Der Alltag des Naturschutzes.
Anmerkungen zu gegenwärtigen Entwicklungen in der Historiographie der Umweltbewegungen
Abstract:
In der Historiographie der Umweltbewegungen dominieren bislang institutionen- und ideengeschichtliche Ansätze. Der Aufsatz diskutiert die Beschränkungen des Blicks, die diese Ausrichtung der Forschung mit sich gebracht hat. Die in der neueren Forschung vorherrschende Ansicht, dass die intellektuellen Wurzeln des Naturschutzes differenzierter sind als lange Zeit vermutet, lässt sich auch als Eingeständnis lesen, dass ideen- und institutionengeschichtlichen Methoden die zentralen Triebkräften der Bewegung verkennen. Vor diesem Hintergrund propagiert der Aufsatz eine Neuorientierung der Forschung, die die Alltagspraxis der Naturschutzarbeit ins Zentrum stellt. Für die meisten Naturschützer war der Naturschutz nicht primär ein System von Prinzipien und Leitsätzen, sondern eine Aktivität: Das tägliche Engagement, vom Wandern in der freien Natur bis zur Ausweisung von Naturschutzgebieten, konstituierte die Mitgliedschaft im Netzwerk des Naturschutzes. Der Aufsatz diskutierte eine Reihe von Vorzügen einer solchen praxologischen Perspektive, die nicht zuletzt auch die ausgesprochene Dickfelligkeit der Naturschützer gegenüber den Eigentumsrechten der Besitzer naturschützwürdiger Flächen offen legt. Der Boom der Naturschutzarbeit im Nationalsozialismus hing eng mit dem Reichsnaturschutzgesetz von 1935 zusammen, das mit der Möglichkeit entschädigungsloser Enteignungen einen alten Traum der Naturschützer erfüllte. Ein praxologischer Ansatz liefert insofern nicht nur ein realistischeres und vollständigeres Bild des Naturschutzes als ideen- und institutionengeschichtliche Darstellungen, sondern bricht auch mit der Einbeziehung der Betroffenenperspektive ein seltsames Tabu der bisherigen Forschung.
Abstract:
The article takes a critical look at the historiography of the environmental movement in Germany, which so far has overwhelmingly favored approaches from institutional history and the history of ideas. It argues that these approaches have presented an incomplete and one-sided picture. Furthermore, with recent publications stressing the disperse roots of German conservation, evidence is mounting that a narrow focus on ideas ignores the movement’s key motivations. On this background, the article argues for a new approach that focuses on the everyday work of the conservation community. For most conservationists, conservation was first and foremost an activity, rather than a set of rules and principles, as previous publications have tended to suggest. Daily activity, from hiking to the designation of nature reserves, was instrumental for membership in the conservation community. The article discusses the advantages of such an approach, with a special focus on the issue of property rights. Many conservationists were notably indifferent to the situation of those people who happened to own treasures of nature. In fact, this issue was crucial for the boom of conservation work pursuant to the passage of the National Conservation Law of 1935, for the law, which allowed the confiscation of property without compensation, fulfilled a long-held dream of the conservationists. Therefore, a practice-oriented approach delivers a more realistic and complete picture of conservation work and, furthermore, moves beyond the conservationists’ perspective to include the views of their opponents as well, thus breaking a strange taboo in the current literature.
Wenige Bereiche der Zeitgeschichte haben sich in den vergangenen Jahre so radikal gewandelt wie die Forschungen zur Geschichte der Naturschutz- und Umweltbewegung vor dem ökologischen Zeitalter. Lange Zeit haben andere Themen der Umweltgeschichte den größten Teil der historiographischen Aufmerksamkeit für sich reklamieren können: Während etwa zur Umweltgeschichte des langen 19. Jahrhunderts bald umfangreiche Studien vorlagen, wurde die Zeit des Nationalsozialismus sowie die Nachkriegszeit eine Zeit lang eher stiefmütterlich behandelt.[1] Eine ganze Reihe wichtiger Monographien hat das Bild in jüngster Zeit deutlich gewandelt, so dass inzwischen von einem vernachlässigten Themenfeld keine Rede mehr sein kann.[2] Es ist unstrittig, dass diese neueren Arbeiten einen wichtigen Beitrag zur Erforschung des Themas geleistet haben, und keine der folgenden Bemerkungen ist als Einschränkung dieser grundsätzlichen Bemerkung zu verstehen. Allerdings drängt sich zugleich der Eindruck auf, dass die Forschung von einigen Leitthesen geprägt ist, die in hohem Maße der Diskussion bedürfen. Dieser Aufsatz diskutiert zunächst einige Bedenken gegen die bisherige Ausrichtung der Forschung und macht im zweiten Teil einen Vorschlag für eine Neuausrichtung.[3]
Im Zentrum der Naturschutzgeschichte haben bislang vor allem institutionen- und ideengeschichtliche Fragestellungen gestanden. Unter den deutschen Naturschutzinstitutionen sind es dabei vor allem jene des Staates Preußen, insbesondere die 1906 gegründete Staatliche Stelle für Naturdenkmalpflege, die den Löwenanteil der historiographischen Beachtung auf sich gezogen haben. Zwar hat kürzlich die Habilitationsschrift Friedemann Schmolls über den Naturschutz im deutschen Kaiserreich nachdrücklich die Vielzahl der institutionellen Ansätze innerhalb des Reiches vor Augen geführt.[4] In den Forschungen zur NS-Zeit dominiert jedoch eindeutig der Blick auf Preußen, zumal die preußische Staatliche Stelle 1935 im Zuge der Verabschiedung des Reichsnaturschutzgesetzes zur Reichsstelle für Naturschutz aufgewertet wurde. Damit geriet nicht nur die fortdauernde Vielgestaltigkeit der regionalen Ansätze weitgehend aus dem Blick, der Fokus auf die Reichsstelle und ihren Leiter Walther Schoenichen hat auch unverkennbar dazu geführt, dass die Sichtweise der obersten Naturschutzstelle eher reproduziert als kritisch hinterfragt wurde. Wenig ist in der bisherigen Literatur über Probleme des Vollzugs zu lesen, die Alltagskonflikte auf der lokalen und regionalen Ebene bleiben nahezu völlig unerwähnt; es dominiert der bürokratische Blick „von oben“. Folglich gibt es bislang auch kein klares Bild vom tatsächlichen Erfolg bzw. Misserfolg des deutschen Naturschutzes in der NS-Zeit, stattdessen dominieren pauschale Behauptungen, der Naturschutz sei ineffektiv gewesen.[5] Die Monographie Thomas Lekans, die stark auf dessen Forschungen im Rheinland basiert, ist hier eine seltene Ausnahme von der Regel.[6]
Neben dieser Art von Institutionengeschichte ist es vor allem eine im Kern ideengeschichtliche Ausrichtung, die die Forschung dominiert. Dabei verdient dieser Schwerpunkt, als dessen führende Vertreter Oberkrome und Schmoll genannt seien, umso mehr Beachtung, als lange Zeit die Auffassung vorherrschte, dass der entscheidende Kitt von Naturschutz und Nationalsozialismus ideologischer Art war. Kurz zusammengefasst lautete diese Interpretation in etwa folgendermaßen: Schon lange vor der nationalsozialistischen Machtergreifung hatte rechtes, nationalistisches, antisemitisches und völkisches Gedankengut in der deutschen Naturschutzbewegung eine prominente Rolle gespielt. Als die Nationalsozialisten dann an die Macht kamen, erkannten die Naturschützer schnell die gleichgesinnten Kräfte, und aus dieser ideologischen Allianz ergab sich dann alles Weitere.[7]
Die Forschungen der vergangenen Jahre haben im mehrfacher Beziehung Zweifel an dieser Lesart genährt, ohne dass jedoch bislang die nötigen Konsequenzen aus diesem Befund gezogen worden wären. Es hat sich nicht nur gezeigt, dass die Rechtslastigkeit des deutschen Naturschutzes bei Lichte betrachtet deutlich schwächer ausgeprägt war als vermutet, es zeigten sich auch neben den Überlappungen wesentliche Divergenzen zwischen NS-Ideologie und Naturschutzethik.[8] Der heimatschützerische Regionalismus war mit dem nationalsozialistischen Zentralismus unvermeidlich auf Kollisionskurs, und die Begeisterung, mit der sich das NS-Regime der Segnungen der modernen Massenkultur vom Radio bis zum Pauschaltourismus bediente, musste ebenfalls Unmut in Heimatschutzkreisen provozieren. Während der Sozialdarwinismus eine der wenigen Konstanten im amorphen System der NS-Ideologie darstellte, haben Naturschützer bis heute ihre liebe Not mit der Evolutionstheorie.[9] Schließlich hatten die Naturschützer auch Probleme, dem Antisemitismus ihre Referenz zu erweisen. Zwar gibt es unzweifelhaft Belege für antisemitische Einstellungen unter den führenden Naturschützern, etwa Schoenichen, Hans Schwenkel, Heinrich Wiepking und Alwin Seifert.[10] Umso deutlicher fällt bei einer gründlichen Durchsicht der Quellen ins Auge, wie schwer es offenkundig fiel, eine Naturschutzethik auf antisemitischer Grundlage zu entwickeln. Seit jeher hatte die Naturschutzbewegung Industrialisierung und Urbanisierung als Urgrund der Naturzerstörung kritisiert – da war es schwer, nunmehr die Schuld einer kleinen Gruppe von Juden in die Schuhe zu schieben. In Ermangelung geeigneter Ansatzpunkte blieben antisemitische Tiraden somit auf Einzelthemen, etwa die Kritik der Außenreklame, beschränkt.[11] Die Behauptung eines mainfränkischen Naturschützers, „Holzjuden“ hätten in seiner Region „ungefähr die letzte starke Eiche und den letzten schönen Nussbaum aufgekauft und verarbeitet“, sähen sich nun „nach neuen Opfern“ und seien tatsächlich schon „dabei, die alten Holzbirnbäume auf den Feldern und Wiesen auszurotten“, zeigt mustergültig die Schwierigkeiten antisemitischer Rhetorik im Naturschutz.[12] Eine jüdische Verschwörung zur Ausrottung der mainfränkischen Birnbäume – das war wohl selbst nach nationalsozialistischen Maßstäben ein ziemlich abstruser Gedanke. Er wurde denn auch nicht von der Reichsstelle für Naturschutz aufgegriffen, die ansonsten eifrig nach neuen Initiativen der regionalen Naturschützer fahndete.
Insgesamt gesehen ist somit in den vergangenen Jahren die Einsicht in die erhebliche Kluft gewachsen, die sich in ideengeschichtlicher Beziehung zwischen Naturschutz und NS-Regime auftat. Gewiss konnten beide Fraktionen mit dieser Divergenz gut leben: Zu keinem Zeitpunkt regte sich im Naturschutz so etwas wie Widerstandsgeist, und von geheimpolizeilicher Überwachung blieb der Naturschutz denn auch weitgehend verschont. Eine Ausnahme war Alwin Seifert, aber dies war nicht durch seine Arbeit als Naturschützer bedingt, zumal Seifert trotz Überwachung bis in die letzten Kriegsmonate sein generöses Salär als Reichslandschaftsanwalt in Höhe von 2000 Reichsmark pro Monat bezog[13], sondern durch Seiferts Nähe zu den Anthroposophen sowie die Unterstützung durch Rudolf Heß, die nach dessen Englandflug zur Belastung wurde.[14] Es dokumentiert die ideologische Unbedenklichkeit der Naturschützer aus Sicht des NS-Regimes, dass das NS-Regime nach dem Scheitern des Reichsbunds Volkstum und Heimat im Herbst 1934 auf eine Gleichschaltung der Naturschutzbewegung verzichtete.[15] Man resümiert die neuere Forschung wohl am besten dahingehend, dass NS-Ideologie und Naturschutzethik als zwei in hohem Maße voneinander unabhängige ideologische Systeme zu betrachten sind, die unterschiedliche Probleme mit unterschiedlichen Methoden und Zielen angingen. Nur ist bislang unbeachtet geblieben, dass damit zugleich die gängige Erklärung für die Nähe von Naturschutz und NS-Regime obsolet wurde. Wenn die ideologische Konvergenz von Naturschutz und Nationalismus tatsächlich eine Chimäre war – wie erklärt man dann die unstrittige Nähe der beiden Lager?
Die Suche nach einer Alternative zum ideengeschichtlichen Ansatz ist umso drängender, als einige der Belege, die traditionell als Indiz für die unheilvolle Nähe von Naturschutz und NS-Ideologie gehandelt wurden, sich bei näherer Betrachtung als wenig stichhaltig erwiesen. Zu den klassischen Referenzpunkten der Forschung gehört etwa der Aufsatz „’Das deutsche Volk muß gereinigt werden’. – Und die deutsche Landschaft?“, den Walther Schoenichen 1933 in der Zeitschrift Naturschutz veröffentlichte.[16] Unbeachtet blieb jedoch, dass derselbe Autor wenige Monate später in einem Aufsatz an gleicher Stelle ein ganz anderes Bild der Beziehung von Naturschutz und Nationalsozialismus entwarf.[17] Allem Anschein nach war Schoenichen bestrebt, beide Lager möglichst nahe aneinander zu rücken, aber äußerst unsicher, wie dies zu geschehen habe. Schoenichens ebenfalls viel zitiertes Buch über Naturschutz im Dritten Reich machte das Chaos mit wieder anderen Argumenten und Schwerpunktsetzungen komplett.[18]
Überhaupt drängt sich immer mehr der Eindruck auf, dass die einschlägigen Äußerungen allzu leichtfertig immer nur in eine Richtung interpretiert worden sind, nämlich mit Blick auf den Nachweis einer unheilvollen Nähe von Naturschutz und Nationalsozialismus. Die prononciertesten Vertreter dieser Richtung sind zweifellos Gert Gröning und Joachim Wolschke-Bulmahn, denen Stefan Körner völlig zurecht ein „Paradigma der Entlarvung“ attestiert hat[19], aber eine ähnliche Tendenz ist auch in anderen Arbeiten zu erkennen. Dabei erweisen sich viele Ergebenheitsbekundungen aus Naturschutzkreisen bei näherer Betrachtung als durchaus doppelbödig. Wenn der Sauerländische Gebirgsverein „eine Notwendigkeit, uns innerlich umzustellen“, emphatisch abstritt, dann konnte man das als begeisterte Unterstützung für das NS-Regime interpretieren – aber auch als verklausulierte Ankündigung, dass man ein naturschützerisches „business as usual“ anvisierte.[20] Dabei spricht vieles für die letztere Interpretation: Die Beziehungen zwischen Naturschutz und Nationalsozialismus waren vor der Machtergreifung schwach an der Grenze zur Nichtexistenz. Nur Paul Schultze-Naumburg, einer der Mitbegründer des Bundes Heimatschutz, spielte in der frühen NS-Bewegung eine nennenswerte Rolle, und Schultze-Naumburg konzentrierte sich bezeichnenderweise auf seine Arbeit im Kampfbund für deutsche Kultur und nahm an den Naturschutzdebatten der 1930er Jahre nicht mehr aktiv teil.[21]
Es ist auffallend, dass Schoenichen in der Literatur zum NS-Naturschutz weitaus mehr Beachtung gefunden hat als sein Nachfolger Hans Klose, der 1938 die Leitung der Reichsstelle für Naturschutz übernahm. Dabei ist Kloses Karriere eine der erstaunlichsten im gesamten Themenfeld: Klose trat nie in die NSDAP ein, war nach Angaben von Heinrich Rubner sogar „Vierteljude“[22] und besaß im Naturschutz keinerlei Hausmacht; der mit ihm verfeindete Lutz Heck, im Reichsforstamt für den Naturschutz zuständig, war ein Intimus Hermann Görings, der diesen als Leiter des Berliner Zoos zuverlässig mit jungen Löwen für seine quasifeudale Prachtentfaltung in Carinhall versorgte.[23] Der Grund für diese mangelnde Beachtung ist unschwer zu erkennen: Klose war ein nüchterner, unideologischer „Managertyp“ und fällt damit durch ein Interpretationsraster, das vor allem nach ideengeschichtlichen Bezügen sucht.[24]
Die relative Bedeutung ideologischer Bezüge lässt sich anhand der vereinzelten Versuche überprüfen, eine Naturschutzarbeit auf NSDAP-Grundlage aufzuziehen. Die bislang völlige historiographische Missachtung dieses Partei-Naturschutzes ist gewissermaßen die logische Konsequenz der bisherigen Forschungsausrichtung. Die Initiativen aus der NSDAP entstanden ausschließlich auf der regionalen Ebene und blieben damit außerhalb des Blicks einer Forschung, die allzu eng auf die zentralen Reichsbehörden schaute. Vor allem aber blieben diese Initiativen unbeachtet, weil sie nachdrücklich verdeutlichten, wie unbedeutend NS-Ideologie in der Alltagsarbeit des Naturschutzes war. Die Agenda solcher Partei-Naturschützer unterschied sich nämlich faktisch nicht von jener der staatlichen Naturschutzbeauftragten. Es handelt sich um ein Naturschutznetzwerk innerhalb der Parteiorganisation, das zwar eine institutionelle Konkurrenz für den staatlichen Naturschutz darstellte, aber keinerlei ideologische Herausforderung implizierte. Als Hans Stadler, Regierungsbeauftragter der NSDAP für Naturschutz in Unterfranken und Günstling des dortigen Gauleiters, von einem Untergebenen gefragt wurde, ob er als Mitglied seines Naturschutznetzwerks der Partei angehören müsse, stritt dieser jegliche Bedeutung der Parteimitgliedschaft ab: „Da ein Baum oder ein Steinbruch politisch weder Links noch Rechts stehn kann, sondern stets neutral bleiben wird, so war von der Parteizugehörigkeit der im fränkischen Naturschutz tätigen Herren bisher niemals die Rede.“ Tatsächlich, fügte Stadler hinzu, seien Parteimitglieder in der Lehrerschaft häufig „mit Arbeit für die Partei überhäuft“, und es könne „nur erwünscht sein, wenn jemand, der von der Sache etwas versteht und sich interessiert, über mehr Freizeit verfügt.“[25]
Schließlich gibt es auch Grund zum Zweifel an bisherigen Narrativen, da sie allzu stark auf gedruckte Quellen zurückgreifen. Gewiss gab es unter den Naturschützern den Typ des Vielschreibers, für den die literarische Arbeit tatsächlich im Zentrum stand; Walther Schoenichen ist dafür eines des herausragenden Beispiele. Zumeist war das Schreiben von Aufsätzen und Büchern jedoch nur ein Teil der naturschützerischen Tätigkeit, und mit Sicherheit nicht die wichtigste; den meisten Naturschützern war das Wandern vermutlich lieber als die Arbeit am eigenen Schreibtisch. Überhaupt hat es den Anschein, dass die Liebe zur heimatlichen Natur, für viele Naturschützer der entscheidende Antrieb, mit Worten nur sehr begrenzt zu umschreiben war. So wichtig intellektuelle Konstrukte wie „Heimat“ und „Volkstum“ für die Naturschützer waren, so unzulänglich ist es zugleich, allein über eine Analyse dieser Konzepte zu einem Verständnis des deutschen Naturschutzes zu gelangen. Realistischer ist es wohl, die Naturerfahrung als eine Primärerfahrung zu betrachten, die gerade dadurch so nachhaltig wirkte, dass sie eben nicht a priori in Worte gefasst war.
Insgesamt ergeben sich somit eine Reihe guter Argumente für die These, dass sich der bislang dominierende institutionen- und ideengeschichtliche Ansatz für die Geschichte des deutschen Naturschutzes als unzulänglich erwiesen hat. Zwar liefert er einige wichtige Einsichten, auf denen weitere Forschungen werden aufbauen müssen, aber er kann insgesamt gesehen doch nur ein sehr ausschnittsweises Bild der Ereignisse liefern. Vor allem vermag er für die Schlüsselfrage der Umweltgeschichte des NS-Staates keine befriedigende Antwort zu liefern: Warum verband sich der deutsche Naturschutz eigentlich so eng mit dem NS-Regime? Vor dem Hintergrund der Vorgeschichte wäre eher eine distanzierte Koexistenz von Naturschutz und Nationalsozialismus zu erwarten gewesen. Es gab keine Tradition der Unterstützung politischer Parteien, sondern im Gegenteil eine deutliche Abneigung gegen parteipolitischen Zwist. Es gab keine innere Verbindung von NS-Ideologie und Naturschutzethik, sondern vielmehr eine Reihe wesentlicher Stolpersteine. Eigentlich sollte die Geschichte des Naturschutzes im NS-Staat deshalb ein Musterbeispiel für das liefern, was Martin Broszat als Resistenz bezeichnet hat.[26] Tatsächlich war es jedoch überwiegend nicht Resistenz, was als wichtigster Wesenszug aus den Quellen der NS-Zeit hervorsticht, sondern vielmehr stürmische Begeisterung. Wie lässt sich das erklären?
Die Alternative, die mit diesem Aufsatz zur Diskussion gestellt werden soll, besteht im Kern darin, die Alltagspraxis der Naturschützer ins Zentrum zu stellen. Für die meisten Naturschützer war Naturschutz nicht etwas, worüber man redet, sondern etwas, was man tut; und diese Tätigkeit lässt sich mit dem Blick auf Ideen und institutionelle Strukturen nur ansatzweise erfassen. Methodisch kann sich ein solcher Ansatz an neueren Entwicklungen der Geschichtstheorie, etwa Bourdieus Analyse der „feinen Unterschiede“ orientieren, ohne dass dies an dieser Stelle näher ausgeführt werden soll. Hier soll es vielmehr um die Forderungen und Thesen gehen, die eine solche praxologische Ausrichtung der Forschung vor dem Hintergrund der bisherigen Historiographie der Umweltbewegungen impliziert.
Grundsätzlich erfordert ein solcher Ansatz eine Erweiterung des bislang vorzugsweise rezipierten Quellenmaterials. Neben literarischen Quellen haben sich Forscher insbesondere auf den Bestand B 245 Reichsstelle für Naturschutz des Bundesarchivs gestützt. Tatsächlich handelt es sich hierbei um einen wertvollen Bestand, der wesentliche Informationen zu Vorgängen in vielen Teilen des Reiches enthält und der über Microfiche bequem eingesehen werden kann. Aber daneben gibt es auch zahlreiche Bestände auf der lokalen und regionalen Ebene, die bislang viel zu wenig Beachtung fanden. Vor allem in den Beständen der Kreisverwaltungen finden sich oft umfangreiche Überlieferungen, nicht zuletzt deshalb, weil die Kriegsverluste in Kreisstädten oft weniger gravierend waren als in den großstädtischen Regierungssitzen. Zugleich lässt sich auf der Grundlage dieser Akten sehr viel zuverlässiger beurteilen, was für die praktische Naturschutzarbeit wichtig war.
Insgesamt ergibt sich aus diesen Beständen deutlich, dass die Vorgänge auf der regionalen Ebene, also der ehemaligen außerpreußischen Landesregierungen, der preußischen Regierungsbezirke und der Gaubezirke, für die Arbeit vor Ort wesentlich mehr Bedeutung hatten als die Vorgaben der Zentrale. Häufig finden sich auf dieser Ebene profilierte Kämpfergestalten, die als Bezirks- oder Provinzialbeauftragte für Naturschutz energisch für den Schutz der heimatlichen Natur eintraten. Das überrascht nur auf den ersten Blick: Die Berliner Zentrale besaß eine magere Personaldecke und war notorisch überarbeitet, so dass selbst wichtige Vorgänge mehrere Monate liegen blieben, bis sie ordnungsgemäß abgearbeitet wurden.[27] Zudem verzettelte sich die Reichsstelle für Naturschutz in einer Unzahl von Initiativen, die vor Ort in vielen Fällen kaum Beachtung fanden, zumal die Themen gelegentlich selbst gestandenen Naturschützern arg läppisch vorgekommen sein müssen. So forderte die Reichsstelle die Naturschutzbeauftragten im August 1937 in vollem Ernst zu Ermittlungen zum Vorkommen des Medizinischen Blutegels (Hirudo medicinalis L.) in deutschen Gewässern auf und lieferte Verhaltensinstruktionen, die nicht unbedingt dazu angetan waren, Begeisterung zu wecken: „Man wate mit nackten Beinen langsam in der Uferzone des Gewässers herum und hebe die Beine alle 1 – 2 Minuten hoch. Haben sich Egel angesetzt, so sind es bestimmt die gesuchten. Man nehme sie sofort ab, ehe sie zu saugen beginnen [...]. In etwas feuchtes Moos verpackt, lassen sich die Egel leicht mit der Post verschicken.“[28]
Zugleich erweisen sich die Bezüge und Divergenzen zwischen Naturschutzethik und NS-Ideologie beim Blick in die lokalen Akten rasch als unbedeutend. Kaum je findet sich ein Projekt, das eindeutig den Geist der NS-Zeit atmete, ja selbst nationalsozialistische Sprache findet sich in der Aktenüberlieferung der Bezirks- und Kreisbehörden nur selten. Eines der wenigen Naturschutzprojekte mit ideologischem Einschlag, die von Schoenichen angeregte Ausweisung eines Naturschutzgebiets am Kyffhäuser zwecks Ehrung der im Ersten Weltkrieg gefallenen Soldaten, gehörte sogar zu den in NS-Deutschland nicht realisierten Projekten.[29] Ganz offenkundig konnte man mit der nationalsozialistischen Ideologie in der Alltagsarbeit des Naturschutzes nicht viel anfangen: Sie störte zwar nicht, half aber auch nicht weiter. Ideologisch eindeutig gefärbte Initiativen wie Ludwig Finckhs Kampf um den Hohenstoffeln im südbadischen Hegau stellen hier die Ausnahme von der Regel dar.[30]
Vor allem zeigt sich jedoch, dass die enge Beziehung von Naturschutz und Nationalsozialismus das Ergebnis eines durchaus gewundenen Entwicklungsprozesses war. Es war keineswegs „Liebe auf den ersten Blick“: Zwar trat Walther Schoenichen zum 1. März 1933 in die NSDAP ein und schrieb seine erwähnten Aufsätze, aber darüber hinaus herrschte in den ersten Monaten eine bemerkenswerte Stille.[31] Es ist auffallend, dass sich in den Monaten nach der Machtergreifung in Naturschutzorganen und Naturschutzakten kein Wort zu den „Hitler-Eichen“ und „Hitler-Linden“ findet, die seinerzeit allerorten von eifrigen Nationalsozialisten gepflanzt wurden.[32] Erst später kamen Naturschützer auf die Idee, solche Pflanzaktionen entsprächen „dem Geist des Führers und unserer großen Zeit“.[33] Es war eben vor dem Hintergrund der bisherigen politischen Linie des deutschen Naturschutzes ein allzu harter Umschwung. Wenn man von Gruppen wie den sozialdemokratischen Naturfreunden absieht, verfolgte das Gros der deutschen Naturschutzverbände seit Jahrzehnten eine konsequente Linie parteipolitischer Abstinenz. Mit der Machtergreifung war diese Linie jedoch nicht mehr zu halten, und die entsprechende Umstellung brauchte offenkundig ihre Zeit.
Es gehört zu den Merkwürdigkeiten der bisherigen Literatur, dass der Prozess der Gleichschaltung allenfalls am Rande Beachtung findet. Gert Gröning und Joachim Wolschke-Bulmahn haben in einem Handbuchartikel sogar die These formuliert, die Naturschützer hätten die Gleichschaltung im Reichsbund Volkstum und Heimat „gleichsam widerstandslos“ über sich ergehen lassen, eine Behauptung, wie sie falscher kaum sein könnte.[34] Die deutsche Naturschutzbewegung war stärker als in anderen Ländern in einzelne Verbände fragmentiert, und Verbandsautonomie war vielerorts gewissermaßen ein Wert an sich. Das wäre schon genug gewesen, um die Gleichschaltung im Reichsbund Volkstum und Heimat, der am 27. Juli 1933 offiziell ins Leben gerufen wurde, zu einem wenig verlockenden Projekt zu machen.[35] Das Fass zum Überlaufen brachte jedoch das überhebliche Auftreten des Geschäftsführers Werner Haverbeck, zumal bald klar wurde, dass der von Haverbeck angestrebte zentralistische, auf Jugend und Arbeiter ausgerichtete Reichsbund dem traditionellen Präferenzen der Natur- und Heimatschützer direkt entgegenlief.[36] Wer die deutsche Vereinsmeierei kennt, kann sich vorstellen, dass solche Bestrebungen im naturschützerischen Establishment heftigen Widerspruch fanden.
Schon um eine Eskalation zu vermeiden, bei der sie zweifellos den Kürzeren gezogen hätten, waren die Natur- und Heimatschützer bestrebt, jeden Anschein einer offenen Rebellion zu vermeiden. Aber es wirft ein erhellendes Schlaglicht auf die unterschwelligen Bedenken, dass der Bund Naturschutz in Bayern sich nach Gründung des Reichsbunds an dessen Vorsitzenden Karl Alexander von Müller wandte, der zugleich Mitglied des eigenen Verbandes war, und sich die Zusicherung geben ließ, „dass in der Organisation des Bundes und damit in seinem Eigenleben keinerlei Aenderung eintreten werde.“ Noch bezeichnender ist, dass der Bund Naturschutz diese Zusicherung sogleich allen Gruppenvorständen und Vertrauensmännern schriftlich mitteilte, verbunden mit der Bitte, „irgendwelche Eingriffe in die Einrichtungen des Bundes [...] daher abzulehnen“ und „von etwaigen derartigen Versuchen [...] umgehend der Bundesleitung Kenntnis“ zu geben.[37] Man kann daher unschwer vermuten, dass durch die deutsche Naturschutzszene ein kollektiver Seufzer der Erleichterung ging, als Werner Haverbeck im Herbst 1934 wegen Unregelmäßigkeiten in seiner Amsführung entlassen wurde und der Reichsbund Volkstum und Heimat weniger später sang- und klanglos kollabierte.[38] Dass die ideologisch gefärbten Stellungnahmen von Naturschutzverbänden im gleichen Zeitraum signifikant abnahmen, dürfte kein Zufall sein.
Erst die Ereignisse des Jahres 1935 brachten den entscheidenden Umschwung von der distanzierten Koexistenz zur innigen Nähe, ja enthusiastischen Begeisterung in Naturschutzkreisen. Entscheidend war das Reichsnaturschutzgesetz (RNG), das dank der Unterstützung Hermann Görings am 26. Juni 1935 vom nationalsozialistischen Kabinett verabschiedet wurde und erstmals die Naturschutzbestimmungen im gesamten deutschen Reich vereinheitlichte; zugleich wurde die preußische Staatliche Stelle zur Reichsstelle erhoben. Ein entsprechendes Gesetz für Preußen war schon in der Weimarer Zeit diskutiert worden, aber letztlich am Fehlen entschlossener Unterstützung innerhalb der Ministerialverwaltung gescheitert.[39] Andere Bundesstaaten schufen zwar entsprechende Gesetze, so etwa Lippe 1920, Anhalt 1923 und Hessen 1931.[40] Aber obwohl die preußische Landesversammlung schon 1920 einvernehmlich beschlossen hatte, „die Staatsregierung zu ersuchen, mit gegebener Beschleunigung einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Schutz der Natur und der Heimat regelt“, blieb der Gesetzentwurf in der Ministerialbürokratie stecken, und das bedeutete aus naturschützerischer Sicht zweifellos eine herbe Enttäuschung.[41]
Schon allein als Symbol war das Reichsnaturschutzgesetz somit von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Gemeinschaft der Naturschützer: Anders als die Republik von Weimar nahm das NS-Regime den Naturschutz offenkundig ernst – so jedenfalls sahen es die Naturschützer. Besonders Hermann Görings tatkräftiges Eintreten für das Gesetz galt als hoffnungsvolles Signal: „Nun hat der Reichsforstmeister Göring auch den Naturschutz in seine starke Hand genommen und unseren Bestrebungen das reichsgesetzliche Rückgrat gegeben“, erklärte der Bund Naturschutz in Bayern in einem Rundschreiben an seine Gruppenführer und Vertrauensmänner.[42] Gelegentlich wurde das Gesetz auch Adolf Hitler zugeschrieben: „Ich mache ausdrücklich noch einmal darauf aufmerksam, daß dieses Naturschutzgesetz auf die Initiative des Führers hin geschaffen wurde, damit die letzten Reste ursprünglicher Natur, welche in unserer Heimat noch vorhanden sind, erhalten werden“, hieß es etwa in einem Schreiben des Landschaftsbundes Volkstum und Heimat im Gau Hessen-Nassau.[43] Der Bezug auf Hitler war zwar historiographisch unzutreffend, entsprang aber der durchaus korrekten Wahrnehmung der Naturschützer, dass es im NS-Staat nicht nur der positiven Rechtsetzung bedurfte, sondern auch der praktischen und symbolischen Unterstützung führender Nationalsozialisten.[44]
Die Hoffnung auf eine nachhaltige Unterstützung des Naturschutzes durch Göring erwies sich als trügerisch, tatkräftige Interventionen blieben seltene Ausnahmen. Aber die Hoffnung auf solche Initiativen blieb selbst im letzten Kriegsjahr noch lebendig: Der badische Naturschutzbeauftragte Hermann Schurhammer schrieb im September 1944 mit Blick auf den Konflikt um einen Staudamm im südbadischen Wutachtal, eine für den Naturschutz ungünstige Entscheidung vom Vorjahr sei nicht zwangsläufig das letzte Wort, „da der Reichsforstmeister selbst nicht entschieden hat“.[45] In der Praxis des Naturschutzes waren es jedoch vor allem die Bestimmungen des Reichsnaturschutzgesetzes, die für einen Boom der Naturschutzarbeit sorgten. Viele der Bestimmungen, etwa zur Einrichtung von Naturschutzgebieten und zur Erklärung von Naturdenkmalen, waren nicht grundsätzlich neu und fanden sich lediglich aus Gründen der reichsweiten Vereinheitlichung im Reichsnaturschutzgesetz. Einiges war jedoch in der Tat neuartig: Paragraph 19 des Reichsnaturschutzgesetzes schuf die Möglichkeit, über die Einrichtung von Naturschutzgebieten hinaus auch Landschaften insgesamt unter Schutz zu stellen. Paragraph 20 machte bei allen Projekten mit einem erheblichen Einfluss auf die Landschaft die Anhörung der Naturschutzverwaltung zur Pflicht. Schon diese beiden Bestimmungen bedeuteten in der Rechtsgeschichte des deutschen Naturschutzes einen wesentlichen Fortschritt. Entscheidend für die praktische Naturschutzarbeit wurde jedoch die Bestimmung in Paragraph 24, die für staatliche Maßnahmen zum Schutz der Natur mit wenigen Ausnahmen jegliche Entschädigungspflicht ausschloss.[46] Als Legitimation dieser Regelung, die ja letztlich nichts anderes implizierte als die Aufhebung des Rechts auf Eigentum, diente das nationalsozialistische Prinzip „Gemeinnutz vor Eigennutz“, kodifiziert in Punkt 24 des Parteiprogramms der NSDAP von 1920.[47]
Der Wert dieser Regelung wird verständlich, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Verhandlungen mit Grundstückseigentümer in der Alltagsarbeit der Naturschützer traditionell zu den schwierigsten Problemen gehörten. Gewiss würde es zu weit gehen, den Eigentümern grundsätzlich jedes Verständnis für die Belange des Naturschutzes abzusprechen, und mehr als einmal konnte man am Ende der Verhandlungen eine einvernehmliche Regelung erzielen. Aber es bedurfte letztlich nur eines einzigen Grundstücksbesitzers, um im Extremfall ein ganzes Naturschutzprojekt zu Fall zu bringen. Bezeichnenderweise hatten die deutschen Naturschützer eine Regelung, wie sie der Paragraph 24 des Reichsnaturschutzgesetzes vorsah, schon 20 Jahre vor der Machtergreifung gefordert: Als das Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt 1910 ein „Gesetz gegen Verunstaltung von Stadt und Land“ verabschiedete, das entschädigungslose Enteignungen zum Schutz der Landschaft ermöglichte, wandten sich eine Reihe prominenter Natur- und Heimatschützer, unter ihnen Ernst Rudorff, Carl Fuchs und Fritz Koch, sämtlich Schlüsselfiguren im Bund Heimatschutz, an die übrigen Regierungen des Reichs mit der Bitte, auch dort ein entsprechendes Gesetz zu verabschieden. Allerdings bewies die Petition zugleich das Bewusstsein, dass solche entschädigungslosen Enteignungen eine rechtsstaatlich sensible Grenze überschritten und zudem alles andere als populär waren. Die Eingabe an die deutschen Regierungen trug den Vermerk „Vertraulich! Zum Behalten, jedoch nicht zur Veröffentlichung.“[48] Sie führte denn auch nicht zur Verabschiedung weiterer Gesetze nach dem Vorbild Schwarzburg-Rudolstadts.
Es ist also durchaus nicht übertrieben, im Reichsnaturschutzgesetz von 1935 die nahezu umfassende Verwirklichung von Wünschen zu sehen, die in Naturschutzkreisen seit dem Kaiserreich existiert hatten. Einzig vormalige Überlegungen zur Einrichtung von Nationalparken fanden im Gesetz keine Berücksichtigung; stattdessen schuf Paragraph 18 die Möglichkeit zur Einrichtung so genannter „Reichsnaturschutzgebiete“, eine Regelung, die in insgesamt vier Fällen Anwendung fand; in allen Fällen handelte es sich um Gebiete, in denen Hermann Göring seiner Jagdleidenschaft nachging.[49] Vier Jahre nach der Verabschiedung des Reichsnaturschutzgesetzes versuchte Lutz Heck sogar diese noch verbliebene Gesetzeslücke zu schließen, indem er eine Initiative zur Schaffung von Nationalparken startete.[50] Der Beginn des Zweiten Weltkriegs verhinderte allerdings die Umsetzung des Plans, und so verging noch ein gutes Vierteljahrhundert, bis 1969 im Bayerischen Wald der erste deutsche Nationalpark eröffnet wurde.[51]
Aber auch ohne diese rechtliche Option bot das Reichsnaturschutzgesetz sehr weitreichende Möglichkeiten für die Naturschutzpraxis; und diese wurden von Naturschützern bald äußerst rege genutzt. Die entscheidende Dynamik kam dabei von unten, von den Naturschutzbeauftragten auf der lokalen und regionalen Ebene. Es ist bemerkenswert, dass die Reichsstelle für Naturschutz einen vorsichtigen Umgang mit der Möglichkeit entschädigungsloser Enteignungen empfahl: Der autoritative Kommentar zum Reichsnaturschutzgesetz mahnte „eine schonende Behandlung der Betroffenen“ an und befürwortete „jeweils eine gerechte Abwägung zwischen den Naturschutzbelangen und den Lebensbedürfnissen der im Einzelfalle von Naturschutzmaßnahmen betroffenen Volksgenossen“.[52] Hans Klose sprach sogar unumwunden von „Enteignung“, als die Schutzverordnung für den schon erwähnten Hohenstoffeln die Stilllegung eines Steinbruchbetriebs erzwang und damit eine Millioneninvestition wertlos wurde.[53] Auf der regionalen und lokalen Ebene waren solche Bedenken jedoch deutlich weniger ausgeprägt. Die Enteignungsoption war vor dem Hintergrund der Alltagsarbeit der Naturschützer einfach viel zu verlockend: Die langwierigen Verhandlungen mit Eigentümern konnte man nun bequem abkürzen, denn im Zweifelsfall saß man mit der Enteignungsklausel am längeren Hebel. Wie sehr dabei das Recht auf Eigentum eingeschränkt wurde, zeigt der Fall des Naturschutzgebiets Westruper Heide am Nordrand des Ruhrgebiets, in dem ein Wasserwerk 60 000 Reichsmark für rund 200 Morgen landwirtschaftlich genutztes Land geboten hatte. Die Naturschutzverwaltung torpedierte die Vereinbarung mit dem Bauern, indem sie das Land vorläufig sicherstellte, eine Maßnahme, die gewöhnlich der Ausweisung eines Naturschutzgebiets vorausging. Zwar war die grundsätzliche Notwendigkeit einer Entschädigung verwaltungsintern unumstritten, aber das Angebot der Verwaltung betrug lediglich 21 000 Reichsmark. Erst im Verlauf mehrerer Verhandlungsrunden gelang es dem Bauern, die Verkaufssumme auf 32 000 Reichsmark zu steigern, ein Betrag, der aber immer noch um fast die Hälfte unter dem Marktpreis lag.[54] Es ist bezeichnend für die naturschützerische Doppelmoral, dass sich in den überlieferten Dokumenten kein Hinweis auf den Paragraphen 24 findet, obwohl dieser zweifellos eine Schlüsselrolle in den Verhandlungen spielte. In seinem Jahresbericht sprach Karl Oberkirch als Bezirksbeauftragter für Naturschutz im Gebiet des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk lediglich von „langwierigen Verhandlungen“.[55]
Die Zeit nach der Verabschiedung des Reichsnaturschutzgesetzes war somit in allen Teilen des Reiches von einer hektischen Betriebsamkeit geprägt. Die weitreichenden Innovationen des Reichsnaturschutzgesetzes initiierten einen Boom der Naturschutzarbeit, der selbst in der Kriegszeit noch erstaunlich lange nachwirkte. Die Zahl der Naturschutzgebiete schnellte deshalb in zahlreichen Regionen rapide in die Höhe. So wurden etwa in Württemberg zwischen 1937 und 1943 nicht weniger als 46 Naturschutzgebiete, in Baden sogar 58 Naturschutzgebiete geschaffen.[56] Für Schleswig-Holstein, wo 1935 insgesamt 10 Naturschutzgebiete existiert hatten, berichtete der Provinzialbeauftragte Walther Emeis 1938 von 12 zusätzlichen Schutzgebiete sowie einem halben Dutzend weiterer Verfahren, die noch nicht abgeschlossen waren.[57] Der sauerländische Naturschutzbeauftragte Wilhelm Lienenkämper berichtete für die Geschäftsjahre 1936/37 und 1937/38 von insgesamt 19 Schutzverfahren.[58] Natürlich waren Zahl und Größe der Naturschutzgebiete nicht der einzig mögliche Indikator für den Erfolg der Naturschutzarbeit, und vor allem im Rückblick stellt sich durchaus die Frage, ob dieser Boom der Schutzgebiete durch die gleichzeitigen Kultivierungsbestrebungen und Flussregulierungen des Reichsarbeitsdienstes nicht mehr als aufgewogen wurden. Den Naturschützern des Dritten Reichs waren solche Abwägungen jedoch weitgehend fremd: Für eine Bewegung, die sich stets enger an den Staat angelehnt hatte als die Naturschutzbewegungen der meisten anderen europäischen Länder, waren staatliche Schutzdekrete seit jeher der selbstverständlichste Gradmesser des eigenen Erfolgs. Im Übrigen verband sich mit der Ausweisung zahlreicher Schutzgebiete ein immenser bürokratischer Aufwand, was eine nüchterne Abwägung über den damit verbundenen Erfolg schon per se nicht gerade ermutigte.[59]
Umwelthistoriker haben wiederholt die Klagen der Naturschützer über die Missachtung des Paragraphen 20 RNG zitiert, dem zufolge alle Behörden verpflichtet waren, „vor Genehmigung von Maßnahmen oder Planungen, die zu wesentlichen Veränderungen der freien Landschaft führen können, die zuständigen Naturschutzbehörden rechtzeitig zu beteiligen.“[60] Aber die entsprechenden Klagen waren keineswegs universal: Karl Oberkirch berichtete beispielsweise für das Ruhrgebiet, „daß die planenden Stellen jeder Art [...] in zunehmendem Maße sich bemühen, der deutschen Landschaft gerecht zu werden und die notwendigen Eingriffe mit den Forderungen des Naturschutzes in Einklang zu bringen.“[61] Überhaupt zeigt die Analyse der naturschützerischen Alltagsarbeit, dass solche Klagen von den wirklich brisanten Problemen des Naturschutzes ablenkten. Denn wo die Anhörung der Naturschützer tatsächlich stattfand, nahm sie sich bei Lichte besehen oft alles andere als beeindruckend aus. Karl Oberkirch erstattete über seine Beteiligung an einem Pipelineprojekt im nördlichen Ruhrgebiet einmal folgendermaßen Bericht: „Ich habe an dem Termin teilgenommen, ohne über die Planung irgendwie unterrichtet gewesen zu sein. Während des Termins habe ich mühsam versucht, die Linienführung, die wichtige Landschaftsteile durchschneidet, in meine Karte einzutragen. Zwei Tage vorher hat der Kreisbeauftragte mir mitgeteilt, daß er im allerletzten Augenblick Gelegenheit hatte, den öffentlich ausliegenden Plan einzusehen, das Gelände zu begehen und einen Einspruch gegen die Planung einzubringen.“ Oberkirch verzichtete darauf, selbst einen Einspruch zu formulieren und beschränkte sich auf eine lauwarme Bitte, gerodete Wallhecken nach Abschluss der Bauarbeiten wiederherzustellen.[62] Eine notorische Arbeitsüberlastung, verbunden mit einer völligen Unfähigkeit der meisten Naturschützer, wichtige von weniger wichtigen Aufgaben zu unterscheiden, war allem Anschein nach deutlich gravierender als die mangelnde Beachtung der gesetzlichen Regelungen durch andere staatliche Organe.
Tatsächlich überrascht in vielen Fällen das Ausmaß der Kooperationsbereitschaft, das andere Behörden der Naturschutzverwaltung entgegenbrachten. Man gewinnt den Eindruck, dass Naturschutz als staatliche Aufgabe mit dem Reichsnaturschutzgesetz quasi satisfaktionsfähig geworden war: In Anbetracht der weitreichenden gesetzlichen Möglichkeiten sowie der Protektion durch Hermann Göring erschien es offenkundig vielen Institutionen ratsam, mit der Naturschutzverwaltung zu kooperieren, statt den Konflikt zu wagen. Während beispielsweise das Verhältnis zwischen Naturschutz und Landwirtschaft in der Gegenwart hoffnungslos zerrüttet ist, war die Beziehung in der NS-Zeit noch durchaus tragfähig. Der westfälische Landesbauernführer regte etwa im Dezember 1936 „ein verständnisvolles Abwägen der beiderseitigen Belange“ im Wege einer institutionalisierten Zusammenarbeit von Reichsnährstand und Naturschutzverwaltung an.[63] Es gab nachhaltigen Protest aus der Naturschutzverwaltung, als Joseph Goebbels am Bogensee nördlich von Berlin 1939 seinen Waldhof baute, und es bedurfte wiederholter Interventionen Hermann Görings, um diesen Widerstand zu brechen.[64] Selbst im Zweiten Weltkrieg finden sich noch Fälle eines tatkräftigen Eintretens anderer Stellen für Naturschutzbelange. Der erwähnte Entscheidung im Wutachprojekt ging ein heftiger Konflikt zwischen der badischen Naturschutzverwaltung und dem Generalinspektor für Wasser und Energie sowie dem Schluchseewerk voraus, durch den das als kriegswichtig eingestufte Projekt mehr als ein Jahr lang blockiert worden war – von einer leichtfüßigen Umgehung naturschützerischer Einwände keine Spur![65] Als ein Landwirt in der Gemeinde Alstätte im Westmünsterland um die Jahreswende 1942/43 eine als Naturdenkmal geschützte Wacholderhecke rodete, begab sich der zuständige Landrat persönlich an den Ort des Geschehens und bedachte den Täter, der den Hof als Pächter erst kurz zuvor übernommen hatte und dem die Bedeutung der Hecke unbekannt gewesen war, mit einer heftigen Ermahnung, kulminierend in der Drohung, „daß es wohl die höchste Zeit sei, daß er als Soldat nach Rußland käme und dort sehe, was deutsche Heimat bedeute“. Der Pächter antwortete „in bescheidenem Tone“, dass er erst wenige Monate zuvor von der Ostfront zurückgekehrt sei.[66] So ergeben sich insgesamt doch recht deutliche Zweifel an der kürzlich von Hans-Werner Frohn formulierten These, es sei in der NS-Zeit „de facto [...] gegen kaum ein anderes Gesetz so oft verstoßen“ worden wie gegen das Reichsnaturschutzgesetz, ganz abgesehen davon, dass eine solche Formulierung dem NS-Staat einen rechtsstaatlichen Charakter unterstellt, den dieser bekanntlich nie besessen hat.[67]
Ein Ansatz, der die Alltagspraxis des Naturschutzes ins Zentrum stellt, kann deshalb eine neue und wesentlich tragfähigere Erklärung dafür bieten, warum der deutsche Naturschutz das NS-Regime so nachhaltig unterstützte: Der NS-Staat eröffnete den Naturschützern seit 1935 Möglichkeiten, die sie seit langem ersehnt hatten. Bisweilen hat es geradezu den Anschein, dass Naturschützer, benebelt vom Nimbus staatlicher Omnipotenz, wie im Rausch agierten: „Wenn Mutter Natur bedroht ist, fragte der wahre Naturfreund nicht nach der Zuständigkeit“, begründete Wilhelm Lienenkämper lakonisch seinen Rekurs auf Bestimmungen des Reichsjagdgesetzes, für den er von Amts wegen keinerlei Befugnis hatte.[68] Während die ideologische Brücke zwischen NS-Ideologie und Naturschutzethik stets brüchig blieb, gab es unter den Naturschützern nie einen Zweifel, dass das Reichsnaturschutzgesetz extrem vorteilhafte Regelungen enthielt, und das tatkräftige Ausschöpfen der entsprechenden Möglichkeiten wurde zur zentralen Beschäftigung für die Naturschützer im NS-Staat. Und dass diese Arbeitsbedingungen aus der Binnensicht der Bewegung aufs Schärfste mit der Misere des Naturschutzes in der Weimarer Republik kontrastierten, lag eben nicht nur am Versagen der preußischen Ministerialverwaltung in den 1920er Jahren, sondern auch an prinzipiellen Grenzen des Naturschutzes im demokratischen Rechtsstaat: Bedingungen, wie sie das Reichsnaturschutzgesetz bot, hätte die Weimarer Republik unter keinen Umständen bieten können. Aber solche grundsätzlichen Zweifel blieben den Naturschützern von wenigen Ausnahmen abgesehen fremd. Es ist auffallend, dass der Paragraph 24 auch nach dem Ende des Dritten Reiches in der Literatur kaum kritisch diskutiert und sogar weiterhin angewandt wurde. Noch 1949 berief sich die nordrhein-westfälische Kultusverwaltung auf die entsprechende Bestimmung des RNG, als sie Entschädigungsforderungen eines sauerländischen Steinbruchbesitzers abwimmelte: Auch ohne Ausgleichszahlungen hätten die staatlichen Organe „dem Gedanken, dass der Naturschutz nicht ohne Rücksicht auf die Existenz einzelner Volksgenossen [sic!] zur Geltung gebracht werden sollte, im Rahmen des Möglichen Rechnung getragen.“[69] Erst Artikel 14 des Grundgesetzes, der entschädigungslose Enteignungen grundsätzlich untersagte, beendete dieses unrühmliche Kapitel der Naturschutzgeschichte.[70]
Ein Ansatz, der die naturschützerische Alltagspraxis ins Zentrum stellt, hat weitere Vorzüge, die an dieser Stelle nur kurz angedeutet seien. So eröffnet sich auf diesem Weg ein neuer Weg zur Lösung des gern diskutierten Definitionsproblems von Naturschutz: Ein Naturschützer ist aus praxologischer Sicht Mitglied eines kommunikativen Netzwerks. Entscheidend ist somit nicht die Frage der institutionellen oder zivilgesellschaftlichen Verankerung einer Person, sondern vielmehr die Frage, ob sie durch Teilnahme an laufenden Debatten, durch Mithilfe in der Vereins- oder Verwaltungsarbeit oder auf andere Weise an der naturschützerischen Alltagstätigkeit partizipierte. Eine im weiten Sinne praktische Tätigkeit entschied über die Zugehörigkeit zum naturschützerischen Netzwerk, nicht ein bestimmter thematischer Kanon oder die Übernahme bestimmter Ideologeme wie Volkstum oder Heimat. Ein solcher Ansatz ist zudem eine attraktive Alternative zu modernisierungstheoretischen Ansätzen, die über emphatische Kritik an einer Etikettierung des Natur- und Heimatschutzes als „Antimodernismus“ bislang nicht so recht hinausgekommen sind.[71] Schließlich stellt der praxologische Ansatz ein wichtiges Gegengewicht dar gegen jüngste Versuche, die Geschichte des Naturschutzes zur Akzeptanzbeschaffung in der heutigen Naturschutzarbeit zu mobilisieren.[72]
Schließlich ergeben sich aus einem praxologischen Ansatz auch neue Perspektiven für die Frage nach möglichen Lehren für die Umweltbewegung der Gegenwart, die die Forschung zum Verhältnis von Naturschutzbewegung und NS-Staat von Anfang an begleitet hat. Lange Zeit konzentrierte sich die Debatte überwiegend auf ideologische Affinitäten, ohne dass das Resultat historiographisch sonderlich überzeugen konnte.[73] Vor dem Hintergrund der beschriebenen Alltagsarbeit des deutschen Naturschutzes ignoriert der Blick auf ideologische Beziehungen jedoch das eigentlich brisante Problem: Man musste gar kein überzeugter Nazi sein, um das NS-Regime zu loben und mit NS-Instanzen zu kooperieren.[74] Es waren eben nicht fanatische Ideologen, die im Frühjahr 1943 versuchten, Heinrich Himmler im Kampf um die Wutachschlucht zu einer Intervention zu bewegen, sondern Personen wie Hans Klose und Hermann Schurhammer, die ansonsten durch ideologische Zurückhaltung auffielen – und dass der Versuch am Ende fehlschlug, weil der Reichsführer SS (wie ein SS-Obergruppenführers entschuldigend schrieb) „gerade in letzter Zeit unerhört wichtige und vordringliche Aufgaben zu meistern hat“, entschuldig dabei nichts.[75] Die Geschichte des Naturschutzes im NS-Staat ist vor allem die Geschichte „ganz normaler Naturschützer“, die sich unverhofft mit extrem günstigen Arbeitsbedingungen konfrontiert sahen und diese mit bestürzender Skrupellosigkeit zu nutzen bestrebt waren. Grundsätzliche ethische Überlegungen, etwa mit Blick auf die Eigentumsrechte der Besitzer von Naturschutzobjekten, spielten dabei eine erschreckend marginale Rolle, von prinzipiellen Skrupeln in der Zusammenarbeit mit einer menschenverachtenden Diktatur einmal ganz zu schweigen. Es handelt sich somit um ein Lehrstück über einen Umweltschutz, der sich ganz auf den Schutz von Natur und Landschaft konzentriert und allgemeine gesellschaftliche Bezüge systematisch ausblendet. Im Juli 2002 stellte Joachim Radkau auf dem Berliner Fachkongress „Naturschutz und Nationalsozialismus“ die Frage, ob es „eine Art der Faszination durch die wilde Natur [gebe], die zwangsläufig zu einem Desinteresse an den Menschenrechten, wenn nicht gar zu einer verächtlichen Haltung diesen gegenüber führt“.[76] Es sieht so aus, dass man diese Frage nunmehr wird bejahen müssen.
Dr. Frank Uekötter ist Dilthey-Fellow am Forschungsinstitut des Deutschen Museums in München. In Kürze erscheint sein Buch „The Green and the Brown. A History of Conservation in Nazi Germany“ bei Cambridge University Press.
[1] Für eine ausführliche Diskussion der Forschungsentwicklung vgl. Frank Uekötter, Natur- und Landschaftsschutz im Dritten Reich: Ein Literaturbericht, in: Joachim Radkau / Frank Uekötter (Hg.), Naturschutz und Nationalsozialismus, Frankfurt/M. und New York 2003, S. 447-481, und Frank Uekötter, Umweltbewegung zwischen dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft und der „ökologischen Wende“: Ein Literaturbericht, in: Historical Social Research 28 (2003), S. 270-289.
[2] Vgl. insbes. Monika Bergmeier, Umweltgeschichte der Boomjahre 1949-1973. Das Beispiel Bayern, Münster u.a. 2002; Jens Ivo Engels, Ideenwelt und politische Verhaltensstile von Naturschutz und Umweltbewegung in der Bundesrepublik 1950-1980, Habil. Universität Freiburg 2004; Kai F. Hünemörder, Die Frühgeschichte der globalen Umweltkrise und die Formierung der deutschen Umweltpolitik (1950-1973), Stuttgart 2004; Thomas Lekan, Imagining the Nation in Nature. Landscape Preservation and German Identity, 1885-1945, Cambridge 2003; Willi Oberkrome, „Deutsche Heimat.“ Nationale Konzeption und regionale Praxis von Naturschutz, Landschaftsgestaltung und Kulturpolitik in Westfalen-Lippe und Thüringen (1900-1960), Paderborn 2004; Thomas Zeller, Straße, Bahn, Panorama. Verkehrswege und Landschaftsveränderung in Deutschland von 1930 bis 1990, Frankfurt und New York 2002. Einen Überblick über die Forschung bietet Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus, und Franz-Josef Brüggemeier / Mark Cioc / Thomas Zeller (Hg.), How Green Were the Nazis? Nature, Environment, and Nation in the Third Reich, Athens 2005.
[3] Anlass für die folgenden Überlegungen war die Arbeit an einer Monographie über Naturschutz und Nationalsozialismus, die in Kürze bei Cambridge University Press erscheint (Frank Uekötter, The Green and the Brown. A History of Conservation in Nazi Germany, New York 2006). Beim Schreiben dieses Buchs zeigten sich die Potentiale und Probleme bisheriger Narrative mit wachsender Deutlichkeit, so dass die Monographie am Ende über die anvisierte Synthese der Forschung deutlich hinausging. Der vorliegende Aufsatz stellt die methodischen Prämissen dieser Arbeit zur Diskussion.
[4] Friedemann Schmoll, Erinnerung an die Natur. Die Geschichte des Naturschutzes im deutschen Kaiserreich, Frankfurt und New York 2004.
[5] So etwa Gert Gröning / Joachim Wolschke-Bulmahn, Liebe zur Landschaft. Teil 1: Natur in Bewegung. Zur Bedeutung natur- und freiraumorientierter Bewegungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts für die Entwicklung der Freiraumplanung, Münster 1995, S. 196.
[6] Lekan, Imagining.
[7] Vgl. die Zusammenfassung des damaligen Forschungsstandes bei Burkhardt Riechers, Nature Protection during National Socialism, in: Historical Social Research Bd. 21 Nr. 3 (1996), S. 34-56.
[8] Vgl. hierzu vor allem Schmoll, Erinnerung; Zeller, Straße; Oberkrome, Heimat; sowie die Beiträge von Radkau, Schmoll und Fischer in Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus.
[9] Thomas Potthast, Die Evolution und der Naturschutz. Zum Verhältnis von Evolutionsbiologie, Ökologie und Naturethik, Frankfurt und New York 1999.
[10] Vgl. etwa Thomas Zeller, „Ich habe die Juden möglichst gemieden“. Ein aufschlußreicher Briefwechsel zwischen Heinrich Wiepking und Alwin Seifert, in: Garten + Landschaft 8 (1995), S. 4-5.
[11] Dazu ausführlich Friedemann Schmoll, Die Verteidigung organischer Ordnungen. Naturschutz und Antisemitismus zwischen Kaiserreich und Nationalsozialismus, in: Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus, S. 169-182. Gert Gröning hat kürzlich der Naturschutzbewegung ein pervasiven Antisemitismus auch für die Nachkriegszeit unterstellt, ist dafür jedoch den Beweis schuldig geblieben. (Gert Gröning, Siegfried Lichtenstaedter. „Naturschutz und Judentum, ein vernachlässigtes Kapitel jüdischer Sittenlehre“ – ein Kommentar, in: Gert Gröning / Joachim Wolschke-Bulmahn [Hg.], Arbeitsmaterialien zum Workshop „Naturschutz und Demokratie!?“, Hannover 2004, 41-44.) Es berührt im Übrigen merkwürdig, dass dieser Beitrag in einem Reader erschien, der in bedenklichem Ausmaß jüdischen und israelischen Naturschutz in eins setzte und damit ein Interpretationsmuster bedient, das der Zentralrat der Juden Deutschlands seit Jahren vollkommen zurecht kritisiert.
[12] Staatsarchiv Würzburg Landratsamt Ebern Nr. 1336, Der Regierungsbeauftragte für Naturschutz in Unterfranken an die Bezirksbeauftragten für Naturschutz in Mainfranken, 12. März 1937.
[13] Bundesarchiv Berlin Document Center Speer Listen Best. 8461 E 0104 Bl. 32-68.
[14] Vgl. dazu Zeller, Straße, und ders., „Ganz Deutschland sein Garten“. Alwin Seifert und die Landschaft des Nationalsozialismus, in: Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus, S. 273-307.
[15] Einzige Ausnahme war der Bereich des Vogelschutz, der im Herbst 1938 auf Anordnung des Reichsforstmeisters im Reichsbund für Vogelschutz konsolidiert wurde. (Vgl. dazu Anna-Katharina Wöbse, Lina Hähnle und der Reichsbund für Vogelschutz. Soziale Bewegung im Gleichschritt, in: Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus, S. 309-328.)
[16] Walther Schoenichen, „Das deutsche Volk muß gereinigt werden“. – Und die deutsche Landschaft?, in: Naturschutz 14 (1933), S. 205-209.
[17] Walther Schoenichen, Der Naturschutz – ein Menetekel für die Zivilisation!, in: Naturschutz 15 (1933/34), S. 1-3.
[18] Walther Schoenichen, Naturschutz im Dritten Reich. Einführung in Wesen und Grundlagen zeitgemäßer Naturschutz-Arbeit, Berlin-Lichterfelde 1934.
[19] Stefan Körner, Theorie und Methodologie der Landschaftsplanung, Landschaftsarchitektur und Sozialwissenschaftlichen Freiraumplanung vom Nationalsozialismus bis zur Gegenwart, Berlin 2001, S. 261.
[20] Vgl. Susanne Falk, „Eine Notwendigkeit, uns innerlich umzustellen, liege nicht vor“. Kontinuität und Diskontinuität in der Auseinandersetzung des Sauerländischen Gebirgsvereins mit Heimat und Moderne 1918-1960, in: Matthias Frese / Michael Prinz (Hg.), Politische Zäsuren und gesellschaftlicher Wandel im 20. Jahrhundert. Regionale und vergleichende Perspektiven, Paderborn 1996, S. 401-17.
[21] Vgl. zu Schultze-Naumburg Andreas Knaut, Zurück zur Natur! Die Wurzeln der Ökologiebewegung (Supplement 1 [1993] des Jahrbuchs für Naturschutz und Landschaftspflege), Greven 1993, S. 54-60, und Norbert Borrmann, Paul Schultze-Naumburg 1869-1949. Maler, Publizist, Architekt. Vom Kulturreformer der Jahrhundertwende zum Kulturpolitiker im Dritten Reich, Essen 1989.
[22] Heinrich Rubner, Deutsche Forstgeschichte 1933-1945. Forstwirtschaft, Jagd, und Umwelt im NS-Staat, St. Katharinen 1985, S. 83.
[23] Vgl. dazu Volker Knopf / Stefan Martens, Görings Reich. Selbstinszenierungen in Carinhall, Berlin 1999, S. 54, und Rubner, Deutsche Forstgeschichte, S. 130.
[24] Vgl. jedoch jüngst Hermann Behrens, Hans Klose und der Nationalsozialismus – preußischer Beamter? Mitläufer? Mittäter? , in: Studienarchiv Umweltgeschichte 10 (2005), S. 19-44; der hier praktizierte Versuch, Klose als „Mittäter“ zu entlarven, gelingt freilich nur über eine problematische Ausweitung des Täterbegriffs.
[25] Staatsarchiv Würzburg Landratsamt Ebern Nr. 1336, Der Regierungs-Beauftragte der NSDAP für Naturschutz in Unterfranken an Hauptlehrer Hoch in Ebern, 11. März 1935.
[26] Zum Resistenzbegriff vgl. Martin Broszat, Resistenz und Widerstand. Eine Zwischenbilanz des Forschungsprojekts, in: Martin Broszat / Elke Fröhlich / und Anton Grossmann (Hg.), Bayern in der NS-Zeit. Bd. 4, München 1981, S. 697.
[27] Vgl. etwa Generallandesarchiv Karlsruhe Abt. 235 Nr. 48295, Minister des Kultus und Unterrichts an den Reichsforstmeister, 25. August 1938, und Bundesarchiv B 245/6 Bl. 224.
[28] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf BR 1011 Nr. 43 Bl. 185.
[29] Walther Schoenichen, Naturschutz als völkische und internationale Kulturaufgabe, Jena 1942, S. 55.
[30] Vgl. zu diesem Konflikt Volker Ludwig, Die Entstehung des Naturschutzgebietes „Hohenstoffeln“, in: Hegau 42 (1997/98), S. 153-90; Kurt Oesterle, Doktor Faust besiegt Shylock. Wie Ludwig Finckh den Hohenstoffel rettete und wie der Reichsführer-SS Heinrich Himmler als sein Mephisto ihm dabei half, in: Hegau 42 (1997/98), S. 191-208. Allerdings sind die Interpretationen von Ludwig und Oesterle in mehreren Punkten revisionsbedürftig; vgl. dazu Uekötter, The Green, Kap. 4.1.
[31] Bundesarchiv Berlin Document Center, Mitgliedsnummer 1510121 vom 1. März 1933.
[32] Ian Kershaw, The “Hitler Myth”. Image and Reality in the Third Reich, Oxford 1987, S. 55.
[33] Westfälisches Archivamt Münster LWL Bestand 702 Nr. 184b Bd. 2, Wilhelm Lienenkämper, Das Naturschutz-ABC, S. 9.
[34] Gert Gröning / Joachim Wolschke-Bulmahn, Landschafts- und Naturschutz, in: Diethart Kerbs / Jürgen Reulecke (Hg.), Handbuch der deutschen Reformbewegungen 1880-1933, Wuppertal 1998, S. 23-34; S. 30.
[35] Thomas Scheck, Denkmalpflege und Diktatur. Eine Untersuchung über die Erhaltung von Bau- und Kulturdenkmälern im Deutschen Reich zur Zeit des Nationalsozialismus unter besonderer Berücksichtigung der preußischen Provinz Schleswig-Holstein, Diss. Universität Kiel 1993, S. 89, 230.
[36] Karl Ditt, Raum und Volkstum. Die Kulturpolitik des Provinzialverbandes Westfalen 1923-1945, Münster 1988, S. 214.
[37] Staatsarchiv Würzburg Landratsamt Bad Kissingen Nr. 1237, Bund Naturschutz in Bayern an sämtliche Gruppenvorstände und Vertrauensmänner des Bundes Naturschutz in Bayern, 10. Oktober 1933.
[38] Ditt, Raum, S. 215.
[39] Vgl. die Vorgänge in Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz HA I Rep. 90 A Nr. 1798. Gelegentliche Behauptungen, das Gesetz sei an der schwierigen Entschädigungsproblematik gescheitert, können mit Blick auf die weitgehend problemlose Verabschiedung von Naturschutzgesetzen in anderen Bundesstaaten nicht zu überzeugen. (Vgl. etwa Michael Wettengel, Staat und Naturschutz 1906-1945. Zur Geschichte der Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege in Preußen und der Reichsstelle für Naturschutz, in: Historische Zeitschrift 257 [1993], S. 355-399; S. 378; und Charles Closmann, Legalizing a Volksgemeinschaft. Nazi Germany’s Reich Nature Protection Law of 1935, in: Brüggemeier u.a., How Green, S. 28.)
[40] Roland Siekmann, Eigenartige Senne. Zur Kulturgeschichte der Wahrnehmung einer peripheren Landschaft, Lemgo 2004, S. 343; Walther Schoenichen / Werner Weber, Das Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935 und die Verordnung zur Durchführung des Reichsnaturschutzgesetzes vom 31. Oktober 1935 nebst ergänzenden Bestimmungen und ausführlichen Erläuterungen, Berlin-Lichterfelde 1936, S. 125; Staatsarchiv Darmstadt G 21 A Nr. 8/21 und G 33 A Nr. 16/6.
[41] Sitzungsberichte der verfassunggebenden Preußischen Landesversammlung, Tagung 1919/21, 9. Band, Berlin 1921, Sp. 11782f.
[42] Staatsarchiv Würzburg Landratsamt Bad Kissingen Nr. 1237, Bund Naturschutz in Bayern an sämtliche Herren Gruppenführer und Vertrauensmänner des Bundes Naturschutz in Bayern, 28. August 1935.
[43] Staatsarchiv Darmstadt G 38 Eudorf Nr. 47, Landschaftsbund Volkstum und Heimat an die Ortsringleiter, 4. Juni 1938.
[44] Zur Entstehungsgeschichte des Reichsnaturschutzgesetzes vgl. Wettengel, Staat, und Edeltraud Klueting, Die gesetzlichen Regelungen der nationalsozialistischen Reichsregierung für den Tierschutz, den Naturschutz und den Umweltschutz, in: Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus, S. 77-105.
[45] Badisches Generallandesarchiv Karlsruhe Best. 235 Nr. 47677, Badische Landesnaturschutzstelle an den Minister des Kultus und Unterrichts, Abteilung Erziehung, Unterricht und Volksbildung des Chefs der Zivilverwaltung im Elsass, 5. September 1944, S. 2. Hervorhebung im Original.
[46] Zum Reichsnaturschutzgesetz vgl. ausführlich Schoenichen / Weber, Reichsnaturschutzgesetz, sowie Gustav Mitzschke, Das Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935 nebst Durchführungsverordnung vom 31. Oktober 1935 und Naturschutzverordnung vom 18. März 1936 sowie ergänzenden Bestimmungen, Berlin 1936.
[47] Walther Hofer, Der Nationalsozialismus. Dokumente 1933-1945, Frankfurt 1957, S. 31.
[48] Generallandesarchiv Karlsruhe Abt. 235 Nr. 48254, Eingabe an die deutschen Regierungen, o.J. (ca. 1913].
[49] Reinhard Piechocki, „Reichsnaturschutzgebiete“ – Vorläufer der Nationalparke?, in: Nationalpark 107 (2000), S. 28-33.
[50] Staatsarchiv Darmstadt G 15 Friedberg B 101, Niederschrift über die Arbeitsbesprechung und Bereisung am 19. und 20. Juni 1939 in Frankfurt a.M. und Umgebung, S. 1. Die Behauptung bei Gröning und Wolschke-Bulmahn, das Projekt sei erst nach Beginn des Zweiten Weltkriegs in Angriff genommen worden und überhaupt existiere ein klarer „Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Kriegszielen“, basiert somit auf einer falschen Datierung der Heck’schen Initiative. (Gröning / Wolschke-Bulmahn, Liebe zur Landschaft Teil 1, S. 209 [Zitat], und Gert Gröning, Naturschutz und Nationalsozialismus, in: Grüner Weg 31 a 10 [Dezember 1996], S. 16.)
[51] Vgl. Hans-Dietmar Koeppel / Walter Mrass, Natur- und Nationalparke, in: Gerhard Olschowy (Hg.), Natur- und Umweltschutz in der Bundesrepublik Deutschland, Hamburg und Berlin 1978, S. 810.
[52] Schoenichen / Weber, Reichsnaturschutzgesetz, S. 114.
[53] Generallandesarchiv Karlsruhe Abt. 235 Nr. 48275, Der Direktor der Reichsstelle für Naturschutz an Ministerialrat Asal im Ministerium des Kultus und Unterrichts, 7. Mai 1940.
[54] Vgl. die entsprechenden Vorgänge in Westfälisches Archivamt Münster LWL Best. 702 Nr. 185.
[55] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf RW 24 Nr. 961, Naturdenkmalpflege und Naturschutz im Gebiete des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk. Tätigkeitsbericht des Bezirksbeauftragten für Naturschutz in Essen für die Geschäftsjahre 1935/36 und 1936/37, S. 8.
[56] Bärbel Häcker, 50 Jahre Naturschutzgeschichte in Baden-Württemberg. Zeitzeugen berichten, Stuttgart 2004, S. 28.
[57] Walther Emeis, Der gegenwärtige Stand des Naturschutzes in Schleswig-Holstein, in: Die Heimat 48 (1938), S. 139-146, 169-175, 214-219; S. 142-145.
[58] Westfälisches Archivamt Münster LWL Best. 702 Nr. 184b Bd. 2, Tätigkeitsbericht des Bezirksbeauftragten für Naturschutz im Regierungsbezirk Arnsberg für die Geschäftsjahre 1936/37 und 1937/38, S. 4.
[59] Zur etatistischen Tradition des deutschen Naturschutzes vgl. Frank Uekötter, Naturschutz und Demokratie. Plädoyer für eine reflexive Naturschutzbewegung, in: Natur und Landschaft 80 (2005), S. 137-140.
[60] Schoenichen / Weber, Reichsnaturschutzgesetz, S. 97.
[61] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf RW 24 Nr. 961, Naturdenkmalpflege und Naturschutz im Gebiete des Siedlungsverbandes Ruhrkohlenbezirk. Tätigkeitsbericht des Bezirksbeauftragten für Naturschutz in Essen für die Geschäftsjahre 1935/36 und 1936/37, S. 15.
[62] Bundesarchiv B 245/23 Bl. 29-30.
[63] Westfälisches Archivamt Münster LWL Best. 702 Nr. 191, Landesbauernschaft Westfalen, Der Landesbauernführer an Wilhelm Münker als Vorsitzenden des Heimat- und Naturschutz-Ausschusses des Sauerländischen Gebirgsvereins, 17. Dezember 1936.
[64] Dazu ausführlich Stefan Berkholz, Goebbels’ Waldhof am Bogensee. Vom Liebesnest zur DDR-Propagandastätte, Berlin 2004, S. 35-40.
[65] Zu diesem Konflikt ausführlich Frank Uekötter, Total War? Administering the Environment in Two World Wars, in: Charles Closmann (Hg.), War and the Environment (im Erscheinen).
[66] Westfälisches Archivamt Münster LWL Best. 702 Nr. 184, Landrat Sümmermann an den Oberpräsidenten der Provinz Westfalen, 25. Januar 1943.
[67] Hans-Werner Frohn, Busy for Nature – seit fast einem Jahrhundert. Erste Winterakademie zur Naturschutzgeschichte auf der Insel Vilm: 100 Jahre amtlicher Naturschutz, in: Natur und Landschaft 80 (2005), S. 278-283; S. 281.
[68] Westfälisches Archivamt Münster LWL Best. 702 Nr. 184b Bd. 2, Tätigkeitsbericht des Bezirksbeauftragten für Naturschutz im Regierungsbezirk Arnsberg für die Geschäftsjahre 1936/37 und 1937/38, S. 3.
[69] Hauptstaatsarchiv Düsseldorf NW 60 Nr. 694 Bl. 14R. Ausführlich zu diesem Konflikt Frank Uekötter, Einleitung, in: ders., Radkau, Naturschutz und Nationalsozialismus, S. 13-29; S. 27-29.
[70] Werner Schubert, Zur Entwicklung des Enteignungsrechts 1919-1945 und den Plänen des NS-Staates für ein Reichsenteignungsgesetz, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung 111 (1994), S. 482-524; S. 522.
[71] So etwa die Kritik bei Schmoll, Erinnerung.
[72] Vgl. Frohn, Busy. In jüngster Zeit hat Frohn seine Interpretation insofern radikalisiert, als er sich nunmehr auf die Verluste konzentriert, die Naturschutz und Landschaftspflege im NS-Staat erlitten; die engen Beziehungen zwischen Naturschutz- und NS-Bewegung bleiben bei Frohn hingegen unbeachtet. (Hans-Werner Frohn, Friedemann Schmoll, Amtlicher Naturschutz – Von der Errichtung der „Staatlichen Stelle für Naturdenkmalpflege bis zur „ökologischen Wende“ in den 1970er-Jahren: Ein historischer Abriss, in: Natur und Landschaft 81 (2006), S. 2-7.) Eine solche Betrachtungsweise ist vor dem Hintergrund der nachgewiesenen Affinitäten als durchaus verfehlt zu bewerten und droht überdies eine Art „Opferstatus“ des deutschen Naturschutzes zu suggerieren, ganz abgesehen davon, dass umfassende Bewertungen des ökologischen Fußabdrucks des NS-Regimes mit Blick auf den noch sehr lückenhaften Forschungsstand zur deutschen Landschaftsgeschichte verfrüht erscheinen.
[73] Das gilt etwa für die vieldiskutierten „Vilmer Thesen zu ‚Heimat’ und Naturschutz“, in denen der nationalsozialistische Gehalt des Heimatbegriffs maßlos überzeichnet wurde. (Reinhard Piechocki u.a., Vilmer Thesen zu „Heimat“ und Naturschutz, in: Natur und Landschaft 78 [2003], S. 241-244. Vgl. zur Kritik Frank Uekötter, Heimat, Heimat ohne alles? Warum die Vilmer Thesen zu kurz greifen, in: Heimat Thüringen Jg. 11 Nr. 4 [2004], S. 8-11.)
[74] Dies bedeutet selbstverständlich nicht, dass ideologiekritische Analysen der Neuen Rechten unbedeutend wären; die vorliegenden Analysen von Oliver Geden und anderen erfüllen insofern eine wesentliche Funktion. (Oliver Geden, Rechte Ökologie. Umweltschutz zwischen Emanzipation und Faschismus, Berlin 1999; Thomas Jahn / Peter Wehling, Ökologie von rechts. Nationalismus und Umweltschutz bei der Neuen Rechten und den „Republikanern“, Frankfurt und New York 1991; Jonathan Olsen, Nature and Nationalism. Right-Wing Ecology and the Politics of Identity in Contemporary Germany, Houndmills und London 1999.) Allerdings wäre es ein sehr bedenkliches Zeichen, wenn es tatsächlich historischer Arbeiten bedürfte, um zu zeigen, dass rassistische und antisemitische Stereotype im heutigen Naturschutz keinen Platz haben dürfen.
[75] Vgl. die Vorgänge in Bundesarchiv B 245/6 Bl. 179, 182R; Generallandesarchiv Karlsruhe Abt. 235 Nr. 48295, Ludwig Finckh an Burkhart Schomburg, 20. April 1943; und ebd. Nr. 48275, Der höhere SS- und Polizeiführer bei den Reichsstatthaltern in Württemberg und Baden im Landkreis V und beim Chef der Zivilverwaltung im Elsaß an Ludwig Finckh, 25. August 1943 (Zitat).
[76] Joachim Radkau, Naturschutz und Nationalsozialismus – wo ist das Problem? , in: Radkau / Uekötter, Naturschutz und Nationalsozialismus, S. 41-54; S. 53.