipp gehörte nach Auskunft eines ehemaligen Funkers der 1. Gebirgsjägerdivision zu denen, die darauf Wert legten, auch bei den Gefechten immer in vorderster Reihe zu sein. Jedes Jahr nahm er an den Treffen des Kameradenkreises auf dem Grünten teil, saß dort in alter Verbundenheit Seite an Seite mit General Lanz, der, wie er selbst, 1993 starb, tauschte Erinnerungen aus, war gesellig, trinkfest und aufgeschlossen für alles und alle, wie sich ein Priesterkollege (20) erinnerte. Lipp hatte zu Lanz ein besonderes Verhältnis. Als Lanz in Nürnberg als Kriegsverbrecher angeklagt war, hob Lipp in seiner Aussage für Lanz hervor, dass der General stets ein guter Katholik gewesen wäre. Im Jahre 1969 fragte ihn der 'Spiegel', ob er sich noch an die Vorgänge in Kephallonia erinnern könnte. Lipp meinte lediglich: 'Wissen Sie, das ist so lange her, da kann ich mich nicht mehr dran erinnern.' (21)</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">4.2 Dekan Rudolf Schwarz</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Rudolf Schwarz wurde am 28. Mai 1910 in Nürnberg geboren. 1929 begann er sein Theologiestudium (22) in Erlangen und hörte dort Althaus, Sasse und Elert. Diese 'herausragenden' Professoren der Erlanger Theologischen Fakultät veröffentlichten 1934 den sogenannten 'Ansbacher Ratschlag' (23). In diesem kommen den 'natürlichen Ordnungen', wie 'Familie, Volk und Rasse' eine besondere Bedeutung zu. Weiterhin heißt es dort: 'In dieser Erkenntnis danken wir als glaubende Christen Gott dem Herrn, dass er unserem Volk in seiner Not den Führer als 'frommen und getreuen Oberherren' geschenkt hat und in der nationalsozialistischen Staatsordnung 'gut Regiment', ein Regiment mit 'Zucht und Ehre' bereiten will.` </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nach zwei Semestern wechselt Schwarz nach Greifswald, weil ihm die Erlanger Fakultät zu konservativ erschien. Anschließend ging er mit anderen nach Marburg zu Rudolf Bultmann. Von dort zog es ihn nach Tübingen. 1933 macht er sein erstes Examen. Er kommt zurück nach Erlangen, wo er für 2 Semester die Leitung eines theologischen Studienhauses übernimmt. Hier wohnen Theologiestudenten aus dem ganzen Reichsgebiet und vereinen unter einem Dach alle theologischen Schattierungen, vom Barthianer bis zum SS-Mann. Schwarz hält Gottesdienste für Studenten der Bekennenden Kirche (BK), an denen sich die Erlanger Fakultät nicht beteiligt. Nur Althaus versucht noch zu vermitteln. Dass Schwarz mit der BK sympathisiert, war für ihn selbstverständlich, auch wenn er schon im Jahre 1930, unter dem Eindruck von brutalen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Rot Front (KPD) und des Reichsbanners (SPD), die er noch als Schüler in Nürnberg miterlebt hatte, in die NSDAP eingetreten war. Außerdem erhoffte er sich viel von Adolf Hitler, sagte Schwarz (24), denn die Arbeitslosigkeit war groß und nach dem 1. Weltkrieg sei moralisch viel kaputt gegangen. Später wollte er aus der Partei austreten. Aber da riet ihm seine Landeskirche ab, weil sie befürchtete, wenn Schwarz deshalb aus der Wehrmachtsseelsorge entlassen würde, diese wichtige Stelle nicht mehr mit einem der eigenen Leute besetzen zu können. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz wird 1934 Vikar in Augsburg. Kurz vor seinem 2. Examen, das er 1936 ablegt, wird er in Augsburg mit der Standortseelsorge beauftragt. Hier in den Standorten beeindrucken ihn die große Anzahl Besucher, die in den Gottesdienst kommen. Der Kommandeur mit Familie, Offiziere mit ihren Familien und alle anderen Soldaten bis in die unteren Dienstgrade nehmen teil, so dass sich samstags bis zu 4000 Gottesdienstbesucher versammeln. Und als der Militärbischof den Fliegerhorst besucht, der zu Schwarz' Standort gehörte, und an einer seiner Kasernenstunden teilnimmt, ist dieser von Schwarz so begeistert, dass er ihn bei der bayrischen Kirchenleitung für die Laufbahn des Wehrmachtspfarrers vorschlägt und keine Ruhe gibt, bis Schwarz im Frühjahr 1939 seinen Dienst bei den Gebirgsjägern beginnt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Mit Beginn des Krieges versieht Schwarz seinen Dienst, so gut er kann. Improvisiert, organisiert, hält Gottesdienste, zu Weihnachten im Kaukasus bis zu 25 in den verschiedenen Truppenteilen, hilft, wo es etwas zu helfen gibt, und versucht, seinen Kameraden ein guter Seelsorger zu sein, betet und beerdigt, tröstet am Krankenbett und schreibt für die, die nicht mehr schreiben können, Karten und Briefe an die Angehörigen in die Heimat. Man nennt ihn scherzhaft den 'Fernaufklärer', weil er sich lieber 'fern' bei den kämpfenden Soldaten aufhält und weniger im Quartier des Divisionsstabs. Oft hat er Sehnsucht, einen Gottesdienst zu feiern (25). Und freut sich, wenn die wenigen, die er hält, gut besucht sind, dies besonders zu den Festtagen, vor besonderen Einsätzen oder als das Ende des Krieges bevorsteht. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In seinen Predigten versucht er, das Evangelium in die Situation der Soldaten hinein zu verkünden. So fragt er in einer Weihnachtspredigt über Lukas 2, 1-14, die er 1941 im Osten hält: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Warum sind wir üben (meint: 'hier', Anm. des Verf.) in Russland, warum müssen wir Weihnachten in einem so elenden russischen Dorf feiern und können es nicht daheim tun? Weil wir unter dem Gebot und dem Befehl unseres Volkes stehen, stehen müssen und dieser Befehl greift hinein in unser eigenstes persönliches Leben und gestaltet es und stellt uns hierher... Als "ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging", da musste sich ein Mann und eine werdende Mutter aufmachen und von daheim weggehen. Und sie wäre gewiss auch lieber in diesen schweren Wochen daheim in ihrer Wohnung, wo alles fein säuberlich gerichtet war für die Ankunft des Kindes, geblieben als in die Fremde zu ziehen. Das Gebot des Kaisers stand über innen und gestaltete ihr Leben und griff in das Leben hinein, ehe es noch geboren war. Ist das nicht unsere Welt?' (26) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wie einfach es doch geht, mit Hilfe von biblischen Texten Argumente für letztlich alles zu finden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die 'subjektive Lage unserer Gemeinde' beschreibt Schwarz in einem Referat, dass er am 27. Oktober 1943 (ich erinnere: das Massaker in Kephallonia geschah einen Monat zuvor) auf einer Kriegspfarrerkonferenz in Athen hält. Kurz zuvor hatte er an der Eroberung von Korfu teilgenommen, von der er meinte, sie sei ohne Kämpfe (27) erfolgt, denn schließlich hätte die Bombadierung durch die Luftwaffe sofort jeden Widerstand gebrochen. Schwarz schreibt also über die Situation seiner Soldaten, für die in den Gottesdiensten der richtige Predigttext auszusuchen sei: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Und vieles, was wir ob drinnen oder draußen, ob in der Heimat oder an der Front erleben, zielt doch darauf ab, den christlichen Glauben unglaubhaft zu machen. Ich denke an die Bombenangriffe, an unsere Brutalität in der Kriegsführung u. a.. Hier kann schon mancher in Gewissenskonflikte kommen.' (28) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz und Lipp wurden von General Lanz (29) mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nach dem Krieg war Schwarz zunächst Aushilfspfarrer in Traunstein, wo er insbesondere die Lazarette zu betreuen hatte. Hier hätte er das Schlimmste des Krieges gesehen. Anfangs weigerte er sich, sich entnazifizieren zu lassen. Er meinte, das wäre bei ihm nicht notwendig. Schließlich willigte er doch ein. Er bat seinen Freund Lipp um ein entsprechendes Zeugnis. Ein Freund, ein Halbjude (30), den er von seiner Studienzeit her kannte, und Karl Steinbauer sagten für ihn aus. 'Nicht betroffen' hieß das Urteil der Spruchkammer über ihn. </span><br /><span style="font-size: 18px;">1947 wurde Schwarz Pfarrer in Bad Steben. 1963 wechselte er nach Pappenheim, wo er vom Bischof der Evangelischen Kirche von Bayern zum Dekan ernannt wurde. 1977 ging er in den Ruhestand. Bis Ende der 90iger Jahre kam er zu den Jubiläumskonfirmationen nach Bad Steben und feierte sie unter großer Beteiligung und Freude der Mitglieder seiner einstigen Gemeinde. Heute lebt er 92jährig in einem kleinen Ort in Franken. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz gehört zum Kameradenkreis der 1. Gebirgsjägerdivision. Jedes Jahr 'pilgerte' er wie Hunderte andere, die einst zur 'Edelweiß' gehörten, auf den Grünten zum Kameradentreffen. Auch Schwarz fühlte sich 'gefordert', im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess für Lanz auszusagen. Er legte eine schriftliche Stellungnahme vor, in der er Lanz 'besondere Ritterlichkeit sogar dem abgefallenen Verbündeten gegenüber' (31) bescheinigte, was daran zu erkennen sei, dass er 'Lastwagen zur Beförderung italienischer marschkranker Soldaten und italienischen Offiziersgepäcks zur Verfügung' gestellt habe. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Lanz wurde in Nürnberg verurteilt und saß für wenige Jahre im Gefängnis in Landsberg. Weil dort ein Schwager (32) von Schwarz Pfarrer war und die dort einsitzenden Kriegsverbrecher zu betreuen hatte, gelang es Schwarz und Lipp, Lanz in seiner Haft zu besuchen. Gerne hätten sie aus Solidarität und in freundschaftlicher Verbundenheit jeder einen Tag für Lanz im Gefängnis abgesessen. Aber das wurde ihnen nicht gestattet. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur Einweihung des Ehrenmals in Mittenwald schrieb Schwarz 1957 in seinem Geleitwort: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Es sind nun bei unserem Ehrenmal zwei Gedanken, ein trostvoller und ein mahnender, eine gute Einheit geworden. Trostvoll das Kreuz als Zeichen für Gottes Treue, die zu allem, auch zur Selbstaufgabe bereit ist, nur zu einem nicht: sich zurückzuziehen von dieser irrenden und verworrenen, schuldigen und leidvollen Welt. Diese Treue Gottes allein und sein Opfer lässt das Opfer unserer lieben Kameraden, denen das Denkmal gesetzt ist, nicht sinnlos sein. Sie sind wie wir von Gott nicht abgeschrieben, sondern in seiner Treue aufgehoben. Mahnend die Pfeiler als Ruf an uns zur Treue. Nicht der Erfolg, .... machen zuletzt den Wert eines Menschenlebens aus, sondern das Treusein. Dazu ruft uns das Denkmal. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein im Gedenken an unsere Gefallenen, </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein den Menschen, die uns die nächsten und liebsten sind, </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein unserem Land und Volk bis zum Opfer des Lebens, </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein im Alltag des Berufes. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In solch nüchterner Treue liegt auch die Treue unserem Gott gegenüber. Solche Treue ist nicht möglich ohne Opfer..." (33) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Über die Kriegsverbrechen, an denen die Division 'Edelweiß' beteiligt waren, ob die in Lemberg (34) oder in Kephallonia, wurde bei den Kameradentreffen nicht gesprochen. Die Treffen galten der positiven Erinnerung an Kameradschaft, an das 'Draufgängertum' der Truppe und vor allem der Geselligkeit. Selbstverständlich wurden sie mit einem Gottesdienst eröffnet, den Lipp und Schwarz gemeinsam feierten. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz älteste Tochter wurde 1941 geboren, wenige Tage, nachdem seine Mutter gestorben war. Weil er wegen des Todes seiner Mutter Heimaturlaub bekam, konnte er seine Tochter nach ihrer Geburt ein paar Tage sehen. 18 Monate war er anschließend von seiner Frau und seiner Tochter getrennt. Und dann noch einmal weitere 15 Monate im letzten Kriegsteil. Zwischendurch wurde seine Frau von einer zweiten Tochter entbunden. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Das waren Dinge, so Schwarz (35), </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'die damals schon belastend waren, ... das darf man vielleicht auch nicht übersehen, wenn man fragt, warum habt Ihr an dem und dem nicht so teilgenommen, hat Euch das nicht so bewegt. Denken Sie einmal an Kephallonia! Wir hatten ja auch unsere ganz persönlichen Sorgen, ich musste mich sehr um meine Frau sorgen, die hatte einen Kaiserschnitt, und das war damals noch keine einfache Sache.'</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">Exkurs: Der einstige Feldprediger und spätere Militärbischof Hermann Kunst</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Auf dem Hindenburgplatz in Herford versammelten sich am 7. November 1935 die Rekruten zu ihrer Vereidigung. Der evangelische Standortpfarrer Hermann Kunst schwor sie mit folgenden Worten auf ihren Dienst ein: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Meine Kameraden, wenn ihr in dieser Stunde den Treueeid auf den Führer und Kanzler unsres Volkes, den obersten Kriegsherrn, Adolf Hitler, leistet, tretet ihr damit ein in den Kreis der Männer, die bereit sind, mit Leib und Leben einzustehen für die Ehre und Freiheit, Sicherheit und Kraft des Reiches. Ihr fällt in dieser Stunde eine Lebensentscheidung. Ihr seid bis an euer Lebensende keine Privatpersonen, sondern eine dem Führer des Volkes verschworene Kampfgemeinschaft. Keine Überlegung, kein Reiferwerden entbindet euch von eurem Eid. Das sage ich euch nicht als irgendeine Meinung, das sage ich euch als ein berufener Diener am Wort." (36) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hermann Kunst, Mitglied der BK. So notiert sein Lebenslauf, den die Pressestelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) auf Anfrage zusendet. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Kunst wurde am 21. 1. 1907 in Ottersberg geboren, besuchte in Bocholt das humanistische Gymnasium und begann nach abgeschlossener Banklehre das Studium der evangelischen Theologie in Marburg, setzte es in Berlin und Münster fort. Nach dem 2. theologischen Examen wurde er 1932 Pastor der evangelisch-lutherisch Mariengemeinde in Herford. 1939 wurde er Kriegspfarrer und folgte den deutschen Truppen nach Polen und Frankreich. 1940 wurde er zum Superintendenten des Kirchenkreises Herford gewählt, ein Jahr später mit der Vertretung des Präses Koch in der Leitung der Kirche von Westfalen beauftragt. Von 1943 bis Kriegsende war er in Russland. Kunst wurde das Eiserne Kreuz verliehen. 1945 wurde er Mitglied der Leitung der Evangelischen Kirche in Westfalen. Von 1949 bis 1977 war er der Bevollmächtigte der EKD am Sitz der Bundesrepublik, von 1955 bis 1972 war er evangelischer Militärbischof, damals ein Nebenamt. Universitäten in Münster, Pennsylvania, Paris, Bukarest und Boston verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Am 8. August 1985, dem Tag, an dem sich die Stadt Augsburg des Religionsfriedens von 1650 zwischen katholischen und protestantischen Christen erinnert, wurde Kunst der Friedenspreis der Stadt Augsburg zugesprochen, der in jenem Jahr zum ersten Mal verliehen wurde. Am 13. Oktober nahm der erste Militärbischof Deutschlands den Preis entgegen, fast auf den Tag genau 50 Jahren, nach dem er die Rekruten auf dem Hindenburgplatz in Herford auf Adolf Hitler eingeschworen hatte.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">5. Die Kirchen und ihre Kriegshilfe</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Kriegspfarrer hatten die Aufgabe, ihren Dienst zu tun. Und das taten sie. Dienst an Soldaten christlichen Bekenntnisses. Die Frage, wo sie ihren Dienst taten, stellte sich für sie im allgemeinen lediglich als ein organisatorisches Problem. Die Frage, für wen sie ihren Dienst taten, beantworteten sie im Blick auf ihr Bekenntnis. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Auch nach dem Krieg wurden die Fragen, in welcher Wehrmacht sie dienten, und welche Ziele diese verfolgte, und welche Mittel ihr zum Erreichen der Ziele Recht waren, nicht gestellt. Sie, die Kriegpfarrer stellten sie nicht, und auch die Kirchen, die sie für diesen Dienst entliehen hatten, stellten sie nicht, nicht für sich und nicht für sie; </span><br /><span style="font-size: 18px;">fragten auch nicht, ob sich die Pfarrer vielleicht selbst schuldig gemacht haben </span><br /><span style="font-size: 18px;">- im gehorsamen Mitwissen, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- in sich selbst Schweigen verordnender Anwesenheit bei Kriegsverbrechen, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- deren Erinnerung daran sofort dem Vergessen, dem Verdrängen anheim gegeben wurde oder werden sollte. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die Kirchen konnten es auch nicht. Sie hatten sich diese Möglichkeit selbst genommen, waren sie doch selbst willige Helfer und hofften, mit der Hilfe Adolf Hitlers und seiner Heere den bösen Feind aus dem Osten und damit vielleicht gleichzeitig das Gespenst der Aufklärung und des Modernismus entgültig besiegen zu können. So stabilisierten sie nicht nur das NS-Regime, sondern auch seine Aktionen, ob die kriegerischen oder die Vernichtungen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im (38) Jahre 1935 schrieb der spätere katholische Feldgeneralvikar der Deutschen Wehrmacht Georg Werthmann in seinem Büchlein 'Wir wollen dienen'(39), dass im ersten Weltkrieg die Feldseelsorge 'vorbildliches im Dienste von Volk und Vaterland' geleistet habe. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Ohne diese Pflege des religiösen Geistes wäre die Disziplin des Heeres kaum so lange und so straff zu halten gewesen. Religiöse Haltung trieb zur Pflichterfüllung bis zum Opfertode...' </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Was über Jahrzehnte hinweg Jugendliche, wie Erwachsene, egal welchen Bekenntnisses, prägte, was sie in politischer Propaganda oder im Gottesdienst, in der Schule oder in den Gruppenstunden kirchlicher Jugendarbeit hörten, ließ nicht den geringsten Zweifel daran zu, dass die nationalsozialistische Ideologie die einzige wahre und dazu auch noch die einzig richtige war. So schreibt der Erzbischof von Freiburg im Breisgau Conrad Gröber 1937 in einem 'Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen' mit einer Empfehlung an das Gesamtepiskopat: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'In der gegenwärtigen Schicksalsstunde unserer Nation stellen sich die Leiter der Kirche in besonderer Treue an die Seite der Männer des Staates, entschlossen zur Abwehr des gemeinsamen Feindes. Indem sie für das Christentum und den echten Gottesglauben im deutschen Volk kämpfen, stützen sie auf ihre Weise am wirksamsten den Wall, den in unserem Vaterland der Führer gegen den Bolschewismus aufgeworfen hat.'(40) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Der Kriegsausbruch am 1. September 1939 traf somit die Christen in Deutschland weder unerwartet, noch unvorbereitet. Für die Bischöfe stand fest, 'dass man in diesem Krieg seine Pflicht tun musste' (41). Die Fragen, ob dieser Krieg gerecht wäre, ob die Teilnahme an diesem Krieg erlaubt oder verboten sei, diese Fragen stellten sie nicht, - sind Fragen, die wohl erst Jahrzehnte nach den Kriegen zu stellen erlaubt sind, vielleicht auch heute noch nicht einmal. Die Loyalität der Kirchen und ihr Patriotismus sollte jeden Verdacht von Unzuverlässigkeit vermeiden, ja, stellte ihrer Meinung nach die Kirche endlich an die Stelle im Staat, die ihr schon seit langem hat zukommen müssen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Mit dem Reichskonkordat von 1933 waren nicht nur die grundsätzlichen Fragen zur Militärseelsorge geregelt. Es enthielt sogar, wenn auch in einem geheim gehaltenen Anhang, die Vereinbarungen für die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und damit auch die Vorsorge für den Kriegsfall (42). </span><br /><span style="font-size: 18px;">Für Erzbischof Gröber war es 'eine zugleich deutsche und katholische Selbstverständlichkeit, für die Heeresseelsorge nur die bestqualifizierten Geistlichen freizugeben.'(43) Auf diesem Hintergrund konnte das Oberkommando des Heeres am 21. August 1939 in einem Merkblatt die Feldseelsorge als 'wichtigstes Mittel zur Stärkung der Schlagkraft des Heeres'(44) beschreiben. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nicht mehr nur als Loyalität, sondern als Sinngebung musste und muss es verstanden werden, wenn 1942 die Feldgeneralvikare im Oberkommando des Heeres mit Verweis auf das Opfer Gottes den Einsatz des Lebens eines jeden Soldaten forderten und dies als sein Opfer christlich-religiös überhöhten.(45) Soldatentod war Opfertod. Opfertod war Heldentod. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Insgesamt versahen im Zweiten Weltkrieg 650 hauptamtliche katholische Feldseelsorger (46) und 428 evangelische Pfarrer (47) ihren Dienst. Dazu kamen etwa 20.000 Priester, Priesteramtskandidaten und Ordensleute und eine der Relation entsprechende Anzahl evangelischer Pfarrer als Sanitätssoldaten. Über Priester, die wegen ihres Widerstandes ins KZ eingeliefert wurden, soll der päpstliche Nuntius Cesare Orsenigo gesagt haben, dass sie 'Märtyrer ihrer eigenen Dummheit' seien (48). </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wir wissen auch von sieben namentlich bekannten katholischen Kriegsdienstverweigerern. Sie wurden in KZs ermordet, ohne die Unterstützung oder Ermutigung ihrer Kirche erfahren zu haben.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">6. Im Glanz des Wiederaufbaus</span></h2> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 1. Die Siegermächte und die Kirchen</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Trotz der innerkirchlichen Auseinandersetzungen zwischen Regimetreuen, Neutralen und Oppositionellen überstanden die Kirchen als Einzige der großen Institutionen den Krieg und das NS-Regime fast unbeschadet. Und weil die Kirchen den Besatzungsmächten relativ unbelastet erschienen, wurden sie für die Besatzungsmächte (49) nach der Kapitulation Hitler-Deutschlands mehr oder weniger die alleinigen Ansprechpartner. (50) So fragten sie die Kirchen nach vertrauensvollen, unbelasteten Personen, die in Staat, Ländern, Kommunen und Verbänden Verantwortung übernehmen könnten, um den Wiederaufbau Deutschlands zu organisieren. Der hierfür in Frage kommende Personenkreis war sehr klein. Um diese Schaltstellen politischer Macht und gesellschaftlicher Einflussnahme nicht Menschen liberal-bürgerlicher, sozialdemokratischer oder überhaupt demokratisch gesinnter Kreise zu überlassen, ja, um weiterhin auf konservativen Einfluss setzen zu können, scheuten sich die Kirchen nicht, vor allem Nationalsozialisten zu benennen (51). Einziges Kriterium für die Kirchen war, dass sie treu zur Kirche gestanden haben und stehen. Wenn die Militärregierungen von sich aus auf Mitglieder der SPD oder der Gewerkschaften zurückgreifen wollte, löste das eine Welle kirchlicher Empörung hervor. So äußerte sich der frühere evangelische Landesbischof von Württemberg und ab 1945 Vorsitzender des Rates der EKD Theophil Wurm, in einem Protestschreiben, 'die "Verfolgung Unschuldiger" (damit gemeint waren Nationalsozialisten, Anmerkung des Verf.) und die "Heranziehung ungeeigneter, ja amoralistischer und krimineller Elemente zur Übernahme größerer oder kleiner Verantwortung" riefe im deutschen Volk "Verstimmung, Depression und Verärgerung" hervor' (52). Es war derselbe Wurm, der im Jahre 1937 öffentlich verkündet hatte, dass seine Württembergische Kirche 'judenreiner sei als irgendeine andere' (53). Bemerkungen, wie die aus dem Jahre 1945, und spätere Äußerungen Wurms zum Nationalsozialismus veranlassten im Juni 1946 ausländische Kirchenvertreter zu der Meinung, die evangelische Kirche sei zum Zufluchtsort für ehemalige Nationalsozialisten geworden. (54)</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 2. Die Kirchen und ihre unschuldige 'Schuld'</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Anders als die Besatzungsmächte glaubten, waren die Kirchen keineswegs unbelastet aus der NS-Zeit hervorgegangen. Schon während der Weimarer Republik orientierten sich 70 bis 80 Prozent der Pfarrer in ihrer konservativ-nationalen Einstellung an antidemokratischen Rechtsparteien, wie der DNVP (Deutsche Nationale Volkspartei) (55). Und es waren vor allem die evangelischen Wähler, die der NSDAP zu ihrem Aufstieg verhalfen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Als bekannt wurde, dass zur zweiten Ratssitzung der EKD in Stuttgart am 18. und 19. Oktober 1945 eine Delegation aus der Ökumene teilnehmen würde, rangen sich die versammelten Mitglieder teils mit großem Widerwillen ein Schuldbekenntnis ab, das nur sehr halbherzig die Mitschuld der deutschen Kirche am Krieg formulierte. In diesem 'Stuttgarter Schuldbekenntnis', wie übrigens auch in der Erklärung der Fuldaer Bischofskonferenz vom 21. August 1945, wurde mit keinem Wort die Shoah erwähnt, mit keinem Wort das Verbrechen an Andersdenkenden, an Behinderten, Homosexuellen, an Sinti und Roma. Es war ein Wort, mit dem sich die EKD den Eintritt in den Ökumenischen Rat der Kirchen erkaufte und somit auch außerhalb Deutschlands salonfähig wurde. Als kircheninternes Papier sollte es nicht, und die Verfasser wussten warum, an die deutsche Öffentlichkeit geraten. Dies konnte jedoch nicht verhindert werden. Als der Inhalt der Stuttgarter Erklärung in den Gemeinden bekannt wurde, reagierte man dort mit Unverständnis, Empörung, ja, erbitterter Ablehnung. Viele Gemeindemitglieder drohten mit Kirchenaustritt. Sogar aus Kreisen der BK fand die Buße der Kirche nur geringes Verständnis. (56) Auch das aus der Feder eines kleinen Reformflügels in der EKD entstandene sogenannte 'Darmstädter Wort' aus dem Herbst 1947, in dem Defizite und Fehlentwicklungen der Kirche während des NS-Regimes benannt wurden, bezeichnete die große Masse der Kirchenführer als eine theologische Entgleisung und als eine schwere Zumutung. Die Unbußfertigkeit der Kirche schien keine Grenze zu kennen.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 3. Die Kirchen und die verweigerte Entnazifizierung</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Schon im Mai 1945 begann die Kirche mit ihrer Kritik an der von den Besatzungsmächten kaum begonnenen Entnazifizierung, auch wenn sie sich dieser in den ersten Nachkriegmonaten nicht entziehen konnte. Im Juni 1945 schrieb der Mainzer Bischof Stohr an Pius XII., 'dass "radikale Beseitigung aller Nazis" eine "Sinnlosigkeit" darstelle, an der die ganze Verwaltung zusammenbrechen müsse und nur der Kommunismus Freude haben könne...' (57). In der Angst durch die Entfernung von hohen NS-Funktionären die konservativen Machtbastionen im öffentlichen Dienst zu verlieren und sie den 'Bolschewisten' überlassen zu müssen, kam es schon während des Entstehens der NS-Diktatur, dann aber auch nach dem Krieg zu einer breiten ökumenischen Übereinstimmung, zumindest in diesem Punkt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Auch ein mit dem 5. März 1946 in Kraft tretendes sogenanntes 'Befreiungsgesetz' (58), das alle Personen aus dem gesellschaftlichen Leben ausschließen wollte, </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft aktiv unterstützt oder sich durch Verstöße gegen die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit oder durch eigensüchtige Ausnutzung der dadurch geschaffenen Zustände verantwortlich gemacht haben", </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">fand heftigste Kritik der Kirchen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Am 26. April 1946 unterschrieb Bischof Wurm für die EKD eine Eingabe, in der erklärt wurde, dass dieses Gesetz neue Schuld und neues Unrecht bewirke: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Unsere Bedenken richten sich gegen die Grundauffassung des ganzen Gesetzes. Das Gesetz steht nicht in allen Stücken im Einklang mit dem natürlichen Rechtsempfinden. Es beachtet nicht alle elementaren Rechtsgrundsätze, die die Rechtsordnung von Kulturstaaten kennzeichnen und die ihre letzte Bindung an Gottes Gebot nicht verleugnen...' (59). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Welche Doppelzüngigkeit und welcher Opportunismus wird in den Verlautbarungen der Kirche deutlich. Wenige Jahre zuvor schwieg die Kirche zum Rechtsbruch unmenschlichster Art, hat weitgehend schweigend mitangeschaut, ja mitgemacht als vor ihren Kirchentüren millionenfach elementarste Menschenrechte mit Füßen getreten wurden, spricht nun aber von natürlichem Rechtsempfinden, Rechtsordnungen von Kulturstaaten, von Bindung an Gottes Gebot. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Im Verlauf der Stellungnahme der EKD lehnte Wurm eine mögliche Entnazifizierung von Seiten der Obrigkeit in der Kirche ab. Wurm beanspruchte eine Sonderstellung für die Kirche, denn schließlich stünde es der Obrigkeit nicht zu, darüber zu entscheiden, wer in der Kirche ein geistliches Amt ausüben dürfe und wer nicht. (60) Die Kirche schützte auch belastete Pfarrer vor jeglicher Möglichkeit einer Entnazifierung. Die Krönung der Nichtbereitschaft kritischer Reflektion über die Nazigeschichte und über die eigene kirchliche Verstrickung setzte Martin Niemöller mit einer Abkündigung, die er am 1. Februar 1948 von allen Kanzeln der hessischen Kirche verlesen ließ, in der er den Pfarrern schlichtweg verbot, bei der Entnazifizierung der Gesellschaft mitzuwirken. Sie sei nicht der Weg zur Versöhnung, sondern Mittel der Vergeltung (61) und ein 'politisches Machwerk', um die deutsche Intelligenz zu beseitigen. (62) Damit fiel Niemöller den Stimmen ins Wort, die aus den Gemeinden heraus die neue Kirchenleitung in Hessen und Nassau und vor allem deren eben erst gewählten Präsidenten Martin Niemöller wegen seiner 'allzu bußfertigen' Haltung seit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis kritisierten. Der, der nach Meinung vieler in Stuttgart die Nation verraten hatte, konnte sich nun des ungeteilten Beifalls aller sicher sein. </span><br /><span style="font-size: 18px;">So organisierte vor allem die evangelische Kirche das allgemeine Aufbegehren gegen die politische Säuberung und wurde ihr Anführer (63). Die eigentlichen Täter waren für die Kirchen jene Personen, die in den Verwaltungen die Entnazifizierung durchzuführen hatten. Die Kirche gewann die Sympathien derer, die mehr oder weniger stark in das Regime des NS-Staates verwoben und an dessen Krieg und deren Verbrechen beteiligt waren, und erklärte sie im Zweifelsfall selbst zu Opfern. Der eigentlichen Opfer, ob der 6 Millionen ermordeten Juden, der zig-tausendfach hingerichteten oder vernichteten Oppositionellen, Behinderten, Homosexuellen, Sinti oder Roma gedachte sie damals an keiner Stelle. Dazu mussten noch Jahrzehnte ins Land gehen. Während der Naziherrschaft selbst 'williger Mitvollstrecker', ja, sogar Sinngeber für Mord und Soldatentod, wurde sie im Nachkriegsdeutschland gehorsamer Helfer beim Wiederaufbau Deutschlands Adenauer'scher Prägung, gewann die Zustimmung vor allem der rechten bürgerlichen Parteien, die die Regierung bildeten, und konnten sich somit deren Schutzes und Wohlwollens sicher wähnen. Schutz und Wollwollen auch deshalb, weil viele ehemalige NSDAP-Mitglieder inzwischen wieder in Aufgaben der Bundesministerien eingetreten waren und hier Verantwortung übernommen hatten. Vor allem das Auswärtige Amt profilierte sich in der Fortführung der 'Berliner Tradition'. (64) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Aber es war nicht nur die fehlende Selbstkritik, die die Kirche bei so manchem fernen Beobachter in Misskredit brachte, es war nicht nur die Verweigerung der Entnazifizierung, es war auch die bewusst vollzogene Anknüpfung und Fortführung der Tradition, die mancherorts, nur nicht beim eigenen Kirchenvolk, Unverständnis hervorrief. Denn wenn man sich zum Beispiel die sofort nach dem Ende des Krieges neu zusammengesetzte Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland anschaut, so finden wir in ihr eine Koalition von Vertretern der Deutschen Christen, der Bekenntnisgemeinden und derer, die sich dem NS-Regime gegenüber neutral verhalten hatten. Was in Düsseldorf beispielgebend schon direkt nach dem Kriege vollzogen wurde, fand dann in Bonn Ende 1966 auf Regierungsebene seine politische Fortsetzung als Kurt Georg Kiesinger, während des NS-Regimes stellvertretender Leiter der Rundfunkpolitischen Abteilung und also solcher 'Mitwisser' der Shoah, Bundeskanzler wurde und in der Großen Koalition zwischen CDU und SPD Willy Brandt, der während des 3. Reichs nach Norwegen, dann nach Schweden emigrierte und von dort am Widerstand gegen Hitler teilnahm, Vizekanzler und Außenminister wurde(65). In der Rheinischen Kirchenleitung sollte damit 1945 , wie es hieß, die Rechtskontinuität bewahrt bleiben (66). Außerdem würde eine Vorherrschaft der Bekennenden Kirche in der Kirchenleitung 'bei der kirchenpolitischen Mentalität vieler rheinischer Pfarrer bzw. Gemeinden'(67) zu Missverständnissen führen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Was mit 'Mentalität' und 'Missverständnissen' gemeint war, soll an einigen Zahlenbeispielen deutlich werden: in der Hessischen und Württembergischen Kirche galten etwa ein Drittel aller aktiven Pfarrer als 'belastet'. In der Bayrischen Kirche ein Viertel, in Bremen waren 51 von 55 Pfarrern betroffen. (68) Eine Entnazifizierung hätte also die pfarramtliche Versorgung der Gemeinden erheblich in Frage gestellt. Dazu aber kam die Angst, die konservativen, traditionellen Kreise zu verlieren und den aufklärerischen, modernen, demokratischen, ja liberalen und linken Gedanken und ihren Vertretern mehr Raum geben zu müssen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Dieses Argument war Mitte der 30iger Jahre schon Motivation für die uneingeschränkte Solidarität vieler Kirchenmänner mit dem Hitlerstaat und seinem Krieg, dies wurde nun wieder Anlass, von einer Entnazifizierung in der Kirche abzusehen.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 4. Kirchliche Ent'schuld'ungs-Hilfen aus dem Ausland</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In all diesen Fragen erhielten die Kirchen in Deutschland große Argumentationshilfe aus dem Ausland. Als erster nahm Papst Pius XII. in einem Hirtenwort (69) vom 9. Mai 1945 Stellung, in dem er sich gegen das Negativbild wandte, dass viele Menschen in der Welt von den Deutschen hätten und bat die Opfer des Krieges, die im Allgemeinen nicht der christlichen Religion angehörten, den Deutschen in christlicher Nächstenliebe zu begegnen. Sein Hirtenwort vom 24. April 1945 hatte zuvor die katholischen Christen insgesamt von jeglicher Verantwortung für den Krieg freigesprochen. In seinem Wort zum Weihnachtsfest 1946 erklärte der Papst die Aufklärung und ihre Philosophie als Hauptursache für das Zustandekommen von Nationalsozialismus und Kommunismus. NS-Deutschland wurde so auf die gleiche moralische Stufe gestellt wie die Sowjetunion. Ein Unterschied zwischen Angreifern und Angegriffenen, zwischen Tätern und Opfern fand nicht mehr statt. Und da die Aufklärung, die nun zur Katastrophe in Europa geführt hätte, vor allem auf dem Boden der späteren westlichen Siegermächte gediehen wäre, hätten diese nun kein Recht, den Deutschen zu sagen, was richtig wäre und was falsch. Und im Blick auf schuldig gewordene Katholiken reichte die Rückkehr zur Kirche. Reue und Buße würden mit der Vergebung der Sünden belohnt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Vor allem aus England erhielten die evangelischen Kirchen Schützenhilfe. Die anglikanische Kirche (70) bat die englischen Besatzungstruppen, die deutschen Kirchenvertreter aus den Maßnahmen der Entnazifizierung zu entlassen. Der anglikanische Bischof von Chichester Georg K. A. Bell, zu dem Dietrich Bonhoeffer bis zu seiner Verhaftung engste freundschaftliche Kontakte pflegte, vertrat schon 1943 die These, dass die Deutschen (71) als erste Opfer des Nationalsozialismus geworden seien, dass der Versailler Vertrag dem NS-Regime den Weg bereitet hätte und verglich die alliierte Kriegsführung aus der Luft mit den Konzentrationslagern der Deutschen. Wen konnte es darum wundern, dass Bischof Wurm die alliierten Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene in aller Öffentlichkeit ebenfalls mit den Konzentrationslagern verglich? (72) Wie Papst Pius XII. fordert Bell in seinem 'Brief an meine Freunde in der Evangelische Kirche in Deutschland' (73) die Opfer der deutschen Verbrechen zu christlicher Nächstenliebe und Vergebung, benennt sie aber nicht mit Namen. Er erwähnt die Deportationen durch Deutsche, ohne sie als die Deportation von Juden zu bezeichnen und vergleicht sie mit der Nachkriegs-Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Das Leiden der Deutschen Bevölkerung rückte er an die Stelle des unzähligen Leidens der NS-Opfer. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Im Mai 1949 setzte sich Bell nicht nur für die Freilassung von Kriegsverbrechern ein (73), sondern empfahl die Einstellung aller noch im Gang befindlicher Kriegsverbrecherprozesse. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So sonnte sich die Kirche im Nachkriegsdeutschland bald im Glanz des Wiederaufbaus. Sie wusste sich durch bedeutende Stimmen aus der Ökumene gerechtfertigt in ihrer Verweigerung, über die Mitschuld an der Machtergreifung und am Erstarken des NS-Regimes, über ihre Verstrickung in das nationalsozialistische System und seinen Verbrechen und Kriegen nachzudenken, ja, es wurde ihr konzediert, sich als Erste in die Reihe der Opfer eingliedern zu dürfen. Wenn alle nur noch Opfer waren, wer waren dann die Täter? </span><br /><span style="font-size: 18px;">Dank ökumenischer Solidarität wusste sich die Kirche bestärkt in der Weigerung, an Entnazifizierungsmaßnahmen teilzunehmen, ja, sie im eigenen Hause zu dulden. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Und so konnte sie schnell ihrer Rolle als staatstragendes und staatsstützendes Instrument in der Regierung Konrad Adenauers gerecht werden. Bußfertigkeit wäre ihr als 'Sühnestolz' ausgelegt worden. Stolz ja, aber 'Sühnestolz' konnte man in der Trümmerlandschaft ringsumher nicht gebrauchen. Und lange bevor über die Wiederbewaffnung Deutschlands öffentlich diskutiert wurde, waren die Verträge über die Militärseelsorge für beide Kirchen (74) schon unter Dach und Fach. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nur, - als Kirche, die in die NS-Diktatur verstrickt war und nach dem Krieg im Grunde jegliche Mitschuld und Mitverantwortung von sich wies, - und wenn sie das tat, dann nur als Lippenbekenntnis und Mittel zum Zweck internationaler Anerkennung -, hatte sie ihre Glaubwürdigkeit als moralisch-ethische Instanz verloren. Wie konnte sie mit dieser Last ihrem seelsorgerliche Amt gerecht werden, wenn Menschen zu ihr kommen wollten, die sich wegen ihrer Taten während der NS-Zeit vor Gott und den Menschen versündigt hatten? Konnte ein Blinder einen Blinden führen? (Matthäus 15, 14) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wem hätte der um Vergebung Ersuchende gegenüber gestanden, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- zumal, wenn nur zu augenscheinlich war, dass die Kirche ihre stark konservative Positionierung und Tradition in ungebrochener Kontinuität fortführte, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- zumal, wenn deutlich wurde, dass ein Bischof, der Mitte der 30er Jahre damit hausieren ging, dass seine Kirche 'judenfreier sei als andere'(75) oder ein ganz normaler Pfarrer, der 1935 auf einem westfälischen Marktplatz (76) Rekruten bis an ihr Lebensende auf Adolf Hitler einschwor, die höchsten Ämter evangelisch-kirchlicher Hierarchie erklimmen konnten, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- zumal, wenn die Kirche sich als vermeintliches Opfer in 'christlicher Nächstenliebe' für die Täter einsetzte, ja, sie sogar schützte, dabei aber die Millionen und Abermillionen wirklichen Opfer des Regimes nicht eines einzigen Wortes für würdig erachtete? </span><br /><span style="font-size: 18px;">Ob dieses neuerliche Verschweigen, dass noch über Jahrzehnte anhalten sollte, wohl daran gelegen hat, weil diese Menschen, ob Juden, Kommunisten, Gewerkschafter, Oppositionelle, Sinti und Roma, Personen waren, denen sie seit Jahrhunderten selbst klammheimlich das Siegel 'persona non grata' auf die Stirn gedrückt hatte und deren Vernichtung sie nicht sonderlich erschüttert, sondern vielleicht sogar billigend in Kauf genommen hatte?</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Benutzte Literatur:</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Artikel: Hannes Heer, Blutige Ouvertüre, in: Die Zeit, 26 /2001 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Artikel: Immer wieder die Gebirgstruppe! in: Antifaschistische Nachrichten, 23 / 1997 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Brief vom 16. 3. 2002 von Pfr. Hermann Six an den Verfasser </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die Gebirgstruppe, Heft Nr. 2-4, München, 1957 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Gedanken über unser Predigen. Referat auf der Kriegspfarrerkonferenz in Athen am 27. Oktober 1943 gehalten von Div.Pfarrer der 1. Geb.Div. Rudolf Schwarz. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Gesprächsaufzeichnungen des Gesprächs zwischen Dekan i. R. Rudolf Schwarz und dem Verfasser vom 26. 3. 2002 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Heer, Hannes, Neumann, Klaus, Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Frankfurt am Main, 1999 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Kaltenegger, Roland, Die Deutsche Gebirgstruppe 1938-1945, München 1989 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Mantelli, Bruno, Die Italiener auf dem Balkan 1941-1943, in: Europäische Sozialgeschichte, Festschrift für Wolfgang Schieder, hrsg. v. Christoph Dipper u. a.. Berlin 2000 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Materialien und Informationen zur Zeit, 3 / 1982 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Missalla, Für Gott, Führer und Vaterland, München 1999 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Predigt von Rudolf Schwarz über Lukas 2, 1- 14 gehalten Weihnachten 1941 im Osten </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schieder, Wolfgang, Die römische Wehrwölfin, in: Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2002. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schöllgen, Ansgar, Britische Einflüsse auf die öffentliche deutsche Nachkriegsdiskussion der Schuldfrage, in: Dieter Breuer, Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Öffentlichkeit der Moderne. Die Moderne in der Öffentlichkeit. Das Rheinland 1945-1949, Essen </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schübel, Albrecht, 300 Jahre Evangelische Militärseelsorge, München 1964 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Steinkühler, Manfred, Der deutsch-französische Vertrag von 1963, Berlin 2002 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Tätigkeitsbericht des Evangelischen Divisionspfarrers Rudolf Schwarz vom 15. Oktober 1943, Militärarchiv Freiburg. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Vollnhals, Clemens, Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945 – 1949, München 1989 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Von Norden, Günter, Der schwierige Neubeginn, Bovenden, 1996</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Anmerkungen:</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(1) Tätigkeitsbericht des Evangelischen Divisionspfarrers Rudolf Schwarz vom 15. Oktober 1943, Militärarchiv Freiburg.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(2) Siehe Gesprächsaufzeichnungen des Gesprächs zwischen dem Verfasser und Dekan i. R. (in Ruhe) Rudolf Schwarz vom 26. 3. 2002 (im folgenden zitiert als 'Schwarz)</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(3) Vgl. Bruno Mantelli, Die Italiener auf dem Balkan 1941–1943, in: Europäische Sozialgeschichte, Festschrift für Wolfgang Schieder, hrsg. v. Christoph Dipper u. a., Berlin 2000, S. 58.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(4) Vgl. ebenda, S. 57.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(5) Der Journalist und Historiker Angelo Del Boca wies nach, dass unter dem Befehl Badoglios 1935/36 die faschistischen Truppen massiv Giftgas gegen die Zivilbevölkerung in Abessinien einsetzen. vgl. Wolfgang Schieder, Die römische Wehrwölfin, in: Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2002.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(6) Vgl. auch im Folgenden Hannes Heer und Klaus Neumann, Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Frankfurt am Main, 1999, S. 192f</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(7) vgl. ebenda, S. 201.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(8) Zitiert nach ebenda, S. 203</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(9) vgl. auch im Folgenden: Immer wieder die Gebirgstruppe! Antifaschistische Nachrichten, 23 / 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(10) Vgl. ebenda.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(11) Vgl. Roland Kaltenegger, Die deutsche Gebirgstruppe 1938-1945, München 1989, S. 23f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(12) vgl. im Folgenden: Hannes Heer, Blutige Ouvertüre, in: Die Zeit, 26/2001</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(13) so vgl. Schwarz, S. 8.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(14) vgl. Die Deutsche Gebirgstruppe, a. a. O., S. 23.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(15) So und auch im folgenden Schwarz, S. 1ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(16) Albrecht Schübel, 300 Jahre Evangelische Soldatenseelsorge, München, 1964, S. 120.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(17) Siehe ebenda, S. 100.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(18) So Schwarz, Gespräch, S. 10</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(19) Vgl. Die Gebirgstruppe, München, Heft Nr. 2-4, Jahrgang 1957, S. 187</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(20) vgl. Brief vom 16. 3. 2002 von Pfr. Hermann Six an den Verfasser.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(21) Zitiert nach Schwarz, Gespräch, S. 15.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(22) Vgl. auch im Folgenden Schwarz, Gespräch, S. 1ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(23) vgl. Clemens Vollnhals, Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945–1949, München, 1989, S. 170f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(24) vgl. Schwarz, S. 3.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(25) Schübel, S. 161ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(26) Weihnachtspredigt von Rudolf Schwarz über Lukas 2, 1-14 gehalten Weihnachten 1941 im Osten, dem Verfasser in Kopie überlassen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(27) Vgl. Schwarz, S. 13. Der Angriff der deutschen Truppen erfolgte am 24. September 1943 um 0.00 Uhr. Am Mittag des 25. September war der Widerstand der Italiener gebrochen. 10000 Italiener wurden gefangen genommen. 600 waren gefallen, vgl. Die Deutsche Gebirgstruppe 1938 – 1945, a. a. O. S. 420ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(28) Vgl. Gedanken über unser Predigen. Referat auf der Kriegspfarrerkonferenz in Athen am 27. Oktober 1943, gehalten von Div.Pfarrer der 1. Geb.Div. Rudolf Schwarz, dem Verfasser in Kopie überlassen, S. 3</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(29) vgl. Schübel, S. 312.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(30) Vgl. Schwarz, S. 9. Schwarz benutzt hier eine Terminologie aus der Nürnberger Rassegesetzgebung vom 15. September 1935</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(31) vgl. im Folgenden: Antwortschreiben von Rudolf Schwarz an den Spiegel vom 27. 10. 1969, dem Verfasser in Kopie überlassen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(32) Vgl. Schwarz, S. 11.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(33) ebenda, S. 191.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(34) Auf Lemberg angesprochen erinnert sich Schwarz an `Leichen, die haufenweise übereinander lagen. Das waren Juden, aber auch Polen, Juden waren es auf alle Fälle..., aber von den Polen umgebracht oder von den Russen. Es war das Grausamste, was man erlebt hat. Das war ein Pogrom. Wie wir dahin gekommen sind, war das alles schon geschehen, das war nicht unsere Truppe, das haben die untereinander gemacht.` vgl. Schwarz, S. 15.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(35) Vgl. Schwarz, S. 15f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(36) Vgl. Materialien und Informationen zur Zeit, 3/1982</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(37) Was ich im Folgenden zur kirchlichen Kriegshilfe von Seiten der römisch-katholischen Kirche sage, gilt über weite Teile in gleicher Weise für die Kriegshilfe der evangelische Kirche in Deutschland. Es gibt nur einen, aber doch wesentlichen Unterschied: während sich katholische Christen letztendlich allein der Autorität des Papstes und der Bischöfe unterstellt fühlten, dienten evangelische Christen und ihre Kirchenführer, mit Ausnahme der Mitglieder der Bekennenden Kirche, gehorsam ihrem Führer Adolf Hitler. Im nachfolgenden Kapitel 6 lege ich den Schwerpunkt der Betrachtung der 'ökumenischen Ausgewogenheit' willen stärker auf die Position der evangelischen Kirche.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(38) zitiert nach Heinrich Missalla, Für Gott, Führer und Vaterland, München 1999, S. 187 f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(39) zitiert nach Missalla, ebenda, S. 32.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(40) Ebenda, S. 35.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(41) Vgl. ebenda, S. 42f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(42) Ebenda, S. 44.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(43) Ebenda, S. 44.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(44) Vgl. ebenda, S. 51.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(45) Vgl. ebenda, S. 44</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(46) vgl. Schübel, a. a. O. S. 140.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(47) vgl. ebenda, S. 199</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(48) Das Nachkriegsdeutschland war in vier Besatzungszonen (russische, amerikanische, englische, französische) aufgeteilt. Jede Besatzungsmacht organisierte den Wiederaufbau, die Entnazifizierung in ihrer Zone auf andere Weise. Auch deren Einbeziehung der Kirchen war jeweils verschieden. Dies verdiente eine differenzierte Betrachtung, die ich angesichts des Raumes und angesichts des von mir gestellten Themas hier nicht leisten kann. Die von mir folgende Darstellung jedoch gibt in ihrer mosaikartigen Darstellung meines Erachtens grundlegende Linien der Problematik wieder.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(49) vgl. Ansgar Schöllgen, Britische Einflüsse auf die öffentliche deutsche Nachkriegsdiskussion der Schuldfrage, in: Dieter Breuer, Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Öffentlichkeit der Moderne. Die Moderne in der Öffentlichkeit. Das Rheinland 1945-1949, Essen, S. 31.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(50) Vgl. Vollnhals, S. 10.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(51) Zitiert nach ebenda, S. 53</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(52) vgl. Schöllgen, S. 40.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(53) vgl. Vollnhals, S. 85</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(54) vgl. ebenda, S. 12</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(55) vgl. ebenda, S. 37</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(56) vgl. ebenda, S. 52</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(57) vgl. ebenda, S. 62. Dieses 'Befreiungsgesetz' galt für Bayern, Baden-Württemberg, Großhessen und Bremen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(58) Zitiert nach: ebenda, S. 72..vgl. auch im Folgenden, S. 73.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(59) Vgl. ebenda, S. 73.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(60) Vgl. ebenda, S. 104.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(61) Vgl. Schöllgen, S. 40.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(62) vgl. Vollnhals, S. 117.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(63) Vgl. Manfred Steinkühler, Der deutsch-französische Vertrag von 1963, S. 67</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(64) ebenda, S. 127. Das Ausland (so zum Beispiel de Gaulle) reagierte auf die Kanzlerschaft von Kiesinger nicht mit Unbehaben, im Gegenteil, war das 'gemeinsame Interesse an der Abwehr der kommunistischen Bedrohung förderlicher' (ebenda, S. 136) als alle aus der Vergangenheit Unverständnis, ja Abscheu erregenden Naziaktivitäten.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(65) Vgl. Günter von Norden, Der schwierige Neubeginn, Bovenden, 1996, S. 12.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(66) Vgl. ebenda, S. 17.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(67) Vgl. Vollnhals, S. 284f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(68) vgl. auch im Folgenden, Schöllgen, S. 31f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(69) vgl. ebenda, S. 33.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(70) Vgl. ebenda, S. 33.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(71) Vgl. Vollnhals. S. 100.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(72) Vgl. Schöllgen, S. 36.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(73) Vgl. ebenda, S. 38, Bell trat für die Freilassung von den Generalfeldmarschällen von Rundstetd und Manstein ein.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(74) Vgl. Misalla, S. 190.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(75) Vgl. Anmerkung 29.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(76) Vgl. Anmerkung 14.</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Holger Banse</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Kirchliche Kriegshilfe am Beispiel der Feldprediger bei der Division 'Edelweiß'</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Inhalt</span></h2> <p class="inhaltsverzeichnis"><span style="font-size: 18px;">     1. Die italienische Besetzung Griechenlands</span><br /><span style="font-size: 18px;">     2. Der 8. September 1943 und der Mord auf Kephallonia</span><br /><span style="font-size: 18px;">     3. Die 1. Gebirgsjägerdivision, genannt: die Division 'Edelweiß'</span><br /><span style="font-size: 18px;">     4. Die Feldgeistlichen der 1. Gebirgsjägerdivision</span><br /><span style="font-size: 18px;">          4.1 Schulprofessor Georg Lipp</span><br /><span style="font-size: 18px;">          4.2 Dekan Rudolf Schwarz</span><br /><span style="font-size: 18px;">          Exkurs: Der einstige Feldprediger und spätere Militärbischof Hermann Kunst</span><br /><span style="font-size: 18px;">     5. Die Kirchen und ihre Kriegshilfe</span><br /><span style="font-size: 18px;">     6. Im Glanz des Wiederaufbaus</span><br /><span style="font-size: 18px;">           6. 1. Die Siegermächte und die Kirchen</span><br /><span style="font-size: 18px;">          6. 2. Die Kirchen und ihre unschuldige 'Schuld'</span><br /><span style="font-size: 18px;">          6. 3. Die Kirchen und die verweigerte Entnazifizierung</span><br /><span style="font-size: 18px;">          6. 4. Kirchliche Ent'schuld'ungs-Hilfen aus dem Ausland</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Benutzte Literatur:</span><br /><span style="font-size: 18px;">     Anmerkungen:</span></p> <hr /> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">'Eine schwere innere Belastung ihres Gewissens bedeutet für viele, auch (für die, Ergänzung des Verfassers) Offiziere, das Tötenmüssen von Frauen und Kindern bei den Unternehmen gegen die Banden. Darüber wurde dem Pfarrer gegenüber des öfteren geklagt. Der Gewissenskonflikt besteht für die Leute darin, dass sie einerseits keine Befehlsverweigerung begehen, andererseits aber sich auch keiner Übertretung des göttlichen Gebots schuldig machen wollen.' (1) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Mit diesen Worten beschreibt der evangelische Pfarrer Rudolf Schwarz unter dem Punkt 'Erfahrungen allgemeiner Art' einen Ausschnitt seinen Tätigkeiten als Feldgeistlicher der Division 'Edelweiß' in der Zeit vom 21. Juni bis 30. September 1943 in Griechenland. Von seinem Gewissenskonflikt als Christ, als Pfarrer, als Seelsorger schreibt er nichts, als er von diesen Verbrechen erfährt, die 'seine' Soldaten begehen. Er hört von Morden an Frauen und Kindern, von Plünderungen und hört zu und denkt daran, wie er seine 'Leute' bei ihrem Kampf gegen die 'Bolschewisten' seelisch stützen und begleiten kann. Und erzählt mit Stolz von gut besuchten Gottesdiensten und großer Teilnahme beim Abendmahl. Der Stolz begleitet auch heute noch seine Erinnerung an die Zeit (2), die für ihn die wichtigste seines Lebens war. Und der Stolz begleitet auch die Identifikation mit seiner Truppe, der Gebirgsjägerdivision 'Edelweiß', deren Symbole die ein oder andere Wand seiner Wohnung schmücken. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Gewissenskonflikt? Nein! Gehorsamer Dienst! Ja! Gehorsamer Dienst! Er, - so wie seine Kirche! Vor dem Krieg, während des Krieges und nach dem Krieg. In steter Kontinuität der Tradition. Gehorsamer Dienst! Verkünden des Evangeliums, wenn auch nur eines Teils, den anderen lässt man einfach weg. Nicht kriegstauglich, würde man sagen. Aber immer, und ohne Zweifel, und ohne zu verzweifeln, in der Nachfolge des Herrn! </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nur, welchem Herrn ist er, ist sie gefolgt nach Polen, nach Russland, nach Frankreich, nach Griechenland?</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">1. Die italienische Besetzung Griechenlands</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Schatten des militärischen Erfolgs der deutschen Wehrmacht beim Überfall auf Frankreich entschloss sich Mussolini am 28. Oktober 1940, Griechenland anzugreifen und zu besetzten. Er verlegte die Division Acqui, die im Juni vergeblich versucht hatte, in Südfrankreich einzumarschieren, nach Albanien. Albanien war seit seiner Eroberung durch Italien im Jahre 1926 eine Art italienisches Protektorat (3), mit dem Italien seine Herrschaftsansprüche am Ostufer der Adria zu begründen suchte. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Der nur zögerliche Angriff einzelner Verbände der Division Acqui, deren schlechte Ausrüstung, der einbrechende Winter und der erbitterte Widerstand der griechischen Truppen führten nicht nur zu großen Verlusten auf Seiten der Italiener, sondern fast auch zum militärischen Eklat. Am 3. Dezember durchbrachen griechische Truppen die italienischen Linien und drängten die Italiener auf albanisches Gebiet zurück. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Um die italienische Katastrophe abzuwenden, intervenierte die deutsche Wehrmacht, die in einer Blitzaktion Jugoslawien einnahm und nun gemeinsam mit den Italienern zur Gegenoffensive startete. Sie überrannten die griechischen Truppen und zwangen die Griechen am 21. April 1941 zur Aufgabe. Die deutsch-italienischen Truppen besetzten die Inseln und das griechische Festland. Da Hitler große Teile der auf dem Balkan erfolgreichen Streitmacht für den bevorstehenden Angriff auf die Sowjetunion brauchte, belies er nur einen kleinen Teil der dort eingesetzten Streitkräfte in Griechenland. So übernahmen die Italiener die Hauptaufgabe in der militärischen Kontrolle und trugen dafür Sorge, dass Hitler-Deutschland die großen Erzvorkommen für seine Kriegsproduktion ausbeuten konnte. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die Zeit der italienischen Besetzung Griechenlands dauerte von April 1941 bis zum September 1943 und forderte ungefähr 100.000 Opfer unter der griechischen Zivilbevölkerung. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Ein Teil davon starb in den Konzentrationslagern (man spricht von ungefähr 200 italienischen Konzentrationslagern, die im italienischen Mutterland und in den besetzten jugoslawischen Gebieten unter Kontrolle des königlichen Heeres Jugoslawiens und der faschistischen Besatzungsverwaltung standen. Ergänzung des Verfassers nach Angaben in: Bruno Mantelli, S. 66) und Gefängnissen; ein anderer Teil fiel den Säuberungen und Repressalien zum Opfer, welche die Armee durchführte, um der Partisanenerhebung Herr zu werden; ein dritter Teil starb als Folge der schrecklichen Hungersnot, die durch die Misswirtschaft der italienischen Verwaltung in Griechenland verursacht und dann noch verschärft wurde durch die Entscheidung der Besatzungsmacht, sich der Hungersnot als Instrument zu bedienen, um den Widerstandswillen der Zivilbevölkerung zu brechen" (4).</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">2. Der 8. September 1943 und der Mord auf Kephallonia</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Kritik an der Kriegsführung Mussolinis, die heranrückende antifaschistische Allianz und damit die bevorstehende Niederlage vor Augen und um noch größeres Unheil vom italienischen Volk abzuwenden, ließ König Vittorio Emanuele III. am 25. Juli 1943 den Duce verhaften und beauftragte Marschall Pietro Badoglio (5) mit der Bildung einer neuen Regierung. Diese begann am 3. August 1943 geheime Verhandlungen mit den angloamerikanischen Alliierten, die am 4. September zum Waffenstillstand mit Italien führten. Dieser wurde am 8. September von Badoglio über das Radio verkündet. Italien war aus der Koalition mit Nazideutschland ausgetreten. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Damit war für die deutsche Wehrmacht der Fall eingetreten, der die Eroberung von Nord- und Mittelitalien durch deutsche Truppen, die Entwaffnung der italienischen Einheiten und deren Deportation nach Deutschland und ins Generalgouvernement Polen vorsah. Im Gegensatz zur italienischen Regierung und der Heeresleitung begegnete die deutsche Wehrmacht dieser neuen Konfrontation gut vorbereitet (6). In zwei Tagen eroberten sie große Teile Italiens und der von Italienern besetzten Gebiete. Die italienischen Militärs waren hilflos und verwirrt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Am 20. Juni 1943 hatte General Antonio Gandin auf Kephallonia das Kommando über die Division Acqui übernommen. Hier unterstanden ihm 525 Offiziere und 11.500 Mannschaftsdienstgrade. Gandin war ein enger Vertrauter Mussolinis und begleitete den Duce häufig bei dessen Treffen mit Hitler. Nachdem der Waffenstillstand Italiens mit den angloamerikanischen Alliierten bekannt wurde, versuchte der mit dem Eisernen Kreuz Erster Klasse dekorierte Gandin zunächst mit den deutschen Militärstellen über eine mögliche Kapitulation der italienischen Seite zu verhandeln. Aber eine Meuterei einiger Offiziere, die gegen eine Kapitulation waren, und eine Abstimmung unter den italienischen Soldaten, die sich zu 90 Prozent für den Kampf gegen die Deutschen aussprachen, beendete die Verhandlungen. Die kriegerische Auseinandersetzung der einstigen Bündnispartner begann. In den ersten drei Tage konnten sich die Italiener, dank ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit am Boden, den deutschen Angriffen gegenüber erwehren, die zum großen Teil durch die Luftwaffe erfolgten. Dann aber erhielten die deutschen Bodentruppen Verstärkung durch Einheiten der 1. Gebirgsjägerdivision. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Der neuerliche 'Verrat' der Italiener und die zögerlichen Erfolge auf Kephallonia veranlassten Hitler, seinen ursprünglichen Befehl, wie mit italienischen Kriegsgefangenen umzugehen sei, zu verändern. Es sollten ab sofort auf Kephallonia keine italienischen Gefangenen mehr gemacht werden. Die deutsche Offensive begann am 21. September, und vernichtete sofort die italienischen Einheiten. Am 22. September, um 11 Uhr bot Gandin den Deutschen die Kapitulation an und hisste am Gebäude des Divisionskommandos die weiße Flagge. Alle das kriegerische Massaker Überlebenden, Offiziere, wie Mannschaftsdienstgrade wurden gefangen genommen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wie der Befehl Hitlers ausgeführt wurde, sei an einem Beispiel (7) verdeutlicht: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Am Abend des 21. September zog sich Major Oskar Altarilla mit dem Rest des 2. Bataillons des 17. Regiments in das Städtchen Keramis zurück. Dort wurde er von deutschen Truppen eingekreist und war gezwungen, sich zu ergeben. Die Italiener wurden entwaffnet; zusammen mit anderen italienischen Gefangenen, die hinzugekommen waren, etwa neunhundert Mann. In einer langen Reihe mussten sie auf der Chaussee in das Städtchen Troianata marschieren. Dort wurden sie von deutschen Patrouillen umringt und auf freiem Feld zusammengetrieben. Plötzlich und vollkommen unerwartet wurde von allen Seiten das Feuer auf sie eröffnet. Nach kurzer Zeit verstummten die Angstrufe und Schmerzenschreie, und Stille breitete sich aus. Die meisten Männer lagen tot in einer Mulde. Dann rief ein deutscher Soldat auf italienisch: "Wer noch am Leben ist, mag aufstehen, er hat nichts zu befürchten, das Geschäft ist erledigt." Etwa fünf Überlebende standen blutend auf. Sie wurden von einer weiteren Salve niedergestreckt. Drei italienische Soldaten überlebten das Massaker.' </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dies war kein Einzelfall. Die massenweisen Erschießungen gingen auch in den nächsten Tagen weiter. General Gandin wurde am 24. September nach kurzem Prozess vor einem eilends nach Kephallonia eingeflogenen Standgericht erschossen. Am Vormittag des 25. September erschossen die Deutschen noch sechs verwundete Offiziere, die aus einem Feldspital geholt wurden. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Was General Lanz, der Befehlshaber der Einheiten der 1. Gebirgsjägerdivision, am 26. September mit den Worten: 'Meine vollste Anerkennung und meinen herzlichsten Dank.' (8) ausdrückte, sah in Zahlen folgendermaßen aus: Zwischen dem 15. und dem 22. September sind in Folge von direkten Kriegshandlungen 65 Offiziere und 1200 Soldaten umgekommen. Die Deutschen meldeten 40 Verluste. Ungefähr 155 Offiziere und 4700 Unteroffiziere und Mannschaften wurden, dem Führerbefehl entsprechend, gefangen genommen und in den darauffolgenden Tagen erschossen. Vor und nach den Exekutionen wurden die Italiener systematisch ausgeraubt. Ihre deutschen Mörder stahlen ihnen Uhren, Füllfederhalter und andere persönliche Gegenstände.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">3. Die 1. Gebirgsjägerdivision, genannt: die Division 'Edelweiß'</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Im Sommer 1997 erschütterte ein Amateur-Video, das verschiedenen Fernsehkanälen zugespielt wurde, die deutsche Öffentlichkeit. Die ausgestrahlten Auszüge zeigten die Hinrichtung eines Mannes durch deutsche Soldaten. Rassistische Szenen, Szenen von Schändung und Plünderung (9), die das Video auch enthielt, wurden dem Fernsehzuschauer nicht zugemutet. Das Video war ein 'Scherz'. Spaßeshalber war es von Soldaten des Gebirgsjägerbataillons 571 gedreht worden, das in Schneeberg im Erzgebirge beheimatet ist, einem Ableger der 1. Gebirgsjägerdivision. Aus Bayern stammen Vorgesetzte und Offiziere, Mitglieder des in Mittenwald beheimateten 'Kameradenkreis der Gebirgstruppe e. V.', die möglicherweise mitverantwortlich für das Video waren. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schon im Mai 1993 waren Gebirgsjäger (10) aufgefallen, weil sie sich mit Sieg-Heil-Rufen und dem Hitlergruß auf den Weg in ihre Kasernen nach Bad Reichenhall machten. Soldaten der gleichen Einheit hatten in einem Intercity nach München, Nazi-Parolen schreiend, auf einen behinderten Ausländer eingeschlagen und ihn schwer verletzt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In einem Vorwort zu der Veröffentlichung: 'Die deutsche Gebirgstruppe. 1938 bis 1945' (11) schreibt der ehemalige Kommandeur der alten 1. Gebirgs-Division und spätere kommandierende General des XXII. Gebirgskorps Lanz im Rückblick auf seine Truppe: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Gut ausgebildet, an Härte und Opfer gewöhnt, geht der Gebirgsjäger in den Krieg, der &lt;das Edelweiß zum Schrecken der Feinde&gt; werden lässt. Höchste Leistungen zeichnen seinen Weg: Lemberg, Oise-Aisne-Kanal, Narvik, Eismeer, Karelien, Metaxaslinie, Kreta, Uman, Kaukasus, Wolchow und Monte Cassino. Unauslöschlich bleiben diese Namen mit dem Edelweiß verbunden. Ist aber der Kampf vorbei, gewinnt der Gebirgsjäger durch seine gutherzige Art rasch die Zuneigung der feindlichen Bevölkerung. Hilfsbereit lindert er Leid und Not. So wird das Edelweiß zugleich zum Zeichen menschlicher Güte." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Was sich in diesem Prolog wie ein romantischer Reiseführer durch Europa liest, möchte ich mit Hilfe einer der von Lanz erwähnten Stationen konkretisieren (12). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Lemberg liegt im Zentrum Galiziens und ist die östlichste Stadt Mitteleuropas. Trafen sich hier verschiedenste Kulturen und Konfessionen in einer kreativen Symbiose, so zerfällt diese zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Polen und nach Unabhängigkeit strebende Ukrainer liefern sich in der Stadt erbitterte Kämpfe. Die Leidtragenden waren die Juden, sie galten als politisch verdächtig. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Im Rahmen des Hitler-Stalin-Paktes wurde Lemberg im Herbst 1939 sowjetisch. Obwohl die Juden von den Sowjets verfolgt wurden, bezichtigten Polen und Ukrainer sie nun der sowjetischen Kollaboration. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Am Morgen des 30. Juni 1941 besetzen Einheiten der 1. Gebirgsdivision unter General Lanz die Stadt. In den drei Gefängnissen finden sie 4000 von den Sowjets hingerichtete Gefangene. Unter dem Schutz der Truppen General Lanz' veranstaltete ein den deutschen angegliedertes und mit deutschen Uniformen ausgestattetes Bataillon von Ukrainern mit dem Namen 'Nachtigall' eine Hetzjagd auf die Juden der Stadt. Es kommt zu schlimmen Misshandlungen und Morden. Die Deutschen Truppen sichern die Gefängnisse und kontrollieren die Abläufe, während die Ukrainer die Juden zwingen, auf Knien zu den Leichen zu kriechen und sie zu waschen. Jüdische Frauen und Mädchen müssen sich vorher entkleiden. Als diese grausame Arbeit verrichtet war, stellen sich auf Befehl der Deutschen die ukrainischen Soldaten in zwei Längsreihen auf und treiben die Juden durch dieses Spalier. Sie schlagen und stechen mit Bajonetten auf sie ein. Viele der Juden werden getötet. Es folgen weitere Übergriffe auf Jüdinnen und Juden. Als die 1. Gebirgsjägerdivision am 2. Juli die Stadt in Richtung Osten verlässt, sind der öffentlichen Judenjagd im Schutze von General Lanz und seinen Gebirgsjägern 4000 Lemberger Juden zum Opfer gefallen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die 1. Gebirgsjägerdivision war gefürchtet. Schon nach dem Polenfeldzug hatten sich ihre Generäle das Ritterkreuz 'verdient'. Stalin begegnete dieser Einheit mit großer Furcht. (13) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Lanz kam nach dem Russlandfeldzug mit seinen Truppen über den Balkan nach Griechenland. Am 19. September 1943 traf er in Kephallonia ein, um mit Major von Hirschfeld den Angriffsplan gegen die italienische Division Acqui für den 21. September festzulegen. Damit war das Ende der Division Acqui besiegelt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Ich zitiere noch einmal aus dem Prolog des General Lanz zur Schrift 'Die Deutsche Gebirgstruppe': </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Wie Heimatliebe und Gottvertrauen, ist ihnen die Freiheit ein heiliger Begriff, erwachsen aus dem Kampf mit der Natur, erprobt im Sturm der Geschichte. Also steht er vor uns: kraftvoll und hart, wortkarg und zäh, mit kantigem Gesicht, selbst ein Stück Fels – der Kämpfer der Berge."(14)</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">4. Die Feldgeistlichen der 1. Gebirgsjägerdivision</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Am 9. April 1938 wurde aus verschiedenen Gebirgseinheiten die 1. Gebirgsjägerdivision aufgestellt. Der katholische Wehrmachtspfarrer Georg Lipp, der von Rosenheim die Einheiten der Gebirgsjäger betreute, und der evangelische Geistliche Rudolf Schwarz, der in Traunstein stationiert war und von hier aus Berchtesgaden, Rosenheim, Brannenburg und den Fliegerhorst Bad Aiblingen versorgte, wurden zu Wehrmachtspfarrern der Division 'Edelweiß'. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Kurz vor Kriegsbeginn wurde Schwarz mit anderen evangelischen Wehrmachtspfarrern vom Wehrkreispfarrer zu einer Konferenz nach München eingeladen. Mit den Worten (15): 'Jetzt geht' s los!' wurden sie über den nahen Kriegsbeginn informiert. Darüber hinaus gab es keinerlei dienstliche Vorbereitungen. Die Pfarrer wussten weder, wie ihr Dienst während des Krieges aussehen sollte, noch wie und wo und wann sie Gottesdienst feiern sollten. Eine Kriegsagende und ein Feldgesangbuch gab es erst später. Schwarz besorgte sich in aller Eile ein Krankenabendmahlsgerät, um mit seinen Soldaten während des Krieges Abendmahl feiern zu können. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Da die beiden Geistlichen nicht gleichzeitig alle Truppenteile besuchen konnten, teilten sie sich die Aufgaben auf und feierten ihre Gottesdienst 'ökumenisch', d. h. die Soldaten beider Konfessionen nahmen an ihnen teil. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Bei den Gebirgsjägern handelte es sich um eine fast rein bayrische Truppe. Sie bestand zu über 80 Prozent aus katholischen und wenig evangelischen Christen. Auch bei Krankenbesuchen auf den Lazarettplätzen wurde kein Unterschied zwischen evangelischen oder katholischen Verwundeten gemacht. Wenn ein Pfarrer ins Lazarett kam, besuchte er alle, die einen Besuch brauchten, egal welcher Konfession der Verletzte angehörte. Ökumene war im Krieg unausweichlich, ja, notwendig und war zumindest bei der 'Edelweißdivision' normal. Die Kameradschaft war wichtiger als die Gräben zwischen den Kirchen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Für Lipp und Schwarz begann der Krieg mit dem Polenfeldzug. Der schnelle Vormarsch erlaubte keinen geregelten Dienst. Die Hauptaufgabe kam zunächst der Betreuung der Verwundeten zu. Nach Beendigung des Feldzugs, als sich die Division nach Brühl, in die Nähe von Köln, zurückgezogen hatte, feierten sie große Dankgottesdienste. Im Rheinland konnten sie auch wieder Kasernenstunden halten. Aber kaum begann ein neuer Feldzug, war selten Gelegenheit, einen Gottesdienste zu feiern, es sei denn Zeit und Wetterverhältnisse ließen es zu, oder die besondere Situation gebot es. So bat zum Beispiel General Lanz vor Beginn des Russlandfeldzugs um einen Gottesdienst für ausgesuchte Bataillone, die in den kommenden Tagen besonders 'schwere' Aufgaben zu bewältigen hatten. Es sollte ein Gottesdienst mit Generalabsolution sein. Der General wusste, was auf seine Soldaten zukommen würde. Vor Beginn der Schlacht sollten sie noch den seelsorgerlichen Dienst der Kirche in Anspruch nehmen dürfen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Je länger der Krieg dauerte, um so intensiver wurden die seelsorgerlichen Gespräche. Während der Polenfeldzug noch ohne nennenswerte Probleme verlief, verschlechterte sich die Moral während des Frankreichfeldzuges. Alkohol und Frauen führten zu einer 'moralischen Lockerung' der Soldaten, so dass sogar Gottesdienst ausfielen, weil kein Soldat erschien. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Der lang andauernde Russlandfeldzug und Urlaubs- und Postsperren verursachten das ein oder andere Eheproblem. So kam es vor, dass Soldaten sich erschossen, als sie erfuhren, dass ihre Frauen zu Hause Beziehungen mit anderen Männern begonnen hatten. Schwarz widersetzte sich, wo möglich, dem Verbot, diese Selbstmörder zu beerdigen. Einmal, so erzählte er, begleitete er einen wegen Fahnenflucht zum Tode verurteilten Soldaten unter Gebeten zu seiner Hinrichtungsstätte. Lipp hatte diesen Dienst öfter zu tun. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz berichtet von einem besonders 'sensiblen' Soldaten. Nach einem Partisanenüberfall sollte er Frauen und Kinder erschießen, sobald sie die Kirche verlassen würden, in die sie eingesperrt waren. Auf die Rückfrage, was er denn als Seelsorger in diesem Falle gesagt hätte, meinte Schwarz, er hätte den Soldaten lediglich gefragt, was er denn gemacht hätte. Der Soldat hätte geantwortet, er hätte in die Luft geschossen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wer waren nun diese beiden Männer, die sich schon vor dem Krieg für die Wehrmachtsseelsorge entschieden haben, einer Seelsorge, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- die zwischen Bekenntnis zum Evangelium und Bekenntnis zur nationalsozialistischen Ideologie den Spagat probierte, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- die ständig fürchten musste, auf Betreiben der Partei verboten zu werden, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- deren Pfarrer Mitglieder der Bekennenden Kirche und gleichzeitig Mitglieder der NSDAP sein konnten, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- ja, die teilweise sehr exponierte Pfarrer der Bekennenden Kirche an vorderster Front vor Übergriffen der Gestapo (16) glaubte schützen zu können, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- die spätestens seit Mai 1942 dem 'siegreichen Ausgang des nationalsozialistischen Freiheitskampfes für die Zukunft der deutschen Volksgemeinschaft und jedes einzelnen Deutschen Rechnung zu tragen hatte.... und deren Pfarrer 'jegliche Behandlung von Fragen, die außerhalb des religiösen Gebietes liegen, verboten war` (17) </span><br /><span style="font-size: 18px;">- und die ihren Dienst unter ständiger Kontrolle und Überwachung durch Nationalsozialistische Führungsoffiziere (NSFO) zu machen hatte.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">4.1 Schulprofessor Georg Lipp</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Georg Lipp wurde am 15. April 1904 in Winden in Oberbayern als Sohn eines Bauern geboren. Am 29. Juni 1932 wurde er in Freising ordiniert, am 1. August 1938 Wehrmachtspfarrer in Rosenheim. Nach dem Krieg bewarb er sich um eine Pfarrstelle in Rosenheim. Jedoch schien es, dass dem Kardinal die 'liberale Lebenshaltung' Lipps, vielleicht auch seine 'ökumenische Weite (18)' nicht behagte. Darum verwehrte er Lipp eine Gemeindepfarrstelle. Lipp entscheidet sich für den Schuldienst, wird Katechetenkaplan in Rosenheim, ein halbes Jahr darauf Studienrat. Als Gymnasialprofessor ging er am 1. September 1969 in den Ruhestand. Von 1954 bis 1958 war er Mitglied des Bayrischen Landtags und Inhaber des Bundesverdienstkreuzes. Er starb am 19. März 1983 in Rosenheim an Leberzirrhose und wurde in Oberndorf bei Haag bestattet. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Als am 10. Juni 1957 in der Nähe von Mittenwald das Ehrenmal der Gebirgsjägerdivisionen eingeweiht wurde, schrieb Georg Lipp in einem Geleitwort: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Manchmal packt mich bedrängend die Sehnsucht zu den einsamen Heldengräbern und Friedhöfen. Und warum? Weil ich die Männer, die darin ruhen, kannte, schätzte und – liebte. Und schätzen und lieben kann man nur das Große und Tapfere, Heilige und Heroische." (19) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Lipp gehörte nach Auskunft eines ehemaligen Funkers der 1. Gebirgsjägerdivision zu denen, die darauf Wert legten, auch bei den Gefechten immer in vorderster Reihe zu sein. Jedes Jahr nahm er an den Treffen des Kameradenkreises auf dem Grünten teil, saß dort in alter Verbundenheit Seite an Seite mit General Lanz, der, wie er selbst, 1993 starb, tauschte Erinnerungen aus, war gesellig, trinkfest und aufgeschlossen für alles und alle, wie sich ein Priesterkollege (20) erinnerte. Lipp hatte zu Lanz ein besonderes Verhältnis. Als Lanz in Nürnberg als Kriegsverbrecher angeklagt war, hob Lipp in seiner Aussage für Lanz hervor, dass der General stets ein guter Katholik gewesen wäre. Im Jahre 1969 fragte ihn der 'Spiegel', ob er sich noch an die Vorgänge in Kephallonia erinnern könnte. Lipp meinte lediglich: 'Wissen Sie, das ist so lange her, da kann ich mich nicht mehr dran erinnern.' (21)</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">4.2 Dekan Rudolf Schwarz</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Rudolf Schwarz wurde am 28. Mai 1910 in Nürnberg geboren. 1929 begann er sein Theologiestudium (22) in Erlangen und hörte dort Althaus, Sasse und Elert. Diese 'herausragenden' Professoren der Erlanger Theologischen Fakultät veröffentlichten 1934 den sogenannten 'Ansbacher Ratschlag' (23). In diesem kommen den 'natürlichen Ordnungen', wie 'Familie, Volk und Rasse' eine besondere Bedeutung zu. Weiterhin heißt es dort: 'In dieser Erkenntnis danken wir als glaubende Christen Gott dem Herrn, dass er unserem Volk in seiner Not den Führer als 'frommen und getreuen Oberherren' geschenkt hat und in der nationalsozialistischen Staatsordnung 'gut Regiment', ein Regiment mit 'Zucht und Ehre' bereiten will.` </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nach zwei Semestern wechselt Schwarz nach Greifswald, weil ihm die Erlanger Fakultät zu konservativ erschien. Anschließend ging er mit anderen nach Marburg zu Rudolf Bultmann. Von dort zog es ihn nach Tübingen. 1933 macht er sein erstes Examen. Er kommt zurück nach Erlangen, wo er für 2 Semester die Leitung eines theologischen Studienhauses übernimmt. Hier wohnen Theologiestudenten aus dem ganzen Reichsgebiet und vereinen unter einem Dach alle theologischen Schattierungen, vom Barthianer bis zum SS-Mann. Schwarz hält Gottesdienste für Studenten der Bekennenden Kirche (BK), an denen sich die Erlanger Fakultät nicht beteiligt. Nur Althaus versucht noch zu vermitteln. Dass Schwarz mit der BK sympathisiert, war für ihn selbstverständlich, auch wenn er schon im Jahre 1930, unter dem Eindruck von brutalen Auseinandersetzungen zwischen Anhängern der Rot Front (KPD) und des Reichsbanners (SPD), die er noch als Schüler in Nürnberg miterlebt hatte, in die NSDAP eingetreten war. Außerdem erhoffte er sich viel von Adolf Hitler, sagte Schwarz (24), denn die Arbeitslosigkeit war groß und nach dem 1. Weltkrieg sei moralisch viel kaputt gegangen. Später wollte er aus der Partei austreten. Aber da riet ihm seine Landeskirche ab, weil sie befürchtete, wenn Schwarz deshalb aus der Wehrmachtsseelsorge entlassen würde, diese wichtige Stelle nicht mehr mit einem der eigenen Leute besetzen zu können. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz wird 1934 Vikar in Augsburg. Kurz vor seinem 2. Examen, das er 1936 ablegt, wird er in Augsburg mit der Standortseelsorge beauftragt. Hier in den Standorten beeindrucken ihn die große Anzahl Besucher, die in den Gottesdienst kommen. Der Kommandeur mit Familie, Offiziere mit ihren Familien und alle anderen Soldaten bis in die unteren Dienstgrade nehmen teil, so dass sich samstags bis zu 4000 Gottesdienstbesucher versammeln. Und als der Militärbischof den Fliegerhorst besucht, der zu Schwarz' Standort gehörte, und an einer seiner Kasernenstunden teilnimmt, ist dieser von Schwarz so begeistert, dass er ihn bei der bayrischen Kirchenleitung für die Laufbahn des Wehrmachtspfarrers vorschlägt und keine Ruhe gibt, bis Schwarz im Frühjahr 1939 seinen Dienst bei den Gebirgsjägern beginnt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Mit Beginn des Krieges versieht Schwarz seinen Dienst, so gut er kann. Improvisiert, organisiert, hält Gottesdienste, zu Weihnachten im Kaukasus bis zu 25 in den verschiedenen Truppenteilen, hilft, wo es etwas zu helfen gibt, und versucht, seinen Kameraden ein guter Seelsorger zu sein, betet und beerdigt, tröstet am Krankenbett und schreibt für die, die nicht mehr schreiben können, Karten und Briefe an die Angehörigen in die Heimat. Man nennt ihn scherzhaft den 'Fernaufklärer', weil er sich lieber 'fern' bei den kämpfenden Soldaten aufhält und weniger im Quartier des Divisionsstabs. Oft hat er Sehnsucht, einen Gottesdienst zu feiern (25). Und freut sich, wenn die wenigen, die er hält, gut besucht sind, dies besonders zu den Festtagen, vor besonderen Einsätzen oder als das Ende des Krieges bevorsteht. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In seinen Predigten versucht er, das Evangelium in die Situation der Soldaten hinein zu verkünden. So fragt er in einer Weihnachtspredigt über Lukas 2, 1-14, die er 1941 im Osten hält: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Warum sind wir üben (meint: 'hier', Anm. des Verf.) in Russland, warum müssen wir Weihnachten in einem so elenden russischen Dorf feiern und können es nicht daheim tun? Weil wir unter dem Gebot und dem Befehl unseres Volkes stehen, stehen müssen und dieser Befehl greift hinein in unser eigenstes persönliches Leben und gestaltet es und stellt uns hierher... Als "ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging", da musste sich ein Mann und eine werdende Mutter aufmachen und von daheim weggehen. Und sie wäre gewiss auch lieber in diesen schweren Wochen daheim in ihrer Wohnung, wo alles fein säuberlich gerichtet war für die Ankunft des Kindes, geblieben als in die Fremde zu ziehen. Das Gebot des Kaisers stand über innen und gestaltete ihr Leben und griff in das Leben hinein, ehe es noch geboren war. Ist das nicht unsere Welt?' (26) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Wie einfach es doch geht, mit Hilfe von biblischen Texten Argumente für letztlich alles zu finden. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Die 'subjektive Lage unserer Gemeinde' beschreibt Schwarz in einem Referat, dass er am 27. Oktober 1943 (ich erinnere: das Massaker in Kephallonia geschah einen Monat zuvor) auf einer Kriegspfarrerkonferenz in Athen hält. Kurz zuvor hatte er an der Eroberung von Korfu teilgenommen, von der er meinte, sie sei ohne Kämpfe (27) erfolgt, denn schließlich hätte die Bombadierung durch die Luftwaffe sofort jeden Widerstand gebrochen. Schwarz schreibt also über die Situation seiner Soldaten, für die in den Gottesdiensten der richtige Predigttext auszusuchen sei: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Und vieles, was wir ob drinnen oder draußen, ob in der Heimat oder an der Front erleben, zielt doch darauf ab, den christlichen Glauben unglaubhaft zu machen. Ich denke an die Bombenangriffe, an unsere Brutalität in der Kriegsführung u. a.. Hier kann schon mancher in Gewissenskonflikte kommen.' (28) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz und Lipp wurden von General Lanz (29) mit dem Eisernen Kreuz II. Klasse ausgezeichnet. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nach dem Krieg war Schwarz zunächst Aushilfspfarrer in Traunstein, wo er insbesondere die Lazarette zu betreuen hatte. Hier hätte er das Schlimmste des Krieges gesehen. Anfangs weigerte er sich, sich entnazifizieren zu lassen. Er meinte, das wäre bei ihm nicht notwendig. Schließlich willigte er doch ein. Er bat seinen Freund Lipp um ein entsprechendes Zeugnis. Ein Freund, ein Halbjude (30), den er von seiner Studienzeit her kannte, und Karl Steinbauer sagten für ihn aus. 'Nicht betroffen' hieß das Urteil der Spruchkammer über ihn. </span><br /><span style="font-size: 18px;">1947 wurde Schwarz Pfarrer in Bad Steben. 1963 wechselte er nach Pappenheim, wo er vom Bischof der Evangelischen Kirche von Bayern zum Dekan ernannt wurde. 1977 ging er in den Ruhestand. Bis Ende der 90iger Jahre kam er zu den Jubiläumskonfirmationen nach Bad Steben und feierte sie unter großer Beteiligung und Freude der Mitglieder seiner einstigen Gemeinde. Heute lebt er 92jährig in einem kleinen Ort in Franken. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz gehört zum Kameradenkreis der 1. Gebirgsjägerdivision. Jedes Jahr 'pilgerte' er wie Hunderte andere, die einst zur 'Edelweiß' gehörten, auf den Grünten zum Kameradentreffen. Auch Schwarz fühlte sich 'gefordert', im Nürnberger Kriegsverbrecherprozess für Lanz auszusagen. Er legte eine schriftliche Stellungnahme vor, in der er Lanz 'besondere Ritterlichkeit sogar dem abgefallenen Verbündeten gegenüber' (31) bescheinigte, was daran zu erkennen sei, dass er 'Lastwagen zur Beförderung italienischer marschkranker Soldaten und italienischen Offiziersgepäcks zur Verfügung' gestellt habe. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Lanz wurde in Nürnberg verurteilt und saß für wenige Jahre im Gefängnis in Landsberg. Weil dort ein Schwager (32) von Schwarz Pfarrer war und die dort einsitzenden Kriegsverbrecher zu betreuen hatte, gelang es Schwarz und Lipp, Lanz in seiner Haft zu besuchen. Gerne hätten sie aus Solidarität und in freundschaftlicher Verbundenheit jeder einen Tag für Lanz im Gefängnis abgesessen. Aber das wurde ihnen nicht gestattet. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Zur Einweihung des Ehrenmals in Mittenwald schrieb Schwarz 1957 in seinem Geleitwort: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Es sind nun bei unserem Ehrenmal zwei Gedanken, ein trostvoller und ein mahnender, eine gute Einheit geworden. Trostvoll das Kreuz als Zeichen für Gottes Treue, die zu allem, auch zur Selbstaufgabe bereit ist, nur zu einem nicht: sich zurückzuziehen von dieser irrenden und verworrenen, schuldigen und leidvollen Welt. Diese Treue Gottes allein und sein Opfer lässt das Opfer unserer lieben Kameraden, denen das Denkmal gesetzt ist, nicht sinnlos sein. Sie sind wie wir von Gott nicht abgeschrieben, sondern in seiner Treue aufgehoben. Mahnend die Pfeiler als Ruf an uns zur Treue. Nicht der Erfolg, .... machen zuletzt den Wert eines Menschenlebens aus, sondern das Treusein. Dazu ruft uns das Denkmal. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein im Gedenken an unsere Gefallenen, </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein den Menschen, die uns die nächsten und liebsten sind, </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein unserem Land und Volk bis zum Opfer des Lebens, </span><br /><span style="font-size: 18px;">Treusein im Alltag des Berufes. </span><br /><span style="font-size: 18px;">In solch nüchterner Treue liegt auch die Treue unserem Gott gegenüber. Solche Treue ist nicht möglich ohne Opfer..." (33) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Über die Kriegsverbrechen, an denen die Division 'Edelweiß' beteiligt waren, ob die in Lemberg (34) oder in Kephallonia, wurde bei den Kameradentreffen nicht gesprochen. Die Treffen galten der positiven Erinnerung an Kameradschaft, an das 'Draufgängertum' der Truppe und vor allem der Geselligkeit. Selbstverständlich wurden sie mit einem Gottesdienst eröffnet, den Lipp und Schwarz gemeinsam feierten. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schwarz älteste Tochter wurde 1941 geboren, wenige Tage, nachdem seine Mutter gestorben war. Weil er wegen des Todes seiner Mutter Heimaturlaub bekam, konnte er seine Tochter nach ihrer Geburt ein paar Tage sehen. 18 Monate war er anschließend von seiner Frau und seiner Tochter getrennt. Und dann noch einmal weitere 15 Monate im letzten Kriegsteil. Zwischendurch wurde seine Frau von einer zweiten Tochter entbunden. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Das waren Dinge, so Schwarz (35), </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'die damals schon belastend waren, ... das darf man vielleicht auch nicht übersehen, wenn man fragt, warum habt Ihr an dem und dem nicht so teilgenommen, hat Euch das nicht so bewegt. Denken Sie einmal an Kephallonia! Wir hatten ja auch unsere ganz persönlichen Sorgen, ich musste mich sehr um meine Frau sorgen, die hatte einen Kaiserschnitt, und das war damals noch keine einfache Sache.'</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">Exkurs: Der einstige Feldprediger und spätere Militärbischof Hermann Kunst</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Auf dem Hindenburgplatz in Herford versammelten sich am 7. November 1935 die Rekruten zu ihrer Vereidigung. Der evangelische Standortpfarrer Hermann Kunst schwor sie mit folgenden Worten auf ihren Dienst ein: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Meine Kameraden, wenn ihr in dieser Stunde den Treueeid auf den Führer und Kanzler unsres Volkes, den obersten Kriegsherrn, Adolf Hitler, leistet, tretet ihr damit ein in den Kreis der Männer, die bereit sind, mit Leib und Leben einzustehen für die Ehre und Freiheit, Sicherheit und Kraft des Reiches. Ihr fällt in dieser Stunde eine Lebensentscheidung. Ihr seid bis an euer Lebensende keine Privatpersonen, sondern eine dem Führer des Volkes verschworene Kampfgemeinschaft. Keine Überlegung, kein Reiferwerden entbindet euch von eurem Eid. Das sage ich euch nicht als irgendeine Meinung, das sage ich euch als ein berufener Diener am Wort." (36) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Hermann Kunst, Mitglied der BK. So notiert sein Lebenslauf, den die Pressestelle der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) auf Anfrage zusendet. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Kunst wurde am 21. 1. 1907 in Ottersberg geboren, besuchte in Bocholt das humanistische Gymnasium und begann nach abgeschlossener Banklehre das Studium der evangelischen Theologie in Marburg, setzte es in Berlin und Münster fort. Nach dem 2. theologischen Examen wurde er 1932 Pastor der evangelisch-lutherisch Mariengemeinde in Herford. 1939 wurde er Kriegspfarrer und folgte den deutschen Truppen nach Polen und Frankreich. 1940 wurde er zum Superintendenten des Kirchenkreises Herford gewählt, ein Jahr später mit der Vertretung des Präses Koch in der Leitung der Kirche von Westfalen beauftragt. Von 1943 bis Kriegsende war er in Russland. Kunst wurde das Eiserne Kreuz verliehen. 1945 wurde er Mitglied der Leitung der Evangelischen Kirche in Westfalen. Von 1949 bis 1977 war er der Bevollmächtigte der EKD am Sitz der Bundesrepublik, von 1955 bis 1972 war er evangelischer Militärbischof, damals ein Nebenamt. Universitäten in Münster, Pennsylvania, Paris, Bukarest und Boston verliehen ihm die Ehrendoktorwürde. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Am 8. August 1985, dem Tag, an dem sich die Stadt Augsburg des Religionsfriedens von 1650 zwischen katholischen und protestantischen Christen erinnert, wurde Kunst der Friedenspreis der Stadt Augsburg zugesprochen, der in jenem Jahr zum ersten Mal verliehen wurde. Am 13. Oktober nahm der erste Militärbischof Deutschlands den Preis entgegen, fast auf den Tag genau 50 Jahren, nach dem er die Rekruten auf dem Hindenburgplatz in Herford auf Adolf Hitler eingeschworen hatte.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">5. Die Kirchen und ihre Kriegshilfe</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Die Kriegspfarrer hatten die Aufgabe, ihren Dienst zu tun. Und das taten sie. Dienst an Soldaten christlichen Bekenntnisses. Die Frage, wo sie ihren Dienst taten, stellte sich für sie im allgemeinen lediglich als ein organisatorisches Problem. Die Frage, für wen sie ihren Dienst taten, beantworteten sie im Blick auf ihr Bekenntnis. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Auch nach dem Krieg wurden die Fragen, in welcher Wehrmacht sie dienten, und welche Ziele diese verfolgte, und welche Mittel ihr zum Erreichen der Ziele Recht waren, nicht gestellt. Sie, die Kriegpfarrer stellten sie nicht, und auch die Kirchen, die sie für diesen Dienst entliehen hatten, stellten sie nicht, nicht für sich und nicht für sie; </span><br /><span style="font-size: 18px;">fragten auch nicht, ob sich die Pfarrer vielleicht selbst schuldig gemacht haben </span><br /><span style="font-size: 18px;">- im gehorsamen Mitwissen, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- in sich selbst Schweigen verordnender Anwesenheit bei Kriegsverbrechen, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- deren Erinnerung daran sofort dem Vergessen, dem Verdrängen anheim gegeben wurde oder werden sollte. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die Kirchen konnten es auch nicht. Sie hatten sich diese Möglichkeit selbst genommen, waren sie doch selbst willige Helfer und hofften, mit der Hilfe Adolf Hitlers und seiner Heere den bösen Feind aus dem Osten und damit vielleicht gleichzeitig das Gespenst der Aufklärung und des Modernismus entgültig besiegen zu können. So stabilisierten sie nicht nur das NS-Regime, sondern auch seine Aktionen, ob die kriegerischen oder die Vernichtungen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Im (38) Jahre 1935 schrieb der spätere katholische Feldgeneralvikar der Deutschen Wehrmacht Georg Werthmann in seinem Büchlein 'Wir wollen dienen'(39), dass im ersten Weltkrieg die Feldseelsorge 'vorbildliches im Dienste von Volk und Vaterland' geleistet habe. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Ohne diese Pflege des religiösen Geistes wäre die Disziplin des Heeres kaum so lange und so straff zu halten gewesen. Religiöse Haltung trieb zur Pflichterfüllung bis zum Opfertode...' </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Was über Jahrzehnte hinweg Jugendliche, wie Erwachsene, egal welchen Bekenntnisses, prägte, was sie in politischer Propaganda oder im Gottesdienst, in der Schule oder in den Gruppenstunden kirchlicher Jugendarbeit hörten, ließ nicht den geringsten Zweifel daran zu, dass die nationalsozialistische Ideologie die einzige wahre und dazu auch noch die einzig richtige war. So schreibt der Erzbischof von Freiburg im Breisgau Conrad Gröber 1937 in einem 'Handbuch der religiösen Gegenwartsfragen' mit einer Empfehlung an das Gesamtepiskopat: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'In der gegenwärtigen Schicksalsstunde unserer Nation stellen sich die Leiter der Kirche in besonderer Treue an die Seite der Männer des Staates, entschlossen zur Abwehr des gemeinsamen Feindes. Indem sie für das Christentum und den echten Gottesglauben im deutschen Volk kämpfen, stützen sie auf ihre Weise am wirksamsten den Wall, den in unserem Vaterland der Führer gegen den Bolschewismus aufgeworfen hat.'(40) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Der Kriegsausbruch am 1. September 1939 traf somit die Christen in Deutschland weder unerwartet, noch unvorbereitet. Für die Bischöfe stand fest, 'dass man in diesem Krieg seine Pflicht tun musste' (41). Die Fragen, ob dieser Krieg gerecht wäre, ob die Teilnahme an diesem Krieg erlaubt oder verboten sei, diese Fragen stellten sie nicht, - sind Fragen, die wohl erst Jahrzehnte nach den Kriegen zu stellen erlaubt sind, vielleicht auch heute noch nicht einmal. Die Loyalität der Kirchen und ihr Patriotismus sollte jeden Verdacht von Unzuverlässigkeit vermeiden, ja, stellte ihrer Meinung nach die Kirche endlich an die Stelle im Staat, die ihr schon seit langem hat zukommen müssen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Mit dem Reichskonkordat von 1933 waren nicht nur die grundsätzlichen Fragen zur Militärseelsorge geregelt. Es enthielt sogar, wenn auch in einem geheim gehaltenen Anhang, die Vereinbarungen für die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und damit auch die Vorsorge für den Kriegsfall (42). </span><br /><span style="font-size: 18px;">Für Erzbischof Gröber war es 'eine zugleich deutsche und katholische Selbstverständlichkeit, für die Heeresseelsorge nur die bestqualifizierten Geistlichen freizugeben.'(43) Auf diesem Hintergrund konnte das Oberkommando des Heeres am 21. August 1939 in einem Merkblatt die Feldseelsorge als 'wichtigstes Mittel zur Stärkung der Schlagkraft des Heeres'(44) beschreiben. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nicht mehr nur als Loyalität, sondern als Sinngebung musste und muss es verstanden werden, wenn 1942 die Feldgeneralvikare im Oberkommando des Heeres mit Verweis auf das Opfer Gottes den Einsatz des Lebens eines jeden Soldaten forderten und dies als sein Opfer christlich-religiös überhöhten.(45) Soldatentod war Opfertod. Opfertod war Heldentod. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Insgesamt versahen im Zweiten Weltkrieg 650 hauptamtliche katholische Feldseelsorger (46) und 428 evangelische Pfarrer (47) ihren Dienst. Dazu kamen etwa 20.000 Priester, Priesteramtskandidaten und Ordensleute und eine der Relation entsprechende Anzahl evangelischer Pfarrer als Sanitätssoldaten. Über Priester, die wegen ihres Widerstandes ins KZ eingeliefert wurden, soll der päpstliche Nuntius Cesare Orsenigo gesagt haben, dass sie 'Märtyrer ihrer eigenen Dummheit' seien (48). </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wir wissen auch von sieben namentlich bekannten katholischen Kriegsdienstverweigerern. Sie wurden in KZs ermordet, ohne die Unterstützung oder Ermutigung ihrer Kirche erfahren zu haben.</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">6. Im Glanz des Wiederaufbaus</span></h2> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 1. Die Siegermächte und die Kirchen</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Trotz der innerkirchlichen Auseinandersetzungen zwischen Regimetreuen, Neutralen und Oppositionellen überstanden die Kirchen als Einzige der großen Institutionen den Krieg und das NS-Regime fast unbeschadet. Und weil die Kirchen den Besatzungsmächten relativ unbelastet erschienen, wurden sie für die Besatzungsmächte (49) nach der Kapitulation Hitler-Deutschlands mehr oder weniger die alleinigen Ansprechpartner. (50) So fragten sie die Kirchen nach vertrauensvollen, unbelasteten Personen, die in Staat, Ländern, Kommunen und Verbänden Verantwortung übernehmen könnten, um den Wiederaufbau Deutschlands zu organisieren. Der hierfür in Frage kommende Personenkreis war sehr klein. Um diese Schaltstellen politischer Macht und gesellschaftlicher Einflussnahme nicht Menschen liberal-bürgerlicher, sozialdemokratischer oder überhaupt demokratisch gesinnter Kreise zu überlassen, ja, um weiterhin auf konservativen Einfluss setzen zu können, scheuten sich die Kirchen nicht, vor allem Nationalsozialisten zu benennen (51). Einziges Kriterium für die Kirchen war, dass sie treu zur Kirche gestanden haben und stehen. Wenn die Militärregierungen von sich aus auf Mitglieder der SPD oder der Gewerkschaften zurückgreifen wollte, löste das eine Welle kirchlicher Empörung hervor. So äußerte sich der frühere evangelische Landesbischof von Württemberg und ab 1945 Vorsitzender des Rates der EKD Theophil Wurm, in einem Protestschreiben, 'die "Verfolgung Unschuldiger" (damit gemeint waren Nationalsozialisten, Anmerkung des Verf.) und die "Heranziehung ungeeigneter, ja amoralistischer und krimineller Elemente zur Übernahme größerer oder kleiner Verantwortung" riefe im deutschen Volk "Verstimmung, Depression und Verärgerung" hervor' (52). Es war derselbe Wurm, der im Jahre 1937 öffentlich verkündet hatte, dass seine Württembergische Kirche 'judenreiner sei als irgendeine andere' (53). Bemerkungen, wie die aus dem Jahre 1945, und spätere Äußerungen Wurms zum Nationalsozialismus veranlassten im Juni 1946 ausländische Kirchenvertreter zu der Meinung, die evangelische Kirche sei zum Zufluchtsort für ehemalige Nationalsozialisten geworden. (54)</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 2. Die Kirchen und ihre unschuldige 'Schuld'</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Anders als die Besatzungsmächte glaubten, waren die Kirchen keineswegs unbelastet aus der NS-Zeit hervorgegangen. Schon während der Weimarer Republik orientierten sich 70 bis 80 Prozent der Pfarrer in ihrer konservativ-nationalen Einstellung an antidemokratischen Rechtsparteien, wie der DNVP (Deutsche Nationale Volkspartei) (55). Und es waren vor allem die evangelischen Wähler, die der NSDAP zu ihrem Aufstieg verhalfen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Als bekannt wurde, dass zur zweiten Ratssitzung der EKD in Stuttgart am 18. und 19. Oktober 1945 eine Delegation aus der Ökumene teilnehmen würde, rangen sich die versammelten Mitglieder teils mit großem Widerwillen ein Schuldbekenntnis ab, das nur sehr halbherzig die Mitschuld der deutschen Kirche am Krieg formulierte. In diesem 'Stuttgarter Schuldbekenntnis', wie übrigens auch in der Erklärung der Fuldaer Bischofskonferenz vom 21. August 1945, wurde mit keinem Wort die Shoah erwähnt, mit keinem Wort das Verbrechen an Andersdenkenden, an Behinderten, Homosexuellen, an Sinti und Roma. Es war ein Wort, mit dem sich die EKD den Eintritt in den Ökumenischen Rat der Kirchen erkaufte und somit auch außerhalb Deutschlands salonfähig wurde. Als kircheninternes Papier sollte es nicht, und die Verfasser wussten warum, an die deutsche Öffentlichkeit geraten. Dies konnte jedoch nicht verhindert werden. Als der Inhalt der Stuttgarter Erklärung in den Gemeinden bekannt wurde, reagierte man dort mit Unverständnis, Empörung, ja, erbitterter Ablehnung. Viele Gemeindemitglieder drohten mit Kirchenaustritt. Sogar aus Kreisen der BK fand die Buße der Kirche nur geringes Verständnis. (56) Auch das aus der Feder eines kleinen Reformflügels in der EKD entstandene sogenannte 'Darmstädter Wort' aus dem Herbst 1947, in dem Defizite und Fehlentwicklungen der Kirche während des NS-Regimes benannt wurden, bezeichnete die große Masse der Kirchenführer als eine theologische Entgleisung und als eine schwere Zumutung. Die Unbußfertigkeit der Kirche schien keine Grenze zu kennen.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 3. Die Kirchen und die verweigerte Entnazifizierung</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Schon im Mai 1945 begann die Kirche mit ihrer Kritik an der von den Besatzungsmächten kaum begonnenen Entnazifizierung, auch wenn sie sich dieser in den ersten Nachkriegmonaten nicht entziehen konnte. Im Juni 1945 schrieb der Mainzer Bischof Stohr an Pius XII., 'dass "radikale Beseitigung aller Nazis" eine "Sinnlosigkeit" darstelle, an der die ganze Verwaltung zusammenbrechen müsse und nur der Kommunismus Freude haben könne...' (57). In der Angst durch die Entfernung von hohen NS-Funktionären die konservativen Machtbastionen im öffentlichen Dienst zu verlieren und sie den 'Bolschewisten' überlassen zu müssen, kam es schon während des Entstehens der NS-Diktatur, dann aber auch nach dem Krieg zu einer breiten ökumenischen Übereinstimmung, zumindest in diesem Punkt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Auch ein mit dem 5. März 1946 in Kraft tretendes sogenanntes 'Befreiungsgesetz' (58), das alle Personen aus dem gesellschaftlichen Leben ausschließen wollte, </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"die die nationalsozialistische Gewaltherrschaft aktiv unterstützt oder sich durch Verstöße gegen die Grundsätze der Gerechtigkeit und der Menschlichkeit oder durch eigensüchtige Ausnutzung der dadurch geschaffenen Zustände verantwortlich gemacht haben", </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">fand heftigste Kritik der Kirchen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Am 26. April 1946 unterschrieb Bischof Wurm für die EKD eine Eingabe, in der erklärt wurde, dass dieses Gesetz neue Schuld und neues Unrecht bewirke: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">'Unsere Bedenken richten sich gegen die Grundauffassung des ganzen Gesetzes. Das Gesetz steht nicht in allen Stücken im Einklang mit dem natürlichen Rechtsempfinden. Es beachtet nicht alle elementaren Rechtsgrundsätze, die die Rechtsordnung von Kulturstaaten kennzeichnen und die ihre letzte Bindung an Gottes Gebot nicht verleugnen...' (59). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Welche Doppelzüngigkeit und welcher Opportunismus wird in den Verlautbarungen der Kirche deutlich. Wenige Jahre zuvor schwieg die Kirche zum Rechtsbruch unmenschlichster Art, hat weitgehend schweigend mitangeschaut, ja mitgemacht als vor ihren Kirchentüren millionenfach elementarste Menschenrechte mit Füßen getreten wurden, spricht nun aber von natürlichem Rechtsempfinden, Rechtsordnungen von Kulturstaaten, von Bindung an Gottes Gebot. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Im Verlauf der Stellungnahme der EKD lehnte Wurm eine mögliche Entnazifizierung von Seiten der Obrigkeit in der Kirche ab. Wurm beanspruchte eine Sonderstellung für die Kirche, denn schließlich stünde es der Obrigkeit nicht zu, darüber zu entscheiden, wer in der Kirche ein geistliches Amt ausüben dürfe und wer nicht. (60) Die Kirche schützte auch belastete Pfarrer vor jeglicher Möglichkeit einer Entnazifierung. Die Krönung der Nichtbereitschaft kritischer Reflektion über die Nazigeschichte und über die eigene kirchliche Verstrickung setzte Martin Niemöller mit einer Abkündigung, die er am 1. Februar 1948 von allen Kanzeln der hessischen Kirche verlesen ließ, in der er den Pfarrern schlichtweg verbot, bei der Entnazifizierung der Gesellschaft mitzuwirken. Sie sei nicht der Weg zur Versöhnung, sondern Mittel der Vergeltung (61) und ein 'politisches Machwerk', um die deutsche Intelligenz zu beseitigen. (62) Damit fiel Niemöller den Stimmen ins Wort, die aus den Gemeinden heraus die neue Kirchenleitung in Hessen und Nassau und vor allem deren eben erst gewählten Präsidenten Martin Niemöller wegen seiner 'allzu bußfertigen' Haltung seit dem Stuttgarter Schuldbekenntnis kritisierten. Der, der nach Meinung vieler in Stuttgart die Nation verraten hatte, konnte sich nun des ungeteilten Beifalls aller sicher sein. </span><br /><span style="font-size: 18px;">So organisierte vor allem die evangelische Kirche das allgemeine Aufbegehren gegen die politische Säuberung und wurde ihr Anführer (63). Die eigentlichen Täter waren für die Kirchen jene Personen, die in den Verwaltungen die Entnazifizierung durchzuführen hatten. Die Kirche gewann die Sympathien derer, die mehr oder weniger stark in das Regime des NS-Staates verwoben und an dessen Krieg und deren Verbrechen beteiligt waren, und erklärte sie im Zweifelsfall selbst zu Opfern. Der eigentlichen Opfer, ob der 6 Millionen ermordeten Juden, der zig-tausendfach hingerichteten oder vernichteten Oppositionellen, Behinderten, Homosexuellen, Sinti oder Roma gedachte sie damals an keiner Stelle. Dazu mussten noch Jahrzehnte ins Land gehen. Während der Naziherrschaft selbst 'williger Mitvollstrecker', ja, sogar Sinngeber für Mord und Soldatentod, wurde sie im Nachkriegsdeutschland gehorsamer Helfer beim Wiederaufbau Deutschlands Adenauer'scher Prägung, gewann die Zustimmung vor allem der rechten bürgerlichen Parteien, die die Regierung bildeten, und konnten sich somit deren Schutzes und Wohlwollens sicher wähnen. Schutz und Wollwollen auch deshalb, weil viele ehemalige NSDAP-Mitglieder inzwischen wieder in Aufgaben der Bundesministerien eingetreten waren und hier Verantwortung übernommen hatten. Vor allem das Auswärtige Amt profilierte sich in der Fortführung der 'Berliner Tradition'. (64) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Aber es war nicht nur die fehlende Selbstkritik, die die Kirche bei so manchem fernen Beobachter in Misskredit brachte, es war nicht nur die Verweigerung der Entnazifizierung, es war auch die bewusst vollzogene Anknüpfung und Fortführung der Tradition, die mancherorts, nur nicht beim eigenen Kirchenvolk, Unverständnis hervorrief. Denn wenn man sich zum Beispiel die sofort nach dem Ende des Krieges neu zusammengesetzte Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland anschaut, so finden wir in ihr eine Koalition von Vertretern der Deutschen Christen, der Bekenntnisgemeinden und derer, die sich dem NS-Regime gegenüber neutral verhalten hatten. Was in Düsseldorf beispielgebend schon direkt nach dem Kriege vollzogen wurde, fand dann in Bonn Ende 1966 auf Regierungsebene seine politische Fortsetzung als Kurt Georg Kiesinger, während des NS-Regimes stellvertretender Leiter der Rundfunkpolitischen Abteilung und also solcher 'Mitwisser' der Shoah, Bundeskanzler wurde und in der Großen Koalition zwischen CDU und SPD Willy Brandt, der während des 3. Reichs nach Norwegen, dann nach Schweden emigrierte und von dort am Widerstand gegen Hitler teilnahm, Vizekanzler und Außenminister wurde(65). In der Rheinischen Kirchenleitung sollte damit 1945 , wie es hieß, die Rechtskontinuität bewahrt bleiben (66). Außerdem würde eine Vorherrschaft der Bekennenden Kirche in der Kirchenleitung 'bei der kirchenpolitischen Mentalität vieler rheinischer Pfarrer bzw. Gemeinden'(67) zu Missverständnissen führen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Was mit 'Mentalität' und 'Missverständnissen' gemeint war, soll an einigen Zahlenbeispielen deutlich werden: in der Hessischen und Württembergischen Kirche galten etwa ein Drittel aller aktiven Pfarrer als 'belastet'. In der Bayrischen Kirche ein Viertel, in Bremen waren 51 von 55 Pfarrern betroffen. (68) Eine Entnazifizierung hätte also die pfarramtliche Versorgung der Gemeinden erheblich in Frage gestellt. Dazu aber kam die Angst, die konservativen, traditionellen Kreise zu verlieren und den aufklärerischen, modernen, demokratischen, ja liberalen und linken Gedanken und ihren Vertretern mehr Raum geben zu müssen. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Dieses Argument war Mitte der 30iger Jahre schon Motivation für die uneingeschränkte Solidarität vieler Kirchenmänner mit dem Hitlerstaat und seinem Krieg, dies wurde nun wieder Anlass, von einer Entnazifizierung in der Kirche abzusehen.</span></p> <h3><span style="font-size: 18px;">6. 4. Kirchliche Ent'schuld'ungs-Hilfen aus dem Ausland</span></h3> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">In all diesen Fragen erhielten die Kirchen in Deutschland große Argumentationshilfe aus dem Ausland. Als erster nahm Papst Pius XII. in einem Hirtenwort (69) vom 9. Mai 1945 Stellung, in dem er sich gegen das Negativbild wandte, dass viele Menschen in der Welt von den Deutschen hätten und bat die Opfer des Krieges, die im Allgemeinen nicht der christlichen Religion angehörten, den Deutschen in christlicher Nächstenliebe zu begegnen. Sein Hirtenwort vom 24. April 1945 hatte zuvor die katholischen Christen insgesamt von jeglicher Verantwortung für den Krieg freigesprochen. In seinem Wort zum Weihnachtsfest 1946 erklärte der Papst die Aufklärung und ihre Philosophie als Hauptursache für das Zustandekommen von Nationalsozialismus und Kommunismus. NS-Deutschland wurde so auf die gleiche moralische Stufe gestellt wie die Sowjetunion. Ein Unterschied zwischen Angreifern und Angegriffenen, zwischen Tätern und Opfern fand nicht mehr statt. Und da die Aufklärung, die nun zur Katastrophe in Europa geführt hätte, vor allem auf dem Boden der späteren westlichen Siegermächte gediehen wäre, hätten diese nun kein Recht, den Deutschen zu sagen, was richtig wäre und was falsch. Und im Blick auf schuldig gewordene Katholiken reichte die Rückkehr zur Kirche. Reue und Buße würden mit der Vergebung der Sünden belohnt. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Vor allem aus England erhielten die evangelischen Kirchen Schützenhilfe. Die anglikanische Kirche (70) bat die englischen Besatzungstruppen, die deutschen Kirchenvertreter aus den Maßnahmen der Entnazifizierung zu entlassen. Der anglikanische Bischof von Chichester Georg K. A. Bell, zu dem Dietrich Bonhoeffer bis zu seiner Verhaftung engste freundschaftliche Kontakte pflegte, vertrat schon 1943 die These, dass die Deutschen (71) als erste Opfer des Nationalsozialismus geworden seien, dass der Versailler Vertrag dem NS-Regime den Weg bereitet hätte und verglich die alliierte Kriegsführung aus der Luft mit den Konzentrationslagern der Deutschen. Wen konnte es darum wundern, dass Bischof Wurm die alliierten Internierungslager für deutsche Kriegsgefangene in aller Öffentlichkeit ebenfalls mit den Konzentrationslagern verglich? (72) Wie Papst Pius XII. fordert Bell in seinem 'Brief an meine Freunde in der Evangelische Kirche in Deutschland' (73) die Opfer der deutschen Verbrechen zu christlicher Nächstenliebe und Vergebung, benennt sie aber nicht mit Namen. Er erwähnt die Deportationen durch Deutsche, ohne sie als die Deportation von Juden zu bezeichnen und vergleicht sie mit der Nachkriegs-Vertreibung der Deutschen aus dem Osten. Das Leiden der Deutschen Bevölkerung rückte er an die Stelle des unzähligen Leidens der NS-Opfer. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Im Mai 1949 setzte sich Bell nicht nur für die Freilassung von Kriegsverbrechern ein (73), sondern empfahl die Einstellung aller noch im Gang befindlicher Kriegsverbrecherprozesse. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">So sonnte sich die Kirche im Nachkriegsdeutschland bald im Glanz des Wiederaufbaus. Sie wusste sich durch bedeutende Stimmen aus der Ökumene gerechtfertigt in ihrer Verweigerung, über die Mitschuld an der Machtergreifung und am Erstarken des NS-Regimes, über ihre Verstrickung in das nationalsozialistische System und seinen Verbrechen und Kriegen nachzudenken, ja, es wurde ihr konzediert, sich als Erste in die Reihe der Opfer eingliedern zu dürfen. Wenn alle nur noch Opfer waren, wer waren dann die Täter? </span><br /><span style="font-size: 18px;">Dank ökumenischer Solidarität wusste sich die Kirche bestärkt in der Weigerung, an Entnazifizierungsmaßnahmen teilzunehmen, ja, sie im eigenen Hause zu dulden. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Und so konnte sie schnell ihrer Rolle als staatstragendes und staatsstützendes Instrument in der Regierung Konrad Adenauers gerecht werden. Bußfertigkeit wäre ihr als 'Sühnestolz' ausgelegt worden. Stolz ja, aber 'Sühnestolz' konnte man in der Trümmerlandschaft ringsumher nicht gebrauchen. Und lange bevor über die Wiederbewaffnung Deutschlands öffentlich diskutiert wurde, waren die Verträge über die Militärseelsorge für beide Kirchen (74) schon unter Dach und Fach. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Nur, - als Kirche, die in die NS-Diktatur verstrickt war und nach dem Krieg im Grunde jegliche Mitschuld und Mitverantwortung von sich wies, - und wenn sie das tat, dann nur als Lippenbekenntnis und Mittel zum Zweck internationaler Anerkennung -, hatte sie ihre Glaubwürdigkeit als moralisch-ethische Instanz verloren. Wie konnte sie mit dieser Last ihrem seelsorgerliche Amt gerecht werden, wenn Menschen zu ihr kommen wollten, die sich wegen ihrer Taten während der NS-Zeit vor Gott und den Menschen versündigt hatten? Konnte ein Blinder einen Blinden führen? (Matthäus 15, 14) </span><br /><span style="font-size: 18px;">Wem hätte der um Vergebung Ersuchende gegenüber gestanden, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- zumal, wenn nur zu augenscheinlich war, dass die Kirche ihre stark konservative Positionierung und Tradition in ungebrochener Kontinuität fortführte, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- zumal, wenn deutlich wurde, dass ein Bischof, der Mitte der 30er Jahre damit hausieren ging, dass seine Kirche 'judenfreier sei als andere'(75) oder ein ganz normaler Pfarrer, der 1935 auf einem westfälischen Marktplatz (76) Rekruten bis an ihr Lebensende auf Adolf Hitler einschwor, die höchsten Ämter evangelisch-kirchlicher Hierarchie erklimmen konnten, </span><br /><span style="font-size: 18px;">- zumal, wenn die Kirche sich als vermeintliches Opfer in 'christlicher Nächstenliebe' für die Täter einsetzte, ja, sie sogar schützte, dabei aber die Millionen und Abermillionen wirklichen Opfer des Regimes nicht eines einzigen Wortes für würdig erachtete? </span><br /><span style="font-size: 18px;">Ob dieses neuerliche Verschweigen, dass noch über Jahrzehnte anhalten sollte, wohl daran gelegen hat, weil diese Menschen, ob Juden, Kommunisten, Gewerkschafter, Oppositionelle, Sinti und Roma, Personen waren, denen sie seit Jahrhunderten selbst klammheimlich das Siegel 'persona non grata' auf die Stirn gedrückt hatte und deren Vernichtung sie nicht sonderlich erschüttert, sondern vielleicht sogar billigend in Kauf genommen hatte?</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Benutzte Literatur:</span></h2> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Artikel: Hannes Heer, Blutige Ouvertüre, in: Die Zeit, 26 /2001 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Artikel: Immer wieder die Gebirgstruppe! in: Antifaschistische Nachrichten, 23 / 1997 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Brief vom 16. 3. 2002 von Pfr. Hermann Six an den Verfasser </span><br /><span style="font-size: 18px;">Die Gebirgstruppe, Heft Nr. 2-4, München, 1957 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Gedanken über unser Predigen. Referat auf der Kriegspfarrerkonferenz in Athen am 27. Oktober 1943 gehalten von Div.Pfarrer der 1. Geb.Div. Rudolf Schwarz. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Gesprächsaufzeichnungen des Gesprächs zwischen Dekan i. R. Rudolf Schwarz und dem Verfasser vom 26. 3. 2002 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Heer, Hannes, Neumann, Klaus, Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Frankfurt am Main, 1999 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Kaltenegger, Roland, Die Deutsche Gebirgstruppe 1938-1945, München 1989 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Mantelli, Bruno, Die Italiener auf dem Balkan 1941-1943, in: Europäische Sozialgeschichte, Festschrift für Wolfgang Schieder, hrsg. v. Christoph Dipper u. a.. Berlin 2000 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Materialien und Informationen zur Zeit, 3 / 1982 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Missalla, Für Gott, Führer und Vaterland, München 1999 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Predigt von Rudolf Schwarz über Lukas 2, 1- 14 gehalten Weihnachten 1941 im Osten </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schieder, Wolfgang, Die römische Wehrwölfin, in: Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2002. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schöllgen, Ansgar, Britische Einflüsse auf die öffentliche deutsche Nachkriegsdiskussion der Schuldfrage, in: Dieter Breuer, Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Öffentlichkeit der Moderne. Die Moderne in der Öffentlichkeit. Das Rheinland 1945-1949, Essen </span><br /><span style="font-size: 18px;">Schübel, Albrecht, 300 Jahre Evangelische Militärseelsorge, München 1964 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Steinkühler, Manfred, Der deutsch-französische Vertrag von 1963, Berlin 2002 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Tätigkeitsbericht des Evangelischen Divisionspfarrers Rudolf Schwarz vom 15. Oktober 1943, Militärarchiv Freiburg. </span><br /><span style="font-size: 18px;">Vollnhals, Clemens, Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945 – 1949, München 1989 </span><br /><span style="font-size: 18px;">Von Norden, Günter, Der schwierige Neubeginn, Bovenden, 1996</span></p> <h2><span style="font-size: 18px;">Anmerkungen:</span></h2> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(1) Tätigkeitsbericht des Evangelischen Divisionspfarrers Rudolf Schwarz vom 15. Oktober 1943, Militärarchiv Freiburg.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(2) Siehe Gesprächsaufzeichnungen des Gesprächs zwischen dem Verfasser und Dekan i. R. (in Ruhe) Rudolf Schwarz vom 26. 3. 2002 (im folgenden zitiert als 'Schwarz)</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(3) Vgl. Bruno Mantelli, Die Italiener auf dem Balkan 1941–1943, in: Europäische Sozialgeschichte, Festschrift für Wolfgang Schieder, hrsg. v. Christoph Dipper u. a., Berlin 2000, S. 58.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(4) Vgl. ebenda, S. 57.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(5) Der Journalist und Historiker Angelo Del Boca wies nach, dass unter dem Befehl Badoglios 1935/36 die faschistischen Truppen massiv Giftgas gegen die Zivilbevölkerung in Abessinien einsetzen. vgl. Wolfgang Schieder, Die römische Wehrwölfin, in: Süddeutsche Zeitung, 7. Januar 2002.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(6) Vgl. auch im Folgenden Hannes Heer und Klaus Neumann, Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1944, Frankfurt am Main, 1999, S. 192f</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(7) vgl. ebenda, S. 201.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(8) Zitiert nach ebenda, S. 203</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(9) vgl. auch im Folgenden: Immer wieder die Gebirgstruppe! Antifaschistische Nachrichten, 23 / 1997.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(10) Vgl. ebenda.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(11) Vgl. Roland Kaltenegger, Die deutsche Gebirgstruppe 1938-1945, München 1989, S. 23f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(12) vgl. im Folgenden: Hannes Heer, Blutige Ouvertüre, in: Die Zeit, 26/2001</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(13) so vgl. Schwarz, S. 8.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(14) vgl. Die Deutsche Gebirgstruppe, a. a. O., S. 23.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(15) So und auch im folgenden Schwarz, S. 1ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(16) Albrecht Schübel, 300 Jahre Evangelische Soldatenseelsorge, München, 1964, S. 120.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(17) Siehe ebenda, S. 100.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(18) So Schwarz, Gespräch, S. 10</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(19) Vgl. Die Gebirgstruppe, München, Heft Nr. 2-4, Jahrgang 1957, S. 187</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(20) vgl. Brief vom 16. 3. 2002 von Pfr. Hermann Six an den Verfasser.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(21) Zitiert nach Schwarz, Gespräch, S. 15.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(22) Vgl. auch im Folgenden Schwarz, Gespräch, S. 1ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(23) vgl. Clemens Vollnhals, Evangelische Kirche und Entnazifizierung 1945–1949, München, 1989, S. 170f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(24) vgl. Schwarz, S. 3.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(25) Schübel, S. 161ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(26) Weihnachtspredigt von Rudolf Schwarz über Lukas 2, 1-14 gehalten Weihnachten 1941 im Osten, dem Verfasser in Kopie überlassen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(27) Vgl. Schwarz, S. 13. Der Angriff der deutschen Truppen erfolgte am 24. September 1943 um 0.00 Uhr. Am Mittag des 25. September war der Widerstand der Italiener gebrochen. 10000 Italiener wurden gefangen genommen. 600 waren gefallen, vgl. Die Deutsche Gebirgstruppe 1938 – 1945, a. a. O. S. 420ff.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(28) Vgl. Gedanken über unser Predigen. Referat auf der Kriegspfarrerkonferenz in Athen am 27. Oktober 1943, gehalten von Div.Pfarrer der 1. Geb.Div. Rudolf Schwarz, dem Verfasser in Kopie überlassen, S. 3</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(29) vgl. Schübel, S. 312.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(30) Vgl. Schwarz, S. 9. Schwarz benutzt hier eine Terminologie aus der Nürnberger Rassegesetzgebung vom 15. September 1935</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(31) vgl. im Folgenden: Antwortschreiben von Rudolf Schwarz an den Spiegel vom 27. 10. 1969, dem Verfasser in Kopie überlassen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(32) Vgl. Schwarz, S. 11.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(33) ebenda, S. 191.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(34) Auf Lemberg angesprochen erinnert sich Schwarz an `Leichen, die haufenweise übereinander lagen. Das waren Juden, aber auch Polen, Juden waren es auf alle Fälle..., aber von den Polen umgebracht oder von den Russen. Es war das Grausamste, was man erlebt hat. Das war ein Pogrom. Wie wir dahin gekommen sind, war das alles schon geschehen, das war nicht unsere Truppe, das haben die untereinander gemacht.` vgl. Schwarz, S. 15.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(35) Vgl. Schwarz, S. 15f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(36) Vgl. Materialien und Informationen zur Zeit, 3/1982</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(37) Was ich im Folgenden zur kirchlichen Kriegshilfe von Seiten der römisch-katholischen Kirche sage, gilt über weite Teile in gleicher Weise für die Kriegshilfe der evangelische Kirche in Deutschland. Es gibt nur einen, aber doch wesentlichen Unterschied: während sich katholische Christen letztendlich allein der Autorität des Papstes und der Bischöfe unterstellt fühlten, dienten evangelische Christen und ihre Kirchenführer, mit Ausnahme der Mitglieder der Bekennenden Kirche, gehorsam ihrem Führer Adolf Hitler. Im nachfolgenden Kapitel 6 lege ich den Schwerpunkt der Betrachtung der 'ökumenischen Ausgewogenheit' willen stärker auf die Position der evangelischen Kirche.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(38) zitiert nach Heinrich Missalla, Für Gott, Führer und Vaterland, München 1999, S. 187 f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(39) zitiert nach Missalla, ebenda, S. 32.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(40) Ebenda, S. 35.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(41) Vgl. ebenda, S. 42f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(42) Ebenda, S. 44.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(43) Ebenda, S. 44.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(44) Vgl. ebenda, S. 51.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(45) Vgl. ebenda, S. 44</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(46) vgl. Schübel, a. a. O. S. 140.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(47) vgl. ebenda, S. 199</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(48) Das Nachkriegsdeutschland war in vier Besatzungszonen (russische, amerikanische, englische, französische) aufgeteilt. Jede Besatzungsmacht organisierte den Wiederaufbau, die Entnazifizierung in ihrer Zone auf andere Weise. Auch deren Einbeziehung der Kirchen war jeweils verschieden. Dies verdiente eine differenzierte Betrachtung, die ich angesichts des Raumes und angesichts des von mir gestellten Themas hier nicht leisten kann. Die von mir folgende Darstellung jedoch gibt in ihrer mosaikartigen Darstellung meines Erachtens grundlegende Linien der Problematik wieder.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(49) vgl. Ansgar Schöllgen, Britische Einflüsse auf die öffentliche deutsche Nachkriegsdiskussion der Schuldfrage, in: Dieter Breuer, Gertrude Cepl-Kaufmann (Hrsg.), Öffentlichkeit der Moderne. Die Moderne in der Öffentlichkeit. Das Rheinland 1945-1949, Essen, S. 31.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(50) Vgl. Vollnhals, S. 10.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(51) Zitiert nach ebenda, S. 53</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(52) vgl. Schöllgen, S. 40.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(53) vgl. Vollnhals, S. 85</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(54) vgl. ebenda, S. 12</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(55) vgl. ebenda, S. 37</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(56) vgl. ebenda, S. 52</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(57) vgl. ebenda, S. 62. Dieses 'Befreiungsgesetz' galt für Bayern, Baden-Württemberg, Großhessen und Bremen.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(58) Zitiert nach: ebenda, S. 72..vgl. auch im Folgenden, S. 73.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(59) Vgl. ebenda, S. 73.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(60) Vgl. ebenda, S. 104.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(61) Vgl. Schöllgen, S. 40.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(62) vgl. Vollnhals, S. 117.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(63) Vgl. Manfred Steinkühler, Der deutsch-französische Vertrag von 1963, S. 67</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(64) ebenda, S. 127. Das Ausland (so zum Beispiel de Gaulle) reagierte auf die Kanzlerschaft von Kiesinger nicht mit Unbehaben, im Gegenteil, war das 'gemeinsame Interesse an der Abwehr der kommunistischen Bedrohung förderlicher' (ebenda, S. 136) als alle aus der Vergangenheit Unverständnis, ja Abscheu erregenden Naziaktivitäten.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(65) Vgl. Günter von Norden, Der schwierige Neubeginn, Bovenden, 1996, S. 12.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(66) Vgl. ebenda, S. 17.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(67) Vgl. Vollnhals, S. 284f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(68) vgl. auch im Folgenden, Schöllgen, S. 31f.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(69) vgl. ebenda, S. 33.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(70) Vgl. ebenda, S. 33.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(71) Vgl. Vollnhals. S. 100.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(72) Vgl. Schöllgen, S. 36.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(73) Vgl. ebenda, S. 38, Bell trat für die Freilassung von den Generalfeldmarschällen von Rundstetd und Manstein ein.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(74) Vgl. Misalla, S. 190.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(75) Vgl. Anmerkung 29.</span></p> <p class="anmerkung"><span style="font-size: 18px;">(76) Vgl. Anmerkung 14.</span></p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> <p class="anmerkung"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> per giustizia, liberta&#039;, intesa tra popoli e razze 2013-04-05T16:27:47+02:00 2013-04-05T16:27:47+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/176-per-giustizia-liberta-intesa-tra-popoli-e-razze Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Hans Deichmann</span></div> <p class="standard"> </p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Nel febbraio-marzo 1941 la IGFarben, massima industria chimica tedesca e una delle più grandi del mondo, con circa 300.000 dipendenti, aveva avviato la costruzione di un enorme impianto di produzione di propellenti e di combustibili ad Auschwitz-Monowitz, con scopi chiaramente bellici e grande impegno del regime nazista, nonché della direzione della IGFarben – nella speranza di grandi profitti. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Il vero problema, per i nazisti, era la disponibilità di mano d'opera per la costruzione: dei lavoratori polacchi ci si fidava poco, i "volontari" belgi, olandesi, ecc., erano insufficienti, i "forzati" del vicino campo di concentramento non mostravano rilevanti energie – oltre ad essere il campo sottoposto ad altra autorità nazista: non dipendeva da Goering, bensì da Himmler, capo di SS e Gestapo. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Il 16 marzo 1942 arrivava in treno alla stazione di Auschwitz un uomo di trentaquattro anni, tedesco, incaricato dalla IGFarben e dal plenipotenziario per l'industria chimica – il famigerato prof. Krauch – di gestire rapporti contrattuali con una serie di imprese dell'italiana Federazione Fascista Imprenditori Edili per la collaborazione alla costruzione del mega impianto. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Quando mi calai giù dal treno – il marciapiede non c'era, c'erano solo binari – mi accolse un'atmosfera che a me, renano, sembrò siberiana. Lasciai la stazione, simile a una stalla, e, come d'intesa, trovai ad attendermi l'auto della IGFarben che avrebbe dovuto portarmi al cantiere. La strada per il cantiere, circa 5 chilometri, era una via di campagna, non asfaltata. L'autista mi assicurò che tutto ciò sarebbe ben presto cambiato: come potevo notare, numerose squadre erano già al lavoro. Non avevo mai visto una cosa del genere: gruppi di detenuti in divisa a strisce da carcerato, la maggior parte con la stella gialla degli ebrei, poi SS di guardia e, inconfondibili, i 'Kapò'. Vidi uno di loro picchiare i detenuti. I carcerati erano come esseri dell'altro mondo: assenti, dolorosamente rassegnati al loro destino, la paura del peggio negli occhi. Il silenzio era spettrale: si sentiva solo il rumore degli attrezzi. Il mio autista si comportava come se tutto ciò fosse qualcosa di abituale; rispondeva però solo con cautela alle mie domande e infine si limitò a un cenno del capo allorché, indicando un camino che fumava in lontananza, gli chiesi se quello fosse un crematorio." <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=12#anmerkung(1)">(1)</a> </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Quel giovane era Hans Deichmann. Nato nel 1907, secondo figlio di una famiglia altoborghese, ebbe la prima formazione profondamente liberale dalla madre democratica, e più avanti dalla famiglia Schwarzwald a Vienna: soprattutto lei, "Fraudoktor", ebrea progressista, pioniera della formazione culturale femminile, aveva riunito intorno a sé un gruppo di giovani e di intellettuali, che d'estate frequentavano la casa di Grundelsee. C'erano, tra tanti altri, l'architetto Adolf Loos, il pianista Rudolf Serkin e altri amici coetanei come il pittore Rolf Brandt. Successivamente gli Schwarzwald furono costretti a emigrare, con l'Anschluss dell'Austria, e morirono in esilio. Hans, dopo il fallimento della banca privata di famiglia, finì gli studi di legge, si impiegò come apprendista commerciale alla IGFarben, e si sposò nel 1934 a Parigi con Dickie, una pupilla degli Schwarzwald. Due anni dopo, Freya, sorella minore di Hans, sposava un altro "allievo" degli Schwarzwald, Helmut James von Moltke, più tardi fondatore e anima del Kreisauer Kreis, uno dei gruppi più significativi della resistenza tedesca al nazismo. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Entrato alla IGFarben, Hans divenne presto, grazie a qualche conoscenza linguistica appresa in anni giovanili, procuratore per il mercato italiano; e, essendo riuscito a evitare fortunosamente l'arruolamento nell'esercito, addetto civile per l'Italia del plenipotenziario per l'industria chimica – bellica – tedesca. Vivendo dal 1942 al 1945 tra Roma e Milano, e godendo anche di tutte le bellezze che l'Italia poteva offrire in quegli anni. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dall'Italia tornò più volte a Auschwitz, anche per cercare di garantire ai "lavoratori" italiani un minimo di dignità esistenziale, ad esempio cercando di fare arrivare partite di spaghetti da 'casa'. "Le baracche in cui alloggiavano gli italiani si trovavano su una collinetta dalla quale si poteva vedere, da un lato, il gigantesco cantiere e dall'altro il campo di sterminio, come un inferno a portata di mano. I lavoratori italiani sapevano raccontare, su questo inferno, più particolari dei miei interlocutori tedeschi, perché loro, come me, volevano sapere e non avevano alcun bisogno di nascondere qualcosa." Progressivamente, i "lavoratori" diventavano sempre più "forzati": il 22 febbraio 1944 arrivò ancora un treno con cinquecento prigionieri italiani, in massima parte ebrei, raccolti nelle prigioni e nei campi ci concentramento della Repubblica di Salò. Novantasei vennero giudicati abili al lavoro, e avviati allo stabilimento IGFarben; tra loro un ventiquattrenne chimico di nome Primo Levi. Hans Deichmann e Primo Levi non si incontrarono mai, né allora né dopo la fine della guerra. Si sarebbero probabilmente intesi con uno sguardo: " ... nel cantiere mi trovai di fronte, sui gradini di cemento grezzo di una scalinata ancora incompleta, due con la stella gialla degli ebrei che portavano sulle spalle una pesante trave. Senza pensarci mi scansai per lasciarli passare. Loro si bloccarono guardandomi sgomenti, la paura dipinta in faccia: dietro quel gesto ormai dimenticato di riguardo si sarebbe potuta celare chissà quale malvagità. I loro sguardi non li dimenticherò mai." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Le visite "professionali" ad Auschwitz – furono in tutto nove, prima della fine della guerra, senza poter mai vedere da vicino il vero e proprio campo di concentramento – lo convinsero a diventare un "traditore": "tradire i nazisti voleva dire non tradire i nostri ideali di libertà e giustizia", anche se questo significava provocare centinaia o migliaia di morti tra i suoi connazionali, ma nella speranza di provocare una fine anticipata della guerra nazista, con centinaia di migliaia di morti di meno (un dubbio etico che gli rimase fino alla fine). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Come il caso della base di Peenemuende: "paura del mio informatore (un responsabile di Auschwitz/Monowitz, ndr), quando mi parlò dell'avvio a Peenemuende della produzione della 'V1', l'arma miracolosa' di Hitler, cioè i primi missili a lungo raggio, e paura anche della mia immediata decisione di trasmettere al più presto questa notizia in Inghilterra, tramite il Vaticano. Non c'era che una cosa da fare: dare il mio contributo a che la disfatta dei nazisti fosse quanto più rapida possibile, impedendo che la guerra fosse prolungata grazie a 'armi miracolose' e simili." Una nobildonna romana, un "monsignore" del Vaticano, un messaggio di ritorno ("la valigia è stata vuotata"), ed era fatto – salvo che il monsignore, finita la guerra, ebbe a dire che non ricordava proprio niente, e probabilmente si era trattato di un malinteso! </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Come tanti altri casi della sua attività con la Resistenza, con "Giustizia e Libertà": cose rilevanti, nell'impedire – inventando e boicottando un censimento – la deportazione in campi di lavoro (!) dell'intera popolazione maschile di Roma dopo l'attentato di via Rasella, nel trasmettere ai partigiani e agli alleati l'elenco dei ponti ricostruiti – e che curiosamente subivano nuovi attentati o bombardamenti il giorno dopo –, e cose più "divertenti", come portar via da una casa di noti antifascisti milanesi – l'architetto Giuseppe (Bepi) De Finetti, allievo e amico di Loos – partigiani ricercati, grazie a un portone secondario e alla macchina di servizio ... tedesca. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dopo il 25 aprile 1945, protetto, assistito, accompagnato dagli amici di "Giustizia e Libertà" ( che temevano per la sua incolumità di "tedesco"), volle tornare in patria. Il viaggio fu difficile, iniziato con una bicicletta del CLNAI, fermato in un campo di concentramento a Bolzano, proseguito con mezzi di fortuna e clandestinità su carri merci; l'impatto con il paese, peggio. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In una lettera/rapporto agli amici, con data 29 settembre 1945, scrive tra l'altro: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Finora gli americani hanno gravemente deluso le attese che erano state riposte in loro. Tutto quanto vado ora a riferire non deve dare l'impressione che i miei amici e io vogliamo formulare un giudizio definitivo sugli americani e sui loro metodi. Nemmeno per un attimo dimentichiamo a chi dobbiamo l'abisso in cui ci troviamo, ma siamo addolorati che si disperdano tanti beni preziosi, materiali e spirituali, che si trasformi volontariamente tanto credito in discredito, che la nostra stessa malattia abbia talmente contagiato il resto del mondo. Gli americani che oggi 'regnano' da noi, li ho battezzati 'the nazis from overseas'. Sono ingenui, diffidenti, paurosi, privi di pensiero, spesso brutali e sempre imprevedibili (perciò talvolta anche disponibili ad aiutare). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Il peggio sono i campi di prigionia. Grazie al cielo sembrano finalmente cessati gli eccessi dei primi tempi, con l'intervento di alcuni tedeschi che per circostanze fortunate sono riusciti a farsi ascoltare, in particolare le chiese cattolica ed evangelica. In questi campi si maltrattava e torturava a morte. I lazzaretti (a.e. quello nella nostra cittadina) sono pieni di soldati rilasciati dai campi in stato di totale denutrizione, molti sono morti di fame nei campi. La Convenzione di Ginevra è un ricordo da libri di scuola ingialliti. Ci sono in proposito rapporti precisi, amici miei hanno interrogato persone affidabili che venivano da questi campi. Ne ho parlato con prigionieri italiani venuti come lavoratori forzati, con gli americani, dall'Africa attraverso la Francia fino in Germania, e riferiscono come già in Africa la Convenzione di Ginevra fosse ignorata. Anche là il metodo preferito pare fosse il far morire di fame. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Indipendentemente dalla disumanità in sé, si possono immaginare gli effetti di questi orrori sulla popolazione, in particolare quella di orientamento nazista: 'ci accusano per i campi di concentramento, ma gli americani fanno esattamente la stessa cosa'. Opporsi a questi argomenti e ricordare sempre le dimensioni dei delitti nazisti, è compito quotidiano, e difficile. (...) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Inutile dire che gli inglesi sono ben lontani dal comportarsi in modo analogo; tutti i prigionieri che vengono dai campi inglesi lodano il trattamento certo severo, ma assolutamente corretto e umano. Anche dai campi russi non si hanno notizie negative." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ancora, sul tema fondamentale per la Germania del dopoguerra della denazificazione: "al centro dell'interesse, sia da parte americana che da parte tedesca, c'è oggi la denazificazione. Sarebbe prematuro dare su questo, oggi, un giudizio almeno tendenzialmente definitivo. Nei primi mesi gli americani non hanno fatto praticamente nulla, ma da metà luglio sono diventati vieppiù radicali: ormai la regola è che chi ha avuto posizioni rilevanti nell'amministrazione o nell'economia prima del 1.5.1937, deve scomparire. I licenziamenti sono in corso, in pieno corso. Inoltre, viene licenziato chiunque sia stato in qualsiasi forma attivista, e questa decisione si estende – per fortuna – ai non membri del partito nazista. Mi sto occupando attivamente di questo problema, e da una istituzione americana (anche se non decisiva) mi è stato richiesto un memorandum in proposito." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Per quanto riguarda arti, scienze e formazione, molti tentativi sono in corso, ma nulla si può ancora dire al di là della riapertura delle scuole elementari e dell'organizzazione di qualche concerto." Per il resto " abbiamo sempre la spada di Damocle che le raccolte dei Musei siano considerate parte di restituzione dei danni di guerra," Ancora, sui connazionali: " Per quanto riguarda l'atteggiamento mentale dei tedeschi, l'impressione è prevedibilmente negativa. Come dicevo, la mentalità nazista è tutt'ora molto viva: purtroppo, visione del mondo nazista e relative prese di posizione sono rafforzate da quello che accade in questo momento. Da parte degli americani, la scelta dei tedeschi da mettere in posizioni amministrative rilevanti, avviene solo in negativo: non appartenenza al partito, non attivisti, non della classe degli Junker. Unici elementi positivi il transito da campi di concentramento o un passato da 'vittime del nazismo', non importa per quale motivo." "La gente che oggi occupa le posizioni di governo è tutta del periodo pre-nazista, e troppo vecchia: il primo ictus trova posto nel documento di abilitazione..." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fin dai primi momenti, i motivi di una terribile delusione. Hans Deichmann tornava in Germania con la speranza – certo alimentata dai rapporti con persone della resistenza italiana – di una "ricostruzione" veramente democratica, giusta, liberale nel senso profondo. Una Germania nuova, parte di una Europa nuova nel senso inteso dal cognato Helmut James von Moltke <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=12#anmerkung(2)">(2)</a>, una Germania assolutamente non pre-nazista ma capace di mettere a disposizione la propria grande cultura al servizio di un mondo nuovo, europeo ma ancora più: profondamente cosmopolita ; questo era il suo sogno. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Sogno che tentò di realizzare. Creò, insieme a Willy Hartner, professore di storia delle scienze e di sinologia, amico intimo dai primi anni della guerra, il Forum Academicum – un progetto di rivitalizzazione democratica dell'università di Francoforte, avviato con enormi difficoltà, dai cartoni alle finestre alle candele come unico elemento di luce . "Era un ciclo di conferenze e di discussioni durato tre inverni, sui temi del recente passato e del futuro da costruire. Nonostante l'assenza di riscaldamento c'erano sempre dalla 500 alle 700 persone." Lavorò a una radio sotto controllo americano, gli fu affidato anche il ruolo di presidente di un tribunale periferico di denazificazione (Spruchkammer) in cui condannò esponenti noti del mondo economico, salvo poi vederseli sistematicamente assolvere dall'istanza d'appello di Francoforte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Tutto inutile. Non c'era spazio nella Germania di allora – e Hans Deichmann cercò invano spazi nel mondo europeo degli anni successivi – per un mondo in cui potessero vivere il liberalismo vero, la giustizia, il rispetto per l'individuo a qualunque classe, razza, partito appartenessero. La Germania dei primi anni del dopoguerra era sotto il controllo degli americani, con il semplicismo della loro democrazia, alleati con i pre-nazisti, avversari di qualsiasi vero progresso etico, sociale e civile. Ricostruire voleva dire restaurare. (La restaurazione tedesca tentò perfino di attribuire a Hans Deichmann un ruolo di partecipazione al nazismo; si cercò di arrivare al processo: l'accusa crollò, ovviamente, subito, ma contribuì alla nausea di Hans.) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Così, tre anni dopo il difficile ritorno in Germania, Hans Deichmann decise di accettare la proposta di amici italiani, di amicizie conquistate negli anni più duri della permanenza in Italia durante la guerra, di fondare con loro una società commerciale per la importazione e vendita di prodotti chimici della ormai ex-IGFarben in Italia. Decise di trasferire l'intera famiglia in un altro paese, e di fare – l'espressione è sua – il "lurido commerciante". "A fine 1948 decisi di emigrare in Italia e di rinunciare al progetto di riuscire a nutrirmi in Germania da intellettuale; avevo la profonda consapevolezza di non essere più in grado di collaborare alla costruzione di una nuova società, in qualche modo corrispondente alle mie convinzioni." L'Italia diventò così la seconda, amata, patria. In momenti di confidenza, si definiva "profugo da Adenauer", da quella schifosa commistione tra vecchi collaborazionisti del nazismo e vincitori occupanti, ignoranti e arroganti. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Intelligente, capace, abile nelle relazioni (l'aveva già dimostrato negli anni della guerra), guidò al successo economico anche la società che aveva contribuito a fondare. Ma non dimenticò mai il proprio percorso, non dimenticò mai i propri dubbi ("forse non ho fatto abbastanza, forse ho pensato troppo alla mia pelle"). Ebbe per questo, non certo per protagonismo, la capacità di raccontare la propria storia: cominciò a scrivere, richiesto da amici, dopo essere andato in pensione. Storicamente preciso, anche sulla base dei taccuini che aveva sempre conservato ("Sono un uomo ordinato: essere ordinati vuol dire aver più tempo per vivere.") Scrisse in un tedesco, amata lingua madre, straordinario, ironico, sempre efficace; con traduzioni italiane non sempre altrettanto precise – gli rimase qualche marginale difficoltà con la lingua, ad esempio non volle mai convincersi che in italiano 'volpe' era, al contrario del tedesco Fuchs, femminile; ha sempre detto 'il volpe'. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Volle aiutare, stando in disparte, persone e movimenti – alla fine poi soprattutto comunisti – che in qualche modo con la sua storia avevano a che fare. Sviluppo ecocompatibile, formazione dei giovani, dignità sociale di tutte le persone, musica – quella musica che non cessò mai di amare –, per tutto questo Hans Deichmann creò anche una fondazione – che non casualmente non porta il suo nome. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nel 1996, a seguito della pubblicazione del suo libro di ricordi (H.D., Gegenstaende / Oggetti, Scheiwiller, Milano 1995) gli venne conferito a Monaco di Baviera il premio Scholl/Rosa Bianca: nell'aula magna dell'università, presenti autorità di ogni tipo, a quasi novant'anni, riuscì a dare ancora risposte taglienti, spiazzanti. Ancora "fuori dal quadro", non omologabile a festeggiamenti ufficiali, al "potere". </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nella totale pretesa di considerazione del proprio percorso – da individualista e liberale assoluto – Hans Deichmann ha sempre avuto il massimo rispetto e affetto per tutti quelli che hanno fatto un percorso in qualche modo parallelo al suo, partendo da posizioni anche profondamente diverse. E loro l'ebbero per lui. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Avrebbe potuto fare sua una massima di Montesquieu: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Se conoscessi qualcosa che desse vantaggio a me, ma detrimento alla mia famiglia, me lo scaccerei dalla testa. Se conoscessi qualcosa che desse vantaggio a me e alla mia famiglia, ma fosse di detrimento alla mia patria, lo vorrei dimenticare.. Se conoscessi qualcosa che fosse di vantaggio a me e alla mia patria, ma di detrimento all'Europa, o di vantaggio anche all'Europa ma a danno dell'umanità, lo disprezzerei come un delitto." <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=12#anmerkung(3)">(3)</a></span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(1)"></a><span style="font-size: 18px;">(1) Informazioni, date, citazioni, sono tratte ovviamente da ricordi personali – i rari racconti di un padre a un figlio, e i quasi clandestini ascolti del figlio stesso, curioso, i racconti di mia madre e di mia zia Freya von Moltke – e inoltre da * carte dell'archivio personale di Hans Deichmann, spesso in versione bilingue (tedesco e italiano ) * Gegenstaende/Oggetti, Scheiwiller, Milano,1995 (edizione originale bilingue) * Monowitz – Ein Tatort – Hessischer Rundfunk – 2001 – documentario televisivo costruito attorno anche a un'ampia intervista con Hans Deichmann</span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(2)"></a><span style="font-size: 18px;">(2) Esiste un'ampia bibliografia in proposito; recentemente, e per ora disponibile solo in tedesco, è uscito Karl Heinz Roth / Angelika Ebbinghaus, Rote Kapellen – Kreisauer Kreise – Schwarze Kapellen. VSA Hamburg 2004 – libro importante e ...dedicato a Hans Deichmann</span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(3)"></a><span style="font-size: 18px;">(3) La citazione mi è stata suggerita da un caro amico greco: il giro delle traduzioni non garantisce l'esatta corrispondenza all'originale.</span></p> <hr /> <p><span style="font-size: 18px;">Mathias Deichmann: <a href="mailto:mathias.de@libero.it">mathias.de@libero.it</a></span></p> <p> </p> <p> </p> <p> </p> <p> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Hans Deichmann</span></div> <p class="standard"> </p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Nel febbraio-marzo 1941 la IGFarben, massima industria chimica tedesca e una delle più grandi del mondo, con circa 300.000 dipendenti, aveva avviato la costruzione di un enorme impianto di produzione di propellenti e di combustibili ad Auschwitz-Monowitz, con scopi chiaramente bellici e grande impegno del regime nazista, nonché della direzione della IGFarben – nella speranza di grandi profitti. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Il vero problema, per i nazisti, era la disponibilità di mano d'opera per la costruzione: dei lavoratori polacchi ci si fidava poco, i "volontari" belgi, olandesi, ecc., erano insufficienti, i "forzati" del vicino campo di concentramento non mostravano rilevanti energie – oltre ad essere il campo sottoposto ad altra autorità nazista: non dipendeva da Goering, bensì da Himmler, capo di SS e Gestapo. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Il 16 marzo 1942 arrivava in treno alla stazione di Auschwitz un uomo di trentaquattro anni, tedesco, incaricato dalla IGFarben e dal plenipotenziario per l'industria chimica – il famigerato prof. Krauch – di gestire rapporti contrattuali con una serie di imprese dell'italiana Federazione Fascista Imprenditori Edili per la collaborazione alla costruzione del mega impianto. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Quando mi calai giù dal treno – il marciapiede non c'era, c'erano solo binari – mi accolse un'atmosfera che a me, renano, sembrò siberiana. Lasciai la stazione, simile a una stalla, e, come d'intesa, trovai ad attendermi l'auto della IGFarben che avrebbe dovuto portarmi al cantiere. La strada per il cantiere, circa 5 chilometri, era una via di campagna, non asfaltata. L'autista mi assicurò che tutto ciò sarebbe ben presto cambiato: come potevo notare, numerose squadre erano già al lavoro. Non avevo mai visto una cosa del genere: gruppi di detenuti in divisa a strisce da carcerato, la maggior parte con la stella gialla degli ebrei, poi SS di guardia e, inconfondibili, i 'Kapò'. Vidi uno di loro picchiare i detenuti. I carcerati erano come esseri dell'altro mondo: assenti, dolorosamente rassegnati al loro destino, la paura del peggio negli occhi. Il silenzio era spettrale: si sentiva solo il rumore degli attrezzi. Il mio autista si comportava come se tutto ciò fosse qualcosa di abituale; rispondeva però solo con cautela alle mie domande e infine si limitò a un cenno del capo allorché, indicando un camino che fumava in lontananza, gli chiesi se quello fosse un crematorio." <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=12#anmerkung(1)">(1)</a> </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Quel giovane era Hans Deichmann. Nato nel 1907, secondo figlio di una famiglia altoborghese, ebbe la prima formazione profondamente liberale dalla madre democratica, e più avanti dalla famiglia Schwarzwald a Vienna: soprattutto lei, "Fraudoktor", ebrea progressista, pioniera della formazione culturale femminile, aveva riunito intorno a sé un gruppo di giovani e di intellettuali, che d'estate frequentavano la casa di Grundelsee. C'erano, tra tanti altri, l'architetto Adolf Loos, il pianista Rudolf Serkin e altri amici coetanei come il pittore Rolf Brandt. Successivamente gli Schwarzwald furono costretti a emigrare, con l'Anschluss dell'Austria, e morirono in esilio. Hans, dopo il fallimento della banca privata di famiglia, finì gli studi di legge, si impiegò come apprendista commerciale alla IGFarben, e si sposò nel 1934 a Parigi con Dickie, una pupilla degli Schwarzwald. Due anni dopo, Freya, sorella minore di Hans, sposava un altro "allievo" degli Schwarzwald, Helmut James von Moltke, più tardi fondatore e anima del Kreisauer Kreis, uno dei gruppi più significativi della resistenza tedesca al nazismo. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Entrato alla IGFarben, Hans divenne presto, grazie a qualche conoscenza linguistica appresa in anni giovanili, procuratore per il mercato italiano; e, essendo riuscito a evitare fortunosamente l'arruolamento nell'esercito, addetto civile per l'Italia del plenipotenziario per l'industria chimica – bellica – tedesca. Vivendo dal 1942 al 1945 tra Roma e Milano, e godendo anche di tutte le bellezze che l'Italia poteva offrire in quegli anni. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dall'Italia tornò più volte a Auschwitz, anche per cercare di garantire ai "lavoratori" italiani un minimo di dignità esistenziale, ad esempio cercando di fare arrivare partite di spaghetti da 'casa'. "Le baracche in cui alloggiavano gli italiani si trovavano su una collinetta dalla quale si poteva vedere, da un lato, il gigantesco cantiere e dall'altro il campo di sterminio, come un inferno a portata di mano. I lavoratori italiani sapevano raccontare, su questo inferno, più particolari dei miei interlocutori tedeschi, perché loro, come me, volevano sapere e non avevano alcun bisogno di nascondere qualcosa." Progressivamente, i "lavoratori" diventavano sempre più "forzati": il 22 febbraio 1944 arrivò ancora un treno con cinquecento prigionieri italiani, in massima parte ebrei, raccolti nelle prigioni e nei campi ci concentramento della Repubblica di Salò. Novantasei vennero giudicati abili al lavoro, e avviati allo stabilimento IGFarben; tra loro un ventiquattrenne chimico di nome Primo Levi. Hans Deichmann e Primo Levi non si incontrarono mai, né allora né dopo la fine della guerra. Si sarebbero probabilmente intesi con uno sguardo: " ... nel cantiere mi trovai di fronte, sui gradini di cemento grezzo di una scalinata ancora incompleta, due con la stella gialla degli ebrei che portavano sulle spalle una pesante trave. Senza pensarci mi scansai per lasciarli passare. Loro si bloccarono guardandomi sgomenti, la paura dipinta in faccia: dietro quel gesto ormai dimenticato di riguardo si sarebbe potuta celare chissà quale malvagità. I loro sguardi non li dimenticherò mai." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Le visite "professionali" ad Auschwitz – furono in tutto nove, prima della fine della guerra, senza poter mai vedere da vicino il vero e proprio campo di concentramento – lo convinsero a diventare un "traditore": "tradire i nazisti voleva dire non tradire i nostri ideali di libertà e giustizia", anche se questo significava provocare centinaia o migliaia di morti tra i suoi connazionali, ma nella speranza di provocare una fine anticipata della guerra nazista, con centinaia di migliaia di morti di meno (un dubbio etico che gli rimase fino alla fine). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Come il caso della base di Peenemuende: "paura del mio informatore (un responsabile di Auschwitz/Monowitz, ndr), quando mi parlò dell'avvio a Peenemuende della produzione della 'V1', l'arma miracolosa' di Hitler, cioè i primi missili a lungo raggio, e paura anche della mia immediata decisione di trasmettere al più presto questa notizia in Inghilterra, tramite il Vaticano. Non c'era che una cosa da fare: dare il mio contributo a che la disfatta dei nazisti fosse quanto più rapida possibile, impedendo che la guerra fosse prolungata grazie a 'armi miracolose' e simili." Una nobildonna romana, un "monsignore" del Vaticano, un messaggio di ritorno ("la valigia è stata vuotata"), ed era fatto – salvo che il monsignore, finita la guerra, ebbe a dire che non ricordava proprio niente, e probabilmente si era trattato di un malinteso! </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Come tanti altri casi della sua attività con la Resistenza, con "Giustizia e Libertà": cose rilevanti, nell'impedire – inventando e boicottando un censimento – la deportazione in campi di lavoro (!) dell'intera popolazione maschile di Roma dopo l'attentato di via Rasella, nel trasmettere ai partigiani e agli alleati l'elenco dei ponti ricostruiti – e che curiosamente subivano nuovi attentati o bombardamenti il giorno dopo –, e cose più "divertenti", come portar via da una casa di noti antifascisti milanesi – l'architetto Giuseppe (Bepi) De Finetti, allievo e amico di Loos – partigiani ricercati, grazie a un portone secondario e alla macchina di servizio ... tedesca. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dopo il 25 aprile 1945, protetto, assistito, accompagnato dagli amici di "Giustizia e Libertà" ( che temevano per la sua incolumità di "tedesco"), volle tornare in patria. Il viaggio fu difficile, iniziato con una bicicletta del CLNAI, fermato in un campo di concentramento a Bolzano, proseguito con mezzi di fortuna e clandestinità su carri merci; l'impatto con il paese, peggio. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">In una lettera/rapporto agli amici, con data 29 settembre 1945, scrive tra l'altro: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Finora gli americani hanno gravemente deluso le attese che erano state riposte in loro. Tutto quanto vado ora a riferire non deve dare l'impressione che i miei amici e io vogliamo formulare un giudizio definitivo sugli americani e sui loro metodi. Nemmeno per un attimo dimentichiamo a chi dobbiamo l'abisso in cui ci troviamo, ma siamo addolorati che si disperdano tanti beni preziosi, materiali e spirituali, che si trasformi volontariamente tanto credito in discredito, che la nostra stessa malattia abbia talmente contagiato il resto del mondo. Gli americani che oggi 'regnano' da noi, li ho battezzati 'the nazis from overseas'. Sono ingenui, diffidenti, paurosi, privi di pensiero, spesso brutali e sempre imprevedibili (perciò talvolta anche disponibili ad aiutare). </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Il peggio sono i campi di prigionia. Grazie al cielo sembrano finalmente cessati gli eccessi dei primi tempi, con l'intervento di alcuni tedeschi che per circostanze fortunate sono riusciti a farsi ascoltare, in particolare le chiese cattolica ed evangelica. In questi campi si maltrattava e torturava a morte. I lazzaretti (a.e. quello nella nostra cittadina) sono pieni di soldati rilasciati dai campi in stato di totale denutrizione, molti sono morti di fame nei campi. La Convenzione di Ginevra è un ricordo da libri di scuola ingialliti. Ci sono in proposito rapporti precisi, amici miei hanno interrogato persone affidabili che venivano da questi campi. Ne ho parlato con prigionieri italiani venuti come lavoratori forzati, con gli americani, dall'Africa attraverso la Francia fino in Germania, e riferiscono come già in Africa la Convenzione di Ginevra fosse ignorata. Anche là il metodo preferito pare fosse il far morire di fame. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Indipendentemente dalla disumanità in sé, si possono immaginare gli effetti di questi orrori sulla popolazione, in particolare quella di orientamento nazista: 'ci accusano per i campi di concentramento, ma gli americani fanno esattamente la stessa cosa'. Opporsi a questi argomenti e ricordare sempre le dimensioni dei delitti nazisti, è compito quotidiano, e difficile. (...) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Inutile dire che gli inglesi sono ben lontani dal comportarsi in modo analogo; tutti i prigionieri che vengono dai campi inglesi lodano il trattamento certo severo, ma assolutamente corretto e umano. Anche dai campi russi non si hanno notizie negative." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Ancora, sul tema fondamentale per la Germania del dopoguerra della denazificazione: "al centro dell'interesse, sia da parte americana che da parte tedesca, c'è oggi la denazificazione. Sarebbe prematuro dare su questo, oggi, un giudizio almeno tendenzialmente definitivo. Nei primi mesi gli americani non hanno fatto praticamente nulla, ma da metà luglio sono diventati vieppiù radicali: ormai la regola è che chi ha avuto posizioni rilevanti nell'amministrazione o nell'economia prima del 1.5.1937, deve scomparire. I licenziamenti sono in corso, in pieno corso. Inoltre, viene licenziato chiunque sia stato in qualsiasi forma attivista, e questa decisione si estende – per fortuna – ai non membri del partito nazista. Mi sto occupando attivamente di questo problema, e da una istituzione americana (anche se non decisiva) mi è stato richiesto un memorandum in proposito." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Per quanto riguarda arti, scienze e formazione, molti tentativi sono in corso, ma nulla si può ancora dire al di là della riapertura delle scuole elementari e dell'organizzazione di qualche concerto." Per il resto " abbiamo sempre la spada di Damocle che le raccolte dei Musei siano considerate parte di restituzione dei danni di guerra," Ancora, sui connazionali: " Per quanto riguarda l'atteggiamento mentale dei tedeschi, l'impressione è prevedibilmente negativa. Come dicevo, la mentalità nazista è tutt'ora molto viva: purtroppo, visione del mondo nazista e relative prese di posizione sono rafforzate da quello che accade in questo momento. Da parte degli americani, la scelta dei tedeschi da mettere in posizioni amministrative rilevanti, avviene solo in negativo: non appartenenza al partito, non attivisti, non della classe degli Junker. Unici elementi positivi il transito da campi di concentramento o un passato da 'vittime del nazismo', non importa per quale motivo." "La gente che oggi occupa le posizioni di governo è tutta del periodo pre-nazista, e troppo vecchia: il primo ictus trova posto nel documento di abilitazione..." </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Fin dai primi momenti, i motivi di una terribile delusione. Hans Deichmann tornava in Germania con la speranza – certo alimentata dai rapporti con persone della resistenza italiana – di una "ricostruzione" veramente democratica, giusta, liberale nel senso profondo. Una Germania nuova, parte di una Europa nuova nel senso inteso dal cognato Helmut James von Moltke <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=12#anmerkung(2)">(2)</a>, una Germania assolutamente non pre-nazista ma capace di mettere a disposizione la propria grande cultura al servizio di un mondo nuovo, europeo ma ancora più: profondamente cosmopolita ; questo era il suo sogno. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Sogno che tentò di realizzare. Creò, insieme a Willy Hartner, professore di storia delle scienze e di sinologia, amico intimo dai primi anni della guerra, il Forum Academicum – un progetto di rivitalizzazione democratica dell'università di Francoforte, avviato con enormi difficoltà, dai cartoni alle finestre alle candele come unico elemento di luce . "Era un ciclo di conferenze e di discussioni durato tre inverni, sui temi del recente passato e del futuro da costruire. Nonostante l'assenza di riscaldamento c'erano sempre dalla 500 alle 700 persone." Lavorò a una radio sotto controllo americano, gli fu affidato anche il ruolo di presidente di un tribunale periferico di denazificazione (Spruchkammer) in cui condannò esponenti noti del mondo economico, salvo poi vederseli sistematicamente assolvere dall'istanza d'appello di Francoforte. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Tutto inutile. Non c'era spazio nella Germania di allora – e Hans Deichmann cercò invano spazi nel mondo europeo degli anni successivi – per un mondo in cui potessero vivere il liberalismo vero, la giustizia, il rispetto per l'individuo a qualunque classe, razza, partito appartenessero. La Germania dei primi anni del dopoguerra era sotto il controllo degli americani, con il semplicismo della loro democrazia, alleati con i pre-nazisti, avversari di qualsiasi vero progresso etico, sociale e civile. Ricostruire voleva dire restaurare. (La restaurazione tedesca tentò perfino di attribuire a Hans Deichmann un ruolo di partecipazione al nazismo; si cercò di arrivare al processo: l'accusa crollò, ovviamente, subito, ma contribuì alla nausea di Hans.) </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Così, tre anni dopo il difficile ritorno in Germania, Hans Deichmann decise di accettare la proposta di amici italiani, di amicizie conquistate negli anni più duri della permanenza in Italia durante la guerra, di fondare con loro una società commerciale per la importazione e vendita di prodotti chimici della ormai ex-IGFarben in Italia. Decise di trasferire l'intera famiglia in un altro paese, e di fare – l'espressione è sua – il "lurido commerciante". "A fine 1948 decisi di emigrare in Italia e di rinunciare al progetto di riuscire a nutrirmi in Germania da intellettuale; avevo la profonda consapevolezza di non essere più in grado di collaborare alla costruzione di una nuova società, in qualche modo corrispondente alle mie convinzioni." L'Italia diventò così la seconda, amata, patria. In momenti di confidenza, si definiva "profugo da Adenauer", da quella schifosa commistione tra vecchi collaborazionisti del nazismo e vincitori occupanti, ignoranti e arroganti. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Intelligente, capace, abile nelle relazioni (l'aveva già dimostrato negli anni della guerra), guidò al successo economico anche la società che aveva contribuito a fondare. Ma non dimenticò mai il proprio percorso, non dimenticò mai i propri dubbi ("forse non ho fatto abbastanza, forse ho pensato troppo alla mia pelle"). Ebbe per questo, non certo per protagonismo, la capacità di raccontare la propria storia: cominciò a scrivere, richiesto da amici, dopo essere andato in pensione. Storicamente preciso, anche sulla base dei taccuini che aveva sempre conservato ("Sono un uomo ordinato: essere ordinati vuol dire aver più tempo per vivere.") Scrisse in un tedesco, amata lingua madre, straordinario, ironico, sempre efficace; con traduzioni italiane non sempre altrettanto precise – gli rimase qualche marginale difficoltà con la lingua, ad esempio non volle mai convincersi che in italiano 'volpe' era, al contrario del tedesco Fuchs, femminile; ha sempre detto 'il volpe'. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Volle aiutare, stando in disparte, persone e movimenti – alla fine poi soprattutto comunisti – che in qualche modo con la sua storia avevano a che fare. Sviluppo ecocompatibile, formazione dei giovani, dignità sociale di tutte le persone, musica – quella musica che non cessò mai di amare –, per tutto questo Hans Deichmann creò anche una fondazione – che non casualmente non porta il suo nome. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nel 1996, a seguito della pubblicazione del suo libro di ricordi (H.D., Gegenstaende / Oggetti, Scheiwiller, Milano 1995) gli venne conferito a Monaco di Baviera il premio Scholl/Rosa Bianca: nell'aula magna dell'università, presenti autorità di ogni tipo, a quasi novant'anni, riuscì a dare ancora risposte taglienti, spiazzanti. Ancora "fuori dal quadro", non omologabile a festeggiamenti ufficiali, al "potere". </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Nella totale pretesa di considerazione del proprio percorso – da individualista e liberale assoluto – Hans Deichmann ha sempre avuto il massimo rispetto e affetto per tutti quelli che hanno fatto un percorso in qualche modo parallelo al suo, partendo da posizioni anche profondamente diverse. E loro l'ebbero per lui. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Avrebbe potuto fare sua una massima di Montesquieu: </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">"Se conoscessi qualcosa che desse vantaggio a me, ma detrimento alla mia famiglia, me lo scaccerei dalla testa. Se conoscessi qualcosa che desse vantaggio a me e alla mia famiglia, ma fosse di detrimento alla mia patria, lo vorrei dimenticare.. Se conoscessi qualcosa che fosse di vantaggio a me e alla mia patria, ma di detrimento all'Europa, o di vantaggio anche all'Europa ma a danno dell'umanità, lo disprezzerei come un delitto." <a href="https://stiftung-sozialgeschichte.de/webseite_alt/index.php?selection=17&amp;zeigebeitrag=12#anmerkung(3)">(3)</a></span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(1)"></a><span style="font-size: 18px;">(1) Informazioni, date, citazioni, sono tratte ovviamente da ricordi personali – i rari racconti di un padre a un figlio, e i quasi clandestini ascolti del figlio stesso, curioso, i racconti di mia madre e di mia zia Freya von Moltke – e inoltre da * carte dell'archivio personale di Hans Deichmann, spesso in versione bilingue (tedesco e italiano ) * Gegenstaende/Oggetti, Scheiwiller, Milano,1995 (edizione originale bilingue) * Monowitz – Ein Tatort – Hessischer Rundfunk – 2001 – documentario televisivo costruito attorno anche a un'ampia intervista con Hans Deichmann</span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(2)"></a><span style="font-size: 18px;">(2) Esiste un'ampia bibliografia in proposito; recentemente, e per ora disponibile solo in tedesco, è uscito Karl Heinz Roth / Angelika Ebbinghaus, Rote Kapellen – Kreisauer Kreise – Schwarze Kapellen. VSA Hamburg 2004 – libro importante e ...dedicato a Hans Deichmann</span></p> <p class="anmerkung"><a name="anmerkung(3)"></a><span style="font-size: 18px;">(3) La citazione mi è stata suggerita da un caro amico greco: il giro delle traduzioni non garantisce l'esatta corrispondenza all'originale.</span></p> <hr /> <p><span style="font-size: 18px;">Mathias Deichmann: <a href="mailto:mathias.de@libero.it">mathias.de@libero.it</a></span></p> <p> </p> <p> </p> <p> </p> <p> </p> </td> </tr> </tbody> </table> Geschichte einer Selbstbefreiung - Lernen in erster Person 2013-04-05T16:27:09+02:00 2013-04-05T16:27:09+02:00 https://stiftung-sozialgeschichte.de/index.php/en/beitraege/87-zeitschrift-archiv/94-sozial-geschichte-extra/95-beitraege/175-geschichte-einer-selbstbefreiung-lernen-in-erster-person Super User webmaster@stiftung-sozialgeschichte.de <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Eckhard Kanzow</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Kommentar zu "Vergessene Aktionen" von Helmut Kahlert</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Das was ich als Beteiligter der damaligen Bewegung (Bewegender und Bewegter) der Studenten der Ingenieur- und Höheren Fachschulen erlebt, erfahren und gelernt habe, hat mich für mein ganzes folgendes Leben geprägt: politisch, sozial, ethisch, moralisch, spirituell. Dieser Erfahrungsprozess macht einen unverzichtbar wichtigen Teil meiner Identität aus. Vielleicht besonders deshalb, weil dieser Prozess nicht geendet hat. Damit ergibt sich durch das damalige Erleben eine qualitative Dynamik, die eine lediglich retrospektivische Betrachtung/Bewertung des damaligen Geschehens verbietet. Ich weiß, daß ich mit dieser Sicht nicht allein bin. Für viele Tausende von uns war unsere Bewegung eine befreiende, radikale Wende in unserem Leben, im doppelten Sinne, als Wende radikal und das weitere Leben radikal verändernd. Eine ganze Generation von potentiellen Ingenieuren wurde für die ihnen zugedachte qualitative Nutzung in der Industrie unbrauchbar; oder statistisch rezudierend gesagt, der Industrie wurden viele tausend Ingenieure entzogen. In manchen Regionen ergriffen mehr als die Hälfte der Studenten bzw. Absolventen die erkämpfte Möglichkeit zum Wechsel an die Universität zum Beispiel ins Gewerbelehrerstudium mit dem Äquivalent des Vordiploms oder mit der neuen Hochschulreife in ganz andere Studiengänge. Viele gaben die Ingenieurausbildung auch ganz auf. Doch es wäre endgültig reduktionistisch, diese quantitativen "Phänomene" ihres qualitativen Aspektes zu berauben. Überall, wo diese Berufsflüchtlinge hingingen, sie brachten ihre starken Erfahrungen mit, ob als Gewerbelehrer, als Sozialwissenschaftler, als Entwicklungshelfer oder auch in den folgenden sozialen Bewegungen, nicht zuletzt in den Gewerkschaften. Zudem können Ingenieure mit dem "falschen" politischen Wissen und dem gestärkten Selbstbewußtsein und den erworbenen Kampferfahrungen zu Risikofaktoren für künftige industrielle Konflikte werden, wie an den marginalen (?) Erfahrungen über die partielle Verquickung zwischen den Septemberstreiks 1969 und den jobbenden bzw. streikenden Ingenieurstudenten (unbefristeter Generalstreik) spätestens zu sehen war. Risikofaktoren statt Garanten des reibungslosen industriellen Ablaufes in einer boomenden Wirtschaft...Mit Sicherheit größere Risiko- und Störfaktoren als etwa Flugblattverteiler aus den verschiedenen Gruppenansätzen angehender Akademiker vor den Fabriktoren zu Schichtwechsel. Wie anders wäre zu interpretieren, daß während des zweiten (unbefristeten) Generalstreiks, dessen Beschluss in einigen Bundesländern von den sechsten (= Examens-) Semstern separat zum "Rest" der Studentenschaft mit satter Zweidrittelmehrheit gefasst wurde, eine konzertierte Gegenaktion der Bundesregierung versucht wurde: rückgestellte Wehrpflichtige wurden eingezogen, Empfängern von Stipendien der großen Organisationen des Öffentlichen Dienstes (Post, Bahn, Militär z.B.) wurden diese ausgesetzt und ihre Streichung angedroht bis hin zu vielfältigen Versuchen, direkte paramilitärische Restriktionen zum Einsatz zu bringen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Um was es ging: Die damaligen Ingenieurschulen waren Kreationen des militärisch-industriellen Komplexes, wobei sich der Akzent deutlich in Richtung Industrie verschoben hatte. Obwohl aus Organisations- und Finanzierungsgründen "verstaatlicht", waren und blieben sie stets unter der eindeutigen Kontrolle und Steuerung der Industrie und ihrer Organisationen: Konzeption, Lehr- und Lernformen, Inhalte, Prüfungsschemata, Labore, Dozenten, praktisch alles... Als 'Anstalten des öffentlichen Rechtes' waren sie der Fachaufsicht der förderativen Kultusministerien unterstellt. Das bedeutete praktisch, nichts Wesentliches bestimmen bzw. gestalten zu können. Manche Ingenieurschulen funktionierten zumindest in einigen Fachbereichen als Selbstbedienungsläden von bestimmten Konzernen, nicht nur bei der Absolventenrekrutierung. Die Industrie (inklusive der staatlichen Organisationen wie Post und Bahn) hatten sich hier pseudostaatlich organisierte Ausbildungs- und Drillstätten zur Anzucht derjenigen Vorgesetzten geschaffen, die in Betrieben die meisten direkten Untergebenen hatten und nicht nur deshalb Schlüsselfunktionen zur reibungslosen Organisation des industriellen Verwertungsprozesses besetzen sollten. Der Schwerpunkt des 'Berufsbildes' lag deshalb darauf, mit von anderen fabrizierten Rezepten vorgegebene Probleme in vorgegebener Zeit und Qualität zu 'lösen'. Entsprechend war die Stellung der ISn 'eigenständig' usw., wie unschwer aus dem kultusministeriellen Vereinheitlichungsbeschluss von '64 zu erkennen ist: "Die ISn sind eigenständige Einrichtungen des deutschen Bildungswesens. Sie vermitteln eine, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende, höhere technische Bildung, die zu selbstständiger Tätigkeit als praktischer Ingenieur befähigt." Praktisch waren die ISn reine Konditionierungs- und Paukbetriebe. Lehrinhalte und Fachrichtungen waren nur von einem bedingten Interesse. Eine Substitutionsanalyse des IAB von damals erbrachte, daß bestensfalls ein Drittel der Absolventen in derjenigen Fachrichtung beruflich tätig wurde, für die sie formal ausgebildet worden waren. Die ISn waren gegenüber dem Rest des Bildungswesens scharf abgegrenzt nach allen Seiten, eben "eigenständig". Übergänge - welcher Art auch immer - zu Universitäten usw waren überhaupt nicht vorgesehen. Etwas mehr als die Hälfte der damaligen Studierenden, besser "Ingenieurschüler", kamen über den Volksschulabschluss mit einem zusätzlichen berufspraktischen Abschluss (i.d.R. 3 1/2 Jahre) und einer zusätzlich, parallel zu einer beruflichen Tätigkeit über mehrere Jahre Abendschule zu erwerbenden 'Fachschulreife'; weitere ca 40% der Studierenden kamen mit Mittlerer Reife und zusätzlich einem zweijährigen, industriell gelenkten Praktikum, das einer verkürzten Lehre sehr ähnlich war und in dieser Eigenschaft auch vermittelt wurde ("die Herren Praktikanten sollen sich ja nicht einbilden..."), das aber auch einer militärischen Grundausbildung häufig sehr ähnelte, wenn die Praktikanten in der Lehrwerkstatt neben den 14jährigen Lehrlingen standen, denen man noch Holzklötze unter die Füsse setzen musste, damit sie an die Schraubstöcke kamen, um dort sehr lange Wochen mit halbstumpfen Armfeilen U-Eisen zu feilen. Hatten sich die künftigen Ingenieurschüler insoweit die Eingangsvoraussetzungen für die IS erdient und zusammengeprüft und dachten oder hofften sie vielleicht, jetzt hätten sie es geschafft, durften sie sich einer Eingangsprüfung durch eben diese IS unterwerfen. Diese Prüfungsmanie setzte sich dann durch den gesamten weiteren 'Werdegang' fort und bildete das Rückgrat der Ausbildung: jedes Semester gegen Ende gab es ein Stakkato von Klausuren, den sog. Semestralen, von deren Bestehen die Versetzung ins nächste Semester abhing; Nichtbestehen hieß Wiederholung oder Rausschmiss. Ein damaliger Gewerkschaftsfunktionär nannte diesen 'praktisch orientierten', 'bewährten' Ausbildungstyp "Kadettenanstalten". Leider gibt es keine Statistik über die Selbstmordrate von Ingenieurschülern, mir sind jedoch viele Fälle bekannt... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Der "bewährte seminaristische Unterrichtsstil" war einfacher Frontalunterricht in Klassenzimmern mit festen Sitzplätzen und Anwesendheitskontrollen durch Dozenten, die ihre Vorlesungsskripte hüteten wie ihe Augäpfel. D.h. der für die Prüfungen zu paukende 'Stoff' ging durch den Filter eigener Mitschriften. Zu diesem unmenschlichen Leistungsdruck kam ein ebensolcher Zeitdruck; eine Regelwoche von 80 Aufwandsstunden war normal. Klar, daß diese Menschen nicht auf "dumme Gedanken kamen". Damit nicht genug, schlossen zumindest die Hauptabnehmer der Absolventen eigene mehrjährige Ausbildungsphasen an, bis die Ingenieure dann tatsächlich berufstätig werden konnten. Die Rückzahlungspflicht abnehmerspezifischer Stipendien erlosch i.d.R. erst nach fünf Jahren 'eigenständiger Berufstätigkeit'. Ein engerer Sackgassen- und Einbahnstrassencharakter ist kaum vorstellbar. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Als die ESG 1965 begann, in einer eigenen Studienkommission aus Studenten, Dozenten (Herr Kahlert war einer von ihnen)und Studentenpfarrern dieses Ausbildungssystem zu analysieren, beliebte Festschreibungen und gebetsmühlenähnliche Glaubensätze von "Eigenständigkeiten" und "Bewährtheiten" zu entlarven, eigene Vorstellungen in Richtung nicht nur bildungspolitischer Reformen sondern u.a. auch didaktischer Umgestaltungen zu entwickeln und insbesondere der nicht wirklich begründbaren Unmenschlichkeit der Ausbildung Namen und unabweisbare Überlegungen zu ihrer Veränderung zu geben, schlugen diese Bemühungen nicht nur im Verbändedschungel und bei den offiziell zuständigen Kultusbehörden wie eine Bombe ein. Gleichzeitig wurden sie ziemlich systematisch - zunächst über die Strukturen der Studentenorganisationen (insbesondere ESG und SVI), später zunehmend direkt - denjenigen vermittelt, die die eigentlichen Betroffenen dieses Systems waren, den Studierenden. Die Unerträglichkeiten und naheliegende Alternativen bekamen Stimme, Sprache und Argumente, wurden aneignungsfähig und zu selbstbestimmbarem und sich verselbständigendem Arbeits-, Denk- und Handlungspotential. Wenn irgendjemand aus hier nicht hinterfragten Gründen meinen zu müssen glaubte, die Folgeereignisse seien Frucht einiger weniger (ideologischen) Demagogen und Rädelsführer, so mag es an dieser Stelle genügen, darauf zu verweisen, daß sämtliche Strukturen, Funktionsträger und Vertretungen nicht nur der Studentenschaft von unten und durch freie Wahlen ausgetauscht, abgewählt und demokratisiert wurden. In einem mehrjährigen Prozess wurden sämtliche Korruptionsstrukturen in der Studentenschaft weggefetzt. Die sich entwickelnden Argumente und Alternativüberlegungen zur Gestaltung einer künftigen Bildung waren soweit von dern Basis getragen und angeeignet, daß sie auch das Gesprächs- und Verhandlungsmaraton der ersten Phase schadlos überlebten und sich ständig weiterentwickelten. Jene Phase nämlich, als mit praktisch allen Verbänden, Landtagsparteien, Kultusbürokratien und Bildungspolitikern argumentiert und verhandelt wurde, oft genug noch von den alten Funktionären, die immer häufiger ein imperatives Mandat für die Verhandlungen bekamen und darin von der Masse ihrer Studenten kontrolliert wurden. Solche Verhandlungen endeten häufig mit mehr oder minder entgegenkommenden Zusagen, die dann später stets zurückgenommen, verraten oder konterkariert worden sind. Das System dahinter, die industriellen Interessenträger wollten sich keinen Millimeter bewegen und den bewährten Zementklotz Ingenieurausbildung unangetastet lassen. Sicherlich lag in dieser Erfahrung eine der wichtigsten Wurzeln für die radikalisierende Entfaltung der eigentlichen Bewegung. Das, was die entstehende Bewegung bewegte, waren verstandene, teils selbst entwickelte und die eigene unerträgliche Situation radikal aufhebende Gedanken, Inhalte und natürlich auch Forderungen, die stets von der überwiegenden Mehrheit der Betroffenen selbst entschieden wurden: prinzipiell gleichrangige Eingangsvoraussetzungen zu einem Studium im Hochschulbereich, das horizontal und vertikal durchlässig zu sein hat; Aufhebung des unmenschlichen Zeit- und Leistungsdruckes durch eine adäquate Studienorganisation und Didaktik; Zugang zu selbstbestimmtem Lernen; Aufhebung des Einbahnstrassencharakters der Ausbildung... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Spätestens während des zweiten Streiksemesters 1969 gingen viele Studierende nicht jobben, sondern arbeiteten in Gruppen/informellen Netzen, waren Korrektiv ihrer gewählten Vertreter, machten sich die aktive Mitgestaltung ihrer künftigen Studienwirklichkeit zueigen, verfolgten und begleiteten politische Ereignisse und dachten sich zur Begleitung phantasievolle Aktionen aus. Gleichzeitig waren diese Aktiven oft eine wichtige Relaisstation in der Kommunikationskette aller Interessierter. Von hier gingen vielfach Initiativen für Schulungsaktivitäten und Seminare alternativen Inhalts aus, hier kamen auch Inhalte und Dokumente der '68er Bewegung an, mit der es sonst eher weniger Berührung gab. Praktisch wurden hier massenhaft existentielle Erfahrungen gemacht, die das diametrale Gegenteil der sattsam bekannten Ausbildungswirklichkeit darstellte und insbesondere keine Spielwiese war sondern selbstgestaltete und -kontrollierte Realität. Meine Meinung ist: in dieser Qualität radikaler Alternativerfahrung lag die eigentliche Sprengkraft der Bewegung, fand für eine Generation von 'Musterschülern der Ingenieurschulen' eine Revolution statt, die für sehr Viele lebensprägend war. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bereits die Vollversammlungen, die letztlich den Streikbeschlüssen vorausgingen, hatten sehr starke Erlebnisqualität: wenn zum erstenmal praktisch Alle da sind; wenn die bekannten Repressionsstrukturen und -figuren nicht oder kaum in Erscheinung treten, jedenfalls nicht als Machtträger in Erscheinung treten (können); das Erlebnis kollektiven Verstehens; die nie da gewesenen Ergebnisse spontaner Geldsammlungen; das Erleben erster Formen des politischen 'Wir', das gleichzeitig die repressive Einzelerfahrung in ihrer Totalität aufzuheben beginnt; das Begreifen vernünftiger, nachvollziehbarer und aneignungsfähiger Argumente und Ideen für eine alternative Studienzukunft, für ein befreiendes Lernen und gleichzeitig gegen die Irrationalität des bestehenden Systems, gegen das Gefühl der subjektiven Unfähigkeit angesichts der unaushaltbaren Repression... Oft genug waren die etablierten Studentenvertreter vom Verlauf und den Ergebnissen solcher Vollversammlungen selber völlig überrascht, vielleicht weil ein rein politisches Denken die entfesselten Kräfte nicht begreift.... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Man stelle sich vor, was ein Streikbeschluss vor dem geschilderten situativen Hintergrund bedeutet: man verweigert den "bewährten seminaristischen Unterricht", die ungeliebten Dozenten, die 80-Stunden-Woche, die Klausuren, die erzwungene Anwesendheit, die passive Gleichschaltung, die "die-Vier-ist-die-Eins-des-kleinen-Mannes"-Mentalität, die Diktatur des "Es" (Studien- und Prüfungsordnung), die chronische Gastritis, das Unterdrücken subjektiver Wünsche, das Nie-Zeit-Haben, das Konstruktionsbrett vor dem Kopf, die "McKilroy-is-watching-you"-Mentalität, die extreme soziale Isolierung, die ständig wach gehaltene Angst zu versagen, die Unterdrückung subjektiver Interessen auch ingenieurwissenschaftlicher Art... Für die Dauer des Streiks steht man neben der Einbahnstrasse und außerhalb seiner Zwänge mit Pauken und Prüfungsdruck im Namen einer möglichen besseren Zukunft. Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Streik mehr ist als ein Lohnstreik im Produktionsbetrieb, eher schon verwandt mit einem betrieblichen Streik um andere Arbeitsbedingungen und betriebliche Strukturen, auf jeden Fall etwas ziemlich Anderes als verhinderte Lehrveranstaltungen an einer Universität... Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Streik (-beschluss) in höchstem Maße existentiell ist. Auf der Risikoseite der Waage liegt die totale Infragestellung des bisherigen Horizontes beruflicher Zukunft und die Resultierende aller bisher gebrachten Opfer, praktisch ohne Alternative (Einbahnstrasse), wenn man davon absieht, daß viele auf ihre Berufsausbildung hätten zurückgreifen bzw. nach bestandenen drei Semestern sich als "Techniker" hätten bewerben können. Aber ich glaube, daß auch hier die Sprengkraft zu großen Teilen in dem Erleben der Nichtrepression und dem nunmehr Erlebbaren lag, von denen sehr Viele garnicht (mehr) wußten, wie sich das anfühlen kann. Vielleicht ähnlich wie die zeitweilig zur kulturellen Dauerpraxis entwickelte Übung betrieblicher Fehlzeiten, das sog. Blaumachen, das zwar einerseits dafür sorgte, daß große Teile der Belegschaft schlicht dem Arbeitsprozess nicht zur Verfügung stand und damit eine effektive Form der Verweigerung von Arbeit, Repression, Mehrwertproduktion usw. darstellt, andrerseits ihre eigentliche Sprengkraft und Beliebtheit aus dem bezog, was die Akteure betrieblichen Absentismussses in der betrieblichen Abwesendheit erlebten und erleben konnten! Um wieviel mehr galt das, wenn man die Streikfreizeit dazu nutzte, seine eigene Situation zu verändern (s.o.). Vielleicht fiel deshalb im zweiten Streiksemester der Beschluss des Semesterabbruchs bzw. des unbefristeten Generalstreiks so leicht? Vielleicht wollte man in das alte System nie mehr zurückkehren? Vielleicht war deshalb für viele die Ingnieurschule (unter welchem Namen auch immer) als zentraler und quasi einziger Lebensmittelpunkt nach der gelebten Bewegung nicht mehr zu etablieren? </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Diese Seiten der Geschehnisse um die Ingenieurschüler und Vergleichbarer der späten 60er Jahre nicht zu beleuchten, hieße die Geschehnisse ihrer Seele zu berauben. Vom "Druck der Strasse" zu sprechen und von bildungspolitischen Erfolgen und - vor diesem reduktionistischen Hintergrund - von Zufriedenheiten biografischer (?!) Art, scheint mir nicht möglich. Ich hoffe, ich konnte das wenigstens in Ansätzen nachvollziehbar machen. Aber selbst mit den "Erfolgen" bin ich nicht einverstanden. Sie waren beschränkt. Man gab uns angesichts des nicht mehr korrumpierbaren Aktions- und Verweigerungsdruckes und der Beständigkeit der Argumente und Forderungen seitens der Bewegung so ziemlich alles, was möglich war, um uns nicht das geben zu müssen, was man ums Verrecken nicht zulassen wollte: selbstbestimmtes Lernen in einem System horizontal und vertikal integrierten (zumindest) tertiären Bildungswesens ohne Kadettenanstalt-Charakter... Stattdessen gab man uns die Anhebung der Eingangsvoraussetzungen in Form der Mittleren Reife (oder Vergleichbares) plus ein Etwas, das man frei erfindend 'Fachoberschule' nannte (die war natürlich nie gefordert worden), um uns nicht gleiche Eingangsvoraussetzungen für alle Studienangebote im Hochschulbereich geben zu müssen. Man gab uns ein bißchen Durchlässigkeit, aber nicht horizontal: das Ing.examen wurde für universitäre Studiengänge dem Abitur und fachspezifisch dem universitären Vordiplom gleichgestellt, wobei hier noch föderative Unterschiede zu beachten waren. Man gab uns an einigen Orten etwas, was sie "Gesamthochschule" nannten, aber nicht anderes als ein Programm zum Abbau der Verwaltungskosten und Vereinfachung von Strukturen war. An den Studiengängen wurde mancherorts anfangs etwas gearbeitet (unter Einbeziehung eines Teils des aktiven Studentenpotentials und damit ihre Kräfte bindend), Praxissemester wurden integriert, die Ausbildungszeit dadurch auf acht Semester "angehoben". Die Dozenten wurden in die C-Besoldung übernommen und durften sich nunmehr mit dem Professorentitel schmücken, die Absolventen erhielten den Titel 'Diplomingenieur (grad.)' oder 'Diplomingenieur (FH)', damit man stets den feinen Unterschied präsent habe... und ähnliche formal-strukturelle Aufräumungsarbeiten in der Hochschullandschaft... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Aber der wesentliche Charakter der nunmehr Fachhochschulen geheißenen Ingenieurschulen ist in Wirklichkeit erhalten geblieben. Im Gegenteil, wesentliche Mechanismen dieses "besonders geglückten" Ausbildungstyps wurden im Zuge der faktischen Privatisierung weiter Bereiche verwertungsinteressenbehafteter Bereiche deutscher Universitäten in Lehre und Forschung übernommen und der Industrie faktisch ein dominanter Einfluss eingeräumt. Die an den Universitäten etablierten Ordnungsmittel unterscheiden sich nicht mehr sehr wesentlich von denen der FHn. Praktisch wurden die Universitäten mehr in die Mechanismen der FHn integriert als die FHn in die Universitäten. Die "akademische Freiheit" (Art. 5.3 GG!) beginnt auch hier in Elementen erst auf der Promotionsebene, soweit der starke staatliche Rückzug in der Forschungsfinanzierung zugunsten der "Drittmittelgeber" dieses zuläßt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dies ist natürlich keine vollständige Aufzählung der bildungspolitischen "Errungenschaften" einer interpretativ-reduziernden Bewertung á la Kahlert. Sie soll lediglich verdeutlichen, daß ich mich "biografisch" nicht auf dem Erreichten ausruhen mag, wenn es um die statusinteressenorientierte Interpretation bildungspolitischer "Erfolge" eines ehemaligen Dozenten Kahlert geht, der lange Jahre aktives Mitglied der Studienkommission der Evangelischen Studentengemeinden und somit Mitinitiator von Arbeitsergebnissen und Gedanken war, die der Bewegung der Ingenieurstudenten so wichtig wurde, was er uns in seiner Darstellung genauso verschweigt wie er die zentralen Schriften nicht nennt, die er wie ich als Mitautor im Rahmen der Arbeit dieser Kommission verfasste und beschloss und die eine so zentrale Bedeutung in der aufkeimenden Ingenieurstudentenbewegung hatten. Dieser Mittäterschaft am "Druck der Strasse" hätte er sich zumindest nicht zu schämen brauchen. Allein, diesen wesentlichen Teil der deutschen Bildungsgeschichte wenigstens in Ansätzen dem Vergessen entrissen zu haben, ist ein nicht wegzudiskutierendes Verdienst. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bremen, im April 2004</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table> <table style="width: 100%;" border="0" cellspacing="0" cellpadding="0"> <tbody> <tr> <td rowspan="3" valign="top"> <div class="Autor"> </div> <div class="Autor"><span style="font-size: 18px;">Eckhard Kanzow</span></div> <p> </p> <p><span style="font-size: 18px;">Kommentar zu "Vergessene Aktionen" von Helmut Kahlert</span></p> <p class="standard"><span style="font-size: 18px;">Das was ich als Beteiligter der damaligen Bewegung (Bewegender und Bewegter) der Studenten der Ingenieur- und Höheren Fachschulen erlebt, erfahren und gelernt habe, hat mich für mein ganzes folgendes Leben geprägt: politisch, sozial, ethisch, moralisch, spirituell. Dieser Erfahrungsprozess macht einen unverzichtbar wichtigen Teil meiner Identität aus. Vielleicht besonders deshalb, weil dieser Prozess nicht geendet hat. Damit ergibt sich durch das damalige Erleben eine qualitative Dynamik, die eine lediglich retrospektivische Betrachtung/Bewertung des damaligen Geschehens verbietet. Ich weiß, daß ich mit dieser Sicht nicht allein bin. Für viele Tausende von uns war unsere Bewegung eine befreiende, radikale Wende in unserem Leben, im doppelten Sinne, als Wende radikal und das weitere Leben radikal verändernd. Eine ganze Generation von potentiellen Ingenieuren wurde für die ihnen zugedachte qualitative Nutzung in der Industrie unbrauchbar; oder statistisch rezudierend gesagt, der Industrie wurden viele tausend Ingenieure entzogen. In manchen Regionen ergriffen mehr als die Hälfte der Studenten bzw. Absolventen die erkämpfte Möglichkeit zum Wechsel an die Universität zum Beispiel ins Gewerbelehrerstudium mit dem Äquivalent des Vordiploms oder mit der neuen Hochschulreife in ganz andere Studiengänge. Viele gaben die Ingenieurausbildung auch ganz auf. Doch es wäre endgültig reduktionistisch, diese quantitativen "Phänomene" ihres qualitativen Aspektes zu berauben. Überall, wo diese Berufsflüchtlinge hingingen, sie brachten ihre starken Erfahrungen mit, ob als Gewerbelehrer, als Sozialwissenschaftler, als Entwicklungshelfer oder auch in den folgenden sozialen Bewegungen, nicht zuletzt in den Gewerkschaften. Zudem können Ingenieure mit dem "falschen" politischen Wissen und dem gestärkten Selbstbewußtsein und den erworbenen Kampferfahrungen zu Risikofaktoren für künftige industrielle Konflikte werden, wie an den marginalen (?) Erfahrungen über die partielle Verquickung zwischen den Septemberstreiks 1969 und den jobbenden bzw. streikenden Ingenieurstudenten (unbefristeter Generalstreik) spätestens zu sehen war. Risikofaktoren statt Garanten des reibungslosen industriellen Ablaufes in einer boomenden Wirtschaft...Mit Sicherheit größere Risiko- und Störfaktoren als etwa Flugblattverteiler aus den verschiedenen Gruppenansätzen angehender Akademiker vor den Fabriktoren zu Schichtwechsel. Wie anders wäre zu interpretieren, daß während des zweiten (unbefristeten) Generalstreiks, dessen Beschluss in einigen Bundesländern von den sechsten (= Examens-) Semstern separat zum "Rest" der Studentenschaft mit satter Zweidrittelmehrheit gefasst wurde, eine konzertierte Gegenaktion der Bundesregierung versucht wurde: rückgestellte Wehrpflichtige wurden eingezogen, Empfängern von Stipendien der großen Organisationen des Öffentlichen Dienstes (Post, Bahn, Militär z.B.) wurden diese ausgesetzt und ihre Streichung angedroht bis hin zu vielfältigen Versuchen, direkte paramilitärische Restriktionen zum Einsatz zu bringen. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Um was es ging: Die damaligen Ingenieurschulen waren Kreationen des militärisch-industriellen Komplexes, wobei sich der Akzent deutlich in Richtung Industrie verschoben hatte. Obwohl aus Organisations- und Finanzierungsgründen "verstaatlicht", waren und blieben sie stets unter der eindeutigen Kontrolle und Steuerung der Industrie und ihrer Organisationen: Konzeption, Lehr- und Lernformen, Inhalte, Prüfungsschemata, Labore, Dozenten, praktisch alles... Als 'Anstalten des öffentlichen Rechtes' waren sie der Fachaufsicht der förderativen Kultusministerien unterstellt. Das bedeutete praktisch, nichts Wesentliches bestimmen bzw. gestalten zu können. Manche Ingenieurschulen funktionierten zumindest in einigen Fachbereichen als Selbstbedienungsläden von bestimmten Konzernen, nicht nur bei der Absolventenrekrutierung. Die Industrie (inklusive der staatlichen Organisationen wie Post und Bahn) hatten sich hier pseudostaatlich organisierte Ausbildungs- und Drillstätten zur Anzucht derjenigen Vorgesetzten geschaffen, die in Betrieben die meisten direkten Untergebenen hatten und nicht nur deshalb Schlüsselfunktionen zur reibungslosen Organisation des industriellen Verwertungsprozesses besetzen sollten. Der Schwerpunkt des 'Berufsbildes' lag deshalb darauf, mit von anderen fabrizierten Rezepten vorgegebene Probleme in vorgegebener Zeit und Qualität zu 'lösen'. Entsprechend war die Stellung der ISn 'eigenständig' usw., wie unschwer aus dem kultusministeriellen Vereinheitlichungsbeschluss von '64 zu erkennen ist: "Die ISn sind eigenständige Einrichtungen des deutschen Bildungswesens. Sie vermitteln eine, auf wissenschaftlicher Grundlage beruhende, höhere technische Bildung, die zu selbstständiger Tätigkeit als praktischer Ingenieur befähigt." Praktisch waren die ISn reine Konditionierungs- und Paukbetriebe. Lehrinhalte und Fachrichtungen waren nur von einem bedingten Interesse. Eine Substitutionsanalyse des IAB von damals erbrachte, daß bestensfalls ein Drittel der Absolventen in derjenigen Fachrichtung beruflich tätig wurde, für die sie formal ausgebildet worden waren. Die ISn waren gegenüber dem Rest des Bildungswesens scharf abgegrenzt nach allen Seiten, eben "eigenständig". Übergänge - welcher Art auch immer - zu Universitäten usw waren überhaupt nicht vorgesehen. Etwas mehr als die Hälfte der damaligen Studierenden, besser "Ingenieurschüler", kamen über den Volksschulabschluss mit einem zusätzlichen berufspraktischen Abschluss (i.d.R. 3 1/2 Jahre) und einer zusätzlich, parallel zu einer beruflichen Tätigkeit über mehrere Jahre Abendschule zu erwerbenden 'Fachschulreife'; weitere ca 40% der Studierenden kamen mit Mittlerer Reife und zusätzlich einem zweijährigen, industriell gelenkten Praktikum, das einer verkürzten Lehre sehr ähnlich war und in dieser Eigenschaft auch vermittelt wurde ("die Herren Praktikanten sollen sich ja nicht einbilden..."), das aber auch einer militärischen Grundausbildung häufig sehr ähnelte, wenn die Praktikanten in der Lehrwerkstatt neben den 14jährigen Lehrlingen standen, denen man noch Holzklötze unter die Füsse setzen musste, damit sie an die Schraubstöcke kamen, um dort sehr lange Wochen mit halbstumpfen Armfeilen U-Eisen zu feilen. Hatten sich die künftigen Ingenieurschüler insoweit die Eingangsvoraussetzungen für die IS erdient und zusammengeprüft und dachten oder hofften sie vielleicht, jetzt hätten sie es geschafft, durften sie sich einer Eingangsprüfung durch eben diese IS unterwerfen. Diese Prüfungsmanie setzte sich dann durch den gesamten weiteren 'Werdegang' fort und bildete das Rückgrat der Ausbildung: jedes Semester gegen Ende gab es ein Stakkato von Klausuren, den sog. Semestralen, von deren Bestehen die Versetzung ins nächste Semester abhing; Nichtbestehen hieß Wiederholung oder Rausschmiss. Ein damaliger Gewerkschaftsfunktionär nannte diesen 'praktisch orientierten', 'bewährten' Ausbildungstyp "Kadettenanstalten". Leider gibt es keine Statistik über die Selbstmordrate von Ingenieurschülern, mir sind jedoch viele Fälle bekannt... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Der "bewährte seminaristische Unterrichtsstil" war einfacher Frontalunterricht in Klassenzimmern mit festen Sitzplätzen und Anwesendheitskontrollen durch Dozenten, die ihre Vorlesungsskripte hüteten wie ihe Augäpfel. D.h. der für die Prüfungen zu paukende 'Stoff' ging durch den Filter eigener Mitschriften. Zu diesem unmenschlichen Leistungsdruck kam ein ebensolcher Zeitdruck; eine Regelwoche von 80 Aufwandsstunden war normal. Klar, daß diese Menschen nicht auf "dumme Gedanken kamen". Damit nicht genug, schlossen zumindest die Hauptabnehmer der Absolventen eigene mehrjährige Ausbildungsphasen an, bis die Ingenieure dann tatsächlich berufstätig werden konnten. Die Rückzahlungspflicht abnehmerspezifischer Stipendien erlosch i.d.R. erst nach fünf Jahren 'eigenständiger Berufstätigkeit'. Ein engerer Sackgassen- und Einbahnstrassencharakter ist kaum vorstellbar. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Als die ESG 1965 begann, in einer eigenen Studienkommission aus Studenten, Dozenten (Herr Kahlert war einer von ihnen)und Studentenpfarrern dieses Ausbildungssystem zu analysieren, beliebte Festschreibungen und gebetsmühlenähnliche Glaubensätze von "Eigenständigkeiten" und "Bewährtheiten" zu entlarven, eigene Vorstellungen in Richtung nicht nur bildungspolitischer Reformen sondern u.a. auch didaktischer Umgestaltungen zu entwickeln und insbesondere der nicht wirklich begründbaren Unmenschlichkeit der Ausbildung Namen und unabweisbare Überlegungen zu ihrer Veränderung zu geben, schlugen diese Bemühungen nicht nur im Verbändedschungel und bei den offiziell zuständigen Kultusbehörden wie eine Bombe ein. Gleichzeitig wurden sie ziemlich systematisch - zunächst über die Strukturen der Studentenorganisationen (insbesondere ESG und SVI), später zunehmend direkt - denjenigen vermittelt, die die eigentlichen Betroffenen dieses Systems waren, den Studierenden. Die Unerträglichkeiten und naheliegende Alternativen bekamen Stimme, Sprache und Argumente, wurden aneignungsfähig und zu selbstbestimmbarem und sich verselbständigendem Arbeits-, Denk- und Handlungspotential. Wenn irgendjemand aus hier nicht hinterfragten Gründen meinen zu müssen glaubte, die Folgeereignisse seien Frucht einiger weniger (ideologischen) Demagogen und Rädelsführer, so mag es an dieser Stelle genügen, darauf zu verweisen, daß sämtliche Strukturen, Funktionsträger und Vertretungen nicht nur der Studentenschaft von unten und durch freie Wahlen ausgetauscht, abgewählt und demokratisiert wurden. In einem mehrjährigen Prozess wurden sämtliche Korruptionsstrukturen in der Studentenschaft weggefetzt. Die sich entwickelnden Argumente und Alternativüberlegungen zur Gestaltung einer künftigen Bildung waren soweit von dern Basis getragen und angeeignet, daß sie auch das Gesprächs- und Verhandlungsmaraton der ersten Phase schadlos überlebten und sich ständig weiterentwickelten. Jene Phase nämlich, als mit praktisch allen Verbänden, Landtagsparteien, Kultusbürokratien und Bildungspolitikern argumentiert und verhandelt wurde, oft genug noch von den alten Funktionären, die immer häufiger ein imperatives Mandat für die Verhandlungen bekamen und darin von der Masse ihrer Studenten kontrolliert wurden. Solche Verhandlungen endeten häufig mit mehr oder minder entgegenkommenden Zusagen, die dann später stets zurückgenommen, verraten oder konterkariert worden sind. Das System dahinter, die industriellen Interessenträger wollten sich keinen Millimeter bewegen und den bewährten Zementklotz Ingenieurausbildung unangetastet lassen. Sicherlich lag in dieser Erfahrung eine der wichtigsten Wurzeln für die radikalisierende Entfaltung der eigentlichen Bewegung. Das, was die entstehende Bewegung bewegte, waren verstandene, teils selbst entwickelte und die eigene unerträgliche Situation radikal aufhebende Gedanken, Inhalte und natürlich auch Forderungen, die stets von der überwiegenden Mehrheit der Betroffenen selbst entschieden wurden: prinzipiell gleichrangige Eingangsvoraussetzungen zu einem Studium im Hochschulbereich, das horizontal und vertikal durchlässig zu sein hat; Aufhebung des unmenschlichen Zeit- und Leistungsdruckes durch eine adäquate Studienorganisation und Didaktik; Zugang zu selbstbestimmtem Lernen; Aufhebung des Einbahnstrassencharakters der Ausbildung... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Spätestens während des zweiten Streiksemesters 1969 gingen viele Studierende nicht jobben, sondern arbeiteten in Gruppen/informellen Netzen, waren Korrektiv ihrer gewählten Vertreter, machten sich die aktive Mitgestaltung ihrer künftigen Studienwirklichkeit zueigen, verfolgten und begleiteten politische Ereignisse und dachten sich zur Begleitung phantasievolle Aktionen aus. Gleichzeitig waren diese Aktiven oft eine wichtige Relaisstation in der Kommunikationskette aller Interessierter. Von hier gingen vielfach Initiativen für Schulungsaktivitäten und Seminare alternativen Inhalts aus, hier kamen auch Inhalte und Dokumente der '68er Bewegung an, mit der es sonst eher weniger Berührung gab. Praktisch wurden hier massenhaft existentielle Erfahrungen gemacht, die das diametrale Gegenteil der sattsam bekannten Ausbildungswirklichkeit darstellte und insbesondere keine Spielwiese war sondern selbstgestaltete und -kontrollierte Realität. Meine Meinung ist: in dieser Qualität radikaler Alternativerfahrung lag die eigentliche Sprengkraft der Bewegung, fand für eine Generation von 'Musterschülern der Ingenieurschulen' eine Revolution statt, die für sehr Viele lebensprägend war. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bereits die Vollversammlungen, die letztlich den Streikbeschlüssen vorausgingen, hatten sehr starke Erlebnisqualität: wenn zum erstenmal praktisch Alle da sind; wenn die bekannten Repressionsstrukturen und -figuren nicht oder kaum in Erscheinung treten, jedenfalls nicht als Machtträger in Erscheinung treten (können); das Erlebnis kollektiven Verstehens; die nie da gewesenen Ergebnisse spontaner Geldsammlungen; das Erleben erster Formen des politischen 'Wir', das gleichzeitig die repressive Einzelerfahrung in ihrer Totalität aufzuheben beginnt; das Begreifen vernünftiger, nachvollziehbarer und aneignungsfähiger Argumente und Ideen für eine alternative Studienzukunft, für ein befreiendes Lernen und gleichzeitig gegen die Irrationalität des bestehenden Systems, gegen das Gefühl der subjektiven Unfähigkeit angesichts der unaushaltbaren Repression... Oft genug waren die etablierten Studentenvertreter vom Verlauf und den Ergebnissen solcher Vollversammlungen selber völlig überrascht, vielleicht weil ein rein politisches Denken die entfesselten Kräfte nicht begreift.... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Man stelle sich vor, was ein Streikbeschluss vor dem geschilderten situativen Hintergrund bedeutet: man verweigert den "bewährten seminaristischen Unterricht", die ungeliebten Dozenten, die 80-Stunden-Woche, die Klausuren, die erzwungene Anwesendheit, die passive Gleichschaltung, die "die-Vier-ist-die-Eins-des-kleinen-Mannes"-Mentalität, die Diktatur des "Es" (Studien- und Prüfungsordnung), die chronische Gastritis, das Unterdrücken subjektiver Wünsche, das Nie-Zeit-Haben, das Konstruktionsbrett vor dem Kopf, die "McKilroy-is-watching-you"-Mentalität, die extreme soziale Isolierung, die ständig wach gehaltene Angst zu versagen, die Unterdrückung subjektiver Interessen auch ingenieurwissenschaftlicher Art... Für die Dauer des Streiks steht man neben der Einbahnstrasse und außerhalb seiner Zwänge mit Pauken und Prüfungsdruck im Namen einer möglichen besseren Zukunft. Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Streik mehr ist als ein Lohnstreik im Produktionsbetrieb, eher schon verwandt mit einem betrieblichen Streik um andere Arbeitsbedingungen und betriebliche Strukturen, auf jeden Fall etwas ziemlich Anderes als verhinderte Lehrveranstaltungen an einer Universität... Es liegt auf der Hand, daß ein solcher Streik (-beschluss) in höchstem Maße existentiell ist. Auf der Risikoseite der Waage liegt die totale Infragestellung des bisherigen Horizontes beruflicher Zukunft und die Resultierende aller bisher gebrachten Opfer, praktisch ohne Alternative (Einbahnstrasse), wenn man davon absieht, daß viele auf ihre Berufsausbildung hätten zurückgreifen bzw. nach bestandenen drei Semestern sich als "Techniker" hätten bewerben können. Aber ich glaube, daß auch hier die Sprengkraft zu großen Teilen in dem Erleben der Nichtrepression und dem nunmehr Erlebbaren lag, von denen sehr Viele garnicht (mehr) wußten, wie sich das anfühlen kann. Vielleicht ähnlich wie die zeitweilig zur kulturellen Dauerpraxis entwickelte Übung betrieblicher Fehlzeiten, das sog. Blaumachen, das zwar einerseits dafür sorgte, daß große Teile der Belegschaft schlicht dem Arbeitsprozess nicht zur Verfügung stand und damit eine effektive Form der Verweigerung von Arbeit, Repression, Mehrwertproduktion usw. darstellt, andrerseits ihre eigentliche Sprengkraft und Beliebtheit aus dem bezog, was die Akteure betrieblichen Absentismussses in der betrieblichen Abwesendheit erlebten und erleben konnten! Um wieviel mehr galt das, wenn man die Streikfreizeit dazu nutzte, seine eigene Situation zu verändern (s.o.). Vielleicht fiel deshalb im zweiten Streiksemester der Beschluss des Semesterabbruchs bzw. des unbefristeten Generalstreiks so leicht? Vielleicht wollte man in das alte System nie mehr zurückkehren? Vielleicht war deshalb für viele die Ingnieurschule (unter welchem Namen auch immer) als zentraler und quasi einziger Lebensmittelpunkt nach der gelebten Bewegung nicht mehr zu etablieren? </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Diese Seiten der Geschehnisse um die Ingenieurschüler und Vergleichbarer der späten 60er Jahre nicht zu beleuchten, hieße die Geschehnisse ihrer Seele zu berauben. Vom "Druck der Strasse" zu sprechen und von bildungspolitischen Erfolgen und - vor diesem reduktionistischen Hintergrund - von Zufriedenheiten biografischer (?!) Art, scheint mir nicht möglich. Ich hoffe, ich konnte das wenigstens in Ansätzen nachvollziehbar machen. Aber selbst mit den "Erfolgen" bin ich nicht einverstanden. Sie waren beschränkt. Man gab uns angesichts des nicht mehr korrumpierbaren Aktions- und Verweigerungsdruckes und der Beständigkeit der Argumente und Forderungen seitens der Bewegung so ziemlich alles, was möglich war, um uns nicht das geben zu müssen, was man ums Verrecken nicht zulassen wollte: selbstbestimmtes Lernen in einem System horizontal und vertikal integrierten (zumindest) tertiären Bildungswesens ohne Kadettenanstalt-Charakter... Stattdessen gab man uns die Anhebung der Eingangsvoraussetzungen in Form der Mittleren Reife (oder Vergleichbares) plus ein Etwas, das man frei erfindend 'Fachoberschule' nannte (die war natürlich nie gefordert worden), um uns nicht gleiche Eingangsvoraussetzungen für alle Studienangebote im Hochschulbereich geben zu müssen. Man gab uns ein bißchen Durchlässigkeit, aber nicht horizontal: das Ing.examen wurde für universitäre Studiengänge dem Abitur und fachspezifisch dem universitären Vordiplom gleichgestellt, wobei hier noch föderative Unterschiede zu beachten waren. Man gab uns an einigen Orten etwas, was sie "Gesamthochschule" nannten, aber nicht anderes als ein Programm zum Abbau der Verwaltungskosten und Vereinfachung von Strukturen war. An den Studiengängen wurde mancherorts anfangs etwas gearbeitet (unter Einbeziehung eines Teils des aktiven Studentenpotentials und damit ihre Kräfte bindend), Praxissemester wurden integriert, die Ausbildungszeit dadurch auf acht Semester "angehoben". Die Dozenten wurden in die C-Besoldung übernommen und durften sich nunmehr mit dem Professorentitel schmücken, die Absolventen erhielten den Titel 'Diplomingenieur (grad.)' oder 'Diplomingenieur (FH)', damit man stets den feinen Unterschied präsent habe... und ähnliche formal-strukturelle Aufräumungsarbeiten in der Hochschullandschaft... </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Aber der wesentliche Charakter der nunmehr Fachhochschulen geheißenen Ingenieurschulen ist in Wirklichkeit erhalten geblieben. Im Gegenteil, wesentliche Mechanismen dieses "besonders geglückten" Ausbildungstyps wurden im Zuge der faktischen Privatisierung weiter Bereiche verwertungsinteressenbehafteter Bereiche deutscher Universitäten in Lehre und Forschung übernommen und der Industrie faktisch ein dominanter Einfluss eingeräumt. Die an den Universitäten etablierten Ordnungsmittel unterscheiden sich nicht mehr sehr wesentlich von denen der FHn. Praktisch wurden die Universitäten mehr in die Mechanismen der FHn integriert als die FHn in die Universitäten. Die "akademische Freiheit" (Art. 5.3 GG!) beginnt auch hier in Elementen erst auf der Promotionsebene, soweit der starke staatliche Rückzug in der Forschungsfinanzierung zugunsten der "Drittmittelgeber" dieses zuläßt. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Dies ist natürlich keine vollständige Aufzählung der bildungspolitischen "Errungenschaften" einer interpretativ-reduziernden Bewertung á la Kahlert. Sie soll lediglich verdeutlichen, daß ich mich "biografisch" nicht auf dem Erreichten ausruhen mag, wenn es um die statusinteressenorientierte Interpretation bildungspolitischer "Erfolge" eines ehemaligen Dozenten Kahlert geht, der lange Jahre aktives Mitglied der Studienkommission der Evangelischen Studentengemeinden und somit Mitinitiator von Arbeitsergebnissen und Gedanken war, die der Bewegung der Ingenieurstudenten so wichtig wurde, was er uns in seiner Darstellung genauso verschweigt wie er die zentralen Schriften nicht nennt, die er wie ich als Mitautor im Rahmen der Arbeit dieser Kommission verfasste und beschloss und die eine so zentrale Bedeutung in der aufkeimenden Ingenieurstudentenbewegung hatten. Dieser Mittäterschaft am "Druck der Strasse" hätte er sich zumindest nicht zu schämen brauchen. Allein, diesen wesentlichen Teil der deutschen Bildungsgeschichte wenigstens in Ansätzen dem Vergessen entrissen zu haben, ist ein nicht wegzudiskutierendes Verdienst. </span><br /><br /><span style="font-size: 18px;">Bremen, im April 2004</span></p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> <p class="standard"> </p> </td> </tr> </tbody> </table>